Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Retrospektive Betrachtung und aktuelle Verkehrsauffassung der Bittereinheiten in Bier

Dr. D. Lachenmeier

 

Die organoleptischen Eigenschaften von Bier werden überwiegend durch den bitteren Geschmack von iso-α-Säuren bestimmt, die sich während des Brauprozesses aus den in Hopfen vorhandenen α-Säuren bilden. Insbesondere bei Pils- oder Lagerbieren ist diese Hopfennote des Bieres besonders ausgeprägt, während bei schwächer gehopften Bieren wie etwa bei Export die Malzaromatik in den Vordergrund tritt. Zur Bestimmung aus dem Hopfen stammender Bitterstoffe hat sich in der Praxis eine photometrische Konventionsmethode zur Ermittlung der sogenannten Bittereinheiten (BE) durchgesetzt.

Pilsbiere weisen typischerweise Bittereinheiten um 30 BE auf, Premiumprodukte (z.B. tschechisches Pilsbier aus Pilsen) bis zu 40 BE. Im Beanstandungsfalle von Pilsbieren z.B. beim Fehlen einer ausgeprägten Hopfenbittere bei der sensorischen Untersuchung und Bittereinheiten von weniger als 20 BE, wird von den Brauereien oft ein vermeintlicher Wandel der Verkehrsauffassung bei Pilsbier hin zu niedrigeren Hopfengaben vorgebracht. Um dieses Argument prüfen zu können, wurden die BE von 2076 zwischen 1983 und 2005 untersuchten Bierproben statistisch ausgewertet und damit die aktuelle Verkehrsauffassung von Pilsbier festgestellt.
Die Auswertung mittels ANOVA ergab, dass weder im Gesamtkollektiv aller Bierproben, noch in den Biersorten Pils und Export eine Ab- oder Zunahme nachzuweisen war (p>0,05), da sich die BE der einzelnen Jahren nicht statistisch signifikant unterschieden. Beispielsweise wiesen Pilsbiere in den Jahren 1983−1993 29,5 ± 6,2 BE auf, in den Jahren 1998−2005 29,9 ± 6,0 BE.
Bei einzelnen Brauereien, deren Pilsbiere routinemäßig jährlich beprobt wurden, konnten statistisch signifikante Änderungen nachgewiesen werden. Interessanterweisen ist eine Konvergenz der Werte auf 30 BE festzustellen, d.h. Brauereien mit niedrigen BE in den 1980er Jahren haben ihre Hopfengabe zwischenzeitlich erhöht, während Brauereien mit außerordentlich hohen Hopfengaben diese verringert haben.
Für die überwiegende Anzahl der Brauereien wurde die Angabe von Prucha, dass ein tschechisches Pilsbier seit den 1950er Jahren konstante Bitterwerte aufweist, auch für deutsche Bierproben bestätigt. Die allgemeine Verkehrsauffassung an Pilsbier hat sich in den letzten Jahren offensichtlich nicht geändert. Ein typisches Pilsbier weist eine BE von 30 auf. Pilsbiere mit BE von weniger als 20 sind insbesondere unter Berücksichtigung des sensorischen Befundes als irreführend bezeichnet zu beanstanden.

 

Artikel erstmals erschienen am 24.11.2008 13:50:47

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