Warnung vor illegalen Nahrungsergänzungsmitteln gegen das Coronavirus!

Rajcic de Rezende T., Lachenmeier D. W., Schüssler J., Walch S., CVUA Karlsruhe

 

Können Nahrungsergänzungsmittel uns vor dem Coronavirus schützen?

Die Antwort auf diese Frage ist klar: Nein! Nahrungsergänzungsmittel (NEM) können generell weder Erkrankungen verhindern noch heilen. Sie sind Lebensmittel und dienen dazu, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Demensprechend dürfen sie auch keine arzneiliche Wirkung haben. Die derzeitige Coronavirus-Pandemie und die damit verbundenen Ängste der Verbraucher werden jedoch bedauerlicherweise von schwarzen Schafen und Betrügern ausgenutzt.

 

Aktuelle Situation

Derzeit befinden wir uns in einer bislang ungekannten Situation. Das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) breitet sich global immer weiter aus. In Deutschland sowie weltweit sind immer mehr Menschen mit diesem Virus infiziert. Angst, Zweifel und Sorge betreffen inzwischen alle Bevölkerungsgruppen, aber vor allem Personen, die nach den bisherigen Erkenntnissen ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, wie z.B. ältere oder vorerkrankte Menschen. Zusätzlich zu den bisher empfohlenen Hygienemaßnahmen und Einschränkungen von Sozialkontakten suchen daher viele Menschen nach weiteren Hilfsmitteln und Medikamenten zur Vorbeugung, Abwendung oder Linderung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19).

 

Durch die notwendige Einschränkung der Beweglichkeit ist der Onlinehandel eine gute Alternative, um nach „Heilmitteln“ und „guten Tipps“ zu suchen. Wir raten aber zur Vorsicht! Schwarze Schafe und Betrüger nutzen die aktuelle Krisensituation insbesondere im Onlinehandel aus, um Kasse zu machen. Wir haben in Deutschland, aber auch weltweit, (meistens) freiverkäufliche Produkte im Internet gefunden, die mit irreführenden und haltlosen Wirkversprechen gegen Infektionen mit dem Coronavirus angeboten werden.

 

Das Foto zeigt eine runde, weiße Untertasse auf der sich verschiedene Nahrungsergänzungsmittel, sowohl in Kapseln als auch in Tablettenform, befinden. Die Tabletten sind zum Teil oval, weiß mit einer Teilungskerbe oder hellbeige mit braunen Punkten. Die Kapseln sind teilweise farblos mit brauner, öliger Flüssigkeit oder mit hellbraunem Pulver. Die anderen Kapseln sind teilweise ganz in weiß oder in rot und weiß gefärbt. Außerdem sind braune quadratische Präparate mit Zucker überzogen, die wie Gummibärchen aus Karamellsirup aussehen. Um den Teller herum sind verschiedene Blisterpackungen mit Tabletten und Kapseln aufgestellt. Vor dem Bild befindet sich ein Fragezeichen-Symbol, das aus kugelförmig-stilisierten Coronaviren besteht.

Abbildung 1: Nahrungsergänzungsmittel wirksam gegen COVID-19?

 

Können Nahrungsergänzungsmittel uns überhaupt vor dem Coronavirus schützen?

NEIN! Nahrungsergänzungsmittel sind keine Arzneimittel und dürfen als solche nicht verkauft oder beworben werden. Ihre Einnahme kann eine Erkrankung mit dem Virus nicht verhindern oder im Falle einer Infizierung mit dem Virus die Krankheitsfolgen nicht wirksam lindern oder heilen. Nahrungsergänzungsmittel gehören grundsätzlich zu der Gruppe der Lebensmittel. Sie dienen der Ergänzung der allgemeinen Ernährung von gesunden Menschen. Sie sind Konzentrate von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung und dürfen keine arzneilichen Wirkungen haben.

 

Weltweit versuchen seriöse Forschungsinstitute und Unternehmen mit Hochdruck, Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 und effiziente Medikamente zur Behandlung der Symptome zu entwickeln. Derartige Entwicklungsprozesse brauchen Zeit. Für jedes Medikament und jeden Impfstoff müssen die Wirksamkeit, Unbedenklichkeit, Dosierung und die eventuellen Nebenwirkungen durch kontrollierte klinische Studien geprüft werden.

