Baden-Württemberg

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Pharmakologisch wirksame Stoffe Jahresbericht 2012

C. Skiera

 

Im Jahr 2012 wurden am CVUA Karlsruhe für Baden-Württemberg insgesamt 5200 Proben nach dem Nationalen Rückstandskontrollplan unter Einsatz von chemisch-physikalischen Methoden analysiert. 80 % der beprobten Tiere stammten aus Schlachtbetrieben, 20 % aus Erzeugerbetrieben. Lediglich in 9 untersuchten Tieren und 3 Honigproben konnten Rückstände an pharmakologisch wirksamen Stoffen festgestellt werden, vier Tiere wurden beanstandet: In einer Forelle wurde der Hauptmetabolit des nicht zugelassenen Stoffes Malachitgrün gefunden, in der Leber einer Kuh wurde das Schmerzmittel Metamizol in einer Konzentration oberhalb der zulässigen Höchstmenge nachgewiesen und die Muskelproben eines Mastrinds und eines Mastschweins enthielten Rückstände an Tetracyclin bzw. Benzylpenicillin oberhalb des zulässigen Grenzwertes. Im Übrigen wurden bei 5 Schweinen Antibiotikarückstände aus der Stoffgruppe der Tetracycline unterhalb der zulässigen Höchstmenge und in 3 Honigen Metaboliten des pharmakologisch wirksamen Stoffes Amitraz, die eine 2,4-Dimethylanilin-Gruppe enthalten, nachgewiesen.


Neben den chemisch-physikalischen Verfahren wird im Rahmen des NRKP auch der sog. „allgemeine Dreiplattenhemmstofftest" (kurz AHT) durchgeführt. Der AHT ist ein bakterieller Test, der auf der Wachstumshemmung des Testkeims Bacillus subtilis beruht. Mit dem AHT werden von einem Tier immer Niere und Muskulatur auf das Vorhandensein von Hemmstoffen überprüft. Fällt der AHT positiv aus, wird die Probe mit Hilfe chemisch-physikalischer Methoden weiter analysiert, um die Wirkstoffe, die den Hemmhof verursachen, zu identifizieren und zu quantifizieren. 2012 wurden in Baden-Württemberg insgesamt rund 27 000 Tiere mittels AHT untersucht. 6200 Tiere wurden davon an den CVUAs Karlsruhe und Freiburg getestet, der Rest der im Rahmen des NRKP vorgeschriebenen AHTs wurde direkt im Rahmen der amtlichen Fleischuntersuchung an einzelnen Schlachthöfen durchgeführt. Gibt es in den Schlachthöfen positive Hemmstofftestbefunde, werden die Proben zur chemisch-physikalischen Nachuntersuchung an die CVUAs eingesandt. Im Berichtsjahr waren dies Proben von 97 Tieren. Insgesamt konnten in 50 Tieren Rückstände identifiziert werden. 38 Tiere wurden beanstandet, da sie Rückstände enthielten, die die zulässigen Höchstmengen überschritten. Die unten stehende Tabelle enthält eine Aufstellung der positiven Rückstandsbefunde aller mittels AHT untersuchten Proben.

Tabelle: Hemmstoffproben mit Rückstandsbefunden
Wirkstoffin der Muskulatur (gesamt)in der Muskulatur (>HM)in der Niere (gesamt)in der Niere (>HM)
Tetracyclin7060
Chlortetracyclin6464
Doxycyclin7674
Enrofloxacin / Ciprofloxacin 6263
Oxytetracyclin4142
Penicillin G3253
Tulathromycin3011
Marbofloxacin1010
Tylosin1011
Amoxicillin3300
Neomycin0043
Dihydrostreptomycin0033
Tilmicosin0021
Ampicillin1000
Dexamthason0033

 

