Quantitative Analyse von Sudanfarbstoffen mittels HPLC-DAD und HPLC-MS/MS in unterschiedlichen Lebensmittelmatrices

C. Sproll

 

Nach ersten Warnmeldungen im Jahr 2003 aus Frankreich betreffend des Nachweises des nicht für Lebensmittel zugelassenen künstlichen Farbstoffes Sudan 1 in Chiligewürz folgten bald weitere Meldungen über den Nachweis von Sudan 2 bis 4. Am CVUA Karlsruhe wurde eine robuste Messmethode zur Quantifizierung verschiedener Sudanfarbstoffe etabliert.

Als Folge des offensichtlich recht hohen Marktanteils von Gewürzen, die zur Farbverbesserung mit künstlichen Farbstoffen versetzt waren (s. Jahresbericht 2003, Abschnitt 2.26), wurden die genannten Farbstoffe bald nicht nur in Gewürzen, sondern auch weiterverarbeiteten Produkten, wie Gewürz-Soßen und Palmöl nachgewiesen. Teig- und Wurstwaren, mit Gewürzen versetzte Öle und Palmöl wurden daraufhin ebenfalls einer verstärkten Überwachung unterzogen.
Dies machte die Entwicklung einer robusten Universalmethode zur Bestimmung von fettlöslichen Farbstoffen in sehr unterschiedlichen Lebensmittel-Matrices erforderlich. Der gleichzeitig mit der ersten Warnmeldung übermittelte Methodenvorschlag für die Probenaufarbeitung und Messung mittels HPLC-DAD und HPLC-MS zeigte bereits bei der Analyse von Sudan 1 Schwachstellen und erwies sich für die Messung weiterer Sudanfarbstoffe wie Sudan?4 als stark optimierungsbedürftig. Anfänglich vorgeschlagene Proben-Extraktionsmittel wie Acetonitril (Frankreich) bzw. Methanol (Großbritannien) erwiesen sich schnell als ungeeignet zur quantitativen Extraktion der unpolareren fettlöslichen Farbstoffe wie Sudan 4. Nachdem sich bereits die etwas polarere Substanz Sudan 1 in Acetonitril nur leidlich, in Methanol nur mäßig gut löst, wurde die Extraktion mit einer Extraktionsmischung aus Acetonitril/Aceton (9:1) durchgeführt. Dadurch konnte auf das ebenfalls vorgeschlagene, toxikologisch ungünstigere Chloroform verzichtet werden.

Kalibrierkurven der LC-MS/MS (ESI+) Messung bei Verwendung von Acetonitril im Elutionsmittel

 

Abb. 1: Kalibrierkurven der LC-MS/MS (ESI+) Messung bei Verwendung von Acetonitril im Elutionsmittel


Die Etablierung einer HPLC-Methode mit DAD-Detektion erwies sich als relativ unproblematisch. Unbefriedigend war, dass Matrixstörungen durch Probenbegleitstoffe häufig die eindeutige Identifizierung und Zuordnung unsicher machten und auch bei Proben mit kleinen Gehalten mittels DAD-Detektion keine ausreichend eindeutigen Spektren erhalten werden konnten. Wegen der großen wirtschaftlichen Tragweite positiver Befunde für Herstellerbetriebe war eine Absicherung über HPLC-MS/MS deshalb unumgänglich. Die Etablierung der HPLC-MS/MS-Methode erwies sich als nicht unproblematisch. Bei Verwendung von Acetonitril/Wasser als Elutionsmittel waren schlecht reproduzierbare, nicht lineare Kalbriergeraden (siehe Abb. 1) die Folge, was nur einen sehr engen Messbereich zuließ und die Quantifizierung erschwerte. Daher erfolgte anfänglich lediglich die Absicherung der Anwesenheit des betreffenden Farbstoffs über die Masse und das Fragmentierungsmuster.
Bereits die Umstellung auf Methanol/Wasser als Eluent ergab eine erhebliche Verbesserung der Kalibrierkurven (siehe Abb. 2). Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass die schlechte Löslichkeit der Sudan-Farbstoffe in Methanol bei der Tröpfchenbildung bei der Vernebelung des Eluenten im Verlauf der Elektro-Spray-Ionisierung (ESI) zu einer Anreicherung des Analyten an der Tröpfchenoberfläche und damit zu einer effektiveren Ionisierung führt.
Weitere Probleme ergaben sich für die Quantifizierung von Sudanfarbstoffen in Palmöl. Die parallele Messung von Proben mittels HPLC-DAD und HPLC/MS/MS ergab für Palmöle bei etwa 50% der Proben falsch positive Befunde von bis zum vierfachen des tatsächlichen Gehaltes. Die Vergleichsmessungen bei Gewürzproben, Gewürzmischungen und Gewürzsoßen stimmten dagegen unter Berücksichtigung der anfänglichen Schwierigkeiten bei der HPLC/MS/MS-Messung gut mit den mittels HPLC-DAD ermittelten Gehalten überein (siehe Tabelle 1 Spalte 1 und 2).

