Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Augen auf beim Gewürzkauf auf einem Basar: Giftige Paternostererbsen in Pfeffermischung vorgefunden

Stephanie Habel und Dirk Lachenmeier, CVUA Karlsruhe

 

Die schönste Zeit im Jahr ist die Urlaubszeit. Wenn es dann wieder nach Hause geht, werden gerne landestypische Dinge zur Erinnerung an die schöne Zeit in einem anderen Land mitgenommen. Besonders beliebt sind haltbare Lebensmittel, wie zum Beispiel Gewürze. Auf den bunten Märkten und orientalischen Basaren locken viele Händler ihre Kunden mit gut gefüllten Ständen an. Doch dabei ist Vorsicht geboten. Gewürze können mit Keimen oder Pestiziden belastet sein, sind zuweilen gestreckt, verfälscht oder enthalten möglicherweise sogar giftige Stoffe.

 

Auf dem Bild ist ein Straßenstand eines Basars in Tunesien mit vielfältigen Gewürzen zu sehen. Schilder an der Ware bezeichnen die Produkte als Paprika, Safran, Curry und weitere.

Abb. 1: Typischer Gewürzstand auf einem Basar in Tunesien

 

Das CVUA Karlsruhe erhielt eine aktuelle Probe, die auf einem Straßenmarkt in Tunesien gekauft wurde. Dabei handelte es sich nach Angabe des Verkäufers um eine „Pfeffermischung“. Jedoch bestätigte die Untersuchung der Probe den Verdacht, dass es sich bei den roten Beeren nicht um roten Pfeffer, sondern um Paternostererbsen handelt.

 

Das Bild zeigt eine Petrischale mit einer Pfeffermischung bestehend aus schwarzen, weißen, grünen und roten Körnern. Ein Aufkleber auf der Schale gibt die Probenidentifikationsnummer mit Barcode an.

Abb. 2: Probe einer angeblichen Pfeffermischung mit beigemengten Paternostererbsen
 

Was ist die Paternostererbse?

Bei der Paternostererbse, auch Paternosterbohne oder Krabbenaugenwein genannt, handelt es sich um eine Giftpflanze, die u.a. in Teilen von Indien und Afrika wächst. Sie gehört zur Familie der Hülsenfrüchtler und kann bis zu 10 Meter hoch werden. Ihre Samen sind etwa 5 Millimeter groß, oval, leuchtend rot und das obere Drittel zum Stiel hin schwarz. Intakte reife Samen besitzen eine sehr harte, widerstandsfähige Schale. Früher wurden die leuchtend roten Samen mit dem charakteristischen schwarzen Fleck zu Rosenkränzen verarbeitet. Im alten Indien dienten die Samen als Gewichte zum Abwiegen von Gold. Heute werden sie als Perlen bei Naturschmuckketten verwendet [1, 2]. Durch die charakteristische Form und Färbung sind die Paternostererbsen auch für Verbraucher sehr leicht zu identifizieren und von rotem Pfeffer zu unterscheiden (siehe Abbildungen 3 und 4).

 

Die Aufnahme zeigt 6 verschiedene Paternostererbsen vor einem Linealmaßstab.

Abb. 3: Makroskopische Aufnahme von Paternostererbsen

 

Das Bild zeigt eine auflichtmikroskopische Aufnahme von roten Paternostererbsen innerhalb einer Pfeffermischung. Daneben sind weiße und schwarze Körner zu erkennen.

Abb. 4: Mikroskopische Vergößerung der Paternostererbsen innerhalb der Pfeffermischung

 

Wie gefährlich ist die Paternostererbse?

Die Paternostererbse ist eine giftige Tropenpflanze. Ein Samen der Paternostererbse enthält ca. 75 µg des toxischen Stoffs Abrin. Abrin ist ein sehr starkes Stoffwechselgift, welches oral aufgenommen hochtoxisch ist. In der Regel treten innerhalb weniger Stunden bis zu zwei Tagen nach der Einnahme Vergiftungssymptome wie Übelkeit, Bauchschmerzen sowie heftiges Erbrechen und Durchfall auf. Aufgrund des starken Flüssigkeitsverlustes kann es zum Kreislaufversagen kommen. In schweren Fällen treten Fieber, Krämpfe, sowie Symptome eines akuten Nierenversagens auf. Beim Erwachsenen führen Dosen von 40-150 µg zu schweren Vergiftungen, Dosen von 75-150 µg zum Tod von Kindern. Somit kann bereits der Verzehr einer einzigen Erbse zum Tod eines Kindes führen. Bei Kleinkindern ist die tödliche Dosis deutlich geringer [2,3].

 

Werden intakte reife Samen verschluckt, besteht keine Gesundheitsgefährdung, da aufgrund der widerstandsfähigen Samenschale ein Austreten von Abrin verhindert wird. Die Samen passieren den Magendarmtrakt unverändert. Es besteht ebenfalls keine Gefahr wenn die Haut mit zu Ketten verarbeiteten Paternostererbsen in Kontakt kommt. Beim Reparieren von Naturschmuckketten bzw. beim Auffädeln der Samen werden diese jedoch zerstochen und der Saft kann austreten. Aufgrund von kleinen Hautverletzungen kann es dabei zu Schwellungen, sowie Erbrechen und Kaltschweißigkeit kommen. Zudem muss bei kleinen Kindern das mögliche Lutschen an den zu Ketten verarbeiteten Paternostererbsen berücksichtigt werden. Aus diesen Gründen empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) den Schmuck für Kinder unzugänglich aufzubewahren, um Vergiftungsunfälle zu vermeiden [1].

 

 

Fazit

Der vorliegende Fall zeigt, dass große Vorsicht beim Kauf von Gewürzen im Urlaub geboten ist. Insbesondere in den Ländern außerhalb der EU erweist sich ein Kauf oftmals als riskant, was regelmäßige Import-Kontrollen in die EU zeigen. Wer sich unsicher ist, sollte daher besser von einem Kauf absehen. Auf die begleitende Pressemitteilung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) Baden-Württemberg wird hingewiesen [4].

 

 

Literatur:

[1] Bundesinstitut für Risikobewertung. Stellungnahme Nr. 043/2012 des BfR vom 06. Juli 2012, ergänzt am 21. Januar 2013. Schmuck aus Paternosterbohnensamen nicht für Kinder geeignet. https://www.bfr.bund.de/cm/343/schmuck-aus-paternosterbohnensamen-nicht-fuer-kinder-geeignet.pdf S. 1-3.
[2] Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) (2006): Paternostererbsen in exotischen Schmuckketten. https://toxinfo.ch/customer/files/407/Paternostererbsensamen_06.pdf.
[3] Tox Info Suisse (2015): Gefährliche Schmuckketten aus Paternostererbsen. https://toxinfo.ch/407. 07.12.18.
[4] https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unser-service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/giftige-paternostererbsen-in-pfeffermischung-aus-tunesien/

 

 

Artikel erstmals erschienen am 10.12.2018 14:23:17

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