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Hackfleisch vom Metzger „Ihres Vertrauens“ oder aus der Fertigpackung?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Petra Tichaczek-Dischinger, Dr. Dagmar Otto-Kuhn

 

Hackfleisch wird hierzulande auf verschiedenste Weise verzehrt. Ob in der Bolognese-Sauce, als Pizzabelag, als Füllung von Teigtaschen oder als Frikadellen, die Rezeptliste für Hackfleischgerichte ist nahezu endlos. Im Zeitalter der "schnellen Wocheneinkäufe", bei denen viele Verbraucher in möglichst kurzer Zeit in nur einem großen Einkaufszentrum alle Lebensmittel auf einmal und ohne großen Aufwand erwerben wollen, spielen Produkte in Fertigpackungen mit einem möglichst langen Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum eine immer größere Rolle. Im Gegensatz dazu gibt es Verbrauchergruppen, die ihre Lebensmittel – auch aufgrund der Fleischskandale der vergangenen Jahre – zunehmend wieder bei regionalen Anbietern einkaufen möchten, und hier sind vor allem die Metzgereifachbetriebe zu nennen.

 

Vor dem Hintergrund dieses Verbraucherverhaltens wurden im CVUA Stuttgart in den Jahren 2012 und 2013 Hackfleisch aus regionaler, handwerklicher Herstellung mit industriell, großtechnisch erzeugtem Hackfleisch verglichen. Die Ergebnisse der 225 untersuchten Proben von offenem, rohem Hackfleisch und der 64 Fertigpackungen waren in mehrfacher Sicht erstaunlich: Zum einen waren die Beanstandungsquoten mit rund 15% bei unverpackter Ware bzw. 27% bei verpackter Ware nicht unerheblich. Zum anderen wurden die zwei unterschiedlichen Produktgruppen wegen ganz unterschiedlicher Ursachen bemängelt oder beanstandet.

 

Hackfleisch besteht gemäß den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse [1] aus gewolftem, grob entsehntem Rind- und/oder Schweinefleisch, es wird sortenrein oder als gemischtes Hackfleisch angeboten. Vielfach wird Hackfleisch auch roh verzehrt; sofern die Erzeugnisse nur zum Verzehr im durchgegarten Zustand bestimmt sind, muss dies auf dem Etikett auf der Fertigpackung oder auf einem Schild bei der Ware in der Bedientheke deutlich kenntlich gemacht werden.

 

Abb.1.: rohes Hackfleisch.

Abb.1.: rohes Hackfleisch.

 

Hackfleisch ist aufgrund der Zerkleinerung der Muskulatur und der damit verbundenen deutlich vergrößerten Oberfläche im Vergleich zu einem stückigen Fleisch ein mikrobiologisch sehr leicht verderbliches Lebensmittel, weswegen es nach dem Ablauf des auf einer Fertigpackung angegebenen Verbrauchsdatums auch nicht mehr verzehrt werden sollte. Da es sich um rohes Fleisch handelt, ist dieses Lebensmittel stets mit einer variablen Menge von Mikroorganismen behaftet. Die Anzahl der Mikroben steht üblicherweise in direkter Korrelation zum Frischegrad der zur Herstellung des Hackfleisches verwendeten Fleischstücke. Neben den typischen Verderbniserregern werden in Hackfleisch immer wieder auch pathogene Keime nachgewiesen, d.h. Mikroorganismen, die beim Menschen Erkrankungen auslösen können. Salmonellen, Campylobacter-Spezies und VTEC/EHEC (verotoxinbildende/entero-hämorrhagische Escherichia coli) sollen hier exemplarisch erwähnt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie sich der mikrobiologische Status eines industriell hergestellten Produktes im Vergleich zu frisch gewolftem Hackfleisch vom "Metzger meines Vertrauens" verhält und ob sich daraus Kaufempfehlungen ableiten lassen.

 

Untersuchungsziel

Das CVUA Stuttgart untersuchte in den Jahren 2012/2013 insgesamt 225 rohe Hackfleischproben aus handwerklicher Herstellung, dem gegenüber stand die Untersuchung von 64 Fertigpackungen von rohem Hackfleisch. Bei der Auswertung der Ergebnisse wurde nicht unterschieden zwischen gemischtem Hackfleisch und reinem Schweine- oder Rinderhackfleisch.
Alle Proben wurden mikrobiologisch auf das Vorhandensein von verderbniserregenden Mikroorganismen untersucht, zudem auf pathogene Keime, wie Salmonellen, Campylobacter, VTEC/EHEC und Listerien. Eine Auswahl der Proben wurde zudem histologisch untersucht (34 Proben rohes, unverpacktes Hackfleisch, 18 Proben rohes Hackfleisch in Fertigpackungen).

