Grünes Licht für die Avocado

Nadine Korte

 

Avocado – Superfood oder Umweltsünde? Ihr nahrhaftes Fruchtfleisch sowie ihre vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten machen die Avocado zu einem beliebten Superfood. Der zunehmende Verzehr wird jedoch ebenso häufig kritisch hinterfragt, da der Anbau enorme Ressourcen verbraucht. Grünes Licht für die Avocado gibt es immerhin hinsichtlich ihrer Belastung mit Pflanzenschutzmittelrückständen, wie unsere Untersuchungen der Jahre 2015 bis 2019 zeigen.

 

Freigestelltes Foto einer halben Avocado ohne Kern.

Rund um die Avocado

Noch vor Jahrzehnten gänzlich unbekannt, sind Avocados heute ganzjährig in den Auslagen der Supermärkte zu finden. Während 2015 noch ca. 48.000 Tonnen der birnenförmigen, dunkelgrün bis schwarzvioletten Beerenfrüchte nach Deutschland importiert wurden, verdoppelte sich die Einfuhr bis 2018 nahezu auf etwa 93.000 Tonnen. Auch die Einkaufsmenge von Avocados nahm rapide zu. In den Jahren 2012 bis 2018 verdreifachte sich diese auf durchschnittlich 1,1 kg je Haushalt. Fast die Hälfte der in Deutschland verzehrten Früchte stammt aus Südamerika, insbesondere Chile und Peru. Immerhin jede siebte Avocado wird aus Spanien geliefert, aus Israel nur jede Zehnte.

Hierzulande sind vor allem die Sorten „Hass“ und „Fuerte“ zu erwerben. Die eher runde, eiförmige Hass-Avocado zeichnet sich durch ihre dunkelgrün bis schwarzviolette und narbig-runzelige Schale aus. Zudem lässt sich der Reifegrad an der Farbe der Schale erkennen, da sich diese während des Reifeprozesses dunkler färbt. Die Fuerte-Avocado hingegen besitzt eine glatte, grüne Schale, verändert ihre Farbgebung mit zunehmender Fruchtreife nicht und ähnelt in ihrer Form eher einer Birne [1].

 

Während der braune, kugelige Samen ungenießbar ist, ist das Fruchtfleisch sehr nahrhaft. Mit durchschnittlich 235 kcal/100 g ist die Avocado eine der energiereichsten Früchte. Ihr gelblichgrünes, leicht süßlich-nussig schmeckendes Fruchtfleisch besteht aus etwa 67 % Wasser, 24 % Fett, 6 % Ballastoffen und 2 % Proteinen. Es liefert Mineralstoffe wie Magnesium und Calcium und trägt zur Versorgung mit Vitamin C, E und B-Vitaminen bei. Die Avocadofrucht wird überwiegend roh verzehrt, direkt gelöffelt oder dient als Zutat für Salate, Brotaufstriche, Smoothies oder Guacamole. Um die Braunfärbung des angeschnittenen Fruchtfleisches zu vermeiden, kann dieses mit Zitronensaft beträufelt werden. Doch nicht nur in der Küche findet die Frucht Anwendung. Viele kosmetische Produkte wie Haut- oder Haarpflegemittel enthalten das aus dem Fruchtfleisch gewonnene Avocadoöl [2,3]. Also alles super am Superfood Avocado?

 

Immer häufiger wird der zunehmende Verzehr von Avocados auch kritisch hinterfragt und vom „Märchen von der guten Avocado“ berichtet. Besonders ihr Wasserverbrauch in der landwirtschaftlichen Produktion steht im Fokus vieler Beiträge. Aufgrund der wachsenden Nachfrage steigen Anzahl und Fläche von Avocadoplantagen enorm und somit auch der Verbrauch des für die Bewässerung benötigten Wassers. Vor allem in den Herkunftsländern ist dies jedoch ohnehin bereits Mangelware, weshalb die Frucht als „ökologisch höchst fragwürdig“ bezeichnet wird [4].

 

Was wird untersucht?

Gemäß Anhang I Teil A der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 (Pestizid-Verordnung) gelten die in dieser Verordnung festgelegten Rückstandshöchstgehalte für Avocadofrüchte für das ganze Erzeugnis nach Entfernen der Stiele. Dies bedeutet, die Höchstgehalte gelten für das Fruchtfleisch, einschließlich der Schale und des Kerns. In der Praxis werden für die Untersuchung der Avocados deren Kerne zunächst entfernt und das Fruchtfleisch mit der Schale zerkleinert und homogenisiert. Die zuvor gewogenen Kerne müssen jedoch später bei der Berechnung der Pestizidgehalte berücksichtigt werden. Doch bei all dem Aufwand, ist in den Avocados überhaupt etwas zu finden?

