Aujeszkysche Krankheit („Pseudowut”) bei einem Hund - eine wichtige Differentialdiagnose zur Tollwut

Dr. Michael Suntz (CVUA Freiburg)

 

Die Aujeszkysche Krankheit, kurz AK, wird auch „Pseudowut" genannt, weil die von ihr ausgelösten Krankheitssymptome denen der Tollwut sehr ähnlich sein können. Das liegt daran, dass beide Virusinfektionen eine Entzündung des Gehirns hervorrufen. Ende Dezember 2013 wurde diese seltene Erkrankung bei einem Hund aus dem nördlichen Breisgau am CVUA Freiburg diagnostiziert.

 

Der aktuelle Fall

JagdhundWenige Tage nach einem Jagdaufenthalt in Hessen traten bei einem Hund schwere zentralnervöse Ausfallserscheinungen auf. Trotz intensiver tierärztlicher Behandlung war das Tier nach kurzem und schwerem Krankheitsverlauf nicht zu retten und verstarb.

 

Das Tier wurde zur Feststellung der Erkrankungsursache in die Pathologie am CVUA Freiburg verbracht. Aufgrund der klinischen Symptome war der differentialdiagnostische Ausschluss einer Tollwut-Erkrankung von oberster Priorität, da diese Virusinfektion auch für den Menschen sehr gefährlich ist. Ein besonderes Augenmerk lag daher auf der Untersuchung des zentralen Nervensystems.

 

Untersuchungsergebnisse

histologische DiagnostikBei der Sektion des Tieres wurden keine spezifischen Organveränderungen nachgewiesen.

 

Die histologische Aufarbeitung des Gehirns ergab aber die Diagnose einer akuten nichteitrigen Entzündung im Bereich des Hirnstamms (Bild 2).


Bei den unmittelbar eingeleiteten virologischen/molekular- biologischen Untersuchungen von Gehirnmaterial wurde der Erreger der Aujeszkyschen Krankheit (SHV-1) nachgewiesen. Tollwut, Staupe und andere Krankheitsursachen wurden parallel dazu ausgeschlossen.

 


SHV1-qPCR_Amplifikationskurve

Bild 3: SHV1-qPCR-Amplifikationskurve (Gehirnprobe Jagdhund)

 

Was ist die Aujeszkysche Krankheit (AK)?

AK wird durch eine Infektion mit einem Alphaherpesvirus, dem Suiden Herpes Virus 1 (SHV-1), ausgelöst.

 

Der Hauptwirt für das SHV-1 ist das Schwein. Während die deutsche Hausschweine-Population seit 2003 als frei von AK gilt, findet man im ganzen Bundesgebiet bei Wildschweinen regelmäßig antivirale Antikörper, die auf einen Viruskontakt zurückzuführen sind. In Baden-Württemberg erfolgt eine landesweite Überwachung der Schwarzwildbestände im Rahmen des Schweinepest-Monitorings.

 

Bei Schweinen verläuft die Erkrankung altersabhängig sehr unterschiedlich. Ältere Schweine entwickeln aber häufig nur schwach ausgeprägte oder gar keine Krankheitssymptome, werden aber latent infiziert und damit zu einem lebenslangen Virusreservoir.

 

Das Virus befällt aber nicht nur Schweine, sondern viele weitere Säugetierarten, wie zum Beispiel Wiederkäuer, Hunde und Katzen, können sich mit dem SHV-1 infizieren.

 

Bei den genannten Tierarten endet die Erkrankung immer tödlich, da das Virus hier zu einer - wie bereits oben erwähnten - Entzündung lebenswichtiger Hirnabschnitte führt.

 

Manchmal, aber nicht immer, entwickeln die Tiere vor dem Tod einen extremen Juckreiz, der hinweisend auf AK sein kann. Weitere Symptome, die - von Fall zu Fall verschieden - auftreten können, sind Wesensveränderungen, Muskelspasmen und Lähmungserscheinungen, Futterverweigerung und Erbrechen. Die Erkrankung ist damit klinisch nicht eindeutig von Tollwut zu unterscheiden.

 

Die Ansteckung erfolgt meist über direkten Kontakt mit infizierten Schweinen, die das Virus über die Schleimhäute ausscheiden oder über die Aufnahme von rohem, virusbelastetem Schweinefleisch, Innereien oder Blut.

 

Glücklicherweise ist eine Infektion mit AK-Virus im Gegensatz zur Tollwut-Virusinfektion für den Menschen ungefährlich.

 

Was sollten Tierhalter beachten?

Es existiert kein Impfstoff gegen die Aujeszkysche Krankheit bei Hund und Katze.

 

Daher ist der einzig sichere Schutz vor der Infektion, den unmittelbaren Kontakt zu Schweinen, insbesondere zu Wildschweinen, ganz zu vermeiden. Bei Jagdhunden sollte ein Kontakt auf das absolut nötige Maß beschränkt werden (z.B. Fernhalten der Hunde vom Streckenplatz und beim Aufbrechen).

 

Weiterhin sollten rohe Innereien, Blut, Fleisch und Fleischerzeugnisse von Schweinen grundsätzlich nicht an Hunde oder Katzen verfüttert werden.

 

Bei Auftreten der geschilderten Symptome sollten Tierhalter unbedingt einen Tierarzt konsultieren und das zuständige Veterinäramt informieren.

 

Bei Hausschweinen und bei Rindern ist die Erkrankung anzeigepflichtig!

 

Weitere Informationen

Nationales Referenzlabor für Aujeszkysche Krankheit

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 09.05.2014