Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Endoparasitenbefall bei kleinen Wiederkäuern

Der rote Magenwurm - Haemonchus contortus - bei Schaf und Ziege

Dr. M. Lange

 

zu EndoparasitenbefallHausschaf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kleine Wiederkäuer wie Schaf und Ziege sind häufig von Endoparasiten befallen. Auch im Jahr 2007 wurden bei mehr als 70 % der im CVUA Karlsruhe, Außenstelle Heidelberg, untersuchten Tierkörper und Kotproben Endoparasiten festgestellt. Erwartungsgemäß war der Nachweis von Magen-Darmwürmern prozentual am höchsten.Der Nachweis des roten Magenwurms erfolgte wesentlich häufiger auch als Infektion mit Todesfolge..
Der rote Magenwurm, Haemonchus contortus, gehört zu den Fadenwürmern (Nematoden) in die Familie derTrichostrongylidae. Die Nematoden des Labmagens stellen eine wirtschaftlich sehr bedeutende Gruppe gastrointestinaler Parasiten der Wiederkäuer dar. Im Labmagen von kleinen Wiederkäuern findet man vor allem die GattungenHaemonchus, Ostertagia und die ArtTrichostrongylus axei, im Dünndarm die GattungenCooperia, Nematodirus sowie Trichostrongylus. Sie treten meist als Mischinfektion auf.
In Mitteleuropa sind bei Schafen und Ziegen Infektionen mit Haemonchus contortus besonders verbreitet. EineHämonchose verursacht eine parasitäre Gastritis (Magenschleimhautentzündung), welche zu erheblichen Störungen der Verdauungsvorgänge im Labmagen führen kann. Der Befall mit demblutsaugenden Magenwurm Haemonchus contortus führt durch Blutentzug rasch zurBlutarmut bei allen Altersgruppen. Bei mittelgradiger Infektion bleiben die Jungtiere bereits in der Entwicklung zurück. Bei massivem Befall im Verdauungstrakt treten mehr oder weniger schwere Durchfälle auf. Analgegend und Hinterbeine der Tiere sind oftmals mit Kot beschmutzt. Das Haarkleid erscheint struppig und glanzlos, der Haarwechsel ist verzögert. In schweren Fällen können Ödeme an Kopf, Kehlgang und Unterbrust auftreten. Die kranken Tiere zeigen einen abgeschlagenen Eindruck, haben einen schwankenden Gang und einen aufgekrümmten Rücken als Zeichen für ein schmerzhaftes Abdomen („Bauchschmerzen"). Klinisch sind bei befallenen Tieren Inappetenz, Diarrhöe, Abmagerung bis zur Kachexie, Anämie, Hypoalbuminämie und Ödeme nachzuweisen. Starke Infektionen können zum Tod der Wirtstiere führen sowie zu wirtschaftlichen Einbußen durch verminderte Mastzunahmen, verringerte Milchleistung und Wollmängeln hinsichtlich Qualität und Quantität.
Der Entwicklungszyklus des Magenwurmes beträgt 2 und 3 Wochen.Die Weibchen von Haemonchus contortus legen im Magen-Darmtrakt des Wirtes gefurchte Eier ab, welche mit dem Kot ausgeschieden werden. Vier Larvenstadien sind bekannt, die dritte Larve muss vom Wirtstier aufgenommen werden. Sie wandern aktiv in die Schleimhautzellen ein, wo sie sich innerhalb weniger Tage zur vierten Larve häutet. Diese vierte Larve häutet sich zum adulten Magenwurm, der auf der Schleimhautoberfläche parasitiert. Der Entwicklungszykus beginnt erneut.
Zudem besitzen die oral mit der Nahrung aufgenommene Larven zwei Möglichkeiten der Entwicklung: Sie entwickeln sich entweder zu adulten Würmern oder sie unterbrechen im Wirt die Entwicklung (= Hypobiose) und verbleiben als sogenannte Dauerstadien über einen längeren Zeitraum in der Schleimhaut. Dabei spielt die Immunitätslage der Wirtstiere, das Herdenmanagment und vor allem niedrige Umgebungstemperaturen eine wesentliche Rolle.
