Arzneimittel

Dr. Matthias Kohl-Himmelseher (CVUA Karlsruhe)

 

Arzneimittel werden in der Arzneimitteluntersuchungsstelle im CVUA Karlsruhe für das gesamte Land Baden-Württemberg untersucht

Die Arzneimitteluntersuchungsstelle ist zuständig für die Untersuchung und Beurteilung von im Land hergestellten Arzneimitteln (z.B. Fertigarzneimittel aus industrieller Produktion, in Apotheken hergestellte Salben, Cremes, Kapseln oder ähnliches (Apothekenrezepturen), Heilwässer) auf chemisch-pharmazeutische Qualität (z.B. Wirkstoffgehalt, Verunreinigungen verschiedener Art, Haltbarkeit). Außerdem werden im Auftrag und in Zusammenarbeit mit europäischen Arzneimittelbehörden (EDQM, Strasbourg, F, EMA, London, GB) entsprechende Untersuchungen auch an europaweit zugelassenen Arzneimitteln durchgeführt. Daneben zählen die Untersuchung von Verbraucherbeschwerden bei Arzneimitteln sowie die Erstellung von Gutachten über die Verkehrsfähigkeit zweifelhafter Produkte zu den Dienstaufgaben. Von besonderer Wichtigkeit ist im Internet-Zeitalter die Zusammenarbeit mit Zoll- und Polizeibehörden, um die von Fälschungen, illegalen und/oder bedenklichen Arzneimitteln ausgehenden Gefahren für den Verbraucher einzudämmen bzw. zu verringern.

Organisationseinheit: ARZ

Aufgabenbereich:

  • Arzneimitteluntersuchung I: Heilwasser, Pharmakodynamika I
  • Arzneimitteluntersuchung II: Drogen, pflanzliche Arzneimittel, Pharmakodynamika II
  • Arzneimitteluntersuchung III: Vitamine, Antibiotika, Pharmakodynamika III

 

Was sind Arzneimittel?

Grafik: farbige Tabletten und chemische Formeln von Arzneimittelwirkstoffen. Quelle: CVUA Karlsruhe.

Arzneimittel sind im Arzneimittelgesetz der BR Deutschland sowie in Richtlinien der EU gesetzlich definiert. Demnach sind - vereinfacht gesagt - Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper zur 

  • Heilung, Linderung,
  • Vorbeugung und
  • Diagnostik von Krankheiten eingesetzt werden oder
  • die Körperfunktionen oder seelische Zustände durch eine pharmakologische oder immunologische Wirkung nennenswert beeinflussen können.

Die grundlegenden Anforderungen, die an Arzneimittel gestellt werden, sind im Arzneimittelgesetz festgelegt. Sie beziehen sich auf die Qualität, die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit der Arzneimittel.

Bevor ein Arzneimittel aber überhaupt zur Anwendung kommen darf, muss es behördlich zugelassen sein!

Ohne Zulassung können Arzneimittel in der Regel nicht in den Verkehr gebracht werden.

 

Die Zulassung von Arzneimitteln erfolgt durch die zuständige Bundesoberbehörde (von denen es in Deutschland drei gibt: das BfArM für „normale“ Humanarzneimittel (www.bfarm.de), das Paul-Ehrlich-Institut für Sera und Impfstoffe sowie Blutzubereitungen und verschiedene Spezialpräparate (www.pei.de) und das Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für den Bereich der Tierarzneimittel (www.bvl.bund.de).

Europaweit geltenden Zulassungen werden von der EMA in London erteilt (z.B. Arzneimittel gegen AIDS, gentechnologisch hergestellte Präparate, besonders innovative Arzneimittel im Rahmen neuer Therapiekonzepte).

 

Die wesentliche Grundlage für die Erteilung einer Zulassung sind die eingereichten Dokumentationen des pharmazeutischen Unternehmers („Dossiers“). Hierzu sind u.a. erforderlich: 

  • Unterlagen zur pharmazeutische Qualität (Reinheit des Wirkstoffs, richtige Dosierung, geeignete Zusammensetzung und biopharmazeutische Eignung, Anforderungen an die Darreichungsform, z.B. als Tablette, Dragee, Tropfen, Salbe) und zum anderen Unterlagen über
  • die erforderlichen, durchgeführten pharmakologisch-toxikologischen und klinischen Untersuchungen.

 

Daneben gibt es auch sog „Standardzulassungen“ und „Registrierungen“ von Arzneimitteln, z.B. solche aus dem Bereich der Pflanzenheilkunde oder Homöopathie.

Die zugelassenen Arzneimittel werden zum Schutz der Patienten regelmäßig als Proben vom Markt erhoben und gemäß der gesetzlichen Vorgaben auf ihre physikalisch-chemische und mikrobiologische Qualität hin amtlich untersucht.

