Importiert und „überdosiert“ – Höchstmengenüberschreitungen in Erfrischungsgetränken

Emily Friedmann, Antonia Vogt, Johannes Keller

 

Exotische Erfrischungsgetränke aus der ganzen Welt sind auf dem deutschen Markt immer häufiger zu finden. Egal ob Social Media-Trend, als Urlaubserinnerung oder der Reiz, etwas Neues auszuprobieren – Verbraucherinnen und Verbraucher haben im Einzelhandel, in Online-Shops oder auch bei Snack- und Getränkeautomaten zahlreiche Möglichkeiten aus dem weltweiten Sortiment an Getränken auszuwählen. Ihre Gesundheit darf dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden. Im Jahr 2024 untersuchte das CVUA Karlsruhe mehr als 1.500 Erfrischungsgetränke. Elf dieser Proben (0,7 %) wiesen Höchstmengenüberschreitungen bei Zusätzen von Konservierungsstoffen, Süßungsmitteln oder Koffein auf. Bei zehn der elf Proben handelte es sich um Ware aus Drittländern.

Das Bild zeigt mehrere Glasflaschen die mit verschiedenfarbigen Flüssigkeiten gefüllt sind

Abb. 1: Verschiedene, farbige Getränke. Bild erstellt mit Canva.

 

Auffällige Proben im Jahr 2024

Das CVUA Karlsruhe untersuchte im Jahr 2024 insgesamt über 1.500 Erfrischungsgetränke. Davon wurden 201 Proben aufgrund von Verstößen gegen das Lebensmittelrecht beanstandet. Dies entspricht einer Beanstandungsquote von etwa 13 %. Die meisten Verstöße betrafen die Kennzeichnung.

Stoffliche Verstöße gegen das Lebensmittelrecht, welche eine Überschreitung von Höchstmengen oder den Nachweis nicht zugelassener Stoffe beinhalten, sind dabei eher selten. Im Jahr 2024 war dies bei insgesamt elf Proben der Fall. Dies entspricht 0,7 % aller untersuchten Erfrischungsgetränke und einem leichten Anstieg im Vergleich zu den letzten Jahren (2022: 0,2 %, 2023: 0,3 %).

Auffällig ist dabei, dass zehn der elf Proben aus Drittländern importiert wurden. Die meisten der Proben stammen dabei aus dem asiatischen und nordamerikanischen Raum.

 

Das EU-Recht ist bei Einfuhr in die EU einzuhalten

Neben zahlreichen Kennzeichnungsmängeln wiesen die elf betroffenen Proben Verstöße gegen die Anforderungen an die Zusammensetzung auf, vor allem in Bezug auf die Verwendung von Zusatzstoffen. Dabei liegt das Problem auf der Hand: In den Herkunftsländern von Importwaren existieren teils höhere oder gar keine Höchstmengen für bestimmte Zusatzstoffe. Dass das Inverkehrbringen der Produkte jedoch nur dann möglich ist, wenn diese auch den hiesigen gesetzlichen Vorgaben, z. B. an Zusatzstoff-Höchstmengen, entsprechen, findet beim Import der Produkte dabei manchmal keine Berücksichtigung.

Bei den hier beschriebenen Getränkeproben war der häufigste Grund zur Beanstandung eine Höchstmengenüberschreitung für das Konservierungsmittel Benzoesäure. Bei einer Probe wurde die Höchstmenge für das Süßungsmittel Cyclamat überschritten. Außerdem wurden mehrere Zusatzstoffe gefunden, die in der EU nicht in Erfrischungsgetränken verwendet werden dürfen oder gar keine Zulassung als Lebensmittelzusatzstoff besitzen.

Bei sechs der beanstandeten Proben handelte es sich um Energydrinks, die vor allem wegen der Mengen an Koffein auffielen.

Wie werden Höchstmengen überhaupt festgelegt?

