Keine Suchtgefahr durch Mohnbrötchen !

C. Sproll

 

Beim Verzehr großer Mengen rohen und unbehandelten Mohns ist eine gewisse Vorsicht angebracht, vor allem, wenn der Mohn aus unbekannten Quellen stammt. Auf sein Mohnbrötchen muss jedoch keiner verzichten, wie z.T. in der Presse berichtet wird. Eine Suchtgefahr geht von verarbeiteten Lebensmitteln mit Mohn, wie Mohnkuchen und Mohnbrötchen auf keinen Fall aus.

Mohnsaat wird aus der Schlafmohnpflanze (Papaver somniferum). Alle grünen Teile der Pflanze enthalten einen Milchsaft der je nach Sorte Inhaltsstoffe mit "betäubender" Wirkung enthalten kann. Diese Inhaltstoffe nennt man Opiate. Der Hauptwirkstoff ist das Morphin. Die Mohnsaat, der Samen in der Kapsel der Pflanze ist jedoch morphinfrei und daher unbedenklich und wird wegen seines guten Geschmacks gerne z.B. zur Dekoration von Backwaren wie Mohnbrötchen verwendet.
Mohnsaat wird in Europa nur aus morphinarmen Mohnsorten gewonnen. In Anbauländern wie z.B. Polen, Österreich, Dänemark und der Türkei stehen zahlreiche morphinarme Mohnsorten für den Anbau zur Verfügung, die nur vernachlässigbare Spuren an Opiaten wie Morphin, Codein u.a. enthalten. Diese Mohnsorten werden im europäischen Raum seit Jahrhunderten züchterisch auf niedrige Opiatgehalte und hohe Mohnsaatausbeuten optimiert. Auch in Deutschland ist der Mohnanbau möglich, muss aber von der Bundesopiumstelle genehmigt werden, damit sichergestellt ist, dass nur unbedenkliche Sorten wie z.B. Przemko oder Mieszko angebaut werden.
In anderen Ländern, wie z.B. Australien werden Mohnpflanzen jedoch gezielt für die Pharmaindustrie, also für die Rohopiumgewinnung angebaut. Mohnsaat, die aus solchen Quellen stammt, ist für die Verwendung als Lebensmittel ungeeignet, da sie, von Haus aus zwar opiatfrei, im Verlauf der Ernte mit den opiatreichen Teilen der übrigen Pflanze verunreinigt wird. Vom Verzehr von Mohnsaat, die z.B. während des Urlaubs auf einem Markt als offene Ware mit unbekannter Herkunft eingekauft wurde ist daher grundsätzlich abzuraten.
Durch die Bekanntmachung eines vorläufigen Richtwert für den Morphingehalt in Mohn im Februar 2006 durch das Bundesinstitut für Risikoabschätzung (BfR) und dessen Kontrolle durch die Lebensmittelüberwachung wurde der Import von Mohnsaat nach Deutschland, die als Lebensmittel ungeeignet ist, unterbunden. Zuvor war australische Mohnsaat, obwohl sie auch in ihren geschmacklichen Eigenschaften nicht den Anforderungen des Verbrauchers entspricht aus Kostengründen und ohne Kontrolle des Morphingehaltes nach Deutschland importiert worden.
Von einer Suchtgefahr oder einer Drogenwirkung durch verarbeitete Lebensmittel mit Mohn konnte jedoch zu keinem Zeitpunkt gesprochen werden, da durch das Mahlen und Erhitzen von Mohnsaat im Zuge der Lebensmittelherstellung die Opiatgehalte von Mohn abgebaut werden und außerdem für eine Sucht- oder Drogenwirkung ganze andere Mengen aufgenommen werden müssen, als dies beim Genuss von Lebensmitteln möglich wäre [1], [2], [3], [4].


Literatur:

[1] Foley KM (1985) The Treatment of Cancer and Pain. N Engl J Med 313:84-95
[2] Jage J (1991) Medikamente gegen Krebsschmerzen. Wirkungen und Nebenwirkungen. Edition Medizin/VCH-Verlag, Weinheim
[3] Vorderholzer U, Hornyka M, Riemann D, Backhaus J, Hohagen F (1997) „Opiate positiv" im Drogenscreening-Test des Urins nach Genuss von Mohnkuchen. Nervenarzt 68:926
[4] Andresen H, Schmoldt A (2004) Führt der Verzehr von Mohnsamen zu positiven Opiatbefunden in Urin, Blut und Haaren? Blutalkohol 41/2004:191-202
[5] Sproll C (2005) Kein Rausch durch Mohnkuchen. CLB Chemie in Labor und Biotechnik 56: 348-352
[6] Sproll C, Perz RC, Lachenmeier DW (2006) Optimized LC/MS/MS Analysis of Morphin and Codein in Poppy Seed and Evaluation of Their Fate during Food Processing as a Basis for Risk Analysis. J. Agric. Food Chem. (im Druck)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 19.02.2009