Herbstliebling Kürbis: Nährstoffbombe mit minimaler Pestizidbelastung?

Dr. Anne Benkenstein

 

Der Kürbis zählt zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt und hat seinen Ursprung in Mittel- und Südamerika. Heute sind über 800 Sorten bekannt, wobei besonders der Hokkaido-, Butternut- und Spaghetti-Kürbis beliebt sind. Diese vielseitige Frucht hat einen festen Platz in der Küche – ob in Suppen, gebacken oder sogar in süßen Gerichten wie dem klassischen amerikanischen Pumpkin Pie. Doch wie steht es um die Belastung von Speisekürbissen mit Pflanzenschutzmitteln?

 

Rund um den Kürbis

Kürbisse sind nicht nur während der Halloween-Saison beliebte Dekorationselemente. Inzwischen sind sie aus der Küche, insbesondere in der Herbst- und Wintersaison, nicht mehr wegzudenken. Die drei am häufigsten verwendeten Speisekürbisse sind der Hokkaido, Butternut und Spaghetti-Kürbis.

 

Abbildung 1: Butternut- und Hokkaido-Kürbis.

Abbildung 1: Butternut- und Hokkaido-Kürbis

 

Laut dem Statistischen Bundesamt stieg der Anbau von Kürbissen von 69.000 Tonnen im Jahr 2012 auf 99.100 Tonnen im Jahr 2021 an [1]. Kürbisse bestehen zu etwa 90 % aus Wasser und enthalten lediglich rund 25 Kilokalorien pro 100 g, was sie zu einem kalorienarmen Lebensmittel macht. Auch der Fettgehalt ist sehr gering. Dennoch sind Kürbisse reich an Ballaststoffen, die die Verdauung unterstützen und ein langanhaltendes Sättigungsgefühl fördern. Zudem enthalten sie sekundäre Pflanzenstoffe wie Alpha- und Beta-Carotin sowie Lycopin. Pro 100 g Kürbis sind durchschnittlich 583 µg Beta-Carotin enthalten, wobei der Gehalt je nach Kürbissorte bis zu 1.170 µg betragen kann. Darüber hinaus liefern Kürbisse wertvolle B-Vitamine und Vitamin C [2, 3].

 

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Bitterstoffe im Kürbis

In Zier- und Wildkürbissen kommen natürlicherweise Bitterstoffe der Cucurbitacine vor, die einen entsprechend bitteren Geschmack verleihen. Diese Kürbisse sind nicht zum Verzehr geeignet, da die Cucurbitacine nicht nur bitter, sondern auch toxisch wirken können (unspezifische Hemmung der Zellteilung) [4]. Wenn man diese Kürbisse dennoch verzehrt – möglicherweise aufgrund einer fehlenden Sensibilität für den Bittergeschmack – können Übelkeit, Erbrechen und Durchfall die Folge sein [5].

Wir empfehlen daher, vor der Zubereitung unbedingt zu überprüfen, ob es sich um einen Speisekürbis handelt. Sollte ein bitteres Exemplar in das Gericht gelangen, ist vom Verzehr abzuraten, da die Cucurbitacine beim Kochen nicht zerstört werden. Kinder sind besonders gefährdet, da sie empfindlicher reagieren und ihre Wahrnehmung des Bittergeschmacks eingeschränkt sein kann [5].

 

Unsere Untersuchungsergebnisse

Wir haben von Januar 2022 bis Mitte September 2024 insgesamt 41 Kürbisse auf Rückstände an über 750 Pflanzenschutzmitteln und Kontaminanten untersucht. Davon stammten 24 Kürbisse aus konventionellem Anbau und 17 aus biologischem Anbau. Die Herkunftsländer der untersuchten Kürbisse, aufgeteilt nach konventionellem und biologischem Anbau, sind in Abbildung 2 dargestellt.

 

Abbildung 2: Übersicht der Herkunftsländer der untersuchten Kürbisse.

Abbildung 2: Übersicht der Herkunftsländer der untersuchten Kürbisse

 

In Bezug auf Pestizidrückstände gehört der Kürbis zu den Gemüsesorten mit vergleichsweise geringer Belastung. Dies liegt unter anderem an der dicken Schale vieler Sorten, die als Schutzbarriere dient. Der mittlere Rückstandsgehalt von Kürbissen aus konventionellem Anbau ist vergleichbar mit der von Kürbissen aus biologischem Anbau und liegt jeweils im Spurenbereich (konventionell Ø 0,005 mg/kg und Bio-Anbau Ø 0,003 mg/kg). Zum Vergleich: Der berechnete mittlere Rückstandsgehalt in konventionellem Gemüse (ohne Bromid und Phosphonsäure) betrug 2023 0,49 mg/kg [6].

