Sind vegane Lebensmittel auch frei von Rückständen?

Simone Adam, Ellen Scherbaum

 

Vegane Lebensmittel liegen derzeit im Trend – als vegan ausgelobte Produkte finden sich vielfach in deutschen Supermarktregalen. Vegane Lebensmittel enthalten keine tierischen Bestandteile. Sie stammen oft aus ökologischem Anbau.

 

 

Schmuckelement.

 

Vegane Ernährung zeichnet sich durch eine rein pflanzliche Ernährung und den Verzicht auf alle tierischen Lebensmittel einschließlich Honig aus. Gemieden werden auch Lebensmittel, die mittels tierischer Zusatzstoffe und Verarbeitungshilfsstoffe hergestellt wurden (z. B. Gelatine oder Fischblase zur Schönung von Wein, Schellack aus Schildläusen als Überzugsmittel von Dragees). Oftmals geht die vegane Lebensweise mit einem generellen Verzicht auf tierische Produkte wie Leder, Daunen und Wolle einher [1,2].

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Vegetarische Ernährungsformen

Es gibt verschiedene vegetarische Ernährungsformen, die sich durch den Verzicht auf tierische Produkte wie Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte kennzeichnen. Pesco-Vegetarier beispielsweise verzichten auf Fleisch und daraus gewonnene Produkte, essen jedoch Fisch. Ovo-Lacto-Vegetarier verzichten zusätzlich auf Fisch und andere Meerestiere. Lacto-Vegetarier meiden zusätzlich Eier. Ovo-Vegetarier verzehren hingegen Eier, verzichten aber auf Fleisch und Fisch sowie auf Milch und Milchprodukte [1].

Veganer verzichten vollständig auf tierische Lebensmittel einschließlich Honig. Strengere Ernährungsformen sind die Rohkost und Fruganismus (auch Frutarismus). Bei der Rohkost-Ernährung werden die vegetarischen Lebensmittel unverarbeitet im rohen Zustand verzehrt. Frutarier essen nur pflanzliche Lebensmittel, bei denen die Pflanze nicht beschädigt oder zerstört wird. Sie ernähren sich von Früchten, Nüssen und Samen [3].

Vegane Ernährung

Während die Ernährung in Entwicklungsländern aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit von Lebensmitteln meist traditionell pflanzlich ist, erfolgt die Entscheidung zur veganen Ernährung in westlichen Ländern in der Regel bewusst und freiwillig. So wird die vegane Ernährung als Teil eines westlichen Lebensstils beschrieben. Ernährungsstudien haben ergeben, dass der „typische“ Vegetarier weiblich, jung, gebildet, vermögend ist und in Städten lebt und „einen gesunden Lebensstil pflegt“ [1]. Die Anzahl der Menschen, die sich in Deutschland vegan ernähren, ist nicht genau bekannt. Der Anteil beläuft sich schätzungsweise auf 0,1 % bis 1 % der Bevölkerung. Als Hauptgründe für vegane Ernährung werden ethische Gründe („Tierleid vermeiden“), ökologische Gründe und Aspekte der Nachhaltigkeit genannt. Durch ein gesteigertes Wohlbefinden wird vielfach auch ein gesundheitlicher Nutzen gesehen [1,2].

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) kommt in ihrer Position zu veganer Ernährung zu dem Ergebnis, dass bei einer rein pflanzlichen Ernährung eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen wie z. B. Vitamin B 12, essentiellen Aminosäuren, Calcium, Eisen, Jod nicht oder nur schwer möglich ist [1]. In Schwangerschaft und Stillzeit sowie im gesamten Kindesalter stuft die DGE eine rein pflanzliche Ernährung als ungeeignet ein, um eine adäquate Nährstoffversorgung und die Gesundheit des Kindes sicherzustellen [4].

 

Lebensmittelrechtlich ist der Begriff „vegan“ derzeit nicht geregelt. Die Lebensmittelinformationsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, kurz: LMIV) verpflichtet und ermächtigt die Kommission, einen Durchführungsrechtsakt zur Information über die Eignung eines Lebensmittels für Vegetarier und Veganer zu erlassen. Bis dahin gelten die allgemeinen Täuschungsschutzvorschriften. So dürfen nach Art. 7 Abs. 1 Buchstabe c der LMIV Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, indem zu verstehen gegeben wird, dass sich das Lebensmittel durch besondere Merkmale auszeichnet, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen.

