Konservierungsstoffe in Käse – Eine Randerscheinung?

Simon Katzenschwanz

 

Für das Ökomonitoring 2015 wurden 36 Hartkäseproben aus Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz auf Natamycin und 26 davon zusätzlich auf Sorbin- und Benzoesäure untersucht. Im Gegensatz zu konventionell hergestellter Ware ist bei Bio-Käse keiner dieser Konservierungsstoffe erlaubt. Erfreulicherweise verzichteten nicht nur die Bio-Hersteller unserer Proben auf den Einsatz der genannten Konservierungsstoffe.

 

Untersuchungsergebnisse

Unser Hartkäse wurde vorwiegend im Einzelhandel desRegierungsbezirks Stuttgart erhoben. 57 % der Bio-Käse und 38 % der konventionell hergestellten Käse stammten dabei aus Deutschland. Natamycin wurde bei Käse mit Rinde in dieser bestimmt, stichprobenartig auch im Käseinneren. Im essbaren Anteil wurden 26 Käseproben zusätzlich auf Sorbin- und Benzoesäure untersucht.

 

Die Ergebnisse der Untersuchung sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
  Konservierungsstoff Proben-anzahl positive Nachweise maximaler nachge-wiesener
Gehalt
Grenzwert bei Zusatz

ökologisch
(23 Proben)

Natamycin (Oberfläche 1) bis 5 mm Tiefe)

21

1

0,05 mg/dm2 3)

kein Zusatz erlaubt [1]

Natamycin
(Käseinneres)

7

0

-

kein Zusatz erlaubt [1]

Sorbinsäure

19

0

-

kein Zusatz erlaubt [1]

Benzoesäure 2)

19

11

62 mg/kg 2)

kein Zusatz erlaubt [1]

konventionell
(13 Proben)

Natamycin (Oberfläche 1) bis 5 mm Tiefe)

13

0

-

1 mg/dm2 Oberfläche [2]

Natamycin
(Käseinneres)

9

0

-

nicht nachweisbar [2]

Sorbinsäure

7

0

-

1000 mg/kg; Rinde: q.s. = soviel wie nötig [2]

Benzoesäure 2)

7

6

25 mg/kg 2)

kein Zusatz erlaubt [2]

1) „Oberfläche“ meint die Außenfläche des Käselaibs/essbare Rinde, nicht aber die Schnittfläche bei Käsestücken/-scheiben.
2) Berechnet als freie Säure. Gehalte in diesem Bereich treten durch die natürliche Käsereifung auf.
3) Gehalt wesentlich kleiner als zur Konservierung nötig. (Kontakt mit konserviertem Käse in der Theke?)

 

Bewertung der Ergebnisse

Während gerade Schnittkäse wie beispielsweise Gouda häufiger oberflächlich konserviert angeboten wird, zeigte sich beim Hartkäse ein anderes Bild: bio- und konventionelle Hersteller hatten bei unserer Stichprobe gleichermaßen auf Natamycin und Sorbinsäure verzichtet.


Sie erfüllen somit die entsprechenden Vorschriften, die bei Bio-Käse den Einsatz ganz verbieten und bei konventionellem Käse eine Kennzeichnung erfordern. Dass auch konventioneller Hartkäse keine Sorbinsäure oder Natamycin enthielt, rührt teils daher, dass sich die Produzenten selbst zum Verzicht auf die beiden Konservierungsstoffe verpflichtet haben. Dies ist zum Beispiel bei Parmesan (Parmigiano Reggiano g.U.) der Fall.[3]


Benzoesäure wurde vereinzelt in geringen Gehalten nachgewiesen, die auf Grund der fehlenden Wirksamkeit nicht auf einen Zusatz schließen lassen. Ursache hierfür sind natürliche mikrobiologische Aktivitäten während des Reifungsprozesses.

 

Verbrauchertipp: Rinde bei Käse mitessen - ja oder nein?

 

Konservierte Käserinde – bisherige Situation

Über den Verzehr der bei vielen Lebensmitteln zugelassenen und auch eingesetzten Sorbinsäure machen sich die meisten Verbraucher berechtigterweise keine großen Gedanken. Die Aufnahme über behandelte Käserinde spielt für diesen Konservierungsstoff nur eine untergeordnete Rolle, wie auch unsere Ergebnisse bestätigen.