 

Kalibrierkurven der LC-MS/MS-(ESI+)-Messung bei Verwendung von Methanol im Elutionsmittel

 

Abb. 2: Kalibrierkurven der LC-MS/MS-(ESI+)-Messung bei Verwendung von Methanol im Elutionsmittel


Die Signalsuppression durch Anwesenheit von Matrixbestandteilen wie z.B. Salzen oder Tensiden sind ein bekanntes Problem bei der LC-MS-Messung, weniger gut bekannt sind Effekte die zu einer Signalverstärkung durch Matrixbestandteile führen. Im vorliegenden Fall wirkten in der Messlösung vorhandene Fette, die chromatographisch nicht abgetrennt wurden als Modifier, die als „Schlepper-Moleküle" eine Anreicherung des Analyten an der Tröpfchenoberfläche und damit eine Verbesserung der Ionisierung bewirkten. Da keine deuterierten Referenzsubstanzen zur Verfügung standen, eine Matrixkalibrierung oder die Messung mittels Standardadditionsverfahren zu einem höheren Analysenaufwand geführt hätte, wurde die Ionisierungstechnik von ESI auf APCI (Atmospheric Pressure Chemical Ionisation) umgestellt. Beide Ionisierungstechniken unterscheiden sich grundlegend in der Art der Ionenbildung. Bei der ESI wird durch das Versprühen des von der HPLC-Anlage gelieferten Eluentenstroms in einem Hochspannungsfeld ein feiner Nebel geladener Tröpfchen erzeugt. Unterstützt wird die Ionenbildung durch Zusatz geringer Konzentrationen schwacher Säuren wie Ameisensäure oder Essigsäure zum Eluenten. Aus den geladenen Tröpfchen werden durch Trocknung und nachfolgenden Coulomb-Explosionen Ionen unter Atmosphären-Druck erzeugt, die im weiteren, auch nach Fragmentierung, massenspektroskopisch untersucht werden können (MS/MS). Bei der APCI hingegen wird der Eluentenstrom zunächst bei hoher Temperatur verdampft, nach Passieren einer Korona-Entladungzone an der APCI-Nadel wirken ionisierte Lösungsmittelmoleküle als Reaktandgas, die den Analyten ionisieren.
Durch die Wahl von APCI als Ionisierungstechnik konnte der oben beschriebene Effekt der Signalverstärkung durch miteluierende Probenbegleitstoffe verhindert werden. Die so erhaltenen Messwerte zeigten bei Palmölen sehr gute Übereinstimmung mit den Messergebnissen für die HPLC-DAD-Messung (siehe Tabelle 1 Spalte 2 und 3).

Tab. 1: Sudan 4 in Palmöl, Gehalte in mg/100g Probe
ProbeESIDADAPCI
Palmöl 14,30,90,9
Palmöl 23,01,31,3
Palmöl 32,20,70,7
Palmöl 44,03,43,6
Palmöl 54,03,43,6
Palmöl 62,32,52,5
Palmöl 72,62,93,0
Palmöl 82,52,22,3
Palmöl 92,12,12,1
Hackfleisch-Gewürz 11,91,8-
Hackfleisch-Gewürz 233,525,9-
Ketchup scharf *0,40,5-
Paprika-Gewürz29,119,4-
Pul Biber ** 133,931,4-
Pul Biber 228,726,3-
Pul Biber 332,423,4-
Pul Biber 417,519,6-
Pul Biber 532,427,8-
* Sudan 4 zugesetzt (Widerfindungsversuch)   
** türkische Gewürzmischung mit Chilli   


Eine weitere Schwierigkeit bestand darin, dass Sudan 4 und Sudan B als Stellungsisomere (unterschiedliche Ausrichtung einer Methylgruppe am aromatischen Ring) chromatographisch zunächst nicht voneinander getrennt werden konnten. Zur Unterscheidung beider Substanzen stand lediglich eine Farbreaktion beim DC-Screening zur Verfügung. Nach Testen von verschiedenen RP18-Phasen mit unterschiedlicher Selektivität (siehe Tabelle 2) konnte mit der Aqua/Phenomenex (RP18-Phase mit polarem endcapping) ein Säulenmaterial gefunden werden, mit dem eine sichere chromatographische Differenzierung von Sudan 4 und Sudan B möglich wurde.