Neben den Proben nach dem NRKP werden in Baden-Württemberg auch Lebensmittel tierischer Herkunft aus dem Handel (amtliche Proben nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) stichprobenartig überprüft. Im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung wurden im Berichtsjahr 208 Proben auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe untersucht. In acht Proben (4 %) wurden Tierarzneimittelrückstände festgestellt, zwei davon führten zu Beanstandungen: In 5 Corned Beef Proben wurden Antiparasitika aus der Gruppe der Avermectine (Ivermectin (4x), Ivermectin + Doramectin (1x)) gefunden, allerdings wurde nur in einer dieser Proben die zulässige Höchstmenge für Ivermectin überschritten. Eine Tilapia-Probe enthielt Semicarbazid, das Abbauprodukt des antibiotisch wirksamen Nitrofurazons. Nitrofurazon steht im Verdacht mutagen und kanzerogen zu sein und seine Anwendung ist daher für Lebensmittel liefernde Tiere verboten. Der Semicarbazid-Befund ist allerdings kein belastbarer Beweis für den Einsatz des verbotenen Stoffes Nitrofurazon, da wissenschaftliche Daten darauf hinweisen, dass Semicarbazid in tierischen Geweben grundsätzlich auch aus anderen Quellen stammen kann. Darüber hinaus wurde der Metabolit des nicht zugelassenen Stoffes Malachitgrün in einer Regenbogenforelle nachgewiesen.

 

Auffällige Befunde

1. Projekt: Antbiotikaeinsatz bei Mastgeflügel

Im Jahre 2012 wurde ein Kooperationsprojekt der Stabsstelle Ernährungssicherheit (SES) und des CVUA Karlsruhe zum Einsatz von Antibiotika bei Mastgeflügel in Baden-Württemberg durchgeführt. Hintergrund war die Veröffentlichung des Berichts der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen im November 2011, der einen intensiven und umfassenden Einsatz von Antibiotika bei Mastgeflügel in diesen Bundesländern aufzeigt. Im Rahmen des Projekts wurden 57 baden-württembergische Geflügel-Betriebe unterschiedlicher Betriebsart und Größe von der SES arzneimittelrechtlich kontrolliert und Tränkewasser- und Einstreu/Kot-Proben entnommen. Diese wurden am CVUA Karlsruhe unter anderem auf die Antibiotikastoffgruppen ß-Lactame, Chinolone, Sulfonamide, Tetracyclin und Makrolide untersucht. Da Tränkewasser und Einstreu/Kot am CVUA Karlsruhe bislang nicht untersucht wurden, mussten für diese Matrices die bereits bestehenden Methoden angepasst und optimiert werden.


In allen in Masthähnchenbetrieben erhobenen Proben waren keine Antibiotika nachweisbar. Hingegen wurden in einer Tränkewasserprobe und sechs Kotproben aus konventionellen Putenbetrieben antibiotisch wirksame Stoffe gefunden. Der Nachweis von Sulfadiazin (1200 µg/l) in einer Tränkewasserprobe ist vermutlich auf eine Verschleppung durch das Rohrleitungssystem der Tränkewasseranlage zurückzuführen. In der Kotprobe des betroffenen Betriebes wurde gleichfalls Sulfadiazin in einer Höhe von 105 µg/kg sowie Doxycyclin in Höhe von 2580 µg/kg festgestellt.


In weiteren Putenmastbetrieben wurden in drei Kotproben Doxycyclin und in zwei weiteren Oxytetracyclin (221 µg/kg) und Tiamulin (187 µg/kg) nachgewiesen. Die Antibiotika-Befunde im Kot konnten in der Regel durch die im aktuellen Mastdurchgang eingesetzten Arzneimittelpräparate erklärt werden. Im Fall des Tiamulin-Befunds wurde Tiamulin zwar nicht im aktuellen, aber in den beiden vorangegangenen Mastdurchgängen angewandt. Insgesamt waren in 46 % der großen konventionellen Putenmastbetrieben in der Einstreu antibiotische Wirkstoffe in geringer Konzentration nachweisbar. Detaillierte Informationen zu den Ergebnissen der „Sonderaktion zum Einsatz von Antibiotika bei Mastgeflügel" werden gesondert in einem Projektbericht veröffentlicht

 

2. Triphenylmethanfarbstoffe

Malachitgrün ist eine Substanz aus der Gruppe der Triphenylmethanfarbstoffe und wird als grüner Farbstoff, Desinfektionsmittel und arzneilicher Wirkstoff eingesetzt. Malachitgrün darf als Tierarzneimittel zur Behandlung von Zierfischen und Zierfischeiern gegen Parasiten, Pilzbefall und bakterielle Infektionen eingesetzt werden. Der Farbstoff steht allerdings im begründeten Verdacht, das Erbgut zu schädigen und Krebs auszulösen und gilt somit als toxikologisch bedenklich. Daher ist seine Anwendung in Aquakultur für zur Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verboten. Malachitgrün wird nach Aufnahme durch den Fisch schnell verstoffwechselt und liegt daher im Muskelgewebe des Fisches hauptsächlich in Form seiner Leukobase Leukomalachitgrün vor. Für den Nachweis von Malachitgrün im Fisch muss daher auch sein Metabolit Leukomalachitgrün berücksichtigt werden. Grundsätzlich dürfen Rückstände von Malachitgrün und von dessen Metabolit in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs nicht nachweisbar sein.


