Benzol in Erfrischungsgetränken – alte Kontaminante in neuem Gewand

Manuela Mahler, Johannes Keller, Dr. Tabea Pflaum, Irene Straub und Dr. Maren Hegmanns, CVUA Karlsruhe

 

Nach einem Bundesweiten Überwachungsprogramm 2018 wurden Erfrischungsgetränke 2019 erneut in einem Untersuchungsschwerpunkt unter die Lupe genommen. Erfreulicherweise enthielten 2019 nur zwei der untersuchten Getränke etwas mehr Benzol, als der für Trinkwasser gültige Grenzwert vorgibt.

 

Den krebserregenden Stoff Benzol kennt vermutlich fast jeder, vielleicht aber nicht in Zusammenhang mit Erfrischungsgetränken. Benzol ist eine klassische Umweltkontaminante, die vom Menschen mit der Atemluft aufgenommen wird. Gleichzeitig kommt der Stoff aber auch in Lebensmitteln sowie in Trinkwasser und Getränken vor.

 

Infokasten

Benzol

Benzol ist ein farbloser, leicht entzündlicher, organischer Kohlenwasserstoff mit der Summenformel C6H6 und besitzt einen charakteristischen (aromatischen) Geruch. Benzol ist krebserregend und giftig. Früher wurde Benzol verbreitet unter anderem als organisches Lösungsmittel und Reinigungsmittel eingesetzt, mittlerweile aber durch weniger giftige Stoffe ersetzt. Benzol erhöht die Klopffestigkeit von Benzin, weshalb ihm in der Entwicklung der Ottokraftstoffe eine wichtige Rolle zukam. Heute ist Benzol nur noch als Kraftstoffzusatz in einer Konzentration bis zu einem Prozent zulässig. Der überwiegende Anteil des vom Menschen aufgenommenen Benzols stammt aus der Atemluft, da es sowohl in den Emissionen von Kraftfahrzeugen als auch im Tabakrauch, in Erdöl, Erdgas oder Steinkohlenteer vorkommt und bei Verbrennungsprozessen entsteht. Die Benzolmenge, die über die Atemluft aufgenommen wird, kann variieren, liegt aber bei Nichtrauchern etwa in der Größenordnung von 50 bis 100 µg pro Tag [1]. Für Benzol kann auch laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) keine Menge angegeben werden, die als gesundheitlich unbedenklich gilt. Wie für alle genotoxischen krebserzeugenden Stoffe, für die keine unbedenkliche Dosis genannt werden kann, sollte daher auch die Benzolaufnahme nach Möglichkeit minimiert bzw. vermieden werden [1].

In Erfrischungsgetränken kann Benzol vor allem durch Zutaten oder Inhaltsstoffe gebildet werden, wenn diese gleichzeitig in einem Getränk vorhanden sind. Solche Vorläufer sind z. B. der Konservierungsstoff Benzoesäure (auch in Gestalt der entsprechenden Salze, der Benzoate), der in Anwesenheit von Ascorbinsäure (besser bekannt als Vitamin C) zu Benzol reagieren kann. Auch der in Erfrischungsgetränken mit Kirschgeschmack sehr häufig enthaltene Aromastoff Benzaldehyd kann zur Bildung von Benzol beitragen. Das reine gemeinsame Vorkommen der Substanzen in den Getränken bedeutet aber noch nicht, dass Benzol gebildet wird. Es müssen weitere Faktoren, wie eine Erhitzung bei der Herstellung, eine Getränkelagerung über einen längeren Zeitraum bei erhöhten Temperaturen oder direkte Sonneneinstrahlung dazukommen.

 

Das Bild zeigt ein Beispiel für das Verzeichnis der Zutaten eines Erfrischungsgetränks. Sowohl der Konservierungsstoff Natriumbenzoat als auch Ascorbinsäure sind dort aufgeführt und zur Veranschaulichung rot umrandet.

Abbildung 1: Beispiel eines Zutatenverzeichnisses eines Getränks mit Ascorbinsäure und Natriumbenzoat

 

Ein weiteres bekanntes Problem ist die Bildung von Benzol bei der Erhitzung von Karottensaft oder karottensafthaltigen Produkten (z. B. bei ACE-Drinks im Rahmen der Haltbarmachung). Der genaue Bildungsmechanismus konnte bis jetzt noch nicht vollständig aufgeklärt werden. Anhand von Ergebnissen aus Modellversuchen geht man jedoch davon aus, dass Benzol aus natürlichen Inhaltsstoffen der Karotte wie ß-Carotin, Aminosäuren oder bestimmten Aromastoffen bei der Erhitzung gebildet wird. Auch bei Karottensäften trägt Lichteintrag zur verstärkten Benzolbildung bei.