 

Derzeit ist nicht bekannt, welche Impfstoffe oder Medikamente für die Vorbeugung oder die Behandlung von Menschen mit COVID-19 geeignet sind. Nahrungsergänzungsmittel können aber generell weder Erkrankungen verhindern noch heilen und sind damit für diesen Zweck ungeeignet.

 

Gesundheitsbezogene Werbung mit Bezug auf das Coronavirus ist verboten!

Aussagen, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen, sind bei der Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln grundsätzlich nicht erlaubt. Bestimmte Aussagen mit Gesundheitsbezug (Health Claims) sind für Lebensmittel zulässig, wenn die beworbene Eigenschaft mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen worden ist und diese auf europäischer Ebene (EU-Gemeinschaftsliste) zugelassen wurden. Die Erkrankung Covid-19 durch den Erreger SARS-CoV-2 ist erst seit Ende 2019 bekannt. Derzeit liegen keinerlei seriöse Studien oder wissenschaftliche Daten über die Wirksamkeit von Vitaminen, Mineralstoffen oder bestimmten Pflanzen gegenüber diesem Virus vor. Daher gibt es auch keine zugelassenen Health Claims.

 

Behauptungen zu Wirkversprechen von Nahrungsergänzungsmitteln gegen das neuartige Coronavirus sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache sind weder von glaubwürdigen Wissenschaftlern belegt noch zulässig. Clever werden Verbraucher mit Aussagen aus Studien geködert, die zu anderen Viren der weitläufigen Corona-Familie durchgeführt wurden. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse wurde aber nie bewiesen.

 

Behördenmaßnahmen zum Verbraucherschutz

Die deutschen Behörden warnen daher aktuell alle Verbraucherinnen und Verbraucher vor unseriösen und teilweise betrügerischen Onlineangeboten im Zusammenhang mit COVID-19. Alle Länder- und Bundesbehörden gehen gemeinsam gegen illegale Mittel mit unhaltbaren Heilversprechen vor. Auch Onlinemarktplätze und Social-Media Betreiber wurden sensibilisiert, ein besonderes Auge auf solche Produktangebote sowie Produktwerbung zu werfen und diese nach Möglichkeit zu melden und zu löschen.

 

Beispielsweise hat die gemeinsame Zentralstelle der Bundesländer für Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse im Lebensmittelbereich (G@ZIELT) im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bereits Onlineplattformen über Angebote von Nahrungsergänzungsmitteln mit nicht zulässigen Heilversprechen zur Wirkung gegen Virusinfektionen informiert. Diese Angebote wurden daraufhin entfernt. G@ZIELT überprüft aktuell weiterhin Webseiten und Onlinemarktplätze, um unzulässige Angebote zu identifizieren.

 

Das Internetüberwachungsteam in Baden-Württemberg (die Stabsstelle Tiergesundheit und Verbraucherschutz (STV) am Regierungspräsidium Tübingen und das CVUA in Karlsruhe) sowie die Arzneimitteluntersuchungsstelle am CVUA Karlsruhe arbeiten eng zusammen und führen zusätzliche Recherchen im Internet durch, um fragwürdige Produkte im Grenzbereich zwischen Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln zu identifizieren, damit der Verkauf durch die Behörden der Kreise und Städte unterbunden werden kann.

 

Auch in den USA haben die zuständigen Behörden (Federal Trade Commission (FTC) und die US Food and Drug Administration (FDA)) Unternehmen verwarnt, die betrügerische Produkte zur Bekämpfung/Behandlung von COVID-19-Infektionen angeboten haben.

 

Werden Ihnen als Verbraucherinnen und Verbraucher auffällige Produkte angeboten oder fallen Ihnen solche Produkte auf, können Sie darüber eine Verbraucherbeschwerde bei Ihrer zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde einreichen. Das Verfahren hierzu ist im Serviceportal Baden-Württemberg beschrieben.

 

Infokasten

Besonders auffällig!