 

Tab. 2: Vergleich HPLC-Säulen
BezeichnungHerstellerEigenschaften
AquaPhenomenexRP18, polares endcapping
LunaPhenomenexRP18
Superspher-RPVWRRP18
Synergi Polar_RPPhenomenexRP18, Ether linked phenyl Column, polares Endcapping
Zorbax Bonus RPAgilentRP18, polar embedded groups, tripple endcapped
Synergi Max RPPhenomenexRP12

 

Durch weitere Optimierung der angelegten Kapillarenspannung und tunen auf jedes einzelne Molekularion konnte zudem die Empfindlichkeit der Messung erheblich verbessert werden (siehe Tabelle 3). Die Gegenüberstellung zeigt deutlich, dass entgegen den üblicherweise lautenden Empfehlungen eine erneute Optimierung des Tunefiles nach Umstellung von ESI auf APCI durchaus lohnenswert sein kann.

 

Tab. 3: Vergleich der Signalstärken
FragmentESI (optimierter Tunefile)APCI (ESI-Tunefile)APCI (nach Optimieren)
Sudan1 m/z 93659784529
Sudan1 m/z 156155n.a.n.a.
Sudan1 m/z 12842791886
Sudan1 m/z 2325152153632
Sudan4 m/z 91229220679
Sudan4 m/z 225682336511
Sudan4 m/z 2762693551122

 

Messbedingungen HPLC-DAD

Gerät: HPLC-Anlage von Agilent, 1100er Baureihe, binäres Pumpensystem, automatischer Probengeber, thermostatisierbarer Säulenraum, UV-VIS-Dioden-Array-Detektor (DAD)
Trennsäule: Aqua (Phenomenex), 5µ, C18, 125 Å, 250 × 2,00 mm
Eluent A: 0,2% Essigsäure
Eluent B: Acetonitril

 

Gradient:
Zeit in minEluent A (VT)Eluent B (VT)
03070
201090
30595
400100
453070
Stop Time: 45,0 min  
Post Time: 12,0 min  

 

Fluß: 0,2 ml
Säulenraum: 40 °C
Injektion: 2 µl

Detektion und Datenaufnahme:
SignalWellenlänge, BWReferenzwellenlänge, BW
A478,8Ref 900,50
B380,8Ref 900,50
C520,8Ref 900,50

 

Messbedingungen HPLC-MS/MS

Gerät: HPLC-Anlage (Agilent), 1100er Baureihe, binäres Pumpensystem, automatischer Probengeber, thermostatisierbarer Säulenraum gekoppelt mit TSQ 7000 (Thermo Electron)
Trennsäule: Aqua (Phenomenex), 5 µ, C18, 125 Å, 150 × 2,00 mm
Eluent A: Wasser
Eluent B: Methanol

 

Gradient:
Zeit in min.Eluent A (VT)Eluent B (VT)
01585
11585
5595
20595
251585
Stop Time: 25,0 min  


Fluss: 0,3 ml
Säulenraum: 40 °C
Injektion: 10 µl
Acquire Time: 16,5 min
Number of Segments: 6
Polarity: positive
Sheath Gas: 50 psi
Auxiliary Gas: off
Source Type: APCI
Capillary Temperature: 200 °C
Vaporizer Temperature: 400 °C
Corona Discharge Current: 2 µA

Massenübergänge:
SegmentSet MassCenter MassCollision Energy
 215 25
  197,925
1 122,125
  9325
 249 25
  23225
  155,925
2 12825
  93,125
 277,2 20
  260,120
3 155,920
  12120
 353 30
  19630
4 15630
  77,230
 380 15
5 18315
 381 25
  22525
6 22425
  20925


 

 

Artikel erstmals erschienen am 19.02.2009