Pyrrolizidin- und Tropanalkaloide in Kräutertees

Dr. Winfried Ruge (CVUA Karlsruhe), Thomas Kapp (CVUA Stuttgart)

 

Die Gehalte an Pyrrolizidinalkaloiden waren 2016 rückläufig – sind nun Tropanalkaloide die nächste Gefahrenquelle im Kräutertee ?

 

Pyrrolizidinalkaloide (PA) und Tropanalkaloide (TA) sind natürlich vorkommende, aber gesundheitlich bedenkliche Pflanzeninhaltsstoffe. Auch wenn sich bei den PA-Gehalten eine Verbesserung der Belastungssituation andeutet, werden immer noch teilweise toxikologisch bedenkliche Mengen dieser Pflanzengifte im Kräutertee gefunden.

 

Pyrrolizidinalkaloide –Trend 2016

Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind natürliche Pflanzeninhaltsstoffe, die von einer Vielzahl weltweit vorkommender Pflanzenarten zum Schutz vor Fraßfeinden gebildet werden. Das Vorkommen von PA in Pflanzen variiert stark nach Pflanzenart, Pflanzenteil und wird auch von weiteren Faktoren wie zum Beispiel Klima und Bodenbeschaffenheit beeinflusst. Aufgrund ihres gesundheitsschädigenden Potenzials sind insbesondere 1,2-ungesättigte PA in Lebens- und Futtermitteln gesundheitlich bedenklich. In hoher Dosierung können sie zu akuten Leberschädigungen führen. Im Tierversuch haben sich bestimmte PA als genotoxische Kanzerogene erwiesen, wie die Stellungnahme 018/2013 des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) vom 05.07.2013 beschreibt.

 

In Deutschland oder in der EU gibt es nach wie vor keine verbindlichen Grenzwerte für die Summe an PA oder einzelne PA. Zur Beurteilung muss  daher nach wie vor die o. g. Stellungnahme des BfR herangezogen hat werden. Das BfR empfiehlt, dass eine Tageszufuhr von 0,007 µg PA/kg Körpergewicht möglichst nicht überschritten werden sollte. Bereits im Jahr 2015 wurde an den CVUAs Stuttgart und Karlsruhe 104 Kräuterteeproben auf Pyrrolizidinalkaloide untersucht (siehe https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=2&Thema_ID=2&ID=2286&Pdf=No&lang=DE). Im Jahr  2016 wurden erneut 56 Kräuterteeproben erhoben, diesmal hauptsächlich Fenchel, Kamille, Pfefferminze, Rooibos (als „Monodroge“ bzw. als Hauptbestandteil), sowie Hagebutte bzw. Hagebutte/Hibiskus und Kräutertee-Mischungen. Die Untersuchungs-Ergebnisse 2015 und 2016 sind in der Tabelle zusammengefasst und gegenübergestellt.

  

 

Bei 6 der 104 Proben, die im Jahr 2015 untersucht wurden, war die maximal empfohlene Tageszufuhr an PA für Erwachsene bereits mit einer Tasse Tee ausgeschöpft oder überschritten. In 2016 war dies bei 3 von insgesamt 56 Proben der Fall. Das heißt, es gibt nach wie vor ca. 5 % "Ausreißer" mit sehr hohen Gehalten.

 

Der Durchschnittsgehalt an PA scheint sich dagegen nach unten zu entwickeln. 2015 lag der PA-Mittelwert aller untersuchten Proben noch bei 226 µg/kg, also beim täglichen Verzehr einer Tasse Kräutertee bereits über der maximal empfohlenen Aufnahme. 2016 sank dieser Mittelwert auf 82 µg/kg, d. h auch bei 2 Tassen täglich wäre der Erwachsene, rein auf den Kräutertee bezogen, noch im grünen Bereich.

 

Auch bei den für Kinder besonders relevanten Fencheltees (auch in Mischung mit Anis und Kümmel) hat sich der PA-Mittelwert von 20 µg/kg auf 7 µg/kg erniedrigt und die Gehalte in allen 11 untersuchten Fencheltees lagen unter 50 µg/kg. Noch positiver ist die Situation bei Hagebutte bzw. der beliebten Mischung Hagebutte/Hibiskus. In 5 Proben waren keine PA nachweisbar, und die Gehalte in den anderen 4 Tees lagen unter 20 µg/kg.