 

Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat am 22. April 2016 in Düsseldorf Definitionen für vegane und vegetarische Lebensmittel beschlossen und darin vereinbart, dass diese in der Lebensmittelüberwachung bei der Beurteilung der Kennzeichnung von Lebensmitteln zukünftig zu Grunde gelegt werden:

Definitionen "vegan" und "vegetarisch" (PDF)

Gründe und Ziele der Definitionen für die Begriffe "vegan" und "vegetarisch" (PDF)

 

Vegan sind nach Abs. 1 der Definition Lebensmittel, die keine Erzeugnisse tierischen Ursprungs sind und bei denen auf allen Produktions- und Verarbeitungsstufen keine

- Zutaten (einschließlich Zusatzstoffe, Trägerstoffe, Aromen und Enzyme) oder

- Verarbeitungshilfsstoffe oder

- Nicht-Lebensmittelzusatzstoffe, die auf dieselbe Weise und zu demselben Zweck wie Verarbeitungshilfsstoffe verwendet werden,

- die tierischen Ursprungs sind, in verarbeiteter oder unverarbeiteter Form zugesetzt oder verwendet worden sind.

 

Der Begriff „vegan“ wurde erstmals 1944 von der englischen Vegan Society verwendet und leitet sich aus den Anfangs- und Endbuchstaben des englischen Wortes 'vegetarian' ab [5]. Er findet sich in Form veganer Label auf vielen pflanzlichen Lebensmitteln und kosmetischen Produkten.

 

Strengere Regelungen hinsichtlich Pflanzenschutzmittelrückständen gibt es bei veganen Produkten nicht.

 

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V-Label oder Veganblume.Vegane Label

Vegane Label wie z. B. das V-Label oder die Veganblume werden vom VEBU (Vegetarierbund Deutschland e. V.) und von der Vegan Society England vergeben. Die lizensierten Produkte müssen die jeweiligen Kriterien der Vergabestelle erfüllen.

Die Veganblume ist ein internationaler Standard für vegane Lebensmittel und Kosmetikprodukte, die die Kriterien der Vegan Society England erfüllen [5].

Das abgebildete V-Label wird in Deutschland in den Kategorien „vegan“ und „vegetarisch“ vom VEBU vergeben. Es ist ein international geschütztes Qualitätssiegel zur Kennzeichnung von vegetarischen und veganen Produkten und wird als Orientierungshilfe auf Verpackungen eingesetzt. Veganer können so auf den ersten Blick erkennen, ob ein Produkt für sie geeignet ist [6].

 

Sind vegane Lebensmittel auch frei von Rückständen?

Um diese Frage zu beantworten, untersuchten wir im Zeitraum 03/2016 bis 12/2016 insgesamt 64 ausdrücklich als vegan ausgelobte Lebensmittel auf Rückstände von über 700 verschiedenen Pestiziden und Pestizidmetaboliten. Das Spektrum umfasste folgende Produktgruppen:

• Getreide wie Roggen, Dinkel, Buchweizen und Quinoa und Getreideerzeugnisse

• getrocknete Hülsenfrüchte, Ölsaaten und Schalenobst wie Linsen, Bohnen, Sojabohnen, Kichererbsen, Hanfsamen

• pflanzliche Öle (Sojaöl)

• pflanzliche Milchersatzgetränke wie Sojadrink, Mandeldrink, Haferdrink

• Nussmuse wie Mandelmus, Cashewmus, Haselnussmus und Erdnussmus

• Frucht- und Gemüsesäfte wie Traubensaft, Cranberrysaft und Granatapfelsaft

• Weine

• Superfoods wie Chiasamen, getrocknete Gojibeeren, Moringablattpulver und Gerstengraspulver

• Tees

Tabelle 1 zeigt die untersuchten Produktgruppen mit den entsprechenden Probenzahlen.

 

Tabelle 1: Untersuchte Produktgruppen und Anzahl der Proben (CVUAS 2016)
Produktgruppe
Anzahl Proben
Getreide und Getreideerzeugnisse 15
Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Schalenobst 9
pflanzliche Öle 1
pflanzliche Milchersatzgetränke 8
Nussmuse 5
Gemüsesäfte 1
Fruchtsäfte 5
Weine 12
Superfoods 7
Tees 1
Summe 64

 

Die Anteile untersuchter Produktgruppen am Gesamtuntersuchungsumfang veganer Lebensmittel sind in Abbildung 1 dargestellt.

 

Untersuchte Proben differenziert nach Produktgruppen.

