Geflügelpest in Stuttgart angekommen
Dr. Katharina Schwalm-Wunsch, Fachtierärztin für Mikrobiologie
Die in der letzten Woche am Stuttgarter Neckarufer tot aufgefundenen Lachmöwen sind an der hochpathogenen aviären Influenza (HPAI, Geflügelpest) gestorben. Die Untersuchung der Tierkörper und der Nachweis des Influenza A-Virus, Subtyp H5, erfolgten am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart.
Seuchenverdacht vom Referenzlabor des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bestätigt – Stadt Stuttgart verhängt Stallpflicht für gehaltenes Geflügel
Nachdem im Januar erste Fälle der hochpathogenen aviären Influenza in Baden-Württemberg bei Wildvögeln im Landkreis Tübingen für das Jahr 2023 gemeldet wurden, ist das Virus nun auch im Stadtkreis Stuttgart angekommen.
Insgesamt wurden ab dem 06.02.2023 ca. 50 tote Möwen in der Pathologie des CVUA Stuttgart abgegeben, stichprobenartig obduziert und Proben für eine PCR-Untersuchung auf HPAI genommen. Am 08.02.2023 lag das positive PCR-Testergebnis für Influenza A-Virus, Subtyp H5, vor. Es folgten weitere Tupferproben von Vorort beprobten Tieren, in denen das Virusgenom ebenfalls nachgewiesen wurde.
Am 09.02.2023 wurde das Ergebnis des CVUA Stuttgart vom Nationalen Referenzlabor für Geflügelpest am Friedrich-Loeffler-Institut bestätigt und als Influenza A-Virus, Subtyp H5N1, identifiziert. Die Stadt Stuttgart hat daraufhin den Ausbruch der HPAI bei Wildvögeln amtlich festgestellt und, ähnlich wie andere Landkreise, in denen das Virus festgestellt wurde, eine Allgemeinverfügung zur Aufstallung erlassen [1].
Untersuchung der Tierkörper am CVUA Stuttgart
Infolge der Infektion waren bei den gestorbenen Möwen schwerwiegende Organveränderungen feststellbar. Die Lungen und Lebern waren stark mit Blut gefüllt. Die Bauchspeicheldrüsen waren geschwollen und stark gerötet. Die Bauchspeicheldrüsenzellen und die Hirnzellen zeigten einen hochgradigen akuten Zelluntergang (nekrotisierende Pankreatitis bzw. Enzephalomalazie).
Bild 1: An der Stuttgarter Hafenschleuse tot aufgefundene Lachmöwen vor der Obduktion am CVUA Stuttgart. CVUA Stuttgart, Pathologie, 06.02.2023.
Hochpathogene aviäre Influenza (HPAI, Geflügelpest, “Vogelgrippe”)
War das Seuchengeschehen bis 2021 ein vorwiegend saisonales Geschehen mit Eintrag des Virus (vornehmlich Subtyp H5N8) durch Herbstvogelzüge, hat sich das Infektionsgeschehen mittlerweile zu einer Enzootie (Endemie bei Tieren) ausgebreitet. Das bedeutet, dass hochpathogene Influenzaviren bei Vögeln ganzjährig nachgewiesen werden. Im Frühsommer 2022 kam es zu vorher nie dagewesenen bedrohlichen Infektions- und Todeszahlen, vor allem bei Seevögeln [2]. Bei Nutzgeflügel gelten Hühner und Puten als besonders empfänglich und Ausbrüche führen jährlich zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Daher ist die Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen, insbesondere die Vermeidung des Kontaktes zwischen Wild- und gehaltenen Vögeln besonders wichtig.
Quellen
[2] Hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI, Geflügelpest, „Vogelgrippe“), FAQ, FLI, Stand 02.02.2023