Nachweis von RHDV-2 im Regierungsbezirk Karlsruhe bestätigt - Zahlreiche Todesfälle bei Haus- und Wildkaninchen durch die Hämorrhagische Kaninchenseuche (RHD, Rabbit Hemorrhagic Disease)

Fr. Dr. B. Strobel

 

Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat bestätigt, dass es sich bei dem RHD-Virus, das bei zahlreichen verendeten Kaninchen im Regierungsbezirk Karlsruhe nachgewiesen wurde, um den Typ 2 handelt.

„30 Wildkaninchen plötzlich tot auf der Wiese gefunden“, „Innerhalb der letzten Tage viele Jung- und Alttiere im Bestand ohne vorherige Symptome verstorben“. So, oder so ähnlich lauteten viele Vorberichte zu Kaninchen, die innerhalb der vergangenen Wochen mit der Bitte um Abklärung der Todesursache beim CVUA Karlsruhe abgegeben wurden.  

Vor allem bei den Haus- und Zuchtkaninchen standen die Besitzer vor einem Rätsel, als ihnen ihre vollständig und regelmäßig geimpften Tiere plötzlich und ohne große erkennbare Symptomatik unter den Händen verstarben. Nur in einem einzelnen Fall waren Blutungen aus der Nase beobachtet worden.  

 

Zwischen dem 19. April und dem 11. Mai 2016 wurden neun Haus- und Wildkaninchen aus den Kreisen Karlsruhe, Mannheim, Rhein-Neckar-Kreis und Enzkreis untersucht. Alle Kaninchen zeigten in der Sektion dasselbe morphologische Bild: eine helle geschwollene und brüchige Leber, eine stark vergrößerte Milz sowie multiple Blutungen in der Niere, der Lunge und der Schleimhaut der Luftröhre. Die typischen Veränderungen erlaubten bereits am Sektionstisch den Verdacht auf die hämorrhagische Kaninchenseuche, die auch als RHD oder Chinaseuche bekannt ist. Auch die anschließende histologische (mikroskopische) Untersuchung der Gewebe ergab die charakteristischen Leberzelluntergänge sowie Blutungen und Ausbildung von Gerinnungsthromben in multiplen Organen.

Zur Bestätigung der Diagnose wurde am CVUA Stuttgart eine elektronenmikroskopische Untersuchung der Gewebe durchgeführt, bei der der Erreger der RHD, ein Calicivirus, nachgewiesen werden konnte.

  

 brüchige Leber    Lunge

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Tatsache, dass auch geimpfte Tierbestände betroffen sind, legte bereits den Verdacht nahe, dass es sich um das RHD-Virus (Rabbit Hemorrhagic Disease) Typ 2 handelt. Daher wurde eine Differenzierung am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) eingeleitet, bei der der Verdacht nun bestätigt wurde. Somit ist erstmals im Regierungsbezirk Karlsruhe der neue Virustyp nachgewiesen worden.

Gegen das RHD-Virus 2 (RHDV-2), das sich in den vergangenen Jahren zunehmend in Europa ausbreitet und das Anfang 2015 erstmals in Baden-Württemberg nachgewiesen wurde (siehe unten stehender Artikel), bietet die herkömmliche Impfung keinen sicheren Schutz. Von der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) wurde hierzu eine Stellungnahme verfasst. Den zugehörigen Link zu der Impfempfehlung, die auch grundlegende Informationen zur RHD enthält, finden Sie am Ende des Artikels.

 

Das RHDV-2 führt in erster Linie nur bei Kaninchen zu Erkrankungen und zum Tod, eine Infektion bei Feldhasen ist möglich. Für andere Tierarten und den Menschen ist das Virus ungefährlich.

 

Weitere Informationen zum Virus und zur Impfung sowie zum ersten Virusnachweis in Baden-Württemberg finden Sie hier:

 

Die neue Variante des Virus der Hämorrhagischen Kaninchenseuche (RHDV-2) – Erstnachweis nun auch in Baden-Württemberg 

 

Stellungnahme der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin

 

In ihrer Stellungnahme RHDV-2 Impfung Stand 30. März 2016 empfiehlt die StIKo Vet am FLI die Impfung der gefährdeten Kaninchen. In einer Laborstudie, die der StIKo Vet vorliegt, konnte belegt werden, dass eine mindestens zweimalige Immunisierung mit Cunivak RHD und RIKA-VACC RHD schwere, klinische Verläufe einer RHDV-2-Infektion bei der überwiegenden Mehrzahl der Tiere verhindern kann. Die Impfung verhindert allerdings nicht die Infektion, und geringgradige klinische Symptome können trotz Impfung auftreten. Daher ist nicht auszuschließen, dass derart geimpfte, partiell geschützte Tiere zumindest temporär Virus ausscheiden können.

 

Es gibt in Frankreich und Spanien erste konventionelle Impfstoffe mit einer vorläufigen Marktzulassung gegen die neue Variante. Die StIKo Vet weist darauf hin, dass die klassischen Stämme in Deutschland nach wie vor auftreten. Daher sollten vorzugsweise die in Deutschland zugelassenen monovalenten, auf Vollantigen basierenden RHDV-Impfstoffe zum Einsatz kommen. Wie oben ausgeführt, schützen Cunivak RHD und RIKA-VACC RHD zwar nicht vor Infektion und möglicherweise Virusausscheidung, jedoch vor schweren, letalen Verläufen einer RHDV-2 Infektion.

Unabhängig davon besteht jedoch grundsätzlich gemäß § 11 Absatz 6 Nummer 2 TierGesG die Möglichkeit, Impfstoffe, die RHDV-2 Impfantigen enthalten und im Ausland für die entsprechende Indikation zugelassen sind, per Ausnahmegenehmigung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg anzuwenden.

 

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 19.05.2016