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Importierte Softdrinks – ein getrübter Genuss

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Kerstin Zietemann

 

Abbildung 1: leuchtend bunte Färbung der importierten Softdrinks.

Abbildung 1: leuchtend bunte Färbung der

importierten Softdrinks.

Kennen Sie die in Nordamerika weit verbreiteten süßen, bunt gefärbten, aromatisierten Softdrinks? Eine Recherche hat ergeben, dass diese Getränke auch in Deutschland gut erhältlich sind. Von dem einen oder anderen Getränk gibt es aber auch eine europäische "Variante". Nicht zu Unrecht, wie die Untersuchungen im Jahr 2013 zeigten: 83 % der aus Nordamerika nach Deutschland importierten Getränke waren aufgrund der Verwendung unzulässiger Zusatzstoffe, darunter "bromiertes Pflanzenöl", sowie aufgrund von Höchstmengenüberschreitungen in der EU nicht verkehrsfähig.

 

Schon beim Blick auf das Zutatenverzeichnis werden die Unterschiede zwischen den nordamerikanischen und den europäischen Getränken deutlich. So enthielten importierte Getränken künstliche Azofarbstoffe wie Tartrazin und Allurarot AC. In den in der EU hergestellten Getränken wird inzwischen häufig auf diese Farbstoffe verzichtet, da sie im Verdacht stehen, die Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen zu können. Des Weiteren wird z. T. der Konservierungsstoff Benzoesäure anstelle von Sorbinsäure und dann auch in höheren Mengen eingesetzt. So wurden bei importierten Getränken Überschreitungen der in der EU geltenden Höchstmenge für Benzoesäure festgestellt.

 

Doch in manchen Zutatenverzeichnissen der "Original"-Getränke ist noch eine weitere Zutat genannt: "bromiertes Pflanzenöl" (englisch: "brominated vegetable oil").

 

Was ist "bromiertes Pflanzenöl"?

"Bromiertes Pflanzenöl" ist ein Stoffgemisch, das als sogenanntes Beschwerungsmittel in Getränken zur Stabilisierung von aromawirksamen Substanzen, v. a. Zitrusöl, verwendet werden kann. Ohne einen solchen Stabilisator würde sich nach einiger Zeit ein öliger Ring über dem Flascheninhalt bilden.

 

Durch diesen Zusatz wird zudem die positive "Nebenwirkung" erzielt, dass die Flüssigkeit trüb wird. Eine solche Trübung verbinden Verbraucher oftmals mit positiven Eigenschaften, wie z. B. einem gewissen Fruchtgehalt.

 

"Bromiertes Pflanzenöl" wird durch Bromierung von herkömmlichem Pflanzenöl erhalten, d. h. an die ungesättigten Fettsäuren des Öls wird das Element Brom geknüpft. [1]

 

In der EU ist "bromiertes Pflanzenöl" als Zusatzstoff für Lebensmittel nicht zugelassen und darf somit in Getränken, die in der EU im Verkehr sind, nicht enthalten sein. Auch andere Länder, wie z. B. Japan, haben in den letzten Jahren die Verwendung in Lebensmitteln verboten. Es gibt jedoch auch Staaten, in denen "bromiertes Pflanzenöl" als Zusatzstoff in Lebensmitteln eingesetzt werden darf. In den USA besteht beispielsweise seit 1977 eine vorläufige Höchstmenge von 15 mg/L [2].

 

Bromhaltige Pflanzenöle sind aber auch als Flammschutzmittel bekannt [3]. Flammschutzmittel sollen die Ausbreitung von Bränden einschränken, verlangsamen oder verhindern. Dies wirft die Frage auf, ob dieses Substanzgemisch in Lebensmitteln für den Menschen überhaupt unbedenklich ist.

 

Wie "sicher" ist "bromiertes Pflanzenöl"?

Tierexperimentelle Studien haben ergeben, dass sich "bromiertes Pflanzenöl" in verschiedenen Organen ablagert, wodurch es zu entzündlichen, degenerativen und funktionellen Veränderungen der Organe kommen kann. Es fehlen derzeit jedoch Daten darüber, wie sich die Substanzen im menschlichen Körper verhalten. [4]

 

Aus den bisherigen Publikationen lässt sich kein Risiko für eine Gesundheitsschädlichkeit bei einer normalen Verzehrsmenge der Getränke ableiten. Jedoch fehlen Langzeitstudien, um die maximale Menge zu ermitteln, bei der keine nachteiligen Wirkungen beobachtet werden. [4]

 

Sicher ist jedoch, dass "bormiertes Pflanzenöl in der EU nicht zulässig ist und es Alternativen zur Verwendung von "bromiertem Pflanzenöl" gibt.

 

Abbildung 2: links US-amerikanische und rechts europäische „Variante“ eines Softdrinks.

Abbildung 2: links US-amerikanische und rechts europäische "Variante" eines Softdrinks.

 

Wie ist die Situation in Baden-Württemberg?

Wie sich bei der Recherche gezeigt hat, besteht in Baden-Württemberg durchaus ein Markt für die nordamerikanische "Variante" dieser Getränke. So waren in Tankstellen, Restaurants, Schnellimbissen sowie spezialisierten Lebensmittelgeschäften importierte Getränke erhältlich.

 

Diagramm 1: Herkunft der untersuchten Getränke.

Diagramm 1:  Herkunft der untersuchten Getränke.

 

Am CVUA Stuttgart wurden im Jahr 2013 49 aus der EU und anderen Staaten stammende Erfrischungsgetränke und Getränkesirupe, bei denen ein Einsatz von "bromiertem Pflanzenöl" denkbar wäre, auf diesen Zusatzstoff untersucht (siehe Diagramm 1). Keines der in der EU bzw. der Türkei hergestellten Getränke enthielt bromiertes Pflanzenöl. Dafür konnten in einem Drittel der aus Nordamerika stammenden Getränke "bromiertes Pflanzenöl" nachgewiesen werden. Ein solcher Zusatz war auf der Verpackung deklariert, teilweise jedoch nur in englischer Sprache.

 

Insgesamt waren 10 von 12 aus Nordamerika stammende Getränke aufgrund einer nicht rechtskonformen Verwendung von Zusatzstoffen in der EU nicht verkehrsfähig. Kennzeichnungsmängel bestanden bei all diesen Proben (siehe Diagramm 2).

 

Aber wie kommen diese in der EU nicht verkehrsfähigen Getränke überhaupt nach Deutschland in den Handel?

 

Den Erhebungen einer zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde zufolge wurden in einem Fall die Fertigpackungen von einem Internethändler direkt aus Nordamerika nach Deutschland importiert und weiter verkauft.

 

Die untersuchten Proben stammten allesamt aus "konventionellen" Geschäften. Es ist davon auszugehen, dass über Onlineshops noch eine weitaus größere Anzahl der importierten Getränke erhältlich ist.

 

Diagramm 2: Beanstandungsgründe bei den aus Nordamerika stammenden Getränken (Novel Food: Neuartige Lebensmittel (z. B. Elfenblume)).

Diagramm 2: Beanstandungsgründe bei den aus Nordamerika stammenden Getränken (Novel Food: Neuartige Lebensmittel (z. B. Elfenblume)).

 

Fazit

Der Zusatzstoff "bromiertes Pflanzenöl" findet in Nordamerika immer noch Verwendung, obwohl es dafür Alternativen gibt und Daten für eine vollständige toxikologische Bewertung fehlen. Die Untersuchung ausgewählter Erfrischungsgetränke im Jahr 2013 hat ergeben, dass die aus der EU bzw. Türkei stammenden ohne einen solchen Zusatz auskamen. Trotz der Tatsache, dass Getränke mit "bromiertem Pflanzenöl" in der EU nicht verkehrsfähig sind, konnten durch baden-württembergische Lebensmittelüberwachungsbehörden importierte Produkte mit einem solchen Zusatz in Geschäften erhoben werden. 10 von 12 aus Nordamerika stammende Getränke waren aufgrund nicht rechtskonformer Verwendung von Zusatzstoffen zu beanstanden.

 

Daher Augen auf: Es lohnt sich immer, einen etwas genaueren Blick auf das Zutatenverzeichnis zu werfen.

 

Quellen

[1] Bendig Maier, Vetter; Brominated vegetable oil in soft drinks – an underrated source of human organobromine intake, Food Chemistry 133 (2012) 678-682
[2] FDA, Code of Federal Regulations Title 21, Volume 3, Revised as of April 1, 2013, 21CFR180.30
[3] Patent DE 10123584C2 11.09.2003: Flammschutzmittel und Verfahren zu dessen Herstellung.
[4] Bundesinstitut für Risikobewertung, Gesundheitliche Bewertung von Erfrischungsgetränken mit Zusatz an bromierten Pflanzenölen, 07.11.2013, Veröffentlichte Stellungnahme Nr. 023/2014 des BfR vom 4. Juli 2014.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Artikel erstmals erschienen am 06.03.2014 11:15:34

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