Auch die Verbraucherzentralen warnen vor unseriösen Geschäftemachern, die aktuell damit werben, dass bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe sowie Vitamine und Mineralstoffe besonders wirksam gegen Bakterien und Viren, einschließlich das neuartige Coronavirus wären. Dafür gibt es vor allem bezüglich der aktuellen Coronavirus-Situation keine seriösen wissenschaftlichen Belege.

 

Besonders trickreiche Unternehmen werben nicht direkt und offensichtlich auf ihren Webseiten mit diesen Aussagen. Sie nutzen Social-Media (Facebook, Instagram, usw.) oder YouTube-Kanäle mit Heilversprechen von selbsternannten "Ernährungsexperten". Die Einnahme von bestimmten „natürlichen Inhaltstoffen“ über Nahrungsergänzungsmittel, wie z.B. Grüntee (Epigallocatechingallat), Cistus (Zistrosenkraut), Propolis, Kurkuma oder Polyphenole sollen das Immunsystem besonders stärken und gegen Infekte schützen. Auch die derzeit in Europa als unzulässige Novel Food-Produkte eingestuften Cannabidiol (CDB)-Extrakte/-Öle werden weltweit im Internet zur Bekämpfung des COVID-19-Virus angepriesen. Derartige Werbungen/Aussagen sind wissenschaftlich nicht belegt und somit verboten. Auch zahlreiche Lebensmittel werden fälschlicherweise als hilfreiche Hausmittel empfohlen.

 

Es ist wissenschaftliche nachgewiesen, dass einige Pflanzenstoffe sowie Vitamine oder Mineralstoffe wie z.B. Vitamin D, C, A, B12, Zink, Eisen, Selen „einen Beitrag zu einer normalen Funktion des Immunsystems“ leisten. Daher dürfen Nahrungsergänzungsmittel, die eine bestimmte Menge an diesen Stoffen/Verbindungen enthalten, mit diesem zugelassenen Health Claim beworben werden. Grundsätzlich werden jedoch die erforderlichen Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen über eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ausreichend aufgenommen, so dass hoch dosierte Nahrungsergänzungsmittel nicht notwendig sind. Solche Mittel sollen nur bei wirklich notwendigem Ergänzungsbedarf und nicht zur Prävention oder Heilung von Krankheiten verwendet werden. Noch schlimmer sind jedoch absurde und gesundheitsgefährdende Tipps im Internet, wie die Einnahme von Desinfektionsmitteln als Heilmittel oder zur Prävention gegen das COVID-19-Virus. Empfohlen wurde ein sog. Miracle Mineral Supplement (MMS) bzw. Chlordioxidlösungen (CDL), die zum Bleichen von Textilien dienen. Die Einnahme von derartigen Mitteln ist für Menschen sehr gefährlich und hilft nicht gegen Krankheiten oder Infektionen mit dem COVID-19-Virus. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt eindringlich vor der Einnahme und der Verwendung von MMS.

 

Fazit

Die Covid-19 Krankheit, die das neuartige Coronavirus verursacht, lässt sich derzeit noch nicht mit pharmazeutischen Mitteln behandeln und schon gar nicht mit Nahrungsergänzungsmitteln. Die Krankheitssymptome können aber unter ärztlicher Aufsicht in den meisten Fällen symptomatisch behandelt werden. Zur Vorbeugung achten Sie auf Ihre eigene Hygiene und auch die Hygiene bei der Lebensmittelzubereitung. Trinken Sie ausreichend und ernähren Sie sich gesund mit abwechslungsreicher Kost. Informieren Sie sich durch vertrauenswürdige Quellen. Kaufen Sie keine fragwürdigen Mittel im Internet ein – werden Sie nicht zum Opfer von Betrügern. Halten Sie sich an die Anweisungen des Robert Koch-Instituts und der Regierung und reduzieren Sie die persönlichen Sozialkontakte auf das Nötigste.

 

Diese Krise kann derzeit am besten nur gemeinsam bewältigen werden: Wer sich schützt, schützt uns alle!

 

Weitere Informationen zum Thema Coronavirus

 

 

Artikel erstmals erschienen am 30.03.2020