 

Untersuchungsergebnisse

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden am CVUA Stuttgart in den Jahren 2015 bis 2019 insgesamt 55 Proben Avocados aus konventionellem Anbau auf Rückstände von über 750 Pestiziden und Kontaminanten untersucht (siehe Tabelle 1). In 48 dieser Proben (87 %) wurden Rückstandsgehalte nachgewiesen, 41 Proben (75 %) enthielten dabei zwei oder mehr Rückstände, sogenannte Mehrfachrückstände. Eine Überschreitung der gesetzlich festgelegten Höchstgehalte wurde in sechs Proben Avocados festgestellt. Fünf dieser Proben wurden aufgrund eines überhöhten Gehaltes des Wirkstoffes Chlorat beanstandet, eine Probe enthielt den Wachstumsregulator Chlormequatchlorid über dem zulässigen Höchstgehalt. Chlorat-Rückstände in pflanzlichen Lebensmitteln sind jedoch nicht ausschließlich auf die Anwendung als Herbizid zurückzuführen, sondern können auch infolge einer Verunreinigung durch die Umwelt (kontaminiertes Beregnungs- oder Bewässerungswasser) in das Lebensmittel gelangen. Darüber hinaus kann Chlorat als Nebenprodukt bei der Trinkwasserdesinfektion entstehen und so auf allen Stufen der Lebensmittelkette ins Produkt gelangen. Weiterführende Informationen zu Chlorat sind in unserem Beitrag „Rückstände und Kontaminanten in Frischobst aus konventionellem Anbau 2018“ zu finden [5]. Ohne Berücksichtigung der formalen Beanstandungen von Chlorat, waren 98 % der seit 2015 untersuchten Proben Avocados aus konventionellem Anbau unauffällig. In Tabelle 1 ist zudem der mittlere Gehalt an Pestizidwirkstoffen in den untersuchten Avocadoproben aufgeführt. Aufgrund der vergleichsweise hohen Rückstandsgehalte des Wirkstoffes Fosetyl in pflanzlichen Lebensmitteln wird der mittlere Gehalt pro Probe ohne das Fungizid Fosetyl angegeben, um das Gesamtbild nicht zu verzerren.

 

Tabelle 1: Rückstände in Avocados aus konventionellem Anbau (CVUAS 2015 bis 2019)
Jahr
Anzahl der Proben
Proben mit Rückständen
Proben mit Mehrfach-rückständen
Mittlerer Gehalt ohne Fosetyl (mg/kg)
Proben > Höchstgehalt
Stoffe über dem Höchstgehalt
2015
8
8 (100 %)
7 (88 %)
0,13
-
-
2016
3
3*
2*
0,037
-
-
2017
12
11 (92 %)
9 (75 %)
0,20
(2)
Chlorat (2x)
2018
15
13 (87 %)
11 (73 %)
0,18
1
Chlormequatchlorid
2019
17
13 (76 %)
12 (71 %)
0,52
(3)
Chlorat (3x)
Summe
55
48 (87 %)
41 (75 %)
-
1**
-

* Probenzahl unter 5 keine prozentuale Angabe

** ohne Chlorat

 

Mehrfachrückstände

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die Verteilung an Mehrfachrückständen in den untersuchten Proben Avocadofrüchten sowie in Steinobst insgesamt. Ein Vergleich der beiden Rückstandssituationen zeigt, dass Avocadofrüchte eine deutlich geringere Anzahl an Pestiziden je Probe aufweisen als andere Steinobstsorten, in welchen teilweise bis zu 20 Rückstände auf einer untersuchten Probe festgestellt wurden.

 

Abbildung 1: Mehrfachrückstände in Avocadofrüchten aus konventionellem Anbau.

Abbildung 1: Mehrfachrückstände in Avocadofrüchten aus konventionellem Anbau

 

Abbildung 2: Mehrfachrückstände in Steinobst aus konventionellem Anbau.

Abbildung 2: Mehrfachrückstände in Steinobst aus konventionellem Anbau

 

Bio – ein Unterschied?

In den meisten Fällen sind in Produkten aus ökologischer Erzeugung keine oder nur Spuren von Pestizidrückständen nachweisbar. Bio-Produkte enthalten zudem deutlich seltener Mehrfachrückstände als ihre konventionellen Vertreter [6]. Dies gilt auch für Avocados:

In den Jahren 2015 bis 2019 wurden insgesamt sieben Proben Avocados aus ökologischem Anbau auf Rückstände von über 750 Pestiziden und Kontaminanten untersucht. In zwei Proben konnten Rückstände eines Wirkstoffes nachgewiesen werden, jedoch deutlich unterhalb des gesetzlich festgelegten Höchstgehaltes. Die restlichen fünf Proben enthielten keine nachweisbaren Rückstände chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel. Somit ist bei Avocados in der Regel Bio drin, wo Bio drauf steht.

 

Unser Fazit

Avocado – Superfood oder Umweltsünde? Eine Frage die letztendlich jeder für sich selbst beantworten muss. Grünes Licht für die Avocado gibt es immerhin hinsichtlich ihrer Belastung mit Pflanzenschutzmittelrückständen. 98 % der seit 2015 untersuchten Proben Avocados aus konventionellem Anbau waren unauffällig, nachgewiesene Rückstandsgehalte gesundheitlich unbedenklich. Auch bei ökologisch erzeugten Früchten gilt: Wo Bio drauf steht, ist auch Bio drin. 100 % der untersuchten Avocados aus ökologischem Anbau waren ohne Beanstandung.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart, Pestizidlabor

 

Quellen

[1] Dr. Hans-Christoph Behr, AMI Markt Bilanz Obst 2019, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH Bonn, ISSN 1869-8891

[2] Souci/Fachmann/Kraut, Die Zusammensetzung der Lebensmittel, Nährwert-Tabellen, 8. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH 2016, ISBN 978-3-8047-5072-2

[3] Rolf Blancke, Farbatlas Exotische Früchte, Ulmer Verlag 2000, ISBN 3-8001-3520-5

[4] Zeit Online: Das Märchen von der guten Avocado

[5] Bundesinstitut für Risikobewertung: Der Eintrag von Chlorat in die Nahrungskette sollte reduziert werden

[6] Ökomonitoring Baden-Württemberg

 

 

Artikel erstmals erschienen am 29.01.2020