Anders sieht es bei Natamycin aus: hier wurde in der Vergangenheit oft geraten, auf den Verzehr behandelter Käserinde zu verzichten.
Gar nicht so einfach, denn nur bei Fertigpackungen muss zusätzlich zum Klassennamen „Konservierungsstoff“ auch die E-Nummer „E 235“ oder der Name „Natamycin“ angegeben werden.[4] Die Angabe steht üblicherweise nur im Zutatenverzeichnis. Ein Hinweis wie „Oberfläche mit Natamycin behandelt“ ist dagegen nicht vorgeschrieben.


Noch schwieriger kann es bei lose verkauftem Käse werden, wo bei Konservierung mit Natamycin nur durch den Hinweis "mit Konservierungsstoff" oder "konserviert" zu deklarieren ist.[5] Dieser Hinweis lässt aber keinen Schluss darauf zu, welcher Konservierungsstoff genau verwendet wurde. Im Zweifelsfall hilft hier nur die Nachfrage beim Verkäufer.

 

Neue Erkenntnisse entkräften Befürchtungen – Rinde kann mitgegessen werden

Hintergrund für Meldungen, die vom Verzehr Natamycin-behandelter Rinde abrieten, war meist eine Stellungnahme des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aus dem Jahr 2003.[6] Das BfR sprach diese Empfehlung nicht etwa wegen einer giftigen Wirkung der bei einem Verzehr der Rinde aufgenommenen Natamycinmenge aus. Grund war vielmehr die Befürchtung, dass es analog zu herkömmlichen Antibiotika zu Resistenzbildung von Mikroorganismen im Verdauungstrakt kommen könnte. Eine Resistenzbildung hätte bedeuten können, dass Natamycin als Medikament eingesetzt zukünftig bei manchen Personen nicht mehr wirkt.


Eine Bewertung des Zusatzstoffes durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam jedoch 2009 zu dem Schluss, dass das Risiko der Resistenzbildung bei den relevanten Hefen und Pilzen beim momentan zulässigen Natamycineinsatz vernachlässigbar ist.[7] Dies gilt auch dann, wenn behandelte Käserinde mitverzehrt wird. Das BfR hat in einer neuen Stellungnahme seine Empfehlung an die Bewertung der europäischen Behörde angepasst: die Rinde kann mitverzehrt werden.[8]

 

Abschneiden der Rinde manchmal dennoch sinnvoll

Das Abschneiden von Käserinden wird bestimmten Personengruppen (Schwangere, alte und kranke Menschen) allerdings, unabhängig von einer Oberflächenbehandlung mit Natamycin, zum Schutz vor einer Erkrankung durch Listerien empfohlen.[8] Diese Empfehlung gilt insbesondere für Weichkäse, welche mit Natamycin gar nicht behandelt werden dürfen.

 

Nicht essbare Überzüge und Rinden

Schmuckelement.Vereinzelt findet sich auf verpacktem Käse ein Hinweis wie „Rinde nicht zum Verzehr geeignet“. Diese Angabe ist nicht gesetzlich geregelt, sondern wird vom Hersteller freiwillig angebracht. Die Gründe dafür sind verschieden: die Rinde des Käses kann z.B. einen unangenehmen Geschmack haben oder sehr hart sein. Sinnvoll ist der Hinweis auch bei einem Überzug aus Wachs oder Paraffin. Obwohl nicht ausgeschlossen ist, dass manche Hersteller ihn auch für Natamycin-behandelte Käserinde verwenden, ist er kein eindeutiges Indiz dafür.


Der Hinweis „Kunststoffüberzug nicht zum Verzehr geeignet“ ist hingegen Pflicht, wenn Hart- oder Schnittkäse mit Kunststoff beschichtet wurde.[9]

 

Infokasten

Konservierungsstoffe im Detail

Natamycin (E 235)
Natamycin ist ein Antimyotikum, eine Substanz die gegen Pilze und Hefen wirkt. Es wird durch das Bodenbakterium Streptomyces natalensis hergestellt, welches die Industrie zur Gewinnung der Substanz gezielt kultiviert. Natamycin unterdrückt unerwünschten Schimmel, lässt aber erwünschte Reifebakterien am Leben. Daher eignet es sich besonders für den Einsatz auf der Außenfläche von Käse oder Rohwurst. Gleichzeitig findet Natamycin auch als Medikament Anwendung z.B. gegen Infektionen am Auge.[10]


Die Höchstmenge für Natamycin als Lebensmittelzusatzstoff liegt aktuell bei 1 mg/dm2 Oberfläche bei gereiftem Schnitt- oder Hartkäse, entsprechenden Käseprodukten und getrockneten gepökelten Würsten. Das heißt, höchstens ein tausendstel Gramm Natamycin darf auf eine 10 x 10 cm große Oberfläche aufgebracht werden. Die Substanz darf dabei nicht tiefer als 5 mm in das Lebensmittel eindringen. Bei anderen Lebensmitteln darf Natamycin auf Grund von EU-Verordnungen nicht verwendet werden. Bio-Ware darf Natamycin grundsätzlich nicht enthalten.


