Sensorik und Beurteilung von veganen/vegetarischen Alternativen von Fleisch und Fisch
Ein Bericht aus unserem Laboralltag der Arbeitsgruppe „Vegane und vegetarische Lebensmittel”
ALUA-Arbeitsgruppe „Vegane/vegetarische Lebensmittel“ (Dr. J. Kuntzer (Obmann), B. Gmeiner, K. Wahl, A. Maixner, C. Andlauer, Dr. M. Möllers, Dr. M. Lexe, A. Brengel, K. Luib, E. Burgmaier-Thielert)
Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in Baden-Württemberg (CVUA) untersuchen neben tierischen Lebensmitteln auch die boomende Gruppe der veganen/vegetarischen Ersatzlebensmittel. In einer gemeinsamen Sitzung der Arbeitsgruppe „Vegane und vegetarische Lebensmittel“ wurden neben einer Blindverkostung dreizehn vegane/vegetarische Ersatzlebensmittel verkostet, beschrieben und geprüft, ob die Bezeichnungen der Ersatzlebensmittel den Anforderungen der „Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ entsprechen. Unterstützt wurde die Beurteilung durch den „Leitfaden für sensorische Prüfungen veganer und vegetarischer Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ des Lebensmittelverbandes Deutschland.
Beurteilungsgrundlage für vegane/vegetarische Ersatzlebensmittel sind u. a. die „Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ [1]. Die genannten Leitsätze stellen keine verbindliche Rechtsvorschrift dar, sie spiegeln jedoch die allgemeine Verkehrsauffassung wider und haben somit ein großes Gewicht bei der Beurteilung dieser Lebensmittel. Ergänzend zu diesen Leitsätzen wurde vom Lebensmittelverband Deutschland ein Leitfaden für die sensorische Prüfung veganer und vegetarischer Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs [2] veröffentlicht, der Sachverständige bei der Beurteilung unterstützen soll. Da vegane/vegetarische Ersatzlebensmittel Bezug zum tierischen Lebensmittel nehmen, ist die sensorische Prüfung eine wichtige Beurteilungsgrundlage. So wird das Ersatzlebensmittel mit einem Bezugslebensmittel verglichen und geprüft, ob eine hinreichende oder sogar weitgehende Ähnlichkeit besteht. Sollte dies der Fall sein, so können gewisse Bezeichnungen mit Bezug zum tierischen Lebensmittel beim Ersatzlebensmittel verwendet werden.
Daher haben sich die Experten auf dem Gebiet der veganen/vegetarischen Ersatzlebensmittel der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) in Baden-Württemberg (CVUA Freiburg, CVUA Karlsruhe, CVUA Sigmaringen und CVUA Stuttgart) zu einer gemeinsamen Veranstaltung im CVUA Stuttgart zusammengefunden und dreizehn verschiedene Ersatzlebensmittel anhand des Leitsatzes und des Leitfadens bewertet.
Das Ziel der Veranstaltung war es, sich über diese Produktgruppe auszutauschen und somit eine einheitliche Beurteilung in Baden-Württemberg hinsichtlich der Sensorik zu gewährleisten.
Als Einstieg in den Tag wurden zwei unbekannte Produkte (hier ein „veganes Erzeugnis nach Art einer Teewurst“ sowie eine „Fleischwurst“) durch die Teilnehmer „blind“ verkostet. Die Teilnehmer mussten die zwei Produkte hinsichtlich des Aussehens, der Konsistenz, des Geruchs sowie des Geschmackes beschreiben, um letztendlich das Produkt als „tierisch“ oder als Ersatzprodukt (hier „vegan/vegetarisch“) einzustufen.
Blindverkostung: „veganes Erzeugnis nach Art einer Teewurst“
Blindverkostung: „Fleischwurst“
Alle Teilnehmer konnten die Produkte aufgrund ihrer Erfahrung richtig einstufen, obwohl das Ersatzlebensmittel („veganes Erzeugnis nach Art einer Teewurst“) eine gute Übereinstimmung mit dem Bezugslebensmittel aufwies und von Laien durchaus mit dem Original verwechselt werden kann. Die mittlerweile gute Übereinstimmung in Aussehen, Konsistenz, Geruch und Geschmack der Ersatzprodukte mit dem tierischen Original verdeutlicht auch die großen technologischen Anstrengungen, die manche Hersteller durchführen.