 

Signifikante Unterschiede

Beim Vergleich des Hackfleisches aus handwerklicher Herstellung mit dem industriell hergestellten Pendant wurden sowohl bei der prozentualen Beanstandungsrate als auch bei den Beanstandungsgründen deutliche Unterschiede festgestellt.
So wurden bei den 225 Hackfleischproben aus handwerklicher Herstellung insgesamt 34 Proben lebensmittelrechtlich bemängelt, was einer Beanstandungsrate von ca. 15 % entspricht. Dagegen waren ca. 27 % der insgesamt 64 Hackfleischproben aus Fertigpackungen auffällig, d.h. dass mehr als jede vierte Probe nicht den lebensmittelrechtlichen Vorgaben entsprach.
Die Ursachen für die Abweichungen der rohen Fleischprodukte waren ganz unterschiedlicher Art. Bei der Auswertung der Untersuchungsergebnisse wurde unterschieden zwischen

 

Hackfleischproben, die

  • mikrobiologisch auffällig waren,
  • aufgrund von mikrobiologisch bedingtem Verderb nicht mehr zum Verzehr geeignet waren,
  • aufgrund des Nachweises pathogener (krankheitsauslösender) Mikroorganismen als bei Verzehr im rohen Zustand geeignet, die Gesundheit zu gefährden, beurteilt wurden,
  • aufgrund erhöhter Gehalte an brätähnlicher Substanz von der Verkehrsauffassung abwichen und deshalb als wertgemindert oder irreführend gekennzeichnet beurteilt wurden oder
  • wegen eines zu lang bemessenen Verbrauchsdatums oder anderer Ursachen als irreführend gekennzeichnet beurteilt wurden.

 

Rohes, unverpacktes Hackfleisch

Bei den unverpackten, handwerklich hergestellten Hackfleischproben waren im Rahmen der durchgeführten mikrobiologischen Untersuchungen vor allem erhöhte Gehalte an Mikroorganismen feststellbar, bei denen es sich meist um typische Verderbs- und Hygienekeime, in selteneren Fällen um pathogene, d.h. krankheitsauslösende, Keime handelte.

 

A) Mikrobiologische Untersuchungen

Abb. 2: prozentuale Darstellung der Beurteilungsgründe bei rohem, unverpacktem Hackfleisch aus Metzgerei-Frischetheken aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=225).

Abb. 2: prozentuale Darstellung der Beurteilungsgründe bei rohem, unverpacktem Hackfleisch aus Metzgerei-Frischetheken aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=225)

 

Als Beurteilungsgrundlage liegen von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) Richtwerte für einige Gruppen von Mikroorganismen in rohem, ungewürztem Hackfleisch auf Handelsebene vor. So gibt es entsprechende Daten u.a. für die aerobe Gesamtkeimzahl (5x106 Koloniebildende Einheiten (KbE)/g Hackfleisch), für Pseudomonaden (1x106 KbE/g), für Enterobacteriaceae (1x104 KbE/g) und für Escherichia coli (1x102 KbE/g). Im Falle der Enterobacteriaceae und für Escherichia coli gibt es von der DGHM zudem Warnwerte (1x105 KbE/g bzw. 1x103 KbE/g). Wenn diese Warnwerte bei einer Probe überschritten werden, dann erfolgt eine entsprechende Mitteilung an die zuständige untere Lebensmittelüberwachungsbehörde.


Bei rohem, unverpacktem Hackfleisch waren 17 Proben aufgrund erhöhter Gehalte an Verderbsorganismen mikrobiologisch auffällig.


12 Hackfleischproben wiesen einen so hohen Keimgehalt auf, dass sie als verdorben und damit als nicht mehr zum Verzehr geeignet bewertet wurden.