 

Abbildung 1: Untersuchte Proben differenziert nach Produktgruppe

 

Am CVUA Stuttgart sind im Untersuchungszeitraum mehrheitlich vegane Proben aus ökologischem Anbau eingegangen. 88 % (56 von 64) der untersuchten Proben stammten aus ökologischem Anbau, nur 12 % (8 von 64) der Proben waren aus konventionellem Anbau. Für jede untersuchte Produktgruppe ist in Abbildung 2 der Anteil von Proben aus ökologischer Landwirtschaft dargestellt.

 

Untersuchte Proben differenziert nach Methode der Herstellung.

 

Abbildung 2: Untersuchte Proben differenziert nach Methode der Herstellung

* Datenbasis für prozentuale Auswertung zu gering

 

Pestizidrückstände in veganen Lebensmitteln – ein Überblick

Tabelle 2 zeigt eine Übersicht über Rückstände an chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in veganen Lebensmitteln aus ökologischem Anbau.

 

Für Erzeugnisse aus ökologischem Anbau gelten die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung (EG) Nr. 889/2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007. Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel dürfen nicht angewendet werden. Dennoch sind diese Lebensmittel z. B. aufgrund von Abdrift benachbarter Anbauflächen nicht gänzlich frei von Rückständen. Spezielle Höchstmengen für ökologische Erzeugnisse gibt es nicht. Zur Beurteilung von Rückständen in Lebensmitteln aus ökologischem Anbau wird ein Schwellenwert von 0,01 mg/kg herangezogen. Liegt ein nachgewiesener Rückstand über diesem Schwellenwert, kann dies auf eine verbotene Anwendung eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffs, eine Kreuzkontamination oder ein Vermischen mit konventioneller Ware hindeuten.

 

Der überwiegende Anteil der untersuchten veganen Proben aus ökologischem Anbau war frei von Rückständen. Demzufolge war die mittlere Anzahl an Wirkstoffen je Probe insgesamt sehr niedrig. Proben mit bestimmbaren Rückständen enthielten diese im Spurenbereich. Die Gehalte lagen bis auf die Produktgruppe Superfoods überwiegend unter dem Schwellenwert von 0,01 mg/kg. In einer Probe Cashewnussmus wurde ein Rückstandsgehalt an Trimethylsulfonium-Kation (Gegenion zum Herbizid Glyphosat) in Höhe von 0,019 mg/kg bestimmt. Dieser Gehalt überschritt den Schwellenwert von 0,01 mg/kg für Erzeugnisse aus ökologischem Anbau, die Überschreitung führte jedoch unter Berücksichtigung der Messunsicherheit nicht zu einer Beanstandung.

 

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Beurteilung von Pestizidrückständen: Die Messunsicherheit

Bei der Beurteilung von Analyseergebnissen ist gemäß DIN EN ISO/IEC 17025 und Document SANTE/11945/2015 der EU eine Messunsicherheit (MU) zu berücksichtigen. Die MU berücksichtigt alle potentiellen Fehlerquellen (zufällige und systematische Fehler), die bei der Untersuchung auftreten können. Sie beschreibt einen Bereich um das Analyseergebnis, in dem der wahre Analysewert mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit liegt.

Die Auswertung einer großen Zahl EU-weiter Laborvergleichsuntersuchungen von Pestizidrückständen hat ergeben, dass die MU von Pestizidrückständen in pflanzlichen Proben 50 % beträgt.

Das bedeutet, dass aus Sicht des staatlichen Überwachungslabors erst ein Analyseergebnis von 0,021 mg/kg bei einer Höchstmenge von 0,01 mg/kg zu beanstanden ist (Messwert minus 50 %). Bei einem Wert kleiner 0,021 mg/kg kann hingegen eine Überschreitung der Höchstmenge nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (95 % Vertrauensintervall) angenommen werden.

Für die Importeur-, Erzeuger- und Anbieterseite bedeutet dies andererseits, dass die Höchstmenge im Rahmen der Eigenkontrolle nicht ausgeschöpft werden sollte. Damit die Ware mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (95 % Vertrauensintervall) die lebensmittelrechtlichen Vorgaben einhält, sollte der Rückstandsgehalt in der Probe unter Berücksichtigung der MU im ungünstigsten Fall (Messwert plus 50 %) noch unter der Höchstmenge liegen.

