Algen – Eine gute Jodquelle?

Dr. Thorben Nietner, Katrin Tränkle, Nadja Bauer

 

Algen sind von Natur aus jodhaltig und können je nach Spezies beträchtliche Mengen an Jod enthalten. Jod ist einerseits ein wichtiges Spurenelement, andererseits kann eine übermäßige Jodaufnahme gesundheitsschädlich sein. Beim Verzehr von Algen und Algenprodukten ist daher besondere Vorsicht geboten. Unsere Untersuchungen zeigen: Noch nicht alle im Handel erhältlichen Produkte tragen die erforderlichen Warnhinweise und auch bei Beachtung der Portions- und Verzehrangaben kann es zu einer überhöhten Jodaufnahme kommen.

 

Hintergrund

Algen werden zunehmend auch in Deutschland als Lebensmittel verzehrt. Aufgrund ihres typisch salzig-würzigen Geschmacks werden sie gerne in der asiatischen Küche verwendet, zum Beispiel für Sushi und Miso-Suppe, aber auch zum Direktverzehr als Algennudeln oder zur Nahrungsergänzung. In Deutschland sind Algen meist als getrocknete Algen in Form von Algenpulver, -streifen oder gepressten Blättern erhältlich (Abbildung 1).
Algen nehmen während des Wachstums Jod aus dem Meerwasser auf. Sie sind daher von Natur aus jodhaltig. Je nach Algenspezies und Dauer der Wachstumsphase im Meer haben Algen einen geringeren oder höheren Jodgehalt. Sie sind daher geeignet, im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung, zur Jodversorgung beizutragen.

 

Abbildung 1: dunkelgrüne Algenstücke, -streifen und gepresste Blätter.

Abbildung 1: dunkelgrüne Algenstücke, -streifen und gepresste Blätter

 

Aufnahme von Jod – Nutzen und Risiko

Jod ist ein lebenswichtiges Spurenelement und wird von der Schilddrüse für die Produktion der Schilddrüsenhormone benötigt. Es muss mit der Nahrung aufgenommen werden [1]. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Jodzufuhr von insgesamt 180 bis 200 Mikrogramm. Eine ausreichende Aufnahme von Jod im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung ist wichtig, da auch eine langfristige Jodunterversorgung zu Funktionsstörungen der Schilddrüse und damit zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Nach aktuellen Informationen des BMEL [1] ist die Verwendung von jodiertem Speisesalz in Deutschland eine wichtige Vorsorgemaßnahme, um einem Jodmangel entgegenzuwirken und eine ausreichende Jodversorgung zu erreichen.

 

Gleichzeitig sollte nach Auffassung des BgVV, Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (Vorgängerinstitut des Bundesinstituts für Risikobewertung BfR), die gesamte alimentäre Jodzufuhr in Deutschland die Menge von 500 Mikrogramm pro Tag sowie die Jodzufuhr aus jodreichen Algenerzeugnissen die Menge von 200 Mikrogramm pro Tag nicht übersteigen [2].  Das BfR empfiehlt daher in seiner Stellungnahme zu Jod in Algen [3], aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes, getrocknete Algenerzeugnisse ab einem Jodgehalt von 20 mg/kg als geeignet die Gesundheit zu schädigen zu beurteilen. Es wird hierbei eine tägliche Verzehrmenge von 10 Gramm Trockenprodukt zugrunde gelegt.

 

Um eine übermäßige Jodzufuhr durch Algenerzeugnisse zu vermeiden, sollten laut BfR-Stellungnahme auf der Verpackung von Algenerzeugnissen konkrete Angaben zum Jodgehalt, deren korrekten Vor- und Zubereitung, der mengenmäßigen Verwendung dieser Produkte sowie der maximalen täglich empfohlenen Verzehrmenge gemacht werden [3].

