KaldiAward 2023 in der Kategorie "Röstung & Analytik" würdigt Leistung eines Mitarbeiters des CVUA Karlsruhe

Erstes Europäisches Normverfahren zur Untersuchung von Kaffee mittels NMR

Dr. Dirk W. Lachenmeier und Jan Teipel, CVUA Karlsruhe

 

Für seine Arbeiten an der Entwicklung der ersten Europäischen Norm für die Untersuchung von Kaffee mittels NMR (Kernspinmagnetresonanz-Spektrometrie) wurde Dipl.-Chem. Jan Teipel, Laborleiter für NMR am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe, am 3. Oktober im Rahmen der International Coffee Convention (ICC) 2023 mit dem angesehenen KaldiAward ausgezeichnet.

Als Obmann der Arbeitsgruppe beim Europäischen Komitee für Normung (CEN), die sich mit der Überprüfung der Lebensmittelauthentizität mittels NMR-Analytik befasst und als Projektleiter der internationalen Validierungsstudie, die am CVUA Karlsruhe von den Laboren NMR und Pflanzliche Lebensmittel vorbereitet und geleitet wurde, hat Jan Teipel einen wesentlichen Beitrag zur Authentizitätskontrolle und analytischen Innovation im Kaffeesektor geleistet und damit den Verbraucherschutz gestärkt.

 

Die Abbildung zeigt Jan Teipel bei seinem Vortrag zur Überprüfung der Authentizität von Kaffee bei der International Coffee Convention (ICC) 2023

Abb.1: Vortrag zur Überprüfung der Authentizität von Kaffee bei der International Coffee Convention (ICC) 2023

 

Auf dem globalen Kaffeemarkt erzielt der wegen seiner feineren und ausgewogeneren Aromen bekannte und geschätzte Arabica-Kaffee etwa 40 % höhere Preise als der einfachere Canephora-Kaffee. Die vorsätzliche, nicht deklarierte Beimischung von Canephora-Kaffee kann deshalb große, illegale Profite ermöglichen.

Coffea arabica und Coffea canephora („robusta")

Coffea arabica

Der auch als Hochlandkaffee bezeichnete C. arabica ist im Anbau anspruchsvoller und reift langsamer als C. canephora. Die ursprüngliche Herkunft liegt in Äthiopien, von dort stammt auch die Legende von Kaldi, dem Hirten, der beobachtet haben soll, wie Ziegen nach dem Fressen an Kaffeesträuchern wach und unruhig wurden. Arabica gilt als edelste Kaffeesorte mit feinerem Aroma und niedrigem Koffeingehalt von ca. 12 g/kg. Sie ist wirtschaftlich am bedeutsamsten und erzielt einen fast doppelt so hohen Marktpreis.

 

Coffea canephora („Robusta“)

Diese auch als Tiefland-Kaffee bezeichnete Sorte ist nach C. arabica mit etwa 40 % Anteil der Welternte die zweite bedeutsame Kaffeesorte. C. canephora ist kälteempfindlicher, ansonsten jedoch weniger anspruchsvoll. Die Sträucher tragen mehr Früchte, welche schneller reifen, was teils zwei Ernten pro Jahr ermöglicht. Typischerweise werden die Aromen von C. canephora als weniger fein beschrieben, der Kaffee hat etwa doppelt so viel Koffein.

NMR-Spektren von reinem Arabica-Kaffee bzw. von Kaffee mit Canephora-Beimischung. Gut erkennbar das für Canephora typische intensive Signal der 16-O- Methylcafestols bei 3,42 ppm

Abb.2: Gut erkennbar ist das für Canephora typische intensive Signal des 16-O-Methylcafestols bei 3,42 ppm (grün markiert)

 

Wegen des erheblichen Risikos der Verfälschung von Kaffees machten Deutschland und 12 weitere europäische Staaten 2018/19 im Rahmen der koordinierten Operation OPSON VIII die Überprüfung von Kaffee zum Schwerpunktthema. Dabei wurde auch die Zusammenarbeit verschiedener Behörden im Rahmen einer internationalen Laborkooperation ausgebaut, bei der das Labor für pflanzliche Lebensmittel am CVUA Karlsruhe für die Operation in kurzer Zeit fast 400 Kaffeeproben wirtschaftlich und schnell mittels NMR analysierte.

