Food Fraud – Neue Methode zum Nachweis von Verfälschungen bei Spirituosen mittels NMR

Thomas Hausler, Thomas Kuballa, Dirk Lachenmeier

 

Um Lebensmittelverfälschungen bei Spirituosen auf die Spur zu kommen, wird am CVUA Karlsruhe auf die Methode der Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) zurückgegriffen. Umetikettierung, Verdünnung oder das Beimengen gesundheitsschädlicher Substanzen können so eindeutig und verlässlich erkannt werden. Die NMR ist mit einem geringen Probenpräparationsaufwand verbunden und die Messung wird vollautomatisch durchgeführt, sodass ein hoher Probendurchsatz gewährleistet ist.

 

Laborfoto.

 

 

Die Bekämpfung von Lebensmittelfälschungen – Food Fraud – spielt eine immer wichtigere Rolle in der amtlichen Lebensmittelüberwachung. So sind laut Schätzungen international bis zu 10% der im Einzelhandel verkauften Lebensmittel Fälschungen, was einem jährlichen wirtschaftlichen Schaden zwischen 10 und 15 Milliarden US-Dollar entspricht [1]. Doch nicht nur der ökonomische Schaden spielt bei Lebensmittelfälschungen eine bedeutende Rolle. Auch der Einfluss auf die Gesundheit der Konsumenten darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden wie beispielsweise die Melaminverfälschung von Milch (2008) [2] oder der Methanol-Skandal in Spirituosen (2012) [3] gezeigt haben. Im März dieses Jahres wurden durch Interpol/Europol in Europa mehrere tausend Liter illegaler und gefälschter Alkohol sichergestellt [4].

 

Um Lebensmittelfälschungen auf die Spur zu kommen steht eine Vielzahl an Untersuchungsmethoden zur Auswahl. So stellt die mit Gaschromatographie oder Flüssigchromatographie gekoppelte Massenspektrometrie eine analytische Methode mit hervorragender Sensitivität da [5], die Probenvorbereitung und Messung ist jedoch zeitintensiv und teuer, sodass ein hoher Probendurchsatz nur schwer zu realisieren ist. Die Infrarot-Spektroskopie stellt im Hinblick auf das Zeitmanagement eine vielversprechende Alternative da und wird bereits erfolgreich in der Lebensmitteluntersuchung eingesetzt [6]. Die Aussagekraft ist jedoch im Vergleich zur Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) aufgrund der geringeren spektralen Auflösung nur eingeschränkt.

 

Die NMR-Spektroskopie, eine stabile, schnelle und kostengünstige Untersuchungsmethode, wird im Hinblick auf die Bekämpfung von Lebensmittelfälschungen bis jetzt nur selten genannt [7]. Die breite Anwendbarkeit in der amtlichen Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetika und Arzneimitteln konnte inzwischen sehr gut belegt werden [8]. Um effektiv gegen Lebensmittelbetrug vorgehen zu können, sind ständige Kontrollen, eine hohe Anzahl an Probenentnahmen und eine schnelle und zuverlässige Untersuchungsmethode unabdingbar. Anforderungen, die die NMR-Spektroskopie auch bei einer automatisierten Untersuchung von Verfälschungen bei Spirituosen erfüllt. 

 

Infokasten

In der NMR-Spektroskopie liefert jedes Molekül, abhängig von seiner chemischen Beschaffenheit, ein charakteristisches Signalmuster im Spektrum. Die Intensität des Signals ist hierbei unter anderem abhängig von der Quantität des Moleküls in der Lösung. Durch diesen Sachverhalt wird für jede Art von Spirituose ein individuelles Spektrum (sog. Fingerprint) erhalten, welches somit eindeutig mit der Rezeptur und der „Marke“ verbunden ist. Durch den spektralen Vergleich einer Probe mit einer Referenzprobe, welche in einer Datenbank hinterlegt werden kann, lässt sich auf die Echtheit der zu untersuchenden Spirituose schließen (siehe Abbildung 1).

