Antibiotika-Resistenzen bei Nutztieren: Aktuelle Daten aus unserer Diagnostik

Dr. Reinhard Sting, Fachtierarzt für Mikrobiologie

 

Antibiotika sind die wirkungsvollsten Arzneimittel gegen bakterielle Infektionen. Allerdings stellen Antibiotika-Resistenzen eine immer größere Herausforderung für die Human- und Veterinärmedizin dar. Deshalb muss die Verwendung von Antibiotika reduziert und die Anwendung zielgerichtet erfolgen. Antibiogramme (Resistenztesten) stellen wirkungsvolle Maßnahmen dar, um die Entwicklung und Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen einzugrenzen.

 

Verschiedene Leitlinien geben den behandelnden Tierärztinnen und Tierärzten Empfehlungen für den verantwortungsvollen Gebrauch von Antibiotika bei Tieren [1, 2, 3, 4]. Darüber hinaus sind in der jeweils gültigen Fassung der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV) die Vorgaben zur Reduktion der verwendeten Antibiotikamengen geregelt [5]. Daten und Fakten zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen in der Human- und Veterinärmedizin in Deutschland werden regelmäßig vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berichten des Nationalen Resistenzmonitorings veröffentlicht [6].

 

Ein wichtiges Instrument, Antibiotika-Resistenzen zu verhindern, ist das Anfertigen von Antibiogrammen (Resistenztesten). Ziel ist es, hierdurch Antibiotika von der Therapieanwendung auszuschließen, bei denen von einer schwachen oder nicht vorhandenen Wirksamkeit auszugehen ist. Antibiogramme müssen nach festgelegten Standards durchgeführt werden, um reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Hierzu gehört das Vorliegen der zu testenden Bakterien in Reinkulturen, die Identifizierung der Bakterien am besten auf Spezies-Ebene sowie die Anwendung validierter Methoden und Interpretationen der Ergebnisse. Methode der Wahl für die Erstellung von Antibiogrammen (Resistenztesten) ist die Bestimmung minimaler Hemmkonzentrationen (MHK), z. B. mit Hilfe der Bouillon-Dilutionsmethode [7].

 

Antibiotika-Resistenzen zu erkennen und deren Entwicklung zu beobachten, ist mit Hilfe von Antibiogrammen (Resistenztesten), die mit Hilfe der MHK-Methode erstellt worden sind, möglich.

Die hier über mehrere Jahre zusammengestellten Daten sollen Hilfestellungen für Initialbehandlungen häufig vorkommender bakterieller Infektionen bei verschiedenen Nutztierarten und eine realistische Einschätzung des zu erwartenden Therapieerfolgs geben [5]. Dies ist jedoch kein Ersatz für die gezielte Erstellung von Antibiogrammen (Resistenztesten).

 

Zu beachten sind vor allem § 12 c (Antibiogrammpflicht) und § 12 d (Verfahren zu Probenahme, Isolierung bakterieller Erreger und Bestimmung der Empfindlichkeit) der TÄHAV [5] zur Antibiogrammpflicht und zu Verfahren der Probenahme, Isolierung bakterieller Erreger und Bestimmung der Empfindlichkeit.

 

Hinweis

Im Jahr 2022 haben wir das Profil der Antibiotika in unseren Antibiogrammen (Resistenztesten) geändert. Es wurden zwei neue Profile für Gram-positive Bakterien und Gram-negative Bakterien eingeführt, mit denen Bakterien von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Pferden getestet wurden. Dadurch ist eine gezieltere Testung entsprechend des Wirkspektrums der getesteten Antibiotika gegen Gram-negative oder Gram-positive Bakterien möglich. Die hier dargestellten Diagramme mit den genannten Antibiotika-Profilen entstammen von Antibiogrammen (Resistenztesten), die in den Jahre 2022 und 2023 erstellt wurden.

 

Auswertungen der Antibiogramme (Resistenzteste) mit dem in den Jahren 2018 bis 2021 verwendeten Profil „Großtiere“ finden Sie in unserem Bericht aus dem Jahr 2022.

 

Angewendete Techniken

Die im folgenden dargestellten Ergebnisse wurden durch Anwendung folgender Methoden erzielt:

 

Die Identifizierung der Bakterien erfolgte mittels MALDI-TOF Massenspektrometrie [8].

Die Antibiogramme wurden mit Hilfe der Bouillon-Mikrodilutionsmethode zur Bestimmung minimaler Hemmkonzentrationen (MHK) durchgeführt [7].