 

OPSON-Operation

Seit 2011 gibt es die internationalen, von Europol und Interpol koordinierten Polizei- und Zoll-Operationen gegen Lebensmitteltäuschung und –betrug. Dabei werden risikoorientiert und aktuell ausgewählte Lebensmittel gezielt verstärkt kontrolliert. Inzwischen nehmen über 80 Staaten daran teil; die ressort- und länderübergreifende Zusammenarbeit macht die Operationen wirkungsvoll und stärkt den Verbraucherschutz, denn auch Lebensmittelbetrug ist inzwischen globalisiert. „Opson“ ist griechisch und meint den besonderen, wertvollen Teil des Essens.

 

Auf der ICC stellte Jan Teipel die Einsatzmöglichkeiten der NMR für die Kaffeeanalytik und die Ergebnisse aus der Normungsarbeit der CEN-Arbeitsgruppe für NMR-Methoden zur Überprüfung der Lebensmittelauthentizität "CEN/TC 460 Food Authenticity WG 4 NMR" vor. Die ICC ist eine wissenschaftliche Fachtagung rund um Kaffee, vom Anbau über die Röstung bis zu Sensorik und Analytik. Etwa 150 Teilnehmende aus Afrika, Nord- und Südamerika, Asien und Europa trafen sich dazu vom 30.09. bis 03.10.2023 in Mannheim.

Der KaldiAward, benannt nach der legendären Entdeckung des Röstkaffees durch den äthiopischen Ziegenhirten Kaldi, ehrt seit 2016 wissenschaftlich tätige Personen und Fachkundige, die durch ihre Forschung einen bedeutenden Beitrag zur Kaffeeindustrie leisten. Die Vergabe dieses Preises erfolgt durch eine unabhängige, international besetzte Fachjury, die sich aus anerkannten Sachverständigen des Kaffeesektors zusammensetzt. Diese Jury bewertet die eingereichten Arbeiten auf der Grundlage von Innovation, wissenschaftlicher Exzellenz und dem potenziellen Beitrag zur Kaffeeindustrie.

Bei seinen Dankesworten betonte Jan Teipel, dass der KaldiAward nicht nur eine Anerkennung seiner persönlichen Arbeit darstellt, sondern auch die gemeinsamen Anstrengungen des CEN-Expertengremiums und der unterstützenden Teams der Karlsruher Labore würdigt.

 

Die Abbildung zeigt den an Jan Teipel verliehenen, eingerahmten KaldiAward 2023 für besondere Leistungen auf dem Gebiet Röstung & Analytik und einen Vortragendenausweis für die International Coffee Convention vom 30.09. – 03.10.2023

Abb.3: Der KaldiAward 2023 für besondere Leistungen auf dem Gebiet Röstung & Analytik

 

Analysetechnik NMR

Die NMR-Spektroskopie (engl.: Nuclear Magnetic Resonance = Kernspinresonanzspektroskopie) ist ein Untersuchungsverfahren, mit dem man Substanzen identifizieren und ihre Konzentrationen bestimmen kann. Manche Atomkerne (z. B. Wasserstoff, 1H) zeigen deutliche magnetische Eigenschaften, wenn sie in ein starkes Magnetfeld gebracht werden. Diese Atomkerne können dann angeregt werden und senden anschließend charakteristische Signale aus. Frequenz und Form dieser Signale hängen von der elektronischen Umgebung der Atomkerne ab, also z. B. von den Nachbaratomen. Deshalb hat die Molekülstruktur einen charakteristischen Einfluss auf das NMR-Spektrum und kann oft aus dem Spektrum abgeleitet werden. Am häufigsten genutzt wird die Protonen-NMR-Spektroskopie (1H-NMR).

Die Intensität der Signale liefert Informationen über die Konzentration der Substanz(en) im Messpräparat. Die NMR-Spektroskopie ist eine der leistungsfähigsten Methoden zur Strukturaufklärung von Substanzen und metrologisch eine Primärmethode zur Konzentrationsbestimmung. Als Primärmethode werden Messverfahren von höchster Güte bezeichnet, deren Messprinzip und -unsicherheit komplett auf Naturkonstanten zurückgeführt werden kann.

 

Die normierte NMR-Methode DIN EN 17992 wird bereits am CVUA Karlsruhe im Rahmen der amtlichen Untersuchung von Kaffeeproben eingesetzt und trägt zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher durch einen deutlich erhöhten Probendurchsatz bei geringeren Kosten gegenüber der früheren HPLC-Normmethode (HPLC: Hochdruck-Flüssigchromatographie) bei.

 

Bildernachweis

Vortragsfoto, NMR Spektren, KaldiAward: eigene Werke

 

Weiterführende Informationen

 

 

Artikel erstmals erschienen am 24.01.2024