 

Infokasten

Warnhinweis zum Jodgehalt

Um Verbraucher auf die Risiken beim Verzehr von Algen hinzuweisen sind eindeutige Angaben in der Deklaration der Produkte erforderlich [3]. Dies betrifft:

  • Angaben zum Jodgehalt (in der Nährwertdeklaration)
  • Hinweise zur korrekten Vor- und Zubereitung (z.B. Einweichvorgang, Verwerfen des Einweichwassers)
  • Konkrete Angaben zur mengenmäßigen Verwendung (Angabe der Portionsmenge und Anleitung zur Portionierung)
  • Angabe zur maximalen täglich empfohlenen Verzehrmenge

Ebenso sollten jodreiche Algenerzeugnisse immer mit einem Hinweis auf ihren hohen Jodgehalt und einem Warnhinweis versehen werden [3]. Ein entsprechender Hinweis sieht z. B. folgendermaßen aus:

Achtung: Jodreiches Lebensmittel!
Eine übermäßige Jodaufnahme kann gesundheitsschädlich sein und
zu Störungen der Schilddrüsenfunktion und des Jodstoffwechsels führen.

 

Untersuchungsergebnisse des CVUA Stuttgart aus den Jahren 2018 bis 2023

In den letzten sechs Jahren wurden am CVUA Stuttgart 51 Algenerzeugnisse auf deren Jodgehalt untersucht. Außerdem wurden die Kennzeichnung auf den Produktverpackungen und zusätzliche Werbeaussagen in beworbenen Internetauftritten überprüft. Untersucht wurden vorwiegend getrocknete Nori Seetang-Blätter (Rotalge), aber auch Wakame (Braunalge), Arame (Braunalge) und Lappentang (Rotalge). Die Algen stammten meist aus Korea oder China.

 

Der ermittelte Jodgehalt lag bei den Proben zwischen 10 und 5800 mg/kg. Im Mittel lag der Gehalt an Jod bei 440 mg/kg. Somit überstieg der Jodgehalt in nahezu allen Proben den vom BfR festgelegten Gehalt von 20 mg Jod pro Kilogramm getrocknetem Algenprodukt, ab dem ein Produkt als nicht verkehrsfähig einzustufen ist.  Bei drei dieser Proben führt die angegebene Portionsmenge zu einer Überdosierung an Jod. Daher wurden diese Proben entsprechend der BfR Empfehlung als geeignet die Gesundheit zu gefährden beurteilt. Es handelte sich dabei um die sehr jodreichen Algen Flügeltang (Alaria esculenta), Arame (Eisenia bicyclis) und Seetang (Kombu).
Eine Portionsmenge jeder dieser Proben enthielt mehr als die tolerablen 500 mg Jod/Tag. In der Probe Kombu Seetang wurde ein Jodgehalt von beinahe 5850 mg/kg Trockenprodukt nachgewiesen (siehe Abbildung 2).

 

Abbildung 2: Diagramm der nachgewiesenen Jodgehalte von ausgewählten Algensorten.

Abbildung 2: Diagramm der nachgewiesenen Jodgehalte von ausgewählten Algensorten (gemäß Angabe auf dem Etikett) mit der Anzahl an untersuchten Proben

 

16 der 51 untersuchten Algenerzeugnisse wiesen Mängel bei der Kennzeichnung auf, wie das Fehlen des Warnhinweises zur Jodaufnahme, die fehlende Angabe der Verzehrmengenempfehlung oder eine fehlerhafte Nährwertkennzeichnung. Zusätzlich wurde bei ausgewählten Proben auch der Internetauftritt begutachtet. Auf den Plattformen wurden die Algenerzeugnisse unter anderem mit besonderen Eigenschaften beworben, wie zum Beispiel „Reich an Kalium und Kalzium“ oder „Der hohe Kalziumgehalt fördert die Stärkung der Zähne und Knochen“. Bei diesen Angaben handelt es sich um nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben. Um ein Lebensmittel mit solchen Angaben in Verkehr bringen zu dürfen, sind die Bedingungen, die in der Health Claims-Verordnung [4] aufgeführt sind, einzuhalten. Bei gesundheitsbezogenen Angaben müssen diese zusätzlich in der Liste der VO (EU) 432/2012 [5] aufgeführt sein, um ein Lebensmittel mit der Auslobung kennzeichnen zu dürfen. Der hier aufgeführte Wortlaut muss nicht exakt dem in der Liste entsprechen, jedoch darf er die Bedeutung nicht verstärken. Bei 1 von 6 der überprüften Internetseiten der zur Untersuchung vorgelegten Proben erfüllte die Bewerbung im Internet diese Vorgaben.