Der Einsatz bestimmter Inhaltsstoffe in Lebensmitteln ist in der EU vergleichsweise streng reguliert. Die Höchstmengen für Zusatzstoffe werden dabei so festgelegt, dass ihre Verwendung im Lebensmittel gesundheitlich unbedenklich ist. In die Bewertung fließen toxikologische Erkenntnisse sowie Verzehrdaten ein. Ein wichtiger Wert dabei ist der acceptable daily intake (ADI). Darunter ist die Menge eines Stoffes zu verstehen, die lebenslang täglich aufgenommen werden kann, ohne dass ein gesundheitliches Risiko besteht. Die auf dieser Grundlage abgeleiteten Höchstmengen garantieren somit ein hohes Schutzniveau für Verbraucherinnen und Verbraucher.

 

Süß und haltbar – Wie viel Cyclamat und Benzoesäure sind erlaubt?

Benzoesäure und ihre Salze sind übliche Konservierungsmittel, die in der Lebensmittelindustrie in einer Reihe von Produkten zum Einsatz kommen. Ihre Wirkung beruht im Wesentlichen auf der Hemmung des Wachstums von Pilzen und Hefen; gegen Bakterien wirken sie nur geringfügig [1].

Benzoesäure wird in der Regel in leicht sauren Lebensmitteln eingesetzt, wozu die meisten Getränke zählen. Die Höchstmenge für Benzoesäure in Erfrischungsgetränken liegt in der EU bei 150 mg/l.

In sieben der elf betroffenen Getränkeproben lag eine Überschreitung der Höchstmenge von Benzoesäure vor. Die Gehalte lagen dabei im Bereich von 185 – 544 mg/l (vgl. Abb. 2). Bei drei der untersuchten Proben wurde eine Menge von über 500 mg/l Benzoesäure bestimmt. Eine erwachsene Person von 60 kg würde dabei mit dem Verzehr von 600 ml der entsprechenden Getränke, ungeachtet dem Verzehr anderer Lebensmittel, die das Konservierungsmittel enthalten, den ADI-Wert für Benzoesäure ausschöpfen. Für dauerhaften und langfristigen Verzehr sind die entsprechenden Getränke somit nicht geeignet. Akute Nebenwirkungen aufgrund der Benzoesäure sind jedoch eher nicht zu erwarten [2].

In Staaten außerhalb der EU gelten teilweise Höchstmengen, welche deutlich über die hier geltenden Höchstmengen hinausgehen. So sieht beispielsweise das japanische Lebensmittelrecht einen Höchstwert von maximal 600 mg/kg Benzoesäure in nichtalkoholischen Getränken vor [3], also das Vierfache der in der EU erlaubten Höchstmenge. In den USA wird Benzoesäure im Allgemeinen als „GRAS“ (generally recognized as safe) eingestuft, d. h., dass keine konkrete Höchstmenge vorgeschrieben ist. Nach Guter Herstellungspraxis wird jedoch empfohlen, eine Menge von 0,1 % nicht zu überschreiten [4]. Dies entspricht maximal ca. 1000 mg/l Benzoesäure in Getränken und somit dem 6,5-fachen der EU Höchstmenge (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Ergebnisse der Bestimmung von Benzoesäure in importierten alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Energydrinks sowie Darstellung in Relationzu den in den Herstellerländern geltenden Benzoesäurehöchstmengen

 

Cyclamat wird zum Süßen diverser Lebensmittel eingesetzt. Insbesondere in sogenannten „light“-Getränken werden Süßungsmittel verwendet, um durch den Ersatz von Zucker, den Brennwert erheblich zu reduzieren. Aktuell gilt für das Süßungsmittel Cyclamat eine Höchstmenge von 250 mg/l in Erfrischungsgetränken. Im Jahr 2024 überschritt ein importiertes Erfrischungsgetränk diesen Wert mit einem Messergebnis von 322 mg/l.

