Jagdhund nach Infektion mit dem Virus der Aujeszky´schen Krankheit gestorben

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dres. Birgitta Polley, Valerij Akimkin, Ingo Schwabe

 

Das Virus der Aujeszky´schen Krankheit stellt in Baden-Württemberg eine ernst zu nehmende Bedrohung für Jagdhunde dar. Dies wird durch den aktuellen Todesfall bei einem Jagdhund der Rasse Kleiner Münsterländer belegt. Die tödliche Virusinfektion wurde vermutlich von einem Wildschwein auf den Jagdhund übertragen. Der Hund war zur Feststellung der Todesursache im CVUA Stuttgart untersucht worden.

 

Woran ist der Hund gestorben?

Anfang Dezember wurde im CVUA Stuttgart ein verstorbener Jagdhund der Rasse Kleiner Münsterländer aus dem Main-Tauber-Kreis zur Untersuchung und Feststellung der Todesursache eingeliefert. Der Hund war bei einer Schwarzwildjagd eingesetzt worden, die Jagd fand in einem Gebiet statt, in dem in den vergangenen Jahren gehäuft Antikörper gegen das Virus der Aujeszky´schen Krankheit in Wildschweinproben nachgewiesen wurden. Am Morgen nach der Jagd fiel der Jagdhund zuerst durch mangelnden Appetit auf. In der Folge stellten sich hohes Fieber, Atemprobleme, Herzarrhythmien, Angstzustände, Krämpfe, starkes Speicheln und ein zunehmender Verlust des Bewusstseins und der Reflexe ein. Trotz intensiver medizinischer Betreuung in einer Tierklinik verstarb der Hund 18 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome. Bei der Obduktion des Tierkörpers am CVUA Stuttgart konnten keine Veränderungen an den Organen festgestellt werden, die Hinweise auf die Krankheitsursache erbrachten. Durch die feingewebliche Untersuchung (Histopathologie) konnte jedoch eine hochgradige Entzündung der Hirnhaut und des Stammhirnes diagnostiziert werden. Insbesondere die Entzündung des Stammhirnes, eine sogenannte nicht-eitrige Hirnstammenzephalitis, stellte in Kombination mit den am lebenden Tier beobachteten Symptomen einen starken Hinweis auf das Vorliegen der Aujeszky´schen Krankheit dar (Abbildung 1).

 

Abbildung 1: Nicht-eitrige Hirnstammenzephalitis (Hämatoxylin-Eosin-Färbung; 200fache Vergrößerung).

Abbildung 1: Nicht-eitrige Hirnstammenzephalitis (Hämatoxylin-Eosin-Färbung; 200fache Vergrößerung)

 

Noch am selben Tag wurde im CVUA Stuttgart eine molekularbiologische Untersuchung des Gehirns mittels quantitativer Polymerase-Ketten-Reaktion (qPCR) durchgeführt. Dabei wurden Genomabschnitte vom Virus der Aujeszky´schen Krankheit (Suid Herpesvirus 1) nachgewiesen. Zusätzlich wurde das Probenmaterial auf Zellkulturen verbracht, die für das Virus empfänglich sind. Bereits nach wenigen Tagen zeigte sich der typische cytopathische Effekt (sichtbare Veränderungen der infizierten Zellen), den das Virus der Aujeszky´schen Krankheit auf Zellkulturen hervorruft (Abbildung 2).

 

Abbildung 2: Cytopathischer Effekt in einer Zellkultur (Abrundung der VERO-Zellen), hervorgerufen durch das Virus der Aujeszky´schen Krankheit (Nativpräparat, 200fache Vergrößerung).

Abbildung 2: Cytopathischer Effekt in einer Zellkultur (Abrundung der VERO-Zellen), hervorgerufen durch das Virus der Aujeszky´schen Krankheit (Nativpräparat, 200fache Vergrößerung)

 

Mittels der Immunfluoreszenzantikörpertechnik, bei der virusinfizierte Zellen mit Hilfe von spezifischen, fluoreszenzmarkierten Antikörpern unter dem UV-Licht-Mikroskop zum Leuchten gebracht werden, gelang ein sehr spezifischer Nachweis des Virus (Abbildung 3).

 

Abbildung 3: Zellkultur; die mit dem Virus der Aujeszky´schen Krankheit infizierten Zellen sind an der apfelgrünen Fluoreszenz zu erkennen (UV-Licht, 200fache Vergrößerung).

Abbildung 3: Zellkultur; die mit dem Virus der Aujeszky´schen Krankheit infizierten Zellen sind an der apfelgrünen Fluoreszenz zu erkennen (UV-Licht, 200fache Vergrößerung)

 

Auch im Elektronenmikroskop waren Herpesviren in der Probe zu finden (Abbildung 4).

 

Abbildung 4: Suid Herpesvirus 1, der Erreger der Aujeszky´schen Krankheit, isoliert aus dem Gehirn eines Hundes, im Transmissions-Elektronenmikroskop, 200.000fache Vergrößerung.

Abbildung 4: Suid Herpesvirus 1, der Erreger der Aujeszky´schen Krankheit, isoliert aus dem Gehirn eines Hundes, im Transmissions-Elektronenmikroskop, 200.000fache Vergrößerung

 

Was ist die Aujeszky´sche Krankheit?

Die Aujeszky´sche Krankheit wird durch eine Infektion mit dem Suid Herpesvirus 1 hervorgerufen. Wie der Name sagt, stammt dieses Virus ursprünglich vom Schwein. Erkrankte Schweine zeigen zentralnervöse Symptome wie Lähmungen und Krämpfe, bei Mastschweinen werden auch Lungenentzündungen beobachtet, in Zuchtbeständen vermehrt Aborte. Viele Schweine zeigen aber auch gar keine Symptome. Das Virus persistiert lebenslang im Tier, eine Heilung gibt es nicht. Wird das Virus vom Schwein auf andere Tiere, z.B. Hunde und Katzen, aber auch Rinder übertragen, zeigen diese Tiere Symptome ähnlich einer Tollwut, was der Krankheit auch den Namen Pseudowut (englisch. Pseudorabies) gegeben hat. Die Tiere sterben innerhalb weniger Tage. Im Jahr 1902 beschrieb erstmals der ungarische Tierarzt Aladár Aujeszky die nach ihm benannte Krankheit für Rind, Hund und Katze. Für den Menschen ist das Virus ungefährlich. Bis in die 1990iger Jahre war diese anzeigepflichtige Tierseuche in Deutschland bei Hausschweinen weit verbreitet. Mit dem Beginn der verpflichtenden flächendeckenden Impfung im Jahr 1992 konnte diese Tierseuche in der Hausschweinepopulation vollständig getilgt werden. Neu war damals, dass bei der Bekämpfung dieser Tierkrankheit zum ersten Mal ein Impfstoff eingesetzt wurde, bei dem eine serologische Unterscheidung zwischen geimpften und infizierten Schweinen möglich war.

Seit dem Jahr 2003 gilt die Hausschweinepopulation in Deutschland als frei von Aujeszky´scher Krankheit. Impfungen sind seither verboten. In der Wildschweinepopulation ist das Virus aber nach wie vor verbreitet: Seit 2014 werden im CVUA Stuttgart in Proben von Wildschweinen aus dem nördlichen Baden-Württemberg regelmäßig Antikörper gegen das Virus nachgewiesen (Nachweis von Antikörpern gegen das Virus der Aujeszky´schen Krankheit bei Wildschweinen im Norden Baden-Württembergs).

 

Diese Befunde machen deutlich, dass Wildschweine nach wie vor ein Reservoir für dieses Virus darstellen und damit auch eine Bedrohung für Hausschweine und andere Haustiere sind.

Der letzte Fall, dass ein Hund an dieser Krankheit starb, liegt in Baden-Württemberg aber bereits mehrere Jahre zurück: Im Jahr 2009 berichtete das STUA Aulendorf über einen Fall in Ravensburg (Jagdhund verstarb an Aujeszky´scher Krankheit).

Ein Jagdhund, der 2013 in Freiburg im Breisgau an Aujeszkyscher Krankheit starb, hatte sich nicht in Baden-Württemberg, sondern in Hessen infiziert (CVUA Freiburg: Aujeszky´sche Krankheit („Pseudowut”) bei einem Hund – eine wichtige Differentialdiagnose zur Tollwut).

 

Nicht nur für Jagdhunde sowie streunende Hunde und Katzen stellt das Virus der Aujeszky´schen Krankheit eine ernst zu nehmende Gefahr dar. Durch die zunehmende Freilandhaltung von Schweinen, die aus Sicht des Tierwohls sehr zu begrüßen ist, besteht auch die Gefahr, dass Hausschweine sich mit dem Virus der Aujeszky´schen Krankheit infizieren.

Die wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung der Aujeszky´schen Krankheit ist die Jagd auf Wildschweine, um die Population klein zu halten. Dies ist auch im Hinblick auf die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest von großer Bedeutung.

 

Wie kann man seine Haustiere vor der Aujeszky´schen Krankheit schützen?

Der vorliegende Fall zeigt, wie real die Gefahr ist, dass sich Haustiere mit dem Virus der Aujeszky´schen Krankheit anstecken und daran sterben. Daher wird dringend empfohlen, folgende Ratschläge zu beachten:

  • Hunde und Katzen nicht frei im Wald herumlaufen lassen
  • Jagdhunde dürfen nicht in Kontakt mit Wildschweinen kommen
  • Aufbruch tief vergraben
  • Schweinefleisch, insbesondere Wildschweinefleisch, gehört nicht in die Futterschüssel. Das gilt auch für Salami oder Schinken sowie für die artgerechte Rohfütterung von Hunden („Barfen“).

 

Infokasten

Die Aujeszky´sche Krankheit

Die Aujeszky´sche Krankheit wird durch das von Schweinen stammende Suid Herpesvirus 1 hervorgerufen und verursacht beim Hund eine tödliche Erkrankung. Vor dem Tod zeigen betroffene Hunde tollwutähnliche Symptome, was der Krankheit auch den Namen Pseudowut (engl. Pseudorabies) eingetragen hat. Auch für Rinder und Katzen ist diese Virusinfektion tödlich. Für den Menschen ist das Virus der Aujeszky´schen Krankheit ungefährlich. Bei Hausschweinen in Deutschland ist die Krankheit seit 2002 nicht mehr aufgetreten, aber bei Wildschweinen kommt das Virus immer noch vor und stellt insbesondere eine Bedrohung für Jagdhunde dar, wie der jüngste Todesfall eines Hundes aus dem nördlichen Baden-Württemberg zeigt.

Jagdhundebesitzern wird daher dringend geraten, einen Kontakt ihrer Hunde zu Wildschweinen zu vermeiden.

 

Bildernachweis

Abbildung 1: Dr. Ingo Schwabe

Abbildungen 2–4: Dr. Valerij Akimkin

 

Artikel erstmals erschienen am 31.01.2018