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Desinfektionsmittelrückstände in Speiseeis

Hintergrund und Ergebnisse zu Untersuchungen auf Rückstände quartärer Ammoniumverbindungen (QAV) in Speiseeis in den Jahren 2011 und 2012 (Stand 16.08.2012)

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Ursula Blum-Rieck, Eberhard Schüle, Inge Gronbach

 

Zusammenfassung und Fazit

Schmuckelement.Rückstände der als Desinfektionsmittel eingesetzten quartären Ammoniumverbindungen Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC) und Benzalkoniumchlorid (BAC) wurden in einer Vielzahl verschiedener Eissorten aus handwerklicher Herstellung nachgewiesen. Im Jahr 2011 wurden 66 Eisproben untersucht, wovon in 21 Proben (32 %) Rückstände über 100 µg/kg nachgewiesen wurden. 2012 wurden bislang 138 Proben untersucht. Davon wiesen 29 Proben (21 %) Rückstände über 100 µg/kg auf. Quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) sind sehr häufig als biozide Bestandteile in Desinfektionsmittelpräparaten enthalten. Auch Speiseeismaschinen werden sehr häufig mit QAV-haltigen Reinigungsmitteln gereinigt. QAV sind oberflächenaktiv und weisen eine gute Haftung auf Kunststoffen und Edelstahl auf. Zur Vermeidung von Rückständen im Speiseeis ist es deshalb unbedingt erforderlich, dass nach Reingung der Eismaschinen mit QAV-haltigen Reinigungsmitteln mehrfach mit heißem Wasser nachgespült wird oder ggf. andere geeignete Reinigungsmittel verwendet werden.

 

Einführung

Bei quartären Ammoniumverbindungen (QAV; siehe Abbildung 1) handelt es sich um oberflächenaktive Substanzen mit einem quartären kationischen Stickstoff-Atom und Kohlenstoff-Ketten (Alkyl-Seitenketten) unterschiedlicher Länge. QAV reichern sich in den Zellmembranen von Lebewesen an und können deren Funktionen beeinträchtigen und schädigen. Aufgrund dieser Eigenschaften werden QAV als Biozide, Pestizide, Desinfektionsmittel und als Zusatzstoffe bei technischen Anwendungen eingesetzt. Des Weiteren werden sie auch als Inhaltsstoffe in Arzneimitteln für Mensch und Tier sowie in Kosmetika verwendet.

 

Struckturformeln QAV.

Abbildung 1: Strukturformeln von QAV

 

QAV sind oberflächenaktiv und weisen eine gute Haftung auf Kunststoffen und Edelstahl auf. Der durch die Reinigung mit diesen Präparaten entstehende Tensidfilm wird durch Nachspülen mit Trinkwasser, wie es in der Lebensmittelindustrie üblich ist, nur schlecht entfernt. Protein- und fetthaltige Lebensmittel wie z.B. Speiseeis lösen die ionischen Tenside deutlich besser ab, so dass es trotz Nachspülens mit Wasser zu mehr oder weniger großen Rückständen dieser Wirkstoffe im Lebensmittel kommen kann.
Untersuchungen und Stufenkontrollen, die das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in den Jahren 2009 / 2010 [1] durchgeführt hat, ergaben, dass durch Spülen der Eismaschinen nach der Reinigung mit der doppelten Menge an heißem anstatt kaltem Trinkwasser zu jedem Zeitpunkt Gehalte an QAV unter 100 µg/kg erreichbar sind. Zur Vermeidung von Rückständen im Speiseeis ist es deshalb unbedingt erforderlich, dass nach Reingung der Eismaschinen mit QAV-haltigen Reinigungsmitteln mehrfach mit heißem Wasser nachgespült wird oder ggf. andere geeignete Reinigungsmittel verwendet werden.

 

Rechtliche Aspekte und Risikobewertung

Aufgrund der festgestellten Konzentrationen ist davon auszugehen, dass QAV dem Speiseeis nicht absichtlich zur Erzielung einer technologischen Wirkung (Keimhemmung bzw. -abtötung) zugesetzt wurden, sondern dass es sich um Rückstände aus vorangegangenen Reinigungen der Eismaschinen und somit um Kontaminationen im Sinne der VO (EWG) Nr. 315/93 handelt. Kontaminanten sind gemäß dieser Verordnung „auf so niedrige Werte zu begrenzen, wie sie durch gute Praxis auf allen Stufen sinnvoll erreicht werden können.“
Einige QAV, wie Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC) und Benzalkoniumchlorid (BAC) wurden in der Verordnung (EG) Nr. 1112/2002 der Europäischen Union als Pestizidwirkstoffe bewertet. Sie unterliegen damit den für Pestizide geltenden Höchstmengenregelungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Rückstände aus der Anwendung als Biozid oder Pflanzenschutzmittel stammen. Auf der Basis der Bewertung des gesundheitlichen Risikos durch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hat die EU-Kommission mit Zustimmung der Mitgliedsstaaten festgelegt, dass sowohl pflanzliche als auch tierische Lebensmittel die Rückstände über 0,5 mg/kg (500 µg/kg) Benzalkoniumchlorid (BAC) oder Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC) enthalten, nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen.

 

Ergebnisse

Im Jahr 2011 wurden 66 Eisproben untersucht, wovon in 21 Proben (32 %) Rückstände von QAV über 100 µg/kg nachgewiesen wurden. Davon lagen die Gehalte bei  6 Proben (9 %) über 500 µg/kg, bei 4 dieser Proben sogar über 1.000 µg/kg. Die höchste nachgewiesene Rückstandsmenge in Speiseeis im Jahr 2011 betrug 5.840 µg/kg (5,84 mg/kg) DDAC.


Im Jahr 2012 wurden bisher 138 Eisproben untersucht, wovon in 29 Proben (21 %) Rückstände von QAV über 100 µg/kg nachgewiesen wurden. Davon lagen die Gehalte bei 10 Proben (7 %) über 500 µg/kg, bei 6 dieser Proben sogar über 1.000 µg/kg. Die höchste nachgewiesene Rückstandsmenge in Speiseeis im Jahr 2012 betrug 3.090 µg/kg (3,09 mg/kg) DDAC.

 

Exceldiagramm: Ergebnisse 2011/2012

Abbildungen 2 und 3: Anteil der Speiseeisproben mit QAV in verschiedenen Konzentrationsbereichen.

 

Literatur:

[1]      Desinfektionsmittelrückstände in Lebensmitteln, H. Knapp, P. Fecher, K. Werkmeister, Bayerisches Landesamt für Lebensmittelsicherheit, Erlangen, Lebensmittelchemie 65, 1-16 (2011), S. 8 ff.

 

Bildernachweis

eis, Peter Smola,Pixelio.de, Image-ID=573163.

 

Artikel erstmals erschienen am 24.08.2012 13:20:54

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