Hepatitis E-Virus-Antikörper in baden-württembergischen Wildschweinen

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Birgitta Polley, Martina Richter

 

Das Hepatitis E-Virus verursacht beim Menschen Erkrankungen mit Fieber, Unwohlsein und Leberentzündungen. In Deutschland sind in den letzten 15 Jahren humane Erkrankungsfälle bekannt geworden, die auch auf den Genuss von unzureichend erhitztem Wild- und Hausschweinefleisch zurückzuführen waren. Das CVUA Stuttgart wollte nun wissen, ob Antikörper gegen das Hepatitis E-Virus auch in baden-württembergischen Wildschweinen zu finden sind. Deshalb wurden Blutproben von erlegten Wildschweinen aus den Jahren 2010 bis 2014 auf Antikörper untersucht – mit interessanten Ergebnissen!

Was ist Hepatitis E?

Neben Hepatitis A, B und C ist das Hepatitis E-Virus in den letzten Jahren zunehmend als Verursacher von lebensmittelbedingten Lebererkrankungen in den Blickpunkt gerückt. Bis Anfang des Jahrtausends wurde diese Infektionskrankheit in Deutschland hauptsächlich als eine in Asien, Afrika oder Südamerika erworbene Reiseinfektion bekannt, doch seit 15 Jahren werden zunehmend Fälle beschrieben, in denen sich Menschen autochthon, d. h. mit in Deutschland heimischen Hepatitis E-Viren angesteckt haben. Die Zahl der gemeldeten Humanfälle steigt in Deutschland seit 11 Jahren stetig an, auch in Baden-Württemberg wird die Krankheit in den letzten Jahren zunehmend häufiger diagnostiziert.

 

Bild 1: Darstellung von Hepatitis E-Viren, Schwein, im Transmissionselektronenmikroskop, 200.000 x vergrößert, PTA-Negativ-Kontrastierung.

Bild 1: Darstellung von Hepatitis E-Viren, Schwein, im Transmissionselektronenmikroskop, 200.000 x vergrößert, PTA-Negativ-Kontrastierung.

 

Der Erreger der Hepatitis E ist ein nur etwa 30 nm großes, unbehülltes RNA-Virus und der einzige Vertreter der Familie der Hepeviridae. Das Virus ist in der Umwelt sehr stabil, wird aber durch die übliche Erhitzung von Lebensmitteln inaktiviert. In Ländern mit niedrigem hygienischem Standard erfolgt die Infektion meist fäkal-oral durch kontaminierte Lebensmittel und Trinkwasser, da das Virus von erkrankten Personen in großen Mengen über den Stuhl ausgeschieden wird. In Deutschland wurde in den letzten Jahren jedoch ein anderer Infektionsweg bekannt: Insbesondere Wildschweine, aber auch vereinzelt Wildwiederkäuer und Hausschweine können das Virus beherbergen und den Menschen beim Verzehr von unzureichend erhitztem Fleisch anstecken. Die Krankheit stellt hier eine klassische Zoonose dar, der Erreger wird also von Tieren auf Menschen übertragen. Nicht in jedem Fall kommt es dann auch zu einer Erkrankung; Viele Personen haben Antikörper gegen Hepatitis E, hatten also Kontakt zu dem Erreger, ohne es gemerkt zu haben. Wenn ein Mensch doch erkrankt, zeigen sich nach einer Inkubationszeit von etwa 40 Tagen Symptome wie Fieber, Oberbauchschmerzen und eine Leberentzündung mit Leberschwellung. In der Regel heilt die Erkrankung nach zwei bis fünf Wochen spontan ab, nur sehr selten (0,5 – 4 %) kommt es zu einem plötzlichen Leberversagen. Bei immungeschwächten Patienten kann die Krankheit allerdings auch chronisch verlaufen. In mehreren Publikationen ist beschrieben worden, dass Antikörper gegen das Hepatitis E-Virus in Haus- und Wildschweinen zu finden sind. Im CVUA Stuttgart stellte man sich nun die Frage, ob auch bei baden-württembergischen Wildschweinen ein Kontakt mit dem Hepatitis E-Virus nachzuweisen ist.

 

Hepatitis E-Antikörper in Wildschweinen

Bild 2: Wildschwein in Baden-Württemberg.

Bild 2: Wildschwein in Baden-Württemberg.

 

Das CVUA Stuttgart erhält im Rahmen des Wildschweinepestmonitorings regelmäßig Blutproben von erlegten Wildschweinen aus dem Regierungsbezirk Stuttgart, die auf Klassische und Afrikanische Schweinepest sowie auf das Virus der Aujeszkyschen Krankheit untersucht werden.
Diese Proben wurden, soweit sie noch in einigermaßen frischem Zustand waren, über mehrere Jahre hinweg gesammelt und eingefroren. Sie wurden nun in einem Enzymimmuntest (ELISA) auf das Vorhandensein von Hepatitis E-Antikörper untersucht.

 

Ergebnisse

Jahr Probenzahl Hepatitis E- Antikörper positiv Hepatitis E- Antikörper fraglich Hepatitis E- Antikörper negativ

2010

137

13

0

124

2011

61

10

0

51

2012

96

5

0

91

2013

66

2

1

63

2014

14

1

1

12

Summe

374

31 (8,3 %)

2 (0,5 %)

341 (91,2 %)

 

Von 374 Blutproben aus den Jahren 2010 bis 2014 reagierten insgesamt 31 Proben positiv und zwei Proben fraglich. Dies entspricht einer Seroprävalenz von 8,3 %, das heißt 8,3 % aller untersuchten baden-württembergischen Wildschweine hatten Kontakt zum Hepatitis E-Virus und haben nachweislich Antikörper gebildet, 0,5 % waren fraglich, 91,2 % antikörpernegativ.

 

Verglichen mit den Daten, die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sowie von der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) veröffentlicht wurden, liegt die Prävalenz damit im Untersuchungsgebiet niedriger als im Bundesdurchschnitt, der vom BfR mit knapp 15 % und von der TiHo mit 11,2 % angegeben wird. Allerdings betonen beide Institute, dass große regionale Unterschiede bei der Verbreitung der Hepatitis E-Antikörper in Wildschweinen vorliegen.
Interessant war die Verbreitung der positiven Proben innerhalb des Untersuchungsgebiets. So konnten bei Proben aus einer Treibjagd im nördlichen BW in allen geschossenen und beprobten Tieren Antikörper gegen Hepatitis E nachgewiesen werden. In diesem Gebiet fielen auch im gesamten Untersuchungszeitraum immer wieder positive Tiere auf.
In einem anderen Gebiet westlich von Stuttgart gelang der Antikörpernachweis immer wieder aus einzelnen Proben über einen Zeitraum von drei Jahren. Dies deutet darauf hin, dass der Erreger sich in diesen Gegenden dauerhaft in der Wildschweinepopulation etabliert hat.

 

Infokasten

Das Hepatitis E-Virus

Das Hepatitis E-Virus verursacht beim Menschen Leberentzündungen mit Leberschwellung, Fieber und Oberbauchschmerzen. Meistens handelt es sich dabei um eine Reiseinfektion, da das Hepatitis E-Virus in Afrika und Asien weit verbreitet ist. In den letzten 15 Jahren wurden aber auch zunehmend Fälle beschrieben, bei denen sich Menschen in Deutschland durch den Genuss von unzureichend erhitztem Wild- und Hausschweinefleisch infiziert haben. Das CVUA Stuttgart konnte feststellen, dass auch in Baden-Württemberg Antikörper gegen das Hepatitis E-Virus in Wildschweinen nachzuweisen sind. Allerdings ist die Seroprävalenz mit 8,3 % geringer als in anderen Regionen Deutschlands, wie es Untersuchungen des Instituts für Risikobewertung (BfR) und der Tierärztlichen Hochschule Hannover belegen.

 

Bildernachweis

  • Darstellung von Hepatitis E-Viren, Schwein, im Transmissionselektronenmikroskop, 200.000 x vergrößert, PTA-Negativ-Kontrastierung (Dr. Valerij Akimkin, CVUA Stuttgart).
  • Wildschwein in Baden-Württemberg (Dr. Valerij Akimkin, CVUA Stuttgart).

 

Quellen

  • Hepatitis E-Virus in Deutschen Wildschweinen. Information Nr. 012/2010 des BfR vom 1. März 2010
  • Anheyer-Behmenburg et al.: Direkter und Indirekter Nachweis von Hepatitis E-Viren in der Wildtierpopulation. Vortrag im Rahmen der AVID-Tagung Kloster Banz, 17.–19.09.2014

 

Artikel erstmals erschienen am 11.02.2015