 

Auffällig waren vegane Proben aus der Gruppe Superfoods. Vier der untersuchten 5 Superfood-Proben aus ökologischem Anbau enthielten Rückstände, davon war in 3 Proben mehr als ein Rückstand bestimmbar. Im Mittel wurden 5,8 Wirkstoffe je Probe nachgewiesen. Insgesamt waren in den 5 untersuchten Superfood-Proben 15 Rückstände über dem Schwellenwert für ökologische Erzeugnisse von 0,01 mg/kg bestimmbar. In einer Probe Chiasamen konnten keine Rückstände an chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bestimmt werden. In einer Probe Gerstengraspulver hingegen wurden 15 Rückstände bestimmt. Diese Probe musste aufgrund mehrerer Höchstmengenüberschreitungen beanstandet werden (vgl. Tabelle 5).

 

Tabelle 2: Rückstände von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln in "veganen" Lebensmitteln aus ökologischem Anbau, differenziert nach Produktgruppe (CVUAS 2016)
Produktgruppe
Anzahl Proben
Proben mit Rückständen* (Anteil)
Proben ohne Rückstände (Anteil)
mittlere Anzahl Stoffe je Probe*
mittlerer Rückstands-gehalt je Probe* [mg/kg]
max. Rückstands-gehalt je Probe* [mg/kg]
Anzahl Rückstände* > 0,01 mg/kg
Getreide und Getreideerzeugnisse
13
2 (17 %)
11 (83 %)
0,2
<0,001
0,004
0
Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Schalenobst
8
3 (38 %)
5 (62 %)
0,5
0,002
0,009
0
pflanzliche Öle
1
0
1
0
-
-
0
pflanzliche Milchersatzgetränke
7
1 (14 %)
6 (86 %)
0,1
<0,001
0,002
0
Nussmuse
5
4 (80 %)
1 (20 %)
0,8
0,006
0,019
1
Gemüsesäfte
1
0
1
0
-
-
0
Fruchtsäfte
5
1 (20 %)
4 (80 %)
0,2
<0,001
0,001
0
Weine
11
5 (45 %)
6 (55 %)
1,3
0,002
0,004
0
Superfoods
5
4 (80 %)
1 (20 %)
5,8
0,36
0,44
15
Summe
56
20 (36 %)
36 (64 %)
 
 
 
 

* ohne Fosetyl und Chlorat (verschiedene Eintragswege möglich)

 

In Tabelle 3 sind die ermittelten Daten zu Rückständen an Pflanzenschutzmitteln in veganen Lebensmitteln aus konventionellem Anbau dargestellt. Es gingen allerdings nur 8 konventionelle vegane Proben am CVUA Stuttgart ein. Zu Rückständen in vegan ausgelobten Ölen, Nussmusen und Gemüse- und Fruchtsäften aus konventionellem Anbau liegen deshalb noch keine Daten vor.

 

Alle 8 untersuchten Proben wiesen Rückstände an chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf. In einer Probe Quinoasamen wurden 7 Rückstände bestimmt, in einer Probe Buchweizen waren 2 Rückstände nachweisbar. Letztere enthielt einen Rückstand des herbiziden Wirkstoffes Glyphosat in Höhe von 0,17 mg/kg, der über der Höchstmenge von 0,10 mg/kg lag. Unter Berücksichtigung der Messunsicherheit führte die Höchstmengenüberschreitung jedoch nicht zu einer Beanstandung (vgl. Tabelle 4).

 

In einer Probe getrocknete Gojibeeren wurden insgesamt 35 Wirkstoffe nachgewiesen und für das Insektizid Carbofuran die Höchstmenge überschritten.

 

Tabelle 3: Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in "veganen" Lebensmitteln aus konventionellem Anbau, differenziert nach Produktgruppe (CVUAS 2016)
Produktgruppe
Anzahl Proben
Proben mit Rückständen*
Proben ohne Rückstände
mittlere Anzahl Stoffe je Probe
mittlerer Rückstands-gehalt je Probe [mg/kg]
max. Rückstands-gehalt je Probe [mg/kg]
Anzahl Rückstände > 0,01 mg/kg
Getreide und Getreideerzeugnisse
2
2
0
4,5
1,2
2,1
4
Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Schalenobst
1
1
0
1
0,008
0,008
0
pflanzliche Milchersatzgetränke
1
1
0
2
0,62
0,62
1
Weine
1
1
0
6
2,6
5,1
1
Superfoods
2
2
0
19
0,97
0,28
25
Tees
1
1
0
3
0,027
0,018
1
Summe
8
8
0
 
 
 
 

* Datenbasis für prozentuale Auswertung zu gering

 

Vegane Superfoods – wirklich super?

