Dauerbrenner: Antibiotikarückstände in Garnelen aus Asien

Auch 2017 hat das CVUA Karlsruhe in mehreren Garnelenproben aus asiatischer Aquakultur Antibiotikarückstände nachgewiesen.

Dr. Christina Skiera, CVUA Karlsruhe

 

In 8 der 114 untersuchten Garnelenproben fanden sich Antibiotikarückstände. Zwei Proben enthielten Antibiotikarückstände in Konzentrationen deutlich über der gesetzlich zugelassenen Höchstmenge. Ausgerechnet diese Garnelenproben waren mit dem Logo des ASC vermarktet worden - ein klarer Widerspruch zu den Vorgaben des ASC-Standards für Garnelen. Auffällig waren auch zwei weitere Garnelenproben, die Mehrfachrückstände mit bis zu vier verschiedenen Antibiotikawirkstoffen aufwiesen, alle unterhalb des jeweiligen zulässigen Grenzwertes.

 

Schale mit verschiedenen Garnelen auf Crushed Ice.

Abbildung 1: Garnelen auf Eis

  

Wie kommt es zu Antibiotikarückständen in Garnelen?

Die Nachfrage nach Garnelen ist weltweit sehr hoch. Die drei größten Garnelenimporteure sind die Europäische Union gefolgt von den USA und Japan. Gemäß des aktuellen Marktberichts der Welternährungsorganisation FAO importierte die EU allein 2017 mehr als 780.000 t Garnelen. Der Wildfang von Garnelen reicht bei weitem nicht aus, um diese enorme Nachfrage zu befriedigen. Etwa 75% der in der EU konsumierten Garnelen stammen aus Nicht-EU-Ländern, v.a. aus China, süd- und südostasiatischen Ländern. Ein Großteil der Garnelen wird in Shrimps-Farmen produziert. Intensive Aquakultur mit hohen Besatzdichten bedingt eine höhere Krankheitsanfälligkeit der Tiere. Dadurch wird der vermehrte Einsatz von Antibiotika notwendig. Neben zugelassenen Antibiotika (z. B. Tetracycline, Penicilline) werden auch immer wieder verbotene oder unzulässige Wirkstoffe wie Chloramphenicol, Nitrofurane oder Triphenylmethanfarbstoffe eingesetzt.
 

Garnelenprojekt 2017 am CVUA Karlsruhe

Seit dem Jahr 2014 untersucht das CVUA Karlsruhe Garnelen verstärkt auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe. (Berichte: “Nachweis von Antibiotikarückständen in Garnelen aus Asien“, „Weiterhin immer wieder Beanstandungen bei Aquakulturzeugnissen aus Asien“)

Auch 2017 lag ein Untersuchungsschwerpunkt auf Garnelen aus asiatischen Aquakulturen. Insgesamt wurden 114 Garnelen- und Garnelenerzeugnisse auf Rückstände von Tetracyclinen, Sulfonamiden, Nirofuranen und Chloramphenicol sowie Triphenylmethanfarbstoffen getestet. In acht Proben (7 %) wurden Antibiotikarückstände festgestellt. Eine detaillierte Übersicht gibt Tabelle 1.

 

Tabelle 1: Garnelenproben mit Antibiotikarückständen
Probe Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
Doxycyclin
> MRL
 
 
< MRL
 
 
 
< MRL
Oxytetracyclin
 
> MRL
 
< MRL
< MRL
< MRL
 
 
Enrofloxacin
 
 
 
 
< MRL
 
< MRL
 
Sulfamethoxazol
< MRL
 
 
< MRL
< MRL
 
 
 
Tertracyclin
 
 
 
< MRL
 
 
 
 
Chloramphenicol
 
 
< MRPL
 
 
 
 
 
ASC-Siegel
 
 
 
 
 

MRL: maximum residue limit (Rückstandshöchstmenge nach VO (EG) 470/2009)
MRPL: minimum required performance limit (Mindestleistungsgrenzen nach Entscheidung 2002/657/EG)

 

Zwei Proben (Nr. 1 und 2) enthielten Doxycyclin bzw. Oxytetracyclin in Konzentrationen deutlich über der gesetzlich zugelassenen Höchstmenge. Diese wurden vom CVUA Karlsruhe beanstandet. In einer Probe (Nr. 3) wurde Chloramphenicol in Spuren nachgewiesen. Chloramphenicol ist ein bakteriostatisch wirkendes Antibiotikum mit relativ breitem Wirkungsspektrum. Es steht im Verdacht genotoxisch zu wirken und kann beim Menschen in seltenen Fällen zu einer aplastischen Anämie führen, einer speziellen Form der Blutarmut. Daher darf Chloramphenicol nicht zur Behandlung von Garnelen verabreicht werden. Allerdings lag der festgestellte Gehalt noch unter dem Eingreifwert (MRPL Miniumum required limit) für Erzeugnissen, die aus Ländern außerhalb der EU eingeführt werden,  (Entscheidung 2005/34/EG), so dass die Probe in der EU verkehrsfähig ist.

