Quecksilber – ein Problem in chondroitinhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln?
Hildegard Bauer-Aymanns, Dr. Christiane Lerch, Dr. Ingrid Ruge, Kerstin Schöberl
Anfang 2013 wurde im europäischen Schnellwarnsystem RASFF ein überhöhter Quecksilbergehalt in einem Nahrungsergänzungsmittel eines hiesigen Herstellers gemeldet. Die Kontamination ging nachweislich von einem aus China stammenden Rohstoff – Chondroitinsulfat – aus.
Nach eigenen Untersuchungen betrug der Quecksilbergehalt der Probe, auf die sich die RASFF-Meldung bezog, 0,45 mg/kg. Der Höchstgehalt für Nahrungsergänzungsmittel beträgt 0,1 mg Quecksilber pro kg. Dabei ist zu beachten, dass dieser Wert bezogen auf das gesamte Nahrungsergänzungsmittel, so wie es im Handel erhältlich ist, gilt. Von der verwendeten Zutat Chondroitin war bekannt, dass manche Chargen sogar mit bis zu 4,4 mg Quecksilber pro kg belastet waren.
Abb.1: Produktbeispiele.
Deshalb wurden im Laufe des Jahres 2013 vom CVUA Karlsruhe und CVUA Stuttgart schwerpunktmäßig chondroitinhaltige Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere von baden-württembergischen Firmen auf das Vorkommen von Quecksilber geprüft.
Chondroitin
Chondroitinsulfat ist ein in menschlichem Knorpelgewebe natürlicherweise vorkommendes Makromolekül. Chemisch gesehen handelt es sich um ein Mucopolysaccharid, einen langkettigen „Zuckerabkömmling“. In der Polymerkette sind sulfatiertes N-Acetylgalactosamin und Glucuronsäure abwechselnd miteinander verknüpft
Chondroitin (= Kurzform für Chondroitinsulfat) ist in tierischen Lebensmitteln vorhanden und wird aus Nebenerzeugnisse der Schlachtung, wie der Luftröhre von Rindern, aus Schweineohren oder –schnauzen oder auch aus Fischknorpel hergestellt.
Quecksilber
Quecksilber ist ein toxisches Schwermetall. Die Höchstgehalte für Quecksilber in Nahrungsergänzungsmitteln werden deshalb durch die europäische Kontaminanten-Höchstgehalteverordnung geregelt.
Abb. 2: Rohstoff Chondroitinsulfat.
Chondroitinhaltige Nahrungsergänzungsmittel werden häufig mit unzulässigen, auf die Gelenkgesundheit abzielenden Angaben beworben. Lesen Sie dazu unseren Beitrag Zerknirscht - Nahrungsergänzungsmittel für die Gelenkgesundheit. Mit der gesundheitlichen Bewertung derartiger Präparate hat sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bereits 2007 auseinandergesetzt: Verwendung von Chondroitinsulfat in Nahrungsergänzungsmitteln.
Unsere Ergebnisse
In keinem der 18 chondroitinhaltigen Nahrungsergänzungsmittel wurde eine Überschreitung des Höchstgehaltes von 0,1 mg Quecksilber pro kg Gesamtprobe festgestellt.
Außerdem wurde ein als „90 % reines Chondroitinsulfat“ deklarierter Rohstoff untersucht. In diesem war kein Quecksilber bestimmbar. Eine Probe enthielt 0,06 mg Quecksilber pro kg. Bei den restlichen Proben lag der Gehalt im Bereich bzw. unterhalb der Bestimmungsgrenze.
Die Ursache der durch die RASFF-Meldung bekannt gewordenen Kontamination von Chondroitin mit Quecksilber ist unbekannt. Möglicherweise wurden bei der Herstellung belastete tierische Produkte, z.B. Fischknorpel eingesetzt. Quecksilber reichert sich in Raubfischgewebe, wie beispielsweise beim Hai an. Dies ist ein natürlicher Prozess. Deshalb ist in der EU-Kontaminanten-Höchstgehalteverordnung für Raubfische auch ein höherer Quecksilber-Höchstgehalt von 1 mg/kg rohe Muskulatur festgelegt. Andere Ursachen wie beispielsweise eine Verunreinigung beim Produktionsprozess des Chondroitins sind ebenfalls möglich.
Weitergehende Überlegungen
Ob in einem Erzeugnis der zulässige Höchstgehalt an Quecksilber eingehalten wird, hängt nicht nur von der Belastung der Zutat Chondroitin selbst ab, sondern auch von der Rezeptur, d.h. dem Mischungsverhältnis aller Zutaten. Der Anteil an Chondroitin in Nahrungsergänzungsmitteln ist sehr unterschiedlich. Bei dem in der RASFF-Meldung genannten Produkt war er mit 37% am höchsten, in anderen Proben variierte der deklarierte Anteil zwischen 5 und 35 %.
Fazit
Bei der festgestellten Überschreitung des gesetzlich festgelegten Höchstwertes von 0,1 mg Quecksilber pro kg Nahrungsergänzungsmittel, die zur RASFF-Meldung führte, handelt es sich wohl um einen Einzelfall. In den von uns untersuchten chondroitinhaltigen Produkten war keine Überschreitung des gesetzlichen Höchstgehaltes festzustellen.