Im Jahr 2012 wurde in einer Forellenprobe aus einem baden-württembergischen Forellenzuchtbetrieb, die im Rahmen des NRKP erhoben wurde, Leukomalachitgrün nachgewiesen. Um diesem Befund nachzugehen, wurden Nachproben aus zwei Forellenteichen dieses Betriebs entnommen. Die Forellenproben aus einem der Teiche enthielten recht hohe Gehalte an Leukomalachtigrün im Bereich von 114 - 429 µg/kg, der ursprüngliche Wirkstoff Malachitgrün war nicht nachweisbar. In Proben aus dem zweiten Teich waren Malachitgrün und Leukomalachitgrün nicht vorhanden. Bei den sich anschließenden Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Ursache für die Leukomalachitgrün-Belastung die bei einem anderen Forellen-Züchter erworbenen Forellensetzlinge waren. Bei der Vor-Ort-Kontrolle bei diesem Züchter konnte ein grünes Pulver sichergestellt werden, das analytisch als Malachitgrün identifiziert wurde. Außerdem wiesen die dort erhobenen Forellenproben massive Malachitgrün- und Leukomalachitgrüngehalte auf. Die Malachitgrünkonzentrationen der untersuchten Fische lag im Bereich von 229 - 386 µg/kg und die Leukomalachitgrünkonzentrationen im Bereich von 762 - 1120 µg/kg. Der Züchter gab zu, Malachitgrün eingesetzt zu haben.


Unabhängig von dem beschriebenen Fall gab es im selben Jahr einen weiteren Leukomalachitgrünbefund. Aufgrund eines anonymen Hinweises wurde in einem Betrieb im Schwarzwald-Baar-Kreis eine Forellenprobe zur Untersuchung auf Malachitgrün erhoben und an das CVUA Karlsruhe eingesandt. In der Probe wurde Leukomalachitgrün mit einem Gehalt von 216 µg/kg nachgewiesen. Weitere Forellenproben aus den anderen Teichen des Betreibers ergaben Leukomalachitgrün-Gehalte zwischen 4 und 116 µg/kg. In den Forellen-Setzlingen des beliefernden Betriebs war kein Leukomalachitgrün/Malachitgrün nachweisbar. Die Forellen aus den Teichen des Betreibers wurden getötet und anschließend entsorgt. Außerdem wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

 

3. Amitraz in Honig

Amitraz gehört zur Gruppe der Akarizide und kann im Honig als Rückstand vorkommen, wenn eine Anwendung z. B. zur Bekämpfung der Varroamilbe durchgeführt wurde. Für Rückstände von Amitraz und von allen Metaboliten, die die 2,4-Dimethylanilin-Gruppe enthalten, ist im Anhang der VO (EU) Nr. 37/2010 eine Höchstmenge für Honig von 0,2 mg/kg (ausgedrückt als Amitraz) aufgeführt. In 3 Honigen, die als Planproben nach dem NRKP erhoben wurden, wurden Metaboliten des pharmakologisch wirksamen Stoffes Amitraz, die eine 2,4-Dimethylanilin-Gruppe enthalten, nachgewiesen.


In keiner der drei Proben lag eine statistisch gesicherte Überschreitung der Rückstandshöchstmenge vor. In Deutschland ist derzeit kein Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Amitraz zur Behandlung von Bienen zugelassen. Allerdings kann im Fall eines Therapienotstandes unter bestimmten Voraussetzungen nach den Vorgaben des § 56a Abs. 2 Arzneimittelgesetz auch eine Arzneimittel-Umwidmung vorgenommen werden. Aufgrund seiner akariziden und insektiziden Wirkung kann Amitraz auch als Pestizid eingesetzt werden und über diesen Eintragspfad in Honig gelangen. Als Pestizid ist Amitraz nicht zur Anwendung in Europa zugelassen. Für nicht zugelassene Pestizide gilt nach VO (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs eine allgemeine Höchstmenge von 0,01 mg/kg.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 10.06.2013 10:16:03

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