 

Antibiotikarückstände in Garnelenproben mit ASC-Siegel

Die beiden Garnelenproben (Nr. 1 und 2), die Antibiotikarückstände deutlich oberhalb des zulässigen Rückstandhöchstgehalts enthielten, waren ASC-zertifiziert, d.h. auf der Verpackung war das ASC-Logo aufgedruckt. (siehe Abb. 2.) Bei beiden Proben wurde explizit damit geworben, dass die Garnelen nach den Prinzipien des ASC, des „Aquaculture Stewardship Council“ aufgezogen wurden. Gemäß des ASC-Standards für Garnelen ist der Einsatz von Antibiotika in ASC-zertifizierten Farmen zulässig, jedoch dürfen Garnelen, die mit Antibiotika behandelt wurden, nicht unter dem Logo des ASC vermarktet werden. Die Vermarktung dieser Garnelen unter dem ASC-Logo ist somit als irreführend (i.S. des Art. 7 (1) a) der VO (EU) 1169/2011) zu bewerten. Ein Verbraucher, der sich für Garnelen mit ASC-Logo entscheidet, erwartet, dass diese keine Rückstände von Antibiotika enthalten. In einer weiteren Garnelenprobe mit ASC-Siegel (Nr. 5) wurde das Antibiotikum Oxytetracyclin knapp unterhalb der zulässigen Rückstandshöchstmenge nachgewiesen.

  

ASC: Aquaculture Stewardship Council (ASC)

Das ASC-Gütesiegel setzt Standards für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Fisch- und Meeresfrüchteproduktion in Aquakultur und ist das Pendant zum MSC-Siegel für Meeresfischfang. Die Organisation ASC wurde 2010 als unabhängige, nicht-kommerzielle Organisation ins Leben gerufen mit der Aufgabe, Standards für Aquakulturerzeugnisse zu entwickeln und zu betreiben. Wegebereiter für die Gründung war ein von der WWF initiierter Dialog verschiedenster Interessensvertreter wie Fischzüchtern und Umweltexperten für umweltgerechtere Aquakulturen. 2012 wurden die ersten Farmen zertifiziert. Aktuell gibt es acht ASC-Standards für 12 Arten, darunter auch Garnelen. Die Standards enthalten beispielsweise Vorgaben zur Wasserqualität, der Rückverfolgbarkeit des Fischfutters, dem Standort der Aquakulturen und dem Einsatz von Antibiotika. Auf der Internetseite des ASC sind die Standards des ASC für den Verbraucher zugänglich.

 

ASC-Logo mit ASC-Begleittext.

Abbildung 2: ASC-Logo mit ASC-Begleittext

 

Antibiotika-Mehrfachbefunde

Für zwei der untersuchten Garnelenproben (Nr. 4 und Nr. 5) ergab sich ein ungewöhnliches Bild: Diese Proben enthielten gleich mehrere Antibiotika in geringen Mengen jeweils unterhalb des entsprechenden zulässigen Grenzwertes. Nach den Erfahrungen des CVUA Karlsruhe ist die Behandlung von Garnelen während der Aufzucht mit drei oder sogar vier verschiedenen Antibiotikawirkstoffen nicht üblich. Bei der chemisch-physikalischen Untersuchung der Garnelenproben geht das CVUA Karlsruhe grundsätzlich so vor, dass zunächst die Gesamtprobe homogenisiert wird und das Homogenisat für die weiteren Untersuchungen eingesetzt wird. Es ist denkbar, dass in den vorliegenden Fällen Garnelen aus unterschiedlichen Aufzuchten und damit auch mit unterschiedlichen Antibiotikarückständen zusammengeführt wurden. Dies würde aber bedeuten, dass bei den einzelnen Populationen gegebenenfalls vorhandene Rückstände zu niedrigeren Gehalten in der Gesamtprobe führen würden. Die zwei Garnelenproben entsprechen zwar den rechtlichen Anforderungen, es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass für einzelne Garnelen der Packung die festgelegten Rückstandshöchstmengen überschritten werden und für die Herstellung der Proben Garnelen verwendet wurden, die die gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten haben.

 

Fazit und Ausblick

Aufgrund der relativ hohen Zahl an Rückstandsbefunden bei Garnelen aus asiatischer Aquakultur für das Berichtsjahr wird das CVUA Karlsruhe auch im nächsten Jahr diese Produkte verstärkt auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe untersuchen. Ein Schwerpunkt wird dabei zusätzlich auf der Untersuchung von asiatischen Garnelen mit Bio-Siegeln liegen.

 

Weitere Informationen

Internetseite CVUA KA Abt.3 PWS

 

 

Artikel erstmals erschienen am 30.10.2018