 

Abbildung 3: Mittlerer Rückstandsgehalt von Kürbissen aus konventionellem und Bio-Anbau im Vergleich.

Abbilddung 3: Mittlerer Rückstandsgehalt von Kürbissen aus konventionellem und Bio-Anbau im Vergleich

 

In Abbildung 3 sind die mittleren Pestizidrückstandsgehalte der konventionellen und biologischen Kürbisse im Vergleich dargestellt.

 

Abbildung 4: Anzahl der Mehrfachrückstände im Vergleich.

Abbilddung 4: Anzahl der Mehrfachrückstände im Vergleich

 

Wie zu erwarten, weisen die Kürbisse aus biologischem Anbau etwas weniger Pestizidrückstände auf als die konventionell angebauten Kürbisse. Alle gefundenen Gehalte liegen im Spurenbereich (unter 0,01 mg/kg). In Tabelle 1 sind die nachgewiesenen Wirkstoffe aufgelistet. Hier zeigt sich deutlich die höhere Anzahl an nachgewiesenen Stoffen in den konventionell angebauten Kürbissen. Grundsätzlich sind aus jedem Wirkstoffbereich, also Insektizide, Herbizide, Fungizide und Biozide, Wirkstoffe vertreten. Im konventionellen Kürbisanbau wurde das Herbizid Pendimethalin, welches zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt wird, am häufigsten nachgewiesen. Das Fungizid Azoxystrobin und das Insektizid Flonicamid wurden ebenfalls mehrfach gefunden.

 

Für den Wachstumsregulator Dikegulac wurde ein Gehalt von 0,014 mg/kg in einem Spaghetti-Kürbis aus dem Jahr 2022 bestimmt. Der Wirkstoff Dikegulac ist in der EU nicht zugelassen. Es gilt nach Artikel 18 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ein EU-weit gültiger allgemeiner Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mg/kg [7]. Der in der Probe nachgewiesene Rückstandsgehalt liegt zwar über dem gesetzlich festgelegtem Rückstandsgehalt, die Überschreitung ist jedoch nach Berücksichtigung der analytischen Schwankungsbreite nicht gesichert. Der Erzeuger wurde über den Befund informiert.

 

DDAC (quartäres Ammoniumsalz) wurde sowohl in einem konventionellen als auch in einem Bio-Kürbis gefunden. Die Rückstände können sowohl durch den Einsatz von Bioziden in der Lebensmittelverarbeitung, beispielsweise beim Waschen, als auch durch die unrechtmäßige Zugabe von Pflanzenstärkungsmitteln entstehen, in denen diese Verbindung enthalten ist [8].

 

Chlorat und Perchlorat sind Stoffe, die hauptsächlich über das zur Bewässerung oder zum Waschen verwendete Wasser und/oder über den Boden eingetragen werden (siehe auch Abschnitt „Sonderfall Kontaminanten“).

 

In den Kürbissen aus biologischem Anbau wurden die unzulässigen Stoffe Dieldrin, Heptachlorepoxid und DDT in Spuren nachgewiesen. Arten der Pflanzenfamilie Cucurbitaceae sind dafür bekannt, dass sie diese Stoffe aus dem Boden anreichern. Aufgrund der niedrigen Gehalte ist davon auszugehen, dass diese nicht unzulässig angewendet wurden, sondern wahrscheinlich aus Altlasten im Boden stammen. Diese Stoffe sind in Deutschland seit den 60iger/70iger Jahren nicht mehr zugelassen und in der Umwelt schwer abbaubar.

 

Tabelle 1: Übersicht der gefundenen Stoffe in konventionellen Proben und Proben aus biologischem Anbau
Gefundene Rückstände in konventionellen Kürbissen
Anzahl
Gefundene Rückstände von Kürbissen aus ökologischem Anbau
Anzahl
Pendimethalin (Herbizid)
5
Dieldrin (Altlasten im Boden, Insektizid)
1
Azoxystrobin (Fungizid)
2
Heptachlorepoxid, cis (Altlasten im Boden, Insektizid)
1
Flonicamid (Insektizid)
2
DDAC (Biozid, Pflanzenstärkungsmittel)
1
Dikegulac (Wachstumsregulator)
1
Chloridazon (Herbizid)
1
Chlorat (Biozid, Herbizid, Kontaminante)
1
DDT (Altlasten im Boden, Insektizid)
1
Cypermethrin (Insektizid)
1
 