 

Auf diesem Wege lassen sich viele Arten von Lebensmittelverfälschungen, wie Umetikettieren von minderwertigen Produkten, Verdünnung von Spirituosen oder die Beimengung von nicht zugelassenen Bestandteilen [9], schnell und zuverlässig aufklären. Gleichzeitig können aus einer Messung heraus nicht konforme Bestandteile wie etwa Methanol [10] eindeutig identifiziert und quantifiziert werden.

 

Abbildung 1: Grafik spektraler Vergleichsuntersuchungen.

 

Abbildung 1: Spektraler Vergleich einer Weinbrandprobe mit einer Probe identischer Marke (1) und spektraler Vergleich einer Weinbrandprobe mit einer Probe einer unterschiedlichen Marke (2). Durch die Betrachtung des kompletten spektralen Bereichs sind nur wenige Unterschiede zu erkennen (siehe 1a bzw. 2a). Erst durch die Vergrößerung auf einzelne Bereiche (siehe 1b und c bzw. 2b und c) ist ein offensichtlicher Unterschied zwischen den beiden Marken zu erkennen. Die Abweichungen der beiden Proben der identischen Marke können durch natürliche Schwankungen erklärt werden. Die Betrachtung des Korrelationsfaktors (R²) zeigt den eindeutigen Unterschied beider Marken.

 

Die NMR-Spektroskopie ist mit einem geringen Probenpräparationsaufwand und einer geringen Messzeit verbunden [11]. So lässt sich diese Methode einfach in eine Routineuntersuchung implementieren und der Kalibrieraufwand gegenüber der IR-Spektroskopie ist deutlich weniger aufwändig [12], sodass für einen Vergleich einzig ein Referenzspektrum aus einer zuvor angelegten Datenbank und ein Probenspektrum benötigt werden.

 

[1] http://fas.org/biosecurity/education/dualuse-agriculture/1.-agroterrorism-and-foodsafety/economically-motivated-adulteration.html

[2] Lachenmeier D.W. et al., NMR-Spectroscopy for Nontargeted Screening and Simultaneous Quantification of Health-Relevant Compounds in Foods: The Example of Melamine, J. Agric. Food Chem., 2009, 57, 7194–7199.

[3] http://www.spiegel.de/panorama/methanol-skandal-in-tschechien-gepanschter-alkohol-fordert-weiter-tote-a-890478.html

[4] https://www.europol.europa.eu/content/largest-ever-seizures-fake-food-and-drink-interpol-europol-operation

[5] Ellis D.I. et al., Fingerprinting food: current technologies for the detection of food adulteration and contamination, Chem. Soc. Rev., 2012, 41, 5706 – 5727

[6] Lachenmeier D.W., Rapid quality control of spirit drinks and beer using multivariate data analysis of Fourier transform infrared spectra. Food Chemistry, 2007, 101 (2), 825-832

[7] Moore, J. C., Spink, J. and Lipp, M., Development and Application of a Database of Food Ingredient Fraud and Economically Motivated Adulteration from 1980 to 2010. Journal of Food Science, 2012, 77, R118–R126

[8] Kuballa T., Monakhova Y.B., Straub I., Kohl-Himmelseher M., Tschiersch C., Lachenmeier D.W., Kernresonanzspektroskopie (NMR) und Chemometrie in der amtlichen Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetika und Arzneimitteln. Lebensmittelchemie, 2012, 66, 135-138

[9] http://foodfraud.msu.edu/wp-content/uploads/2014/07/food-fraud-ffg-backgrounder-v11-Final.pdf

[10] http://www.dailymail.co.uk/news/article-2686696/Flooding-shops-fake-vodka-lethal-toxins-Investigation-finds-counterfeits-contain-chemicals-including-chloroform-methylated-spirits.html
[11] Monakhova Y.B., Kuballa T., Lachenmeier D.W., Nontargeted NMR Analysis to rapidly detect Hazardous Substances in Alcoholic Beverages, Applied Magnetic Resonance, 2012, 42, 343-352
[12] http://www.foodqualityandsafety.com/article/fingerprinting-food-augmenting-existing-near-infrared-technology-to-fight-dairy-adulteration/

 

 

Artikel erstmals erschienen am 18.07.2016