 

Auch Koffeingehalt über der zulässigen Höchstmenge

Bei sechs untersuchten Getränkeproben lagen die Koffeinmengen oberhalb der festgelegten Höchstmengen.

 

Koffein stimuliert das zentrale Nervensystem und steigert somit die Aufmerksamkeit und Konzentration. Durch übermäßigen Konsum von Koffein können auch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten, welche von Schlaflosigkeit und Übelkeit bis hin zu Herzrhythmusstörungen reichen können. Diese Wirkungen sind sowohl von der individuellen Empfindlichkeit gegenüber Koffein als auch vom Ausmaß des Koffeinkonsums abhängig [5]. Bei regelmäßigem Koffeinkonsum gelten laut der EFSA über den Tag verteilt bis zu 5,7 mg pro kg Körpergewicht für gesunde Erwachsene als unbedenklich, also etwa 400 mg. In Deutschland sind in Energydrinks höchstens 320 mg/l Koffein zugelassen.

 

In den sechs betreffenden Energydrink-Proben wurden Koffeingehalte im Bereich von 351 – 407 mg/l gefunden.

 

Je höher die Koffeinkonzentration im Getränk ist, desto einfacher ist es, die empfohlene Höchstmenge durch den individuellen Konsum zu überschreiten, wodurch unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können.

Abb. 3: Ergebnisse der Bestimmung von Koffein in importoerten Energydrinks

 

Nicht zugelassene Stoffe

Darüber hinaus wurden laut Zutatenverzeichnis in zwei von elf der auffälligen Proben Zusatzstoffe verwendet, die in der EU nicht zugelassen sind.

In der aus Mexiko stammenden Probe wurden sowohl bromiertes Pflanzenöl (BVO) als auch Dioctyl Natriumsulfosuccinat eingesetzt. BVO wird als Stabilisator von Aromen sowie zur Trübung von Getränken eingesetzt. In Studien an Tieren konnten Ablagerungen von BVO in verschiedenen Organen sowie entzündliche, degenerative Reaktionen und funktionelle Veränderungen der Organe beobachtet werden. Die Übertragbarkeit der Daten auf den Menschen ist dabei noch nicht abschließend gesichert [6].

In der EU ist BVO als Lebensmittelzusatzstoff nicht zugelassen. In den USA sowie in Japan wurde die Verwendung von BVO in Lebensmitteln ebenfalls in den letzten Jahren verboten bzw. es wurde von der Positivliste zugelassener Zusatzstoffe entfernt [2, 7]. Als Begründung für das neu erlassene Verbot benennt die oberste Lebensmittelbehörde der USA, die Food and Drug Administration (FDA) eine Studie, welche 2022 in Tierversuchen eine schilddrüsentoxische Wirkung des Zusatzstoffes belegen konnte [7].

Dioctyl Natriumsulfosuccinat, ist ebenfalls in der EU nicht als Zusatzstoff zugelassen. Es wird in Lebensmitteln als Emulgator und Feuchthaltemittel eingesetzt [8], erfüllt im pharmazeutischen Bereich jedoch auch die Funktion eines Abführmittels. [9].

Wo kann ich mich über aktuelle Meldungen zur Lebensmittelsicherheit informieren?

Öffentliche Meldungen und Informationen im Sinne des LFGB werden von den Bundesländern und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auf der Plattform lebensmittelwarnung.de veröffentlicht. Für Baden-Württemberg gibt es zudem die Plattform verbraucherinfo-bw.de.

In der Regel informiert der betroffene Lebensmittelunternehmer selbst die Öffentlichkeit in Form eines Produktrückrufes. Die Information der Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde erfolgt nur, wenn durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer getroffene Maßnahmen nicht rechtzeitig erfolgen oder Endverbrauche-rinnen und Endverbraucher nicht erreichen.

 

Kennzeichnung

Besonders auffällig an den elf betreffenden Proben sind neben den beschriebenen stofflichen Mängeln auch diverse Kennzeichnungsmängel.