Wie in den nachfolgenden Tabellen 4 und 5 dargestellt, wurden 3 von 5 untersuchten veganen Superfood-Proben aus ökologischem Anbau aufgrund einer oder mehrerer Höchstmengenüberschreitungen beanstandet. Diese 3 Proben enthielten in Summe 8 Rückstände über den entsprechenden Höchstmengen.

 

In einer Probe getrocknete Gojibeeren wurde ein Gehalt an Nikotin in Höhe von 0,44 mg/kg bestimmt. Nikotin ist ein in der EU nicht mehr zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff mit insektizider Wirkung und fällt damit in den Anwendungsbereich der EU-Pestizid-Verordnung VO (EG) Nr. 396/2005. Für Nikotin in Gojibeeren ist keine spezifische Höchstmenge festgesetzt, deshalb gilt die EU-weit harmonisierte Höchstmenge von 0,01 mg/kg. Auch unter Berücksichtigung einer bei der Trocknung eintretenden Aufkonzentrierung des Rückstandsgehaltes lag der für die frischen Gojibeeren berechnete Nikotin-Gehalt über der Höchstmenge.

 

In einer Probe Moringablattpulver aus ökologischem Anbau wurden Rückstände des Insektenabwehrmittels DEET und des Fungizids Iprobenfos nachgewiesen. Für beide Wirkstoffe wurden die jeweiligen Höchstmengen überschritten. Die Auslobung als Erzeugnis aus ökologischem Anbau wurde bei dieser Probe daher als irreführend beurteilt.

 

Eine Probe Gerstengraspulver aus ökologischem Anbau enthielt insgesamt 5 Wirkstoffe über der jeweiligen Höchstmenge, die Überschreitung war für Metamitron, Trimethylsulfonium-Kation (Gegenion zu Glyphosat) und Chlorat unter Berücksichtigung der Messunsicherheit gesichert. Auch bei dieser Probe wurde die Auslobung als Erzeugnis aus ökologischem Anbau als irreführend beurteilt.

 

Auffällig waren auch bei den konventionellen veganen Lebensmitteln 2 untersuchte Proben aus der Produktgruppe Superfoods: eine Probe getrocknete Gojibeeren und eine Probe Chiasamen. Diese enthielten im Mittel 19 Wirkstoffe je Probe (vgl. Tabelle 3).

 

In einer Probe getrocknete Gojibeeren wurde ein Summenrückstandsgehalt an Carbofuran in Höhe von 0,050 mg/kg bestimmt. Dieser Rückstandsgehalt überschritt die gültige Summenhöchstmenge von 0,002 mg/kg für Gojibeeren. Auch unter Berücksichtigung einer bei der Trocknung stattfindenden Aufkonzentrierung des Rückstandsgehaltes lag der für frische Gojibeeren berechnete Gehalt an Carbofuran über der Summenhöchstmenge und die Probe musste beanstandet werden.

 

In einer Probe Chiasamen wurde ein Summenrückstandsgehalt an Haloxyfop in Höhe von 0,11 mg/kg bestimmt. Dieser Rückstandsgehalt überschritt die Summenhöchstmenge für Haloxyfop in Ölsaaten von 0,01 mg/kg. Die Probe wurde deshalb beanstandet (vgl. Tabelle 5).

 

Insgesamt lag die Beanstandungsquote der Superfood-Proben bei 71 % (5 von 7 Proben). Die Proben stammten sowohl aus ökologischem als auch aus konventionellem Anbau.

 

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Berücksichtigung von Verarbeitungsfaktoren

Die in der EU-Pestizid-Verordnung VO (EG) Nr. 396/2005 festgesetzten Höchstmengen gelten in der Regel für unverarbeitete Lebensmittel. Unter dem Einfluss von Verarbeitungsprozessen kann sich der Rückstandsgehalt in und auf dem Erzeugnis ändern.

Zur Beurteilung von Pestizidrückständen in verarbeiteten Lebensmitteln ist die durch die Verarbeitung bewirkte Veränderung der Rückstandsgehalte (z. B. durch Trocknung) zu berücksichtigen. Hat bei der Trocknung eine Aufkonzentrierung stattgefunden, wird für die Beurteilung der Rückstandsgehalt im frischen Erzeugnis mithilfe von Verarbeitungsfaktoren berechnet.