Rohes Hackfleisch, welches ohne den Hinweis "nur zum Braten" bzw. "nur durcherhitzt verzehren" zum Verkauf angeboten wird, muss grundsätzlich als gesundheitsgefährdend eingestuft werden, wenn krankheitsauslösende Mikroorganismen nachgewiesen werden, weil ein Rohverzehr des Produkts nicht ausgeschlossen werden kann. So mussten vier Hackfleischproben in den Jahren 2012/2013 wegen pathogener Keime entsprechend beurteilt werden.


Zwei Hackfleischproben fielen wegen erhöhter Anteile an brätähnlicher Substanz auf. Die Gewichtung dieser Beurteilungen im Verhältnis zu anderen Abweichungen bei den rohen, unverpackten Hackfleischproben ist in Abb. 2 unter "andere Parameter" dargestellt.

 

B) Histologische Untersuchungen

Abb. 3: prozentuale Darstellung der Beanstandungsquote histo-mikroskopisch untersuchter und als wertgemindert und irreführend beurteilter roher, unverpackter Hackfleischproben aus Metzgerei-Frischetheken aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=34).

Abb. 3: prozentuale Darstellung der Beanstandungsquote histo-mikroskopisch untersuchter und als wertgemindert und irreführend beurteilter roher, unverpackter Hackfleischproben aus Metzgerei-Frischetheken aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=34).

 

Bei zwei (5,9 %) von insgesamt 34 histologisch untersuchten Proben fielen erhöhte Anteile an brätähnlicher Substanz auf. Diese Proben wurden wegen Abweichungen ihrer Beschaffenheit hinsichtlich der allgemeinen Verkehrsauffassung gemäß der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch als wertgemindert beurteilt.

 

Rohes Hackfleisch in Fertigpackungen

Die Beanstandungsgründe bei rohem Hackfleisch in Fertigpackungen unterschieden sich sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Häufigkeit deutlich von denen des rohen handwerklich hergestellten Hackfleisches aus der Frischetheke der Metzgereibetriebe.

 

A) Mikrobiologische Untersuchungen

Nur bei vier Proben (6,3 %) wurde original verpacktes Hackfleisch wegen mikrobiologischer Hygieneparameter beanstandet und nur eine Probe (1,6 %) galt als mikrobiologisch verdorben und nicht mehr zum Verzehr geeignet.


In keiner der Proben waren pathogene Mikroorganismen festgestellt worden.


Bei insgesamt drei Hackfleischproben mussten Beanstandungen ausgesprochen werden, weil das Hackfleisch nicht ausschließlich von der angegebenen Tierart stammte, oder weil das auf dem Etikett angegebene Verbrauchsdatum zu lang bemessen war (in Abb. 4 zusammen mit den histologischen Beurteilungen als "andere Parameter" (17,2 %) erfasst).

 

Abb.4: prozentuale Darstellung der Beurteilungsgründe bei rohem Hackfleisch in Fertigpackungen aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=64).

Abb.4: prozentuale Darstellung der Beurteilungsgründe bei rohem Hackfleisch in Fertigpackungen aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=64).

 

B) Histologische Untersuchungen

Industriell hergestelltes rohes Hackfleisch in Fertigpackungen wurde am häufigsten aufgrund eines erhöhten Anteils an brätähnlicher Substanz beanstandet (8 Proben von 18; 44,4 %).

 

Abb. 5: prozentuale Darstellung der Beanstandungsquote der wegen histo-mikroskopischer Mängel als wertgemindert und irreführend beurteilten rohen Hackfleischproben in Fertigpackungen aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=18).

Abb. 5: prozentuale Darstellung der Beanstandungsquote der wegen histo-mikroskopischer Mängel als wertgemindert und irreführend beurteilten rohen Hackfleischproben in Fertigpackungen aus den Jahren 2012/2013 (Probenmenge n=18).

 

Die Verkehrsauffassung für "Hackfleisch" ist in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch beschrieben. Hackfleisch ist danach ein Erzeugnis aus gewolftem Fleisch. Der bei der Herstellung gegebenenfalls entstehende Muskelabrieb (aus freigesetztem Muskeleiweiß entstehende brätähnliche Substanz) muss kenntlich gemacht werden, wenn er 20 Vol.-% überschreitet. Diese brätähnliche Substanz entsteht, wenn die zarten Muskelfasern durch die starke mechanische Belastung bei - evtl. mehrmaligen - Wolf- und Mischvorgängen zerstört werden. Sie ist durch histo-mikroskopische Untersuchungen nachweisbar (Abb. 4). Bei erhöhtem Anteil an brätähnlicher Substanz weicht das Hackfleisch hinsichtlich seiner Beschaffenheit von der allgemeinen Verkehrsauffassung ab und ist dadurch in seinem Wert gemindert. Diese Wertminderung war in keiner der Proben kenntlich gemacht worden.

 

Abb.6: Histologie: Muskelfasern (quergeschnitten – weiße Pfeile) und brätähnliche Substanz (stark zerstörte Muskelfasern – schwarze Pfeile) bei rohem Hackfleisch (100fache Vergrößerung, Calleja-Färbung).

Abb.6: Histologie: Muskelfasern (quergeschnitten – weiße Pfeile) und brätähnliche Substanz (stark zerstörte Muskelfasern – schwarze Pfeile) bei rohem Hackfleisch (100fache Vergrößerung, Calleja-Färbung)

 

Gibt es das "bessere" Hackfleisch?

Bei dem über zwei Kalenderjahre angelegten Untersuchungsprogramm von rohem Hackfleisch am CVUA Stuttgart wurde sowohl bei unverpackter als auch bei verpackter Ware eine nicht unerhebliche Beanstandungsquote von rund 15 % bzw. 27 % ermittelt.

 

Grundsätzlich wurden bei diesen beiden Produktgruppen lebensmittelrechtlich völlig unterschiedliche Problemstellungen beobachtet.

 

  1. Unverpacktes rohes Hackfleisch aus den Fleischtheken der Metzgereibetriebe wurde nahezu ausschließlich aufgrund mikrobiell bedingter Abweichungen beanstandet, Qualitätsmängel im Hinblick auf die Zusammensetzung des Produkts gab es nur in zwei Fällen.
  2. Die Gefahr eines mikrobiologischen Verderbs spielt bei verpacktem rohem Hackfleisch offensichtlich eine untergeordnete Rolle, wenn das Lebensmittel gemäß den Herstellerangaben gekühlt gelagert wird. Der vorherrschende Beanstandungsgrund bei fertigverpackter Ware war eine Wertminderung aufgrund erhöhten Anteils an brätähnlicher Substanz. Beim Kauf von Hackfleisch in der Fertigpackung sollte sich der Verbraucher bewusst sein, dass die Hackfleischqualität dieser Produkte u. U. nicht der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht.

 

Fazit

Das CVUA Stuttgart rät aufgrund der Ergebnisse der umfangreichen Untersuchungen der vergangenen Jahre, offen angebotenes Hackfleisch auf jeden Fall möglichst umgehend nach dem Kauf zuzubereiten und durchzuerhitzen oder sofort einzufrieren. So kann auch bei eventuell bereits mit Mikroorganismen verunreinigtem Hackfleisch ein weiterer Verderb unterbunden werden. Wenn rohes Hackfleisch mit der Absicht erworben wird, es erst mit zeitlicher Verzögerung zuzubereiten, dann sollte ein Verbraucher besser auf Hackfleisch in Fertigpackungen zurückgreifen, wohl wissend, dass dann unter Umständen die Hackfleischqualität nicht ganz der von offen angebotener Ware entspricht.


Außerdem möchte das CVUA Stuttgart darauf hinweisen, dass auch diese Untersuchungen zeigten, dass pathogene Mikroorganismen in rohem Hackfleisch durchaus vorkommen können. So wurde bei offen angebotenem rohem Hackfleisch bei fast jeder 50. Probe ein pathogener Keim nachgewiesen. Beim Rohverzehr dieses Lebensmittels, z.B. als Tartar oder Schweinemett, müssen sich die Verbraucher einer möglichen Gesundheitsgefährdung daher bewusst sein und von Seiten des CVUA wird von einer solchen Verwendung von rohem Hackfleisch dringend abgeraten.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Quellen

[1] Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse vom 27./28.11.1974 (Beilage zum BAnz. Nr. 134 vom 25.7.1975, GMBl Nr. 23 S. 489 vom 25.7.1975), zuletzt geändert am 08.01.2010 (BAnz. Nr. 16 vom 29.01.2010, GMBl Nr. 5/6 S. 120 ff vom 04.02.2010)


[2] Veröffentlichte mikrobiologische Richt- und Warnwerte zur Beurteilung von Lebensmitteln Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie.

 

Artikel erstmals erschienen am 08.05.2014 15:24:52

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