Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertee

Dr. Winfried Ruge, CVUA Karlsruhe; Thomas Kapp, CVUA Stuttgart

 

Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind natürliche Pflanzeninhaltsstoffe, die von einer Vielzahl weltweit vorkommender Pflanzenarten zum Schutz vor Fraßfeinden gebildet werden. Das Vorkommen von PA in Pflanzen variiert stark nach Pflanzenart, Pflanzenteil und wird auch von weiteren Faktoren wie zum Beispiel Klima und Bodenbeschaffenheit beeinflusst. Aufgrund ihres gesundheitsschädigenden Potenzials sind insbesondere 1,2-ungesättigte PA in Lebens- und Futtermitteln gesundheitlich bedenklich. In hoher Dosierung können sie zu akuten Leberschädigungen führen. Im Tierversuch haben sich bestimmte PA als genotoxische Kanzerogene erwiesen, wie die Stellungnahme 018/2013 des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) vom 05.07.2013 beschreibt.

Bislang gibt es weder in Deutschland noch in der EU Grenzwerte für die Summe an PA oder einzelne PA. In der o. g. Stellungnahme weist das BfR aber darauf hin, dass bei längerfristigem Verzehr von Produkten mit hohen PA-Gehalten insbesondere bei Kindern, Schwangeren und Stillenden das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung besteht. Das BfR hat deshalb empfohlen, dass eine Tageszufuhr von 0,007 µg PA/kg Körpergewicht möglichst nicht überschritten werden sollte.

 

 

Untersuchungsergebnisse

 

Die CVUAs Stuttgart und Karlsruhe haben 2015 insgesamt 93 Proben der beiden beliebtesten Kräuterteesorten Pfefferminze und Kamille, sowie Fenchel, Melisse und Brennnessel als Monodroge oder Hauptbestandteil von Kräutertees untersucht. Je 16 Kräuterteeproben aus ökologischer und konventioneller Produktion haben sie als Projekt im Ökomonitoring untersucht – diese Ergebnisse sind im Ökomonitoringbericht 2015 ausführlich dargestellt. Der Bericht ist unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar.

 

In 71 der 93 Proben waren PA nachweisbar, 22 Proben waren unbelastet. Die höchsten Gehalte mit einem Spitzenwert von 1.400 µg/kg Teedroge wurden im Kamillentee gemessen.

 

 

Was bedeuten diese Gehalte?

 

Aus der vom BfR empfohlenen maximalen Tageszufuhr von 0,007 µg PA/kg Körpergewicht ergeben sich folgende noch tolerierbare Maximalgehalte an PA in der Teedroge, wenn man eine durchschnittliche Menge von 2 g Teedroge pro Tasse und einen Genuss von maximal einer Tasse pro Tag ansetzt:

Für einen 60 kg schweren Erwachsenen:    200 µg/kg Teedroge

Für ein 15 kg schweres Kind:                            50 µg/kg Teedroge

 

Bei 6 Kamillentees wurde die maximal empfohlene Tageszufuhr an PA für Erwachsene bereits mit einer Tasse Tee ausgeschöpft oder überschritten.

Die maximal empfohlene Tageszufuhr für Kinder wurde durch eine Tasse bei 43% der untersuchten Kräutertees überschritten, davon 15 Kamillentees, 6 Melissentees, 5 Pfefferminztees, 3 Brennnesseltees und 1 Fencheltee mit Anis und Kümmel.

Alle Gehalte liegen aber weit unter der Schwelle für akute Gesundheitsbeschwerden oder gar Vergiftungen.

 

Fazit

 

Die Lebensmittelwirtschaft hat bereits große Anstrengungen angestellt, um PA-Gehalte in Kräutertees zu minimieren. Die Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2015 zeigen, dass PA in Kräutertees durchaus noch ein ernstzunehmendes Problem darstellen, das auch die Lebensmittelüberwachung weiter verfolgen muss. Die LAV Arbeitsgruppe „Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Wein und Kosmetika (ALB)“ hat in ihrer 28. Sitzung am 28. und 29.10.2015 das Thema „Pyrrolizidinalkaloide in Tee und Kräuterteeprodukten“ behandelt. Um einen einheitlichen Vollzug in den Ländern zu gewährleisten, hat die ALB eine abgestimmte Vorgehensweise vorgeschlagen und die Lebensmittelwirtschaft darüber informiert. Der Vorschlag der ALB beinhaltet

 

  • den minimalen Umfang des PA-Analysenspektrums,
  • die Messmethode nach Empfehlung des BfR,
  • die repräsentative Probenahme in Anlehnung an die Vorgaben zur repräsentativen Probenziehung für die amtliche Kontrolle des Mykotoxingehalts von Gewürzen,
  • die Beurteilung der Ergebnisse auf Grundlage der Risikobewertung des BfR und
  • Eingriffswerte im Rahmen eines Minimierungskonzeptes: 350 μg/kg für Rooibos, 310 μg/kg für Grüner und Schwarzer Tee, 270 μg/kg für Kamille, 160 μg/kg für Kräutertee/-mischung, 120 μg/kg für Pfefferminze und 110 μg/kg für Fenchel.

 

Quellen und weitere Informationen zu PA:

 

 

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 29.06.2016 15:22:58

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