 

Tabelle 4: Höchstmengenüberschreitungen bei "veganen" Proben (CVUAS 2016)
Produktgruppe Methode der Herstellung Anzahl untersuchter Proben Anzahl Proben > HM Anzahl Befunde > HM Stoffe > HM Gehalt in mg/kg
Getreide konventionell
2
1
1
Glyphosat*
0,17*
Superfoods Bio
5
3
8
detailliert in Tab. 5
konventionell
2
2
2
detailliert in Tab. 5

HM = Höchstmenge nach der Verordnung (EG) Nr. 396/2005

*führte unter Berücksichtigung der Messunsicherheit nicht zu einer Beanstandung

 

Tabelle 5: Höchstmengenüberschreitungen bei "veganen" Superfood-Proben (CVUAS 2016)
Bezeichnung Methode der Herstellung Herkunftsland Pestizid > HM Wirkungsweise Gehalt in mg/kg Bewertung
getrocknete Gojibeeren 1 Bio China Nikotin Insektizid 0,44 > HM
getrocknete Gojibeeren 2 konventionell China Carbofuran, Summe1) Insektizid, Akarizid, Nematizid 0,050 > HM
Moringablattpulver Bio unbekannt Iprobenfos Fungizid 0,19 > HM
DEET Repellent (Eintrag vermutlich über Kontamination) 0,072 > HM
Gerstengraspulver Bio unbekannt Isoproturon* Herbizid 0,082 > HM, nicht gesichert*
Metamitron Herbizid 0,33 > HM
Propamocarb* Fungizid 0,070 > HM, nicht gesichert*
Trimethylsulfonium-Kation Herbizid (Gegenion zu Glyphosat) 0,21 > HM
Chlorat Herbizid (Eintrag vermutlich über Trinkwasser-/Brauchwasser-desinfektion) 0,079 > HM
Chiasamen konventionell unbekannt Haloxyfop, Summe2) Herbizid 0,11 > HM

HM = Höchstmenge nach der Verordnung (EG) Nr. 396/2005

* führte unter Berücksichtigung der Messunsicherheit nicht zu einer Beanstandung

1) Rückstandsdefinition: Carbofuran (Summe aus Carbofuran (einschließlich Carbofuran aus Carbosulfan, Benfuracarb oder Furathiocarb) und 3-OH-Carbofuran, ausgedrückt als Carbofuran)

2) Haloxyfop (Summe aus Haloxyfop, seinen Estern, Salzen und Konjugaten, ausgedrückt als Haloxyfop (Summe der R- und S-Isomere in jedem Verhältnis)

 

Fazit

Die 56 als vegan ausgelobten Proben aus ökologischem Anbau waren mehrheitlich frei von Rückständen. Wurden Rückstände nachgewiesen, so lagen diese bis auf wenige Ausnahmen unterhalb des Schwellenwertes für ökologische Erzeugnisse von 0,01 mg/kg.

 

Auffällig waren Proben aus der Produktgruppe Superfoods: In 3 der 5 untersuchten veganen Superfood-Proben aus ökologischem Anbau wurden Rückstände von z. T. mehreren Wirkstoffen bestimmt, die die entsprechenden Höchstmengen überschritten. Die Auslobung als Erzeugnis aus ökologischem Anbau wurde bei 2 Proben als irreführend beanstandet.

 

Die 8 untersuchten veganen Proben aus konventionellem Anbau enthielten überwiegend mehr als einen Pestizidrückstand. Die Höchstmengen wurden bis auf 2 Superfood-Proben eingehalten.

Die Beanstandungsquote veganer Proben aus der Produktgruppe Superfoods lag insgesamt bei 71 % (5 von 7 Proben). Toxikologische Referenzwerte wurden von keiner der untersuchten Proben ausgeschöpft.

 

Quellen

[1] Vegane Ernährung, Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Ernährungs Umschau international 4/2016, 92.

[2] Epp, A: Vegan – Risiken durch einen neuen Ernährungsstil? Bundesinstitut für Risikobewertung, 2016.

[3] http://www.ernaehrung.de/tipps/Vegetarismus/vegetarismus10.php, abgerufen am 24.03.2017

[4] https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/vegane-ernaehrung-saeugling-kindesalter/, abgerufen am 05.04.17

[5] https://www.vegansociety.com/your-business/vegan-trademark-standards, abgerufen am 22.03.17)

[6] https://vebu.de/vebu-business/v-label/, abgerufen am 22.03.17

 

 

Artikel erstmals erschienen am 20.04.2017