Fünf der elf Proben waren ausschließlich fremdsprachig gekennzeichnet - andere enthielten diverse Übersetzungsfehler. Besonders problematisch zu bewerten sind Zutaten, welche ausschließlich auf dem originalen Etikett aufgeführt wurden, jedoch auf dem verpflichtenden deutschen Etikett fehlten. Auch verpflichtende Verbraucherhinweise, welche sich beispielsweise auf den erhöhten Koffeingehalt beziehen, fehlten auf mehreren der Proben.

 

Fazit: Importierte Erfrischungsgetränke erfüllen oft nicht die Anforderungen der EU

Von allen untersuchten alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Energy Drinks wurden 2024 in elf Proben Überschreitungen von europäischen oder nationalen Höchstmengen festgestellt (0,7 %).

Besondere Aufmerksamkeit ist dabei vor allem bei Importgetränken aus Nicht-EU-Ländern geboten. Zusatzstoffe werden in der EU und in den Herkunftsländern der Produkte rechtlich oft unterschiedlich bewertet. Eine Kennzeichnung in nichtdeutscher Sprache mit ggf. unkorrekter Übersetzung erschwert es zusätzlich, sich angemessen zu informieren. Insbesondere bei Energy-Drinks ist außerdem ein Blick auf den Koffeingehalt ratsam, um den individuellen Koffeinkonsum einschätzen zu können. Auch wenn bei keinem der untersuchten Produkte mit Höchstmengenüberschreitungen unmittelbare gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind, ist vor allem von einem dauerhaften oder übermäßigen Verzehr abzuraten.

Das CVUA Karlsruhe wird in Zusammenarbeit mit den Lebensmittelkontrolleuren und Lebensmittelkontrolleurinnen vor Ort den Markt importierter Erfrischungsgetränke und deren Zusammensetzung und Kennzeichnung weiterhin verstärkt im Auge behalten.

 

Literatur

[1] Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL): Benzoesäure, online verfügbar unter Lebensmittel: Benzoesäure, zuletzt geprüft am 20.02.2025

 

[2] EFSA ANS Panel (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources Added to Food), 2016. Scientific Opinion on the re-evaluation of benzoic acid (E 210), sodium benzoate (E 211), potassium benzoate (E 212) and calcium benzoate (E 213) as food additives. EFSA Journal 2016; 14(3):4433, 110 pp. doi:10.2903/j.efsa.2016.4433

 

[3] The Japan Food Chemical Research Foundation: Standards for Use of Food Additives, online verfügbar unter The Japan Food Chemical Research Foundation, zuletzt geprüft am 20.02.2025

 

[4] National Archives and Records Administration: Code of Federal Regulations, online verfügbar unter eCFR :: 21 CFR Part 184 -- Direct Food Substances Affirmed as Generally Recognized as Safe, zuletzt geprüft am 20.02.2025

 

[5] Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Koffein, online verfügbar unter Koffein - BfR, zuletzt geprüft am 20.02.2025

 

[6] U.S. Food & Drug Administration: Brominated Vegetable Oil (BVO), online verfügbar unter Brominated Vegetable Oil (BVO) | FDA, zuletzt geprüft am 20.02.2025

 

[7] K.A. Woodling, P. Chitranshi et al. (2022): Toxicological evaluation of brominated vegetable oil in Sprague Dawley rats,, in Food and Chemical Toxicology, Volume 165, 113137, https://doi.org/10.1016/j.fct.2022.113137

 

[8] Codex General Standard for Food Additives (GSFA) online Database, online verfügbar unter GSFA Online Food Additive Details for Dioctyl sodium sulfosuccinate, zuletzt geprüft am 20.02.2025

 

[9] Chapman RW, Sillery J, et al. (1985): Effect of oral dioctyl sodium sulfosuccinate on intake-output studies of human small and large intestine, in Gastroenterology, Volume 3 , doi: 10.1016/0016-5085(85)90441-x. PMID: 2410320.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 15.05.2025