Baumkuchen - Genuss mit Hindernissen

Ein Bericht aus dem Labor

Dr. Gregor Vollmer, Patrick Gröger

 

Vorgeschichte

Kurz vor Weihnachten 2023 wurden dem CVUA Sigmaringen zwei Proben „Baumkuchen“ vorgelegt. Eine Verbraucherin hatte auf einem regionalen Weihnachtsmarkt insgesamt fünf Baumkuchen gekauft. Beim Verzehr stellte sie verschiedene dunkle Verfärbungen fest und vermutete einen Schimmelpilzbefall. Über das vor Ort zuständige Landratsamt erreichte die Ware schließlich das CVUA Sigmaringen, mit der Bitte um gründliche Untersuchung der fraglichen Produkte.

 

Baumkuchen

                                                    Bild der eingereichten Baumkuchen

Definition Baumkuchen

Gemäß den Leitsätzen für Feine Backwaren enthalten die Baumkuchen-Massen auf 100 kg Getreideerzeugnisse und/oder Stärken mindestens 100 kg Butter und mindestens 200 kg Vollei (bzw. entsprechende Mengen Volleierzeugnisse). Sie werden in dünnen Schichten gebacken. Der Überzug besteht aus Schokoladeüberzugsmasse oder Zuckerglasur. Mit Schokoladearten verwechselbare Überzüge wie z. B. kakaohaltige Fettglasur werden nicht verwendet. Ebenso wird für Baumkuchen kein Backpulver verwendet; es können aber Mandeln, Marzipanrohmasse, Nüsse und/oder Nugat zugesetzt werden.

 

Untersuchungen

Die Untersuchung begann mit einer Beschreibung der eingegangenen Feinen Backwaren: „fünf ringförmige Baumkuchen, jeweils komplett mit weißer Kuvertüre überzogen, Oberseite mit weißen Kuvertürestreifen verziert, Krume bestehend aus dünnen, hellgelben und hellbraunen Teigschichten, sehr kleine schwarze eingebackene Partikel“.

 

Baumkuchen mit Schimmelpilzfleck

                                                      Baumkuchen mit Schimmelpilzfleck

 

Darüber hinaus war Folgendes festzustellen: Bei Baumkuchen Nr. 1 befanden sich unterhalb der Kuvertüre eine schwarze Verfärbung (ca. 5 mm) und ein Schimmelpilzfleck (ca. 5 mm). Bei Baumkuchen Nr. 2 wurden unterhalb der Kuvertüre drei schwarze Verfärbungen (ca. 3 mm) festgestellt. Baumkuchen Nr. 3 war unauffällig, Nr. 4 wies einen sehr kleinen geleeartigen eingebackenen Klumpen unterhalb der Kuvertüre auf und Nr. 5 unterhalb der Kuvertüre eine schwarze Verfärbung (ca. 4 mm). Die im Anschluss durchgeführte sensorische Untersuchung ergab, dass Geruch und Geschmack spezifisch waren, aber nicht muffig, alt oder schimmlig. Der Baumkuchen mit dem Schimmelpilzbefall wurde aus naheliegenden Gründen nicht verkostet. Nach Abschluss der sensorischen Untersuchung wurden die auffällig verfärbten Stellen mit einem digitalen Mikroskop untersucht. Dieses ermöglicht eine Betrachtung mit bis zu 1.000-facher Vergrößerung sowie das Erstellen digitaler Fotos der vergrößerten Objekte. Auf diesem Weg konnte insbesondere der Schimmelpilzbefall an einer Stelle zweifelsfrei nachgewiesen werden: deutlich war der charakteristische Aufbau eines Schimmelpilzmycels zu erkennen.

 

Schimmelpilzmycel, digitalmikroskopiche Aufnahme

                                           Schimmelpilz, digitalmikroskopische Aufnahme

 

Auf die gleiche Weise konnte für sämtliche anderen Verfärbungen ausgeschlossen werden, dass es sich um weitere Schimmelpilzflecken handelt. Es lagen vielmehr kleine pflanzliche Bestandteile vor, die mit eingebacken wurden und von Zutaten wie zerkleinerten Vanilleschoten oder Gewürzen herrühren können. Gleiches gilt für die eingangs erwähnten sehr kleinen schwarzen Partikel. Diese Befunde sind somit völlig unbedenklich. Bei dem kleinen geleeartigen eingebackenen Klumpen kann es sich zum Beispiel um Aprikosenkonfitüre handeln, die laut Zutatenverzeichnis im Teig enthalten war.

 

Test Schwarze Verfärbung in Baumkuchen Schwarze Verfärbung in Baumkuchen, digitalmikroskopische Aufnahme

Schwarze Verfärbung                                                     Schwarze Verfärbung in Baumkuchen,

                                                                                          digitalmikroskopische Aufnahme

 

Ergebnis

Abschließend musste einer der Baumkuchen aufgrund des Schimmelpilzbefalls als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet und somit als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt werden. Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden. Die übrigen Baumkuchen waren nach eingehender Untersuchung nicht zu beanstanden.

 

Fazit

Verfärbung ist nicht gleich Verfärbung!

 

Infokasten

Was sind Leitsätze?

In Deutschland wird die allgemein anerkannte Verkehrsauffassung für viele Lebensmittel in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches beschrieben. Leitsätze haben den Charakter objektivierter Sachverständigengutachten. Sie beschreiben die Zusammensetzung und die sonstige Beschaffenheit der erfassten Produkte und bringen die zutreffende verkehrsübliche Bezeichnung des Lebensmittels zum Ausdruck. Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches sind keine Rechtsnormen und damit nicht rechtsverbindlich. Sie sind jedoch als Auslegungshilfe für Hersteller, Handel, Importeur, Verbraucher, Überwachung und Gerichte eine wichtige Orientierungshilfe.

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 27.02.2024