Die Anzahl infektionsfähiger Larven pro Weideflächeist abhängig von einer möglichen Reproduktionsrate der Erreger, der Immunlage der Wirte, der Besatzdichte und der Verbreitung über die Weide. Eine Ansteckung der Tiere erfolgt vorwiegend auf der Weide durch kontaminiertes Gras, seltener im Stall. Die Kothaufen werden von Tieren zertreten und die Larven so verbreitet. Auf der Weide sind die dritten Larven in der Lage zu überwintern, besonders in kurzen milden Wintern. Daraus resultieren drei saisonale Gipfel mit einer erhöhten Anzahl von Larven auf der Weide: Der erste im Mai/Juni, verursacht durch überwinterte dritte Larven, ein zweiter im Juli/August durch die Ausscheidung der Muttertiere und Selbstansteckung von Jungtiere und ein weiterer im September/Oktober durch die Ansteckung der Tiere untereinander. Des Weiteren muss eine vermehrte Ausscheidung der Muttertiere nach der Geburt als eine nicht zu unterschätzende Gefahr einer Infektion empfänglicher Jungtiere angesehen werden. Die Empfänglichkeit der Herde für eine Parasitose steigt während der Trächtigkeit und Laktation der Muttertiere, aber auch bei Stress wie z.B. bei Mangelernährung insbesondere bezüglich Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Ein Eintrag durch Zukauf bereits infizierter Tiere ist als weitere Möglichkeit der Infektion einer Herde mit Trichostrongyliden unbedingt zu beachten.
Ein sachgerechtes Herdenmanagement inklusive einer ausreichenden altersabhängigen Nährstoffversorgung der Tiere und regelmäßigeEntwurmungen sind unerlässlich. Wurmmittelresistenzen nehmen allerdings zu. Daher ist es erforderlich, ein optimiertes Programm zu erarbeiten und die Wirksamkeit laufend zu überprüfen, um ggf. schnell reagieren und Maßnahmen ändern zu können. Dabei sollten betriebsspezifische Faktoren unbedingt berücksichtigt werden. Im Allgemeinen gilt: So wenig wie möglich, so oft wie notwendig aber vor allem ein gezielter Einsatz der Medikamente. Der Erfolg eines Präparates ist durch eine Erfolgskontrolle stichprobenartig für den Bestand zu belegen. Behandlungen erfolgen im Spätherbst vor der Aufstallung, im Frühjahr vor dem Austrieb und ggf. zusätzlichwährend des Weidebetriebes. Eine Teilherdenbehandlung kann sinnvoll sein, wenn z B. die Aufstallungsbehandlung nicht erfolgreich (Kontrolluntersuchung s. o.) war. Die Muttertiere sollten geburtsnah behandelt werden. Auch hier kann eine Teilherdenbehandlung vorteilhaft sein, wenn z. B. die Mehrzahl der Muttertiere bei erstem Weidegang nahezu zeitgleich ablammen. Im Winter geborene Lämmer sollten nicht vor Weideaustrieb behandelt werden. Weidebehandlungen sollten auf den Heimweiden der Jungtiere erfolgen und bei Sommerweiden,

insbesondere von großen Ziegenherden, sind diese ebenfalls zu empfehlen. Eine zu häufige Entwurmungsfrequenz kann sich negativ auswirken ebenso wie eine Unterdosierung der Wurmmittel und erhöht insbesondere bei Ziegen die Resistenzentwicklung. Der Wechsel eines Medikamentes (Präparates) innerhalb der gleichen Wirkstoffgruppe ist meist erfolglos und kann die Resistenz potenzieren. Auch ein Weidewechsel unmittelbar nach der Wurmbehandlung begünstigt meistens die Resistenzbildung. Gemeinsamer Weidegang und Zukauf von Tieren aus Herden mit bereits bekannter Wirkstoffresistenz sind zu vermeiden.
Hausschaf

 

Artikel erstmals erschienen am 05.11.2008 14:30:14

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