 

Was wird für die Sicherheit der Arzneimittel getan?

Die amtliche Arzneimittelüberwachung hat u.a. die wichtige Aufgabe, die im Arzneimittelgesetz geforderten Parameter Qualität und Unbedenklichkeit zugelassener Arzneimittel zu überprüfen (die Wirksamkeit wird im Zulassungsverfahren überprüft). Dabei erstreckt sich ein Teil auf 

  • die Überwachung der Arzneimittelhersteller und Betriebe, die mit Arzneimitteln Handel betreiben (z.B. pharmazeutische Großhandlungen, Apotheken, Drogerien, sonstiger Einzelhandel)

und der andere Teil auf 

  • die chemisch-physikalische sowie mikrobiologische Untersuchung der auf dem Markt befindlichen Arzneimittel. 

Foto eines HPLC-Geräts. Quelle: CVUA Karlsruhe.Die Kontrolle der Hersteller und Betriebe wird von der Leitstelle Arzneimittelüberwachung in Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit den Regierungspräsidien wahrgenommen (sog. „GMP“-Überwachung, GMP wird auch volkstümlich mit „Gute Manieren beim Produzieren“ abgekürzt). 

 

Die Untersuchung der Arzneimittel ist die zentrale Aufgabe des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Karlsruhe. Die Zuständigkeit des CVUA Karlsruhe erstreckt sich schwerpunktmäßig auf die Produkte von pharmazeutischen Unternehmen mit Sitz in Baden-Württemberg. Zusätzlich begleiten die Arzneimittel-Sachverständigen des CVUA Karlsruhe bei Betriebsbesichtigungen gelegentlich die Inspektoren der Leitstelle Arzneimittelüberwachung.

 

Diese stichprobenartige Marktkontrolle ist für die Sicherheit des Arzneimittelmarktes sehr wichtig. Dadurch, ebenso wie durch verantwortungsbewusste pharmazeutische Betriebe wird dazu beigetragen, dass Arzneimittel in der Regel den Kriterien „Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit“ entsprechen. Dadurch hat generell hat die Sicherheit des legalen Arzneimittelmarktes in Deutschland ein hohes Niveau.

 

Gilt dies auch für Arzneimittel, die im Internet gehandelt werden?

 Prinzipiell müssen auch Arzneimittel, die im Internet gehandelt werden, den gleichen Kriterien für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit genügen. Sofern sie über „legale“ Internetapotheken bezogen werden, die z.B. auf der Homepage des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) unter „Versandapothekenregister“ gelistet sind, kann dies in der Regel unterstellt werden, da auch diese Apotheken der Arzneimittelaufsicht unterliegen.

 

Allerdings muss festgestellt werden, dass sich im Internet zahlreiche „schwarze Schafe“ in Form vom Pseudo-„Internetapotheken“ oder dubiosen ausländischen Vertreibern tummeln, die sich in ihrem Internetauftritt mehr oder weniger seriös gebärden.

 

Es muss klar gesagt werden, dass eine ausreichende Arzneimittelsicherheit nur für den Bezug aus „legalen Quellen“ zutrifft. Beim allzu sorglosem Bezug von Arzneimitteln aus dubiosen Quellen (z.B. Versender, bei denen es sich nicht um eindeutig identifizierbare „richtige“ Apotheken handelt) kann dies völlig anders sein, denn in der Regel kann kein Laie erkennen, was er da erwirbt!

 

Foto: Original und gefälschtes Arzneimittelprodukt. Quelle: CVUA Karlsruhe.

 

Woher kommen die Arzneimittelproben für die Untersuchung?

  • Planproben: Hierunter fallen alle Proben, die nach den geltenden arzneimittelrechtlichen Bestimmungen regelmäßig untersucht werden müssen. Bei der Auswahl dieser Proben ist eine umfangreiche Fachkenntnis bezüglich der auf dem Markt erhältlichen Arzneimittel, deren Wirkstoffe und der damit verbundenen Risiken erforderlich. Nur so sind eine sinnvolle Probennahme und eine sinnvolle Untersuchung möglich. Diese Proben werden von den Mitarbeitern der Leitstelle der Arzneimittelüberwachung Baden-Württemberg und den Mitarbeitern der Regierungspräsidien entnommen.
  • Beschwerdeproben: Diese werden von Verbrauchern bzw. Patienten z.B. bei den Landratsämtern, den Regierungspräsidien oder auch Polizeidienststellen abgegeben.
  • Verdachtsproben: Diese werden von Mitarbeitern der Behörden z.B. im Rahmen von Betriebsbesichtigungen entnommen (z.B. Arzneimittel, bei denen der Verdacht einer Fälschung besteht, Anabolika in Bodybuilding Studios).
  • Proben vom Europäischen Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM): Hierbei handelt es sich um europaweit zugelassene innovative Arzneimittel (z.B. neue gentechnisch hergestellte Präparate oder Arzneimittel mit innovativer Wirkungsweise oder neuartiger Herstellungsweise).
  • Proben, die in Amtshilfe untersucht werden (z.B. von der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei, Zolldienststellen).