 

Für Trinkwasser gibt es in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) aufgrund des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Benzol einen Grenzwert von 1 µg/l [2], dessen Einhaltung routinemäßig kontrolliert wird. Obwohl der Internationale Getränkeverband ICBA (International Council of Beverages Associations) bereits 2006 Empfehlungen zur Vermeidung einer möglichen Benzolbildung in Erfrischungsgetränken veröffentlicht hat [3], sah die Europäische Kommission bislang keinen Bedarf einen Grenzwert für Benzol in Getränken festzulegen. Dennoch lässt sich durch die Bestimmung des im Erfrischungsgetränk vorhandenen Gehalts an Benzol die Einhaltung der guten Herstellungspraxis zur Vermeidung bzw. Minimierung dieser Kontaminante überprüfen. Mit Hilfe der Analysentechnik Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) konnten im CVUA Karlsruhe sowohl in den Jahren 2018 und 2019 schwerpunktmäßig Erfrischungsgetränke auf ihren Benzolgehalt hin untersucht werden.
Die Ergebnisse aus dem Jahre 2018 flossen zudem auch in den Bericht zum Bundesweiten Überwachungsplan 2018 ein [4]. Laut diesem Bericht wurde bundesweit in etwa 21 % der 2018 untersuchten Proben Benzol nachgewiesen und 12,6 % der Proben wiesen Benzolgehalte über 1 µg/l auf. Bei den Untersuchungen im Jahr 2019 gab es vor allem erfreuliche Ergebnisse bezüglich der Benzolgehalte zu vermelden. Nur zwei der untersuchten Getränke wiesen Befunde oberhalb des für Trinkwasser zugelassenen Grenzwertes auf. In Abbildung 2 sind die Untersuchungsergebnisse der Jahre 2018 und 2019 dargestellt. Die im Rahmen der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg ermittelten Gehalte lagen unter dem bundesweiten Durchschnitt.

 

Das Bild zeigt die Anzahl der untersuchten Proben und Ergebnisse in unterschiedlicher Höhe. Die größten Säulen finden sich bei der Untersuchten Probenzahl (31 2019 bzw. 30 2018). Die Säulen für 2018 und 2019 sind bei der Probenzahl, der Befunde oberhalb 1 µg/l jeweils nahezu gleich hoch. Weiterhin sind die Maximalwerte der Jahre 2018 und 2019 dargestellt, wobei der Maximalwert für 2018 deutlich höher ist als für 2019.

Abbildung 2: Säulendiagrammdarstellung der untersuchten Proben und der Ergebnisse bezüglich Benzol aus den Jahren 2018 und 2019

 

Während seitens des CVUA Karlsruhe 2018 der Schwerpunkt der untersuchten Proben auf Getränken mit Benzoesäure bzw. Benzoaten lag, wurden 2019 zusätzlich auch Getränke mit Kirscharoma sowie ACE-Getränke untersucht. Die Anzahl der Proben, bei denen Gehalte oberhalb des zum Vergleich genutzten Trinkwassergrenzwertes von 1 µg/l gemessen wurden, ist glücklicherweise in beiden Jahren mit 2 Proben stabil niedrig geblieben. Bei den gemessenen Maximalwerten fällt auf, dass sich die beiden Jahre 2018 und 2019 deutlich unterscheiden. Während als höchster Wert 2018 noch 17,3 µg/l im fertigen Getränk (einem Erfrischungsgetränk mit Zitronengeschmack) ermittelt wurden, lag der Maximalwert an Benzol im Jahr 2019 nur noch bei 1,4 µg/l in einem fermentierten Getränk mit Karottensaft. Auffällig war, dass alle Getränke mit einem Benzolgehalt oberhalb von 1 µg/l in lichtdurchlässigen Behältnissen (Glas, Kunststoff) verpackt waren. Dies ist jedoch nicht verwunderlich, da der Eintrag von Licht die Bildung von Benzol fördert.

 

Insgesamt kann man mit den Ergebnissen unserer Untersuchungen in Baden-Württemberg eine positive Bilanz ziehen, auch wenn in wenigen Fällen der Wert von 1 µg/l noch überschritten wird. Es scheint, dass die Hersteller der Getränkeindustrie die Konzepte zur Minimierung/Reduzierung von Benzolgehalten in ihren Produkten kennen und in großen Teilen auch umsetzen. Vermutlich wird auf andere Konservierungsmittel oder auf andere Pasteurisationsmethoden zurückgegriffen. Da es sich bei Benzol jedoch um eine krebserregende Kontaminante handelt, werden wir auch in der Zukunft die Benzolgehalte dieser Produktgruppe gut im Auge behalten.

 

Bericht zu Untersuchungsergebnissen von Karottensaft aus dem Jahr 2014: https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=2&Thema_ID=2&ID=1937&Pdf=No&lang=DE


Literatur:

1. Bundesinstitut für Risikobewertung: Fragen und Antworten zu Benzol in Erfrischungsgetränken und Karottensäften (16. Dezember 2013),
https://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-benzol-in-erfrischungsgetraenken-und-karottensaeften.pdf

2. TrinkwV: Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBl. I S. 459), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 20. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2934)

3. ICBA – Leitlinien zur Verringerung des Potentials der Benzolbildung in Getränken (29. April 2006), http://www.icba-net.org/files/resources/benzene-german.pdf

4. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Bundesweiter Überwachungsplan 2018 https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/02_BUEp_dokumente/BUEp_Bericht_2018.pdf?__blob=publicationFile&v=3

 

 

Artikel erstmals erschienen am 15.01.2021