In Spielzeug verboten, in Kinderuhren enthalten: Phthalat-Weichmacher

Werner Altkofer

 

Untersuchungen am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart zeigen: Kunststoffarmbänder von Kinderuhren enthalten häufig gesundheitlich bedenkliche Weichmacher.

Foto einer Kinderuhr mit Kunststoffarmband.

 

Seit Mitte Januar 2007 sind drei Vertreter