Angewendet wurden Mikrotiterplatten mit Antibiotikaprofilen für Gram-negative Bakterien (MICRONAUT-S Lifestock / Equines (GP), Merlin Diagnostika) und Gram-positive Bakterien (MICRONAUT-S Lifestock / Equines (GN), Merlin Diagnostika). Bakterien vom Geflügel wurden mit Hilfe des Profils der Mikrotiterplatte MICRONAUT-S AviPro Plate (Merlin Diagnostik, Bornheim-Hersel) auf Resistenzen gegenüber Antibiotika getestet..

 

Auflistung der Antibiotika, auf die getestet wurde:
Antibiotikum Antibiotikum-Gruppe
Amoxycillin Penicillin
Ampicillin Penicillin
Cefazolin Cephalosporin der 1. Generation
Cefotaxim Cephalosporin der 3. Generation
Cefoxitin Cephalosporin der 2. Generation
Cefpodoxim-Proxetil Cephalosporin der 3. Generation
Cefquinom Cephalosporin der 4. Generation
Ceftazidim Cephalosporin der 3. Generation
Ceftiofur Cephalosporin der 3. Generation
Clindamycin Lincosamid
Colistin Polypeptidantibiotikum (syn. Polymyxin E)
Doxycyclin Tetracyclin
Enrofloxacin Fluorchinolon
Erythromycin 14-gliedriges Makrolid
Florfenicol Fenicol
Gamithromycin 15-gliedriges Makrolid
Gentamicin Aminoglycosid
Lincomycin Lincosamid
Lincomycin/ Spectinomycin Lincosamid/Aminoglycosid
Neomycin Aminoglycosid
Nitrofurantoin Nitrofuran
Oxacillin Isoxazolylpenicillin (Penicillinase-resistente Penicilline)
Penicillin G Penicillin
Rifampicin Ansamycin
Spectinomycin Aminoglycosid
Sulfamethoxazol/ Trimethoprim Potenziertes Sulfonamid
Tetracyclin Tetracyclin
Tiamulin Pleuromutiline
Tildipirosin 16-gliedrige Makrolid
Tilmicosin 16-gliedrige Makrolid
Tulathromycin 15-gliedriges Makrolid
Tylosin 16-gliedrige Makrolid
Vancomycin Glykopeptid

 

Informationen zu den in den Antibiogrammen (Resistenztesten) eingesetzten Antibiotika-Klassen und einzelnen Antibiotika finden Sie auch in dem Merkblatt „Antibiotika" (Rubrik "Bakteriologie“).

 

Hinweise zu den Grafiken

Präsentiert werden vergleichende Daten der Antibiogramme, die für Großtiere (Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Pferd) im Jahr 2022 und 2023 sowie für Geflügel (Huhn, Pute) in den Jahren 2019 bis 2023 im Rahmen bakteriologisch-kultureller Untersuchungen erstellt worden sind.

Nicht enthalten sind die im Rahmen der Untersuchungen zur Eutergesundheit bei Rindern angefertigten Antibiogramme.

Bei den Einsendungen handelt es sich um Proben erkrankter Tiere und um Proben aus unserer Pathologie. Dies trifft für Proben für Untersuchungen auf Zuchttauglichkeit von Stuten und Hengsten nur teilweise zu.

In den Überschriften zu den Grafiken für die Tierarten Rind, Schwein, Schaf und Ziege sowie Pferd sind Informationen zu Tierarten, zu den getesteten Bakterien und den Lokalisationen der Probenentnahmen aufgeführt. Bakterien vom Geflügel (Huhn, Pute) stammten vom verschieden Lokalisationen (Darm/Kot, Tupfer, Tierkörper/Organe).

 

Quellen

[1] Bundestierärztekammer (BTK) 2015. Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln.

[2] European Union (EU) 2015. Guidelines for the prudent use of antimicrobials in veterinary medicine. Official Journal of the European Union 2015/C 299/04.

[3] FVE guidelines responsible use of antibiotics (in verschiedenen Sprachen); Federation of Veterinarians of Europe (FVE).

[4] Kategorisierung von Antibiotika zur Anwendung bei Tieren für den sorgfältigen und verantwortungsvollen Einsatz. Vollständiger Bericht der AMEG; European Medicines Agency (EMA).

[5] Verordnung über tierärztliche Hausapotheken (TÄHAV). Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BML).

[6] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Nationales Resistenzmonitoring. Berichte zu den Resistenzmonitoringstudien, GERMAP Berichte.

[7] Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG). Arbeitskreis Antibiotikaresistenz. Empfehlung zur Empfindlichkeitsbestimmung.

[8] Rau J, Eisenberg T, Sting R. 2015: MALDI-UP – Ein offener Katalog für Datenbank-Einträge von Anwendern für Anwender, Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart.

 

Anlagen

Download der Diagramme als PDF-Dokument (nicht barrierefrei)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 31.07.2024