 
DDAC (Biozid, Pflanzenstärkungsmittel)
1
 
 
Diefenoconazol (Fungizid)
1
 
 
Quintozen (Kontaktfungizid)
1
 
 
Thiamethoxam (Insektizid)
1
 
 

 

Sonderfälle Kontaminanten

In sechs konventionellen Kürbisproben sowie in einer Probe aus biologischem Anbau wurde die Umweltkontaminante Perchlorat nachgewiesen. Perchlorate sind persistente Substanzen, die in der Umwelt weit verbreitet vorkommen. Außerdem wurde in vier konventionellen Kürbissen Melamin nachgewiesen, ein Abbauprodukt des Insektizids Cyromazin und ein Nebenprodukt von Harnstoffdüngern. Melamin erlangte 2008 im Zusammenhang mit einem Lebensmittelskandal in Säuglingsnahrung traurige Bekanntheit. In allen Proben lagen die Gehalte beider Kontaminanten jedoch deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte [9].

 

Sonderfall Phosphonsäure

Des Weiteren wurde in zwei Bio-Kürbissen der Wirkstoff Phosphonsäure in Spuren gefunden. Phosphonsäure ist ein in der EU zugelassenes Fungizid, das unabhängig vom Eintragsweg unter den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 396/2005 fällt. Der gesetzliche Höchstgehalt ist als Summe aus Fosetyl und Phosphonsäure definiert. Neben der Anwendung als Fungizid wurden Phosphonsäure und deren Salze jahrelang irreführenderweise auch als „Düngemittel“ (sog. Blattdünger) vermarktet. Diese Anwendung als „Düngemittel“ ist jedoch durch die Einstufung der Phosphonate als Fungizide seit dem Erntejahr 2014 nicht mehr zulässig [10].

 

Fazit

Kürbisse sind nicht nur kulinarisch vielseitig und gesund, sondern auch aus Sicht der Rückstandsbelastung unbedenklich. Unsere Untersuchungen zeigen, dass Speisekürbisse, sowohl aus konventionellem als auch aus biologischem Anbau, nur sehr geringe Mengen an Pestizidrückständen aufweisen. Bio-Kürbisse bieten zusätzlich den Vorteil einer noch niedrigeren Pestizidbelastung. Insgesamt sind Kürbisse also nicht nur nährstoffreich, sondern auch im Hinblick auf die Pestizidbelastung eine ideale Zutat für den täglichen Speiseplan.

 

Bildernachweis

Bilder Hokkaido und Butternut: Public Domain Pictures, Pixabay

Bild "Bio": Clker-Free-Vector-Images, Pixabay

 

Quellen

[1] Internetseite des Statistischen Bundesamtes, Pressemitteilung zum Thema, Zahl der Woche, Rekordernte: 99100 Tonnen Speisekürbisse im Jahr 2021 in Deutschland geerntet (zuletzt abgerufen am 23.10.2024)

 

[2] Souci/Fachmann/Kraut, Die Zusammensetzung der Lebensmittel Nährwerttabellen, 9., revidierte und ergänzte Auflage, 2024, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

 

[3] Bericht der Krankenkasse AOK, Was macht Kürbis gesund (zuletzt abgerufen am 23.10.2024)

 

[4] Miro (1995). Cucurbitacins and their pharmacological effects. Phytother Res 9, 159–168.

 

[5] Internetbericht des CVUA Stuttgart „Herbstzeit – Kürbiszeit“, Dr. Roland Perz, Thomas Kapp und Miriam Lindenbach, Artikel erschienen am 30.10.2012

 

[6] Langfassung des Ökomonitoringberichts von 2023 (zuletzt aufgerufen am 25.10.2024)

 

[7] VO (EG) 396/2005: Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2022/1435 vom 26. August 2022 (ABl. L 224/1)

 

[8] Internetbericht des CVUA Stuttgart, „Rückstände von quaternären Ammoniumverbindungen (QAV) in frischem Obst und Gemüse – Herkunft und Befunde“, Marc Wieland, Anne Wolheim, Dr. Eberhard Schüle, Ellen Scherbaum, Artikel erschienen am 03.07.2012

 

[9] VO (EG) 1881/2006: Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. L 364/5), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2020/2040 vom 11. Dezember 2020 (ABl. L 420/1)

 

[10] BNN-Factsheet – Phosphonsäure Kaliumphosphonat (Kaliumsalz der Phosphonsäure), Fosetyl-Aluminium; Zusammenfassung des Kenntnisstands (zuletzt abgerufen am 24.10.2024)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 31.10.2024