 

Erfreulicherweise waren 35 Proben und damit knapp 69 % mit der erforderlichen Kennzeichnung versehen, die einer übermäßigen Jodaufnahme vorbeugen soll.

 

Fazit

Der Jodgehalt in getrockneten Algenprodukten ist besonders hoch. Da es sich hierbei um ein Naturprodukt handelt sind die natürlichen Schwankungen der Jodgehalte in den Produkten vergleichsweise groß. Um einer möglichen übermäßigen Aufnahme an Jod vorzubeugen ist eine Verzehrempfehlung dringend notwendig. Wichtig für den Verbraucher ist beim Verzehr von jodreichen Erzeugnissen die Verwendungsbedingungen und die Verzehrempfehlungen der einzelnen Produkte zu lesen und einzuhalten.

 

Die Untersuchungen des CVUA Stuttgart zeigen erfreulicherweise, dass bei vielen Algenprodukten auf den hohen Jodgehalt hingewiesen wird. Da sich die asiatische Küche zunehmender Beliebtheit erfreut und die Verwendung von Algen in vielen Gerichten empfohlen wird, ist aus Gründen des vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes eine regelmäßige Kontrolle der angebotenen Produkte wichtig. Das CVUA Stuttgart wird daher auch in Zukunft getrocknete Algen und Erzeugnisse aus Algen im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung untersuchen und den Jodgehalt sowie die erforderliche Kennzeichnung überprüfen.

 

Infokasten

Nori Blätter

Die Nori-Algen (Rotalgen) werden in der Regel zwischen November und Mai geerntet. Die Vermehrung der Algen ist äußerst kompliziert und findet meist in Aquakulturen statt.
Für die Herstellung der Blätter werden die Nori-Algen gewaschen, anschließend zerkleinert und mit Süßwasser gemischt. Die Nori-Wasser-Mischung wird auf Matten oder Rahmen gefüllt, wobei das Wasser abfließt und das Nori durch eine beheizte Oberfläche getrocknet wird [6].
Nori-Blätter werden hauptsächlich zur Herstellung von Sushi verwendet. Hierbei dient das Blatt nicht nur für die Stabilität sondert gibt dem Sushi auch seinen eigenen Geschmack. Jedoch ist der Genuss nur in Maßen zu empfehlen, da die Hersteller meist eine Verzehrmenge von 1–2 Nori-Blättern (ca. 4 g) angeben. Somit würde bereits mit 2 Sushi-Rollen die maximale empfohlene Jodzufuhr erreicht werden.

 

Bildernachweis

Verschiedene Algenerzeugnisse, Jael Diaz dos Santos, Fiona Schert

 

Quellen

[1] Informationsoffensive „Wenn Salz, dann Jodsalz“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Berlin, 2023, abgerufen am 05.01.2024.
[2] Getrockneter Seetang und getrocknete Algenblätter mit überhöhten Jodgehalten; Stellungnahme des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) vom 3. Januar 2001
[3] Gesundheitliche Risiken durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen; aktualisierte Stellungnahme Nr. 026/2007 des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 22. Juni 2004 (aktualisiert am 12. Juni 2007)
[4] VO (EG) 1924/2006: Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404/9), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 vom 8. November 2012 (ABl. L 310/36)
[5] VO (EU) 432/2012: Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern (ABl. L 136/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2017/1407 vom 1. August 2017 (ABl. L 201/1)
[6] “A guide to the seaweed industry“, FAO fisheries technical paper 441, Dennis J. McHugh, School of Chemistry, University College University of New South Wales and Australian Defence Force Academy Canberra Australia, FOOD AND AGRICULTURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS ROME, 2003, ISBN 92-5-104958-0, ISSN 0429-9345, aufgerufen: 02.10.2023.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 06.02.2024