 

 

 

Tropanalkaloide: Die nächste Gefahrenquelle im Kräutertee?

Die bekanntesten Tropanalkaloide (TA) sind Atropin, Scopolamin und Hyoscyamin, die z. B. in Bilsenkraut, Stechapfel oder Tollkirsche enthalten sind. Tropanalkaloide sind zwar nicht krebserregend, jedoch stark giftig.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat 2013 für die Summe dieser TA eine akute Referenzdosis (ARfD) als gesundheitsbezogenen Richtwert in Höhe von 0,016 µg/kg Körpergewicht (KG) abgeleitet. Dieser beruht auf einem NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) von 0,16 µg/kg Körpergewicht für die Summe und einem Sicherheitsfaktor von 10 für individuelle Unterschiede bei der Empfindlichkeit gegenüber diesen Giftstoffen. Verbindliche Grenzwerte für Kräutertee gibt es in Deutschland oder in der EU auch für Tropanalkaloide nicht. In 51 der 56 im Jahr 2016 untersuchten Kräuterteeproben war Atropin nicht nachweisbar (< 15µg/kg). 4 Proben enthielten geringere Gehalte an Atropin (16 bis 70 µg/kg). Allerdings zeigte sich eine Kräuterteemischung als Ausreißer mit ungewöhnlich hohen Gehalten an Atropin (113 µg/kg) und Scopolamin (295 µg/kg).

 

 

Fazit

Insgesamt sieht es so aus, dass sich die Situation der Belastung von Kräutertees mit PA verbessert hat, dass aber immer noch "Ausreißer" mit sehr hohen Gehalten auf den Markt kommen. Auch bei Tropanalkaloiden sind einzelne "Ausreißer" möglich. Dass eine weitere Reduzierung der Gehalte möglich sein sollte zeigen die 42 % der Kräutertee-Proben die entweder überhaupt keine PA&TA bzw. nur PA-Gehalte unter 20 µg/kg enthielten. Bei allen untersuchten Sorten gibt es solche Produkte.

 

Dazu sind allerdings weitere Anstrengungen beim "Unkrautmanagement" im Anbau erforderlich,  d. h. eine verstärkte Kontrolle während des Anbaus und insbesondere vor der Ernte. Ergänzend sind auch verstärkte Kontrollen durch die Lebensmittelunternehmer bei der Rohware auf PA und eventuell auch auf TA notwendig, um unerwünschte Kontaminanten  zu reduzieren.

 

Quellen und weitere Informationen:

 

  • EFSA (EFSA Journal 2013;11(10):3386): Scientific Opinion on Tropane alkaloids in food and feed
  • BfR Stellungnahme 035/2014: Hohe Tropanalkaloidgehalte in Getreideprodukten: Bei Menschen mit Herzproblemen sind gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich vom 13.11.2013
  • BfR-Stellungnahme 018/2013: Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertees und Tees vom 05.07.2013
  • 16. BfR-Forum Verbraucherschutz: „Pyrrolizidinalkaloide - Herausforderungen an Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ vom 3. und 4.12.2015
  • "Tropanalkaloide" und "Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertee" im Jahresbericht der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg für das Jahr 2015 - Gesamtbericht vom 27.07.2016
  • EFSA External Scientific Report 2016: EN-1140 Occurrence of tropane alkaloids in food
  • Monitoring 2015, BVL-Report 11.3 Projekt 02: Pyrrolizidinalkaloide in Tee und teeähnlichen Erzeugnissen, BfR 2016

 

 

Infokasten

Was bedeuten diese Gehalte?

Aus der vom BfR empfohlenen maximalen Tageszufuhr von 0,007 µg PA/kg Körpergewicht ergeben sich folgende noch tolerierbare Maximalgehalte an PA in der Teedroge, wenn man eine durchschnittliche Menge von 2 g Teedroge pro Tasse und einen Genuss von maximal einer Tasse pro Tag ansetzt:

 

Für einen 60 kg schweren Erwachsenen:          200 µg/kg Teedroge

Für ein 15 kg schweres Kind:                                  50 µg/kg Teedroge

 

 

Artikel erstmals erschienen am 25.04.2017