Schlagsahne: Immer ein Genuss?

Elisa Scheib

 

Abb. 1.: Kaffee mit Vanilleeis und einem Schlagsahnehäubchen bestäubt mit Kakaopulver.

Abb. 1.: Kaffee mit Vanilleeis und einem Schlagsahnehäubchen bestäubt mit Kakaopulver

Bei sommerlich heißen Temperaturen ist ein kühler Eiskaffee mit Vanilleeis und einem Häubchen Schlagsahne ein Dauerbrenner. Auf das Schlagsahnehäubchen haben die Lebensmittel­überwachungs­behörden dabei stets ein Augenmerk, denn nicht immer stellt sich dieses als Genuss, sondern als keimbelastet heraus. Dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart wurden in etwas über einem Jahr 120 Sahneproben aus Automaten – wie sie häufig in der Gastronomie zum Einsatz kommen – zur mikrobiologischen Untersuchung auf bakterielle Krankheitserreger sowie Hygiene- und Verderbskeime vorgelegt. 57 % der Proben waren mikrobiologisch unauffällig. 43 % der Proben wurden aufgrund erhöhter Keimgehalte lebensmittelrechtlich beanstandet. Krankheitserreger in erkrankungsrelevanter Menge wurden in keiner Probe nachgewiesen.

 

Die mikrobiologisch-hygienische Qualität von Schlagsahne untersucht das CVUA Stuttgart regelmäßig. In den Jahren 2004 bis 2006 wurden 39 % der insgesamt 288 untersuchten Proben aufgrund erhöhter Keimgehalte beanstandet [1].

 

In der Gastronomie wird meist wärmebehandelte Flüssigschlagsahne in Aufschlagautomaten steif geschlagen. Das Ausgangsprodukt, die flüssige Sahne, wird in den Molkereien ultrahocherhitzt und ist dadurch in der Regel sehr keimarm. Der Nachweis von Hygiene- und Verderbserregern in aufgeschlagener Sahne spricht somit für eine nachträgliche Kontamination des Produkts im Lebensmittelbetrieb. Insbesondere eine unzureichende oder fehlende Reinigung und Desinfektion der Aufschlagautomaten aber auch eine zu lange Standzeit der eingesetzten Flüssigsahne bei unzureichender Kühlung, kann ursächlich für eine hohe Keimbelastung im Endprodukt des Verbrauchers sein.

 

Ob die Betriebe den hygienischen Umgang mit dem leicht verderblichen Lebensmittel Sahne beherzigen und den Forderungen nach regelmäßiger und sachgerechter Reinigung der Aufschlagautomaten nachkommen überprüfen die Lebensmittelüberwachungsbehörden durch routinemäßige Entnahme von Schlagsahneproben aus Automaten. Die Proben werden dem CVUA Stuttgart in sterilen Probenahmegefäßen zur Untersuchung vorgelegt (s. Abb. 2).

 

Abb. 2.: Foto aus unserem Laboralltag, aufgeschlagene Sahne aus einem Aufschlagautomat in einem sterilien Probenahmegefäß.

Abb. 2.: Foto aus unserem Laboralltag, aufgeschlagene Sahne aus einem Aufschlagautomat in einem sterilien Probenahmegefäß

 

Untersuchungsspektrum

Das CVUA Stuttgart untersuchte den mikrobiologischen Status der Sahneproben mittels Anreicherungs- und Keimzähl­verfahren. Untersucht wurde auf verschiedene mikrobiologische Parameter: Gesamtkeimgehalt, verderbniserregende Pseudomonaden, Hygieneindikatorkeime (Enterobacteriaceae, Escherichia coli) und Krankheits­erreger (Salmonellen, Listeria monocytogenes, Bacillus cereus, Staphylococcus aureus). Letztere können bei entsprechend hoher Keimzahl ein Erkrankungsrisiko darstellen. Der mikrobiologischen Analytik vorausgehend fand eine grobsinnliche Beurteilung jeder Probe durch mindestens einen Sachverständigen statt. Neben den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Hygiene (LMHV, VO (EG) Nr. 852/2004) und Lebensmittelsicherheit (VO (EG) Nr. 178/2002) wurden auch Empfehlungen der DGHM [3] zur Beurteilung herangezogen. Die dort angegebenen Richt- und Warnwerte sind als Empfehlung zu verstehen und rechtlich nicht bindend.

 

Richtwerte zeigen, welches produktspezifische Mikro­organismenspektrum zu erwarten ist bzw. welche Mikro­organismengehalte bei Einhaltung einer guten Hygienepraxis akzeptabel sind. Werden diese Richtwerte überschritten, ist dies ein Hinweis auf Schwachstellen in der Herstellungs- und Hygienepraxis. Das Überschreiten der Warnwerte dagegen weist darauf hin, dass die Prinzipien einer guten Hygiene- und/oder Herstellungspraxis verletzt wurden.

 

Im nachfolgenden Infokasten sind einige Tipps zum hygienischen Umgang mit dem leicht verderblichen Lebensmittel Sahne sowie Sahneaufschlagautomaten aufgeführt.

 

Infokasten

Tipps zum hygienischen Umgang mit Sahneaufschlagautomaten [8]

  • zum Öffnen des Originalgebindes saubere Gerätschaften einsetzen
  • auf Hygiene beim Befüllen des Aufschlagautomaten achten
  • einzufüllende Sahnemenge – wenn möglich – dem Tagesbedarf anpassen
  • Temperatur der in den Aufschlagautomaten eingefüllten Flüssigsahne: max. +7 °C
  • Reste von im Automaten verbliebener Sahne nach Betriebsschluss entnehmen
  • Regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Aufschlagautomaten gemäß Vorgaben des Geräteherstellers (Personal entsprechend schulen!)
  • Aufschlagautomaten jährlich warten
  • Dichtungen regelmäßig überprüfen und ggf. ersetzen
  • Personalhygiene regelmäßig und in ausreichendem Maße schulen

 

Untersuchungsergebnisse

Das CVUA Stuttgart hat von Januar 2022 bis Juli 2023 insgesamt 120 Sahneproben aus Aufschlagautomaten untersucht. 42 Proben wurden in Bäckereien und 78 Proben in Eisdielen/Cafés erhoben. Im Folgenden sind die Ergebnisse dargestellt (s. Abb. 3).

 

Abb. 3 (Kuchendiagramm): Ergebnisse der untersuchten Schlagsahneproben aus Aufschlagautomaten (n = 120).

Abb. 3: Ergebnisse der untersuchten Schlagsahneproben aus Aufschlagautomaten (n = 120)

 

➥ Beanstandet wurden 43 % der 120 untersuchten Sahneproben. Erfreulicherweise waren keine gesundheitsgefährdenden Keime nachweisbar.

➥ 27 % der Proben wurden wegen Hygienemängeln im Sinne der EU-Verordnung VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene und der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) [4, 5] als nachteilig beeinflusst, aufgrund deutlich erhöhter Keimgehalte an verderbserregenden Pseudomonaden und an zu den Hygieneindikatoren zählenden Enterobacteriaceae, beurteilt.

➥ 13 % der Proben wiesen so stark erhöhte Keimgehalte  – teils in Verbindung mit grobsinnlichen Abweichungen im Geruch und Geschmack (unfrisch, käsig, alt) – auf, dass die Schlagsahne im Sinne der EU-Verordnung VO (EG) Nr. 178/2002 [6] als nicht sicher und damit als nicht zum Verzehr durch den Menschen geeignet beurteilt wurde. Auch der Fäkalindikator Escherichia coli wurde in einer Probe nachgewiesen, was als Hinweis auf Mängel im Bereich der Personalhygiene hindeutet.

➥ 3 % der Proben wiesen zu hohe Lager-/Produkttemperaturen (≥ 10 °C) auf. Nach Öffnen des Originalgebindes, stellt wärmebehandelte Schlagsahne ein leicht verderbliches Lebensmittel dar, das gemäß DIN 10508 „Temperaturen für Lebensmittel“ [7] stets ausreichend gekühlt (max. +7 °C) aufbewahrt werden muss. Vor dem Befüllen des Aufschlagautomaten sollte die Flüssigsahne bereits gekühlt werden, da die Kühlmöglichkeiten der Automaten meist nicht ausreichen, um die Sahne schnell auf die erforderliche Temperatur herunterzukühlen. Die Temperatur der Behältersahne sollte regelmäßig kontrolliert und dokumentiert werden.

 

Gemäß gesetzlicher Hygiene-Anforderungen [4, 5] kann die Verkehrsfähigkeit leicht verderblicher Lebensmittel nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen erhalten werden. Das Kühlen von Lebensmitteln verlangsamt biochemische, enzymatische und mikrobiologische Prozesse. Wodurch der Verderb sowie die Vermehrung bzw. die Toxinbildung pathogener Mikroorganismen hinauszögert bzw. verhindert werden kann.

 

Fazit

Der Nachweis erhöhter Keimgehalte in fast der Hälfte aller untersuchten Sahneproben verdeutlicht die Notwendigkeit einer täglichen, sorgfältigen Reinigung und regelmäßigen Desinfektion der Aufschlagautomaten zur Herstellung von aufgeschlagener Sahne. Immer wieder wird von den Lebensmittelüberwachungsbehörden berichtet, dass die Auswahl und Dosierung von Reinigungsmitteln ungeeignet für das jeweils eingesetzte Gerät war, wodurch sich trotz regelmäßiger und sorgfältiger Reinigung keine Verbesserung der mikrobiologischen Qualität der beprobten Sahneproben in den Betrieben einstellte.

 

Die Untersuchungsergebnisse des CVUA Stuttgart zeigen den weiterhin notwendigen Kontrollbedarf von gewerblich genutzten Sahneaufschlagautomaten. Den Verzehr eines leckeren Eiskaffees bei sommerlichen Temperaturen sollte sich der Verbraucher jedoch nicht nehmen lassen, da viele Betriebe die oben genannten Punkte durchaus beachten.

 

Quellen

[1] CVUA Stuttgart: Schlagsahne aus Aufschlagautomaten – Ein Dauerbrenner aus Sicht der Lebensmittelüberwachung (Stand: 10.08.2023)

 

[2] Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel

 

[3] DGHM: Veröffentlichte mikrobiologische Richt- und Warnwerte zur Beurteilung von Lebensmitteln. Eine Empfehlung der Fachgruppe Lebensmittelmikrobiologie und -hygiene der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie

 

[4] VO (EG) 852/2004: Verordnung (EG) Nr.852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2021/382 vom 3. März 2021 (ABl. L 74/3)

 

[5] LMHV: Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2016 (BGBl. I S. 1469), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 20. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 159)

 

[6] VO (EG) 178/2002: Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1381 vom 20. Juni 2019 (ABl. L 231/1)

 

[7] DIN 10508 „Temperaturen für Lebensmittel”

 

[8] Merkblatt des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Hygienischer Umgang mit Sahneaufschlagautomaten (Stand: 28.08.2023)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 12.09.2023