Cucurbitacine in selbst angebauten Zucchini

Thomas Kapp

 

Foto: Teil einer zerschnittenen Zucchini.Dem CVUA Stuttgart wurden zwei Proben "Zucchini" als Verdachtsproben zur Untersuchung vorgelegt, nachdem bei einem älteren Ehepaar mutmaßlich infolge des Verzehrs eines Zucchinigerichts schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgetreten sind. In deren Verlauf mussten beide Personen intensivmedizinisch betreut werden, eine Person ist zwischenzeitlich verstorben.

 

Im Rahmen der durchgeführten chemischen Untersuchungen wurden in einer Probe erhebliche Gehalte an Cucurbitacinen nachgewiesen. Bei Cucurbitacinen handelt es sich um eine Gruppe von toxischen Stoffen, die von verschiedenen Kürbisgewächsen - zu denen neben Kürbissen auch Zucchini, Gurken oder Melonen zählen - natürlicherweise gebildet werden können. Die Gruppe umfasst etwa 40 Einzelstoffe, die zu den tetracyclischen Triterpenen zählen und zum Teil glykosidisch gebunden vorliegen. Cucurbitacine verursachen einen stark bitteren Geschmack, wirken als Zellgift [1] und können Lebensmittelvergiftungen mit gastrointestinaler Symptomatik hervorrufen. Je nach aufgenommener Dosis können die Symptome von Übelkeit, Erbrechen, Magenkrämpfen und Durchfall bis hin zu lebensbedrohlicher hämorrhagischer Gastroenteritis reichen [2]. In seltenen Fällen wurden bereits Vergiftungen mit tödlichem Verlauf beschrieben [3].

 

Das in der Probe festgestellte Muster an Cucurbitacinen sowie deren Gehalte sind hierbei als typisch für bittere Zucchini zu bezeichnen [4]. Der genaue Sachverhalt dieses Vergiftungsfalls wird jetzt in einem gemeinsamen Projekt der beteiligten Institute in einer Fachpublikation aufgearbeitet. Das CVUA Stuttgart wird zeitnah darüber berichten.

 

Ergänzende Hinweise

Es ist davon auszugehen, dass der durchschnittliche Verbraucher aufgrund des extremen Bittergeschmacks vom Verzehr absieht und damit eine Vergiftungsgefahr abwendet. Eine akute Vergiftungsgefahr besteht jedoch insbesondere für Personen, die in ihrer Wahrnehmung für Bittergeschmack beeinträchtigt sind.

 

Bei Speisesorten von Zucchini und anderen Kürbisgewächsen wurde die Fähigkeit zur Bildung von Cucurbitacinen gezielt durch Züchtung entfernt, sodass diese Sorten typischerweise keine Cucurbitacine mehr bilden. Als Ursache für die erneute Cucurbitacinbildung in Speisefrüchten sind verschiedene Szenarien in Betracht zu ziehen. So kann es bei Selbstvermehrung des Saatguts infolge einer Rückkreuzung mit Wildtypen (z.B. Zierkürbissen) oder nach spontaner Rückmutation zum Wachstum cucurbitacinbildender Pflanzen kommen. Auch eine Aktivierung entsprechender Genabschnitte, ausgelöst durch äußere Faktoren wie Verletzungen oder auch Trockenstress, ist als Ursache nicht auszuschließen. Prinzipiell ist ein sporadisches Auftreten bitterer Früchte selbst bei kommerziell vermarkteter Ware jederzeit möglich, wird in der Realität aber nur sehr selten beobachtet. Vor der Zubereitung eines Zucchini- oder Kürbisgerichts sollte die Rohware daher verkostet und bei auftretendem Bittergeschmack unbedingt verworfen werden.

 

Weitere Informationen finden sich in unserem Internetbeitrag "Herbstzeit – Kürbiszeit" vom 30.10.2012

 

Zitierte Literatur

1. Miro (1995). Cucurbitacins and their pharmacological effects. Phytother Res 9, 159-168.

2. Steyn (1950). The toxicity of bitter-tasting cucurbitaceous vegetables (vegetable marrow, watermelons, etc.) for man. South African Med J 24, 713-715.

3. Bernhard (2003). Cucurbitacin-Vergiftung durch Kürbisse – ein Fallbericht. Kinder- und Jugendmedizin 5, 199-200.

4. Hutt, Herrington (1985). The determination of bitter principles in zucchinis. J Sci Food Agric 36, 1107-1112.

 

Artikel erstmals erschienen am 20.08.2015