Sorbinsäure und Sorbate (E 200-E 203)
Der Name „Sorbinsäure“ leitet sich vom lateinischen Namen der Vogelbeere ab, wo eine Vorstufe der Säure natürlich vorkommt. Die Herstellung erfolgt heute jedoch synthetisch. Sorbinsäure und ihre Salze, die Sorbate zählen zu den am besten verträglichen Konservierungsstoffen, sind in den verwendeten Mengen geschmacklich nicht bemerkbar und für zahlreiche Lebensmittelkategorien (mengenbeschränkt) zugelassen.[11] Die Zulassung gilt jedoch nicht für Bio-Käse.

 

Benzoesäure und Benzoate (E 210-E 213)

Benzoesäure kommt in Lebensmitteln wie Preiselbeeren oder Pflaumen natürlich vor. Doch nicht nur dort: auch in fermentierten Milchprodukten wie Käse werden geringe Mengen (durchschnittlich lt. Literatur ca. 15 mg/kg) davon gebildet, am meisten bei Käse mit „Schmiere“.[12] Eine konservierende Wirkung tritt jedoch erst bei höheren Konzentrationen auf. Ein Zusatz der heute chemisch hergestellten Benzoesäure ist bei Käse nicht erlaubt, während er bei vielen anderen Lebensmitteln möglich ist.

 

Quellen

  1. [1] Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. L 250/1), zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016/673 vom 29. April 2016 (ABl. L 116/8)
  2. [2] Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 354/16), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2016/691 vom 4. Mai 2016 (ABl. L 120/4)
  3. [3] DOOR-Datenbank der EU-Kommission: Spezifikationen zu Parmigiano Reggiano g.U. (URL: http://ec.europa.eu/agriculture/ quality/door/registeredName.html?denominationId=518, aufgerufen am: 12.05.2016)
  4. [4 ]Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304/18, 2015 ABl. L 50/41), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 2015/2283 vom 25. November 2015 (ABl. L 327/1)
  5. [5] Verordnung über die Zulassung von Zusatzstoffen zu technologischen Zwecken (Zusatzstoff-Zulassungsverordnung) vom 29. Januar 1998 (BGBl. I S. 230, 231), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 21. Mai 2012 (BGBl. I S. 1201)
  6. [6] BfR: Natamycin als Lebensmittelzusatzstoff. Stellungnahme des BfR vom 9. September 2003. (URL: http://www.bfr.bund.de/cm/ 343/natamycin_als_%20lebensmittelzusatzstoff.pdf, aufgerufen am 12.05.2016)
  7. [7] EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food (ANS): Scientific Opinion on the use of natamycin (E 235) as a food additive. EFSA Journal 2009; 7(12):1412 [25 pp.]. doi:10.2903/j.efsa.2009.1412.
  8. [8] BfR: Der Einsatzbereich von Natamycin als Lebensmittelzusatzstoff sollte nicht erweitert werden. Stellungnahme Nr. 003/2012 des BfR vom 12. Januar 2012. (URL: http://www.bfr.bund.de/cm/343/der-einsatzbereich-von-natamycin-als-lebensmittelzusatzstoff-sollte-nicht-erweitert-werden.pdf, aufgerufen am 12.05.2016)
  9. [9] Käseverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1986 (BGBl. I S. 412), zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2722)
  10. [10] Mattia Antonia; Cerniglia Carl; Baines Janis: Safety evaluation of certain food additives and contaminants - Natamycin (Pimaricin). WHO Food Additives Series, No. 48, Geneva: WHO, 2001, No. 1026 on INCHEM (URL: http://www.inchem.org/documents/ jecfa/jecmono/v48je06.htm, aufgerufen am: 12.05.2016)
  11. [11] Lexikon der Ernährung: Sorbinsäure. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 2001. (URL: http://www.spektrum.de/lexikon/ ernaehrung/sorbinsaeure/8196, aufgerufen am 12.05.2016)
  12. [12] Sieber R.; Bütikofer, U.; Baumann, E.; Bosset, J.O.: Über das Vorkommen der Benzoesäure in Sauermilchprodukten und Käsen. Mitt. Geb. Lebensmittelunters. Hyg. 1990; 81(4), 484–493.

 

Artikel erstmals erschienen am 05.07.2016