 

Wie und worauf werden die Arzneimittelproben untersucht?

Die Untersuchung der Arzneimittelproben beginnt mit Überprüfung der Verkehrsfähigkeit. Diese beinhaltet die Feststellung, ob eine Zulassung vorhanden ist, ob der Hersteller eine Herstellererlaubnis besitzt und ob alle rechtlich vorgeschriebenen Kennzeichnungselemente auf der Verpackung und im Beipackzettel vorhanden sind.
Anschließend folgt die sensorische Prüfung. Bei Arzneimitteln beinhaltet diese vor allem eine visuelle Beurteilung der Probe (z.B. Schwebstoffe in Injektionslösungen, inhomogene Cremes, „gedeckelte“ Dragees, aufgequollene Kapseln, zerbrochene Tabletten).

 

Foto eines Analysegeräts, ein so genannter Freisetzer. Quelle: CVUA Karlsruhe.Zu den chemischen Untersuchungsschwerpunkten zählt u.a. der  Wirkstoffnachweis und -gehalt, der Nachweis und Gehalt sonstiger Inhaltsstoffe (z.B. Konservierungsstoffe, Farbstoffe), die Bestimmung möglicher Verunreinigungen (z.B. Lösungsmittelrückstände, Abbauprodukte von Inhaltsstoffen, Syntheserückstände und Nebenprodukte, Pflanzenschutzmittel, Mykotoxine) und die Überprüfung der „biopharmazeutischen“ und technologischen Parameter. Unter den biopharmazeutischen Parametern versteht man z.B. die Wirkstofffreisetzung aus Tabletten, die Partikelverteilung bei Salben, Bestimmung von Schwebstoffen in Injektionslösungen oder Infusionen, die Zerfallszeit von Tabletten und die Dosiergenauigkeit bei Dosieraerosolen.

 

Bei der amtlichen Untersuchung von Arzneimitteln werden keine Tierversuche durchgeführt !

Die mikrobiologische Untersuchung wird teilweise in Auftrag gegeben. Diese umfasst zum einen die Sterilitätsprüfung z.B. bei Infusionen und Augentropfen, sowie die Untersuchung auf mikrobielle Verunreinigungen von Arzneimitteln, bei denen Sterilität nicht unbedingt erforderlich ist. Mikrobiologische Wirkwertbestimmungen von Antibiotika werden auch in Karlsruhe durchgeführt.

 

Was kann ich als Verbraucher machen, wenn ich den Verdacht habe, die Arzneimittel haben Mängel?

Zunächst sollten Sie sich an Ihren Arzt, der das Präparat verschrieben hat oder an die Apotheke wenden, in der sie es erworben haben. Sowohl Arzt als auch Apotheker haben die Möglichkeit, beobachtete Mängel an die jeweilige Arzneimittelkommission zu melden, die dann ggf. weitere Untersuchungen veranlassen und / oder die Überwachungsbehörden einschalten kann. In dringenden Verdachtsfällen kann ein Arzneimittel auch bei den Regierungspräsidien (dies trifft für Baden-Württemberg zu), den Ämtern für Verbraucherschutz oder Lebensmittelsicherheit an den Landratsämtern oder Polizeidienststellen abgegeben werden. Von diesen Dienststellen kann im Falle von „Öffentlichem Interesse“ eine Untersuchung im CVUA Karlsruhe veranlasst werden.

 

Weitere Informationen

Bundesamt für Sera und Impfstoffe (Paul-Ehrlich-Institut)

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg

Leitstelle Arzneimittelüberwachung Baden-Württemberg

Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG, Koordinierungsstelle der Bundesländer)

 

Gibt es Grenzprodukte („Borderline-Produkte“)?

Grenzprodukte sind Produkte, die den Arzneimittel nicht sofort zuzuordnen sind. Hier muss von "Fall zu Fall" entschieden werden, um was für ein Produkt es sich handelt. Eine Abgrenzungsproblematik kann zu folgenden Produktgruppen bestehen:

  • Kosmetische Mittel
  • Medizinprodukte
  • Lebensmittel (insbesondere Diät-Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel)
  • Bedarfsgegenstände
  • Biozidprodukte

 

Solche „Borderline Produkte“ werden häufig über das Internet vertrieben und können für den Verbraucher ganz besondere Risiken bergen, die er nicht ohne Weiteres erkennen kann!

 

 

Artikel erstmals erschienen am 19.05.2005