Im Anschluss wurden dreizehn verschiedene Ersatzprodukte der Kategorie „Rohwurst“, „Brühwurst“, „Bratwurst“ „Rohpökelware“, „gewolftes oder ähnlich zerkleinertes Fleisch“ und „Fischerzeugnisse“ verkostet und bewertet. Sofern notwendig wurden die Ersatzprodukte je nach Packungsvorschrift (z. B. Erhitzen mit Pflanzenöl in einer Pfanne) zubereitet und anschließend verkostet. Zum Vergleich lag jeweils ein Bezugslebensmittel tierischer Herkunft vor.
Beispielhaft einige Fotos mit Ersatzprodukt und Bezugslebensmittel klassischer tierischer Herkunft:
Vergleich Salami: vegan (links) und Klassik
Vergleich Fleischwurst: vegetarisch (links) und Klassik
Vergleich Rostbratwurst: vegan
Vergleich Rostbratwurst: Klassik
Vergleich Teewurst: vegan (links) und Klassik
Vergleich Frikadelle: vegan (links) und Klassik
Vergleich Räucherlachs: vegan (links) und Klassik
Vergleich Fischstäbchen: vegan (links) und Klassik
Ergebnis
Bei vielen Ersatzprodukten waren sich alle zehn Teilnehmer nach der Verkostung einig. Eine hinreichende bzw. weitgehende Ähnlichkeit konnte entweder bestätigt oder nicht bestätigt werden und es kam zu keinen größeren Meinungsverschiedenheiten bei den Teilnehmern. Eine wichtige Erkenntnis im Hinblick auf eine einheitliche Beurteilung in Baden-Württemberg.
Bei den Produkten, die nach Auffassung der Teilnehmer keine hinreichende Ähnlichkeit zu dem Bezugslebensmittel aufwiesen, entsprach häufig nur eine Kategorie (z. B. Aussehen oder Konsistenz oder Geschmack) nicht den Anforderungen an das Bezugslebensmittel. Bei anderen Ersatzprodukten lag die Herausforderung darin, das passende Bezugslebensmittel zu finden bzw. die Anspielung auf das tierische Lebensmittel einheitlich zu interpretieren. Sofern solche Lebensmittel zur Beurteilung auf dem Labortisch liegen, war Konsens, dass ein Austausch innerhalb dieser Arbeitsgruppe erforderlich ist.
Insgesamt waren die Gespräche zwischen den Sachverständigen interessant, wichtig und wertvoll und der praktische sensorische Teil diente der Abstimmung innerhalb der für diese Produktgruppe in Baden-Württemberg zuständigen Lebensmittelchemiker/innen. Auch in Zukunft wollen wir uns dahingehend austauschen.
Infokasten
Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs
Bei der Beurteilung, ob ein Ersatzlebensmittel hinsichtlich der Bezeichnung einen Bezug zu tierischen Lebensmitteln herstellen kann, fordern die Leitsätze eine hinreichende oder weitgehende Ähnlichkeit. So kann z. B. ein veganes Ersatzlebensmittel als „vegane Tofu-Wurst nach Salami-Art“ bezeichnet werden, wenn insbesondere in Aussehen, Geruch, Geschmack und Konsistenz eine hinreichende sensorische Ähnlichkeit zum in Bezug genommenen Lebensmittel tierischen Ursprungs (hier Salami) besteht.
Ansonsten sind Bezeichnungen für vegane und vegetarische Lebensmittel, die auf ganze Fische, Krebs- und Weichtiere Bezug nehmen, oder Bezeichnungen für vegane und vegetarische Lebensmittel, die sich an Bezeichnungen für spezielle gewachsene Teilstücke dieser Tiere („-Filet“, „-Steak“, „-Kotelett“, „-Schwänze“, „-Tuben“, „-Scheren“), anlehnen, nicht üblich, soweit keine weitgehende sensorische Ähnlichkeit zum in Bezug genommenen Lebensmittel tierischen Ursprungs besteht, insbesondere in Aussehen, Textur und Mundgefühl. Dies gilt gleichsinnig für Anlehnungen an speziell gewachsene Fleischteilstücke (z. B. „-Filet“, „-Steak“, „-Kotelett“). Die Einstufung als „weitgehend“ unterliegt demnach strengeren Maßstäben.
QUELLE: Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs
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CVUA Stuttgart
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