Kein Mykotoxinproblem – Patulin in Kernobstprodukten
Dr. Tanja Welsch
Das CVUA Sigmaringen untersuchte seit 2016 insgesamt 655 Proben Kernobsterzeugnisse wie Apfelmus, Obstzubereitungen für Säuglinge und Kleinkinder und vor allem Kernobstsäfte auf Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) wie Patulin. Beim Großteil der Proben lagen die Patulingehalte unterhalb der Bestimmungsgrenze. Lediglich 7 Saftproben mussten wegen Überschreitung der Höchstgehalte für Patulin in den letzten siebeneinhalb Jahren beanstandet werden.
Eine erfrischende Schorle mit Apfel- oder Birnensaft an einem heißen Sommertag, Obstbrei für Kleinkinder und Säuglinge oder Pfannkuchen mit Apfelmus – alle enthalten Lebensmittel aus Kernobst wie Apfel oder Birne. Damit die Verbraucherinnen und Verbraucher hier guten Gewissens zugreifen können, untersucht das CVUA Sigmaringen regelmäßig Lebensmittel, die die Kernobstsorten Apfel, Birne oder Quitte enthalten, auf Mykotoxine wie Patulin.
Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) sind Stoffe, die von verschiedenen Schimmelpilzen gebildet werden können. Sie wirken schon in geringen Konzentrationen giftig auf Mensch und Tier. Schimmelpilze können entweder Pflanzen bereits beim Wachstum auf dem Feld oder Lebensmittel bei der Verarbeitung und Lagerung befallen. Unter bestimmten Bedingungen bilden sie dann Mykotoxine, wodurch es zur Kontamination von Lebensmitteln kommen kann.
Bei Kernobstprodukten ist das Mykotoxin Patulin ein Untersuchungsschwerpunkt. Daneben umfasst das Untersuchungsspektrum des CVUA Sigmaringen auch andere Mykotoxine unter anderem Aflatoxine, Ochratoxin A oder die in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus gelangten Alternariatoxine.
Infokasten
Was ist Patulin?
Patulin ist ein Mykotoxin, das von verschiedenen Schimmelpilze u. a. der Gattungen Penicillium, Aspergillus oder Byssochlamys gebildet werden kann. Patulin kann als Kontamination in unterschiedlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse oder Getreide vorkommen, die wichtigste Kontaminationsquelle sind jedoch belastetes Kernobst und Kernobsterzeugnisse vor allem aus Apfel. Durch sorgfältige Ernte, Lagerung und Verarbeitung kann die Belastung mit Patulin verringert werden.
Rechtliche Regelungen zu Mykotoxinen
Um eine Gefährdung der Gesundheit durch mit Mykotoxinen belastete Lebensmittel zu verringern, hat der EU-Gesetzgeber für bestimmte Lebensmittel in der Verordnung (EU) 2023/915 (ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006) Höchstgehalte für Mykotoxine festgelegt. So liegt der Höchstgehalt für Patulin in Fruchtsäften bei 50 µg/kg, in festen Apfelerzeugnissen wie Apfelmus bei 25 µg/kg und für Apfelerzeugnisse für Säuglinge und Kleinkinder bei 10 µg/kg.
Daneben veröffentlichte die EU bereits 2003 eine Empfehlung zur Prävention und Reduzierung der Patulinkontamination von Apfelsaft und Apfelsaftzutaten in anderen Getränken (Empfehlung der Kommission 2003/598/EG). Darin empfiehlt sie sicherzustellen, dass die Unternehmen der apfelverarbeitenden Industrie alle notwendigen Vorkehrungen sowie gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen treffen, um unter den gesetzlich festgelegten Höchstgehalt für Patulin von 50 μg/kg bei Apfelsaft zu gelangen, mit dem Ziel, letztlich einen Wert von 25 μg/kg zu erreichen. Dieser wird im Folgenden als Orientierungswert bei der Auswertung der Daten berücksichtigt.
Untersuchungsergebnisse
Seit dem Jahr 2016 bis Mitte des Jahres 2023 hat das CVUA Sigmaringen insgesamt 655 Proben Kernobstprodukte auf das Mykotoxin Patulin untersucht. Zu den Proben gehörten feste Kernobsterzeugnisse, vor allem Apfelmus, sowie Nahrung für Säuglinge und Kleinkinder wie Obstzubereitungen mit Kernobst. Der größte Teil der Proben waren allerdings Kernobstsäfte, vor allem Apfelsaft, aber auch Birnensaft, Quittensaft und Saftmischungen (s. Abbildung).
Anzahl der unterschiedlichen auf Patulin untersuchten Säfte und Saftmischungen
Keine der 43 Proben Babynahrung oder der 62 Proben von festen Kernobsterzeugnissen enthielt Patulin über der Bestimmungsgrenze der Methode. Ebenso stellten die Expertinnen und Experten des CVUA Sigmaringen in drei Viertel aller 550 Proben Kernobstsaft (415 Proben) kein Patulin fest (s. Abbildung).
Anzahl der zwischen 2016 und Mitte 2023 auf Patulin untersuchten Proben von festen Kernobsterzeugnissen, Babynahrung mit Kernobstanteil und Kernobstsäften aufgeteilt nach Proben deren Patulingehalte unterhalb der Bestimmungsgrenze lagen, Proben mit quantifizierbaren Gehalten unterhalb des Orientierungswertes, zwischen Orientierungswert und Höchstgehalt und über dem Höchstgehalt.
In 25 % der Saftproben war Patulin enthalten. Meistens lagen die Gehalte jedoch unter dem in der Empfehlung 2003/598/EG angegebenen Orientierungswert von 25 µg/kg (114 Proben entsprechend 21 % der Saftproben). Der Höchstgehalt von 50 µg/kg wurde in den letzten Jahren lediglich von 7 Saftproben (1,3 %) überschritten. Der höchste bestimmte Patulingehalt lag dabei 8-fach über dem Höchstgehalt. Die Sachverständigen beanstandeten in den Jahren 2016 und 2017 sowohl zwei Apfelsäfte als auch einen Quittensaft und einen Apfel-Birnen-Saft. Nachdem dann mehrere Jahre keine Probe den Höchstgehalt für Patulin überschritten hatte, mussten Ende 2022 und im ersten Halbjahr 2023 wieder zwei Apfelsäfte und ein Birnensaft beanstandet werden.
Bei einigen der untersuchten Kernobstsäfte waren auf dem Etikett Hinweise angebracht, dass Obst von Streuobstwiesen verwendet worden war. Ein Vergleich der Daten von Proben mit einem Hinweis auf Streuobstwiesen mit Proben ohne diesen zeigt, dass die Untersuchungsergebnisse für beide Kategorien ähnlich sind (s. Tabelle).
Übersicht über die Anzahl der auf Patulin untersuchten Kernobstsaftproben mit und ohne Hinweis auf Verwendung von Obst von Streuobstwiesen sowie Anteil der Proben mit Patulingehalten unterhalb der Bestimmungsgrenze sowie mit quantifizierbaren Gehalten unterhalb des Orientierungswertes, zwischen Orientierungswert und Höchstgehalt und über dem Höchstgehalt.
Der Großteil dieser Proben untersuchte das CVUA Sigmaringen auch auf weitere Mykotoxine. Dabei waren in keiner dieser Proben Aflatoxine oder Ochratoxin A bestimmbar. Auch die Gehalte der Alternariatoxine Alternariol, Alternariolmonomethylether und Tenuazonsäure lagen bei knapp 80 % der untersuchten Kernobsterzeugnisse unterhalb der Bestimmungsgrenze der Methode. Wurden Gehalte an Alternariatoxinen festgestellt, so lagen diese meist unter 10 µg/kg, nur weniger als 5 % der Proben oberhalb davon. Für Alternariatoxine gibt es noch keine gesetzlich festgelegten Höchstgehalte. Für Alternariatoxine in Kernobstprodukten gibt es auch keine Richtwerte. Insgesamt lassen die Untersuchungsergebnisse vermuten, dass bei Kernobstprodukten im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln wie getrockneten Feigen keine häufige Belastung mit Alternariatoxinen zu erwarten ist
(Mykotoxinbelastung in getrockneten Feigen - bekannte und neue Herausforderungen).
Das CVUA Sigmaringen wird die Untersuchungen von Kernobstprodukten auf Mykotoxine fortsetzen und hierbei auch die neue Ernte im Herbst 2023 einbeziehen.
Bilder:
Pixabay und CVUA Sigmaringen