Regulierung gegen die Nikotinsucht

Jürgen Hahn, CVUA Sigmaringen

 

Neues Tabakerzeugnisgesetz und neue Tabakerzeugnisverordnung – wesentliche Änderungen


Das Tabakerzeugnisgesetz und die darauf gestützte Tabakerzeugnisverordnung setzen Vorgaben der europäischen Richtlinie 2014/40/EU über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen um. Sie sind am 20. Mai 2016 in Kraft getreten. Gleichzeitig wurden die bis dahin geltenden Rechtsvorschriften für Tabakerzeugnisse außer Kraft gesetzt.

Ziel der europäischen Tabakproduktrichtlinie ist es, insbesondere Jugendliche vom Einstieg in den Konsum von Tabakerzeugnissen und elektronischen Zigaretten abzuhalten. Dazu soll die Attraktivität dieser Erzeugnisse reduziert werden. Erstmals werden neben Tabakerzeugnissen auch nikotinhaltige elektronische Zigaretten (E-Zigaretten) reguliert.

Wesentliche Änderungen sind:

Verpackungen von Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabak müssen kombinierte Text-Bild-Warnhinweise tragen. Bei einer Zigarettenschachtel bedeutet dies, dass auf 65 % der Vorder- und Rückseite der Packung  kombinierte Text-Bild-Warnhinweise aufgedruckt sein müssen. Die Text-Bild-Warnhinweise sollen abschreckend wirken und auf die von Tabakerzeugnissen ausgehenden Gesundheitsrisiken hinweisen.
Bei Pfeifentabak-, Zigarren- und Zigarilloverpackungen ist der kombinierte Text-Bild-Warnhinweis nicht vorgeschrieben.

Die Angaben der Emissionswerte Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid auf den Zigarettenpackungen werden durch den Hinweis „Tabakrauch enthält über 70 Stoffe, die erwiesenermaßen krebserregend sind“ ersetzt.
Die bisherigen Angaben der Emissionswerte konnten den Eindruck erwecken, dass bestimmte Zigaretten weniger schädlich seien als andere.

Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen von Zigaretten sind verboten, wenn sie ein charakteristisches Aroma aufweisen, d.h. wenn sich der Geschmack des Produktes deutlich vom eigentlichen Tabakgeschmack unterscheidet.
Das Verbot ist erlassen worden, da derartige Produkte möglicherweise den Einstieg in den Tabakkonsum erleichtern oder die Konsumgewohnheiten beeinflussen.
Für Produkte mit einer EU-weiten Verkaufsmenge von 3 % oder mehr (z. B. Mentholzigaretten) gilt das Verbot jedoch erst ab 2020.

Nikotinhaltige E-Zigaretten und Nachfüllbehälter werden geregelt. Der Nikotingehalt wurde bei diesen Produkten auf 20 mg pro ml beschränkt und es wurden Höchstvolumina für Nachfüllbehälter, Tanks und Kartuschen festgelegt, um die mit Nikotin verbundenen Gesundheitsgefahren zu minimieren.

Spezielle Kennzeichnungsanforderungen wie die Angabe eines Warnhinweises und des Nikotingehaltes und Vorgaben an die Produktsicherheit (z. B. kindergesicherte Verschlüsse, bruch- und auslaufsicher) müssen eingehalten werden. Ein Verbot der Werbung z. B. im Fernsehen, Hörfunk, Presse und Internet findet nun auch Anwendung bei nikotinhaltigen E-Zigaretten und Nachfüllbehältern.

Es gilt ein Verkehrsverbot von Tabakerzeugnissen, nikotinhaltigen E-Zigaretten und Nachfüllbehältern, die Zusatzstoffe enthalten, die messbar die suchterzeugende Wirkung oder die krebserregenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften erhöhen.

Weiterhin sind in den Anlagen  der Tabakerzeugnisverordnung weitere Zusatzstoffe verboten, die der Konsument mit positiven Eigenschaften wie gesundheitlicher Nutzen oder stimulierender Wirkung in Verbindung bringt, z. B. Vitamine und Coffein. Mit der vom Gesetzgeber bereits geplanten Änderungsverordnung zur Tabakerzeugnisverordnung soll die Liste der verbotenen Zusatzstoffe bzw. Inhaltsstoffe in Tabakerzeugnissen und E Zigaretten/Nachfüllbehälter deutlich erweitert werden.

Wer grenzüberschreitenden Fernabsatz betreiben will, muss sich registrieren lassen und ein Altersüberprüfungssystem für den Käufer verwenden. Letzteres soll den Verkauf von Tabakerzeugnissen, E-Zigaretten oder Nachfüllbehältern an Kinder und Jugendliche verhindern.

Die Meldepflichten der Hersteller und Importeure betreffend Inhaltsstoffe und Emissionen von Tabakerzeugnissen werden verschärft. Für nikotinhaltige E-Zigaretten, Nachfüllbehälter und pflanzliche Raucherzeugnisse werden ebenfalls Mitteilungspflichten neu eingeführt.

Für neuartige Tabakerzeugnisse ist nun ein Zulassungsverfahren erforderlich. Zu neuartigen Tabakerzeugnissen zählen z. B. Produkte, bei denen der Tabak elektronisch erhitzt wird. Anders als bei bisher auf dem Markt befindlichen E-Zigaretten „verdampfen“ diese Geräte echten Tabak anstelle von Nikotinflüssigkeit.

Durch die Einführung eines Rückverfolgbarkeitssystems und eines Sicherheitsmerkmals soll der illegale Handel mit Tabakerzeugnissen eingedämmt werden.

Es gilt ein Verbot für werbliche Informationen auf Verpackungen von Tabakerzeugnissen, die sich auf Geruch, Geschmack oder sonstige Zusatzstoffe oder deren Fehlen beziehen. Angaben wie „Frei von Zusätzen“ sind jetzt verboten.

Das Verkehrsverbot für Tabak zum oralen Gebrauch (z. B. Snus) bleibt weiterhin bestehen.

Bis zum Ablauf der festgelegten Übergangsfristen dürfen sich noch Produkte auf dem Markt befinden, die den zuvor geltenden Vorschriften entsprechen. Zum Beispiel durften Hersteller vor dem 20. Mai 2016 produzierte Ware noch bis 20. Mai 2017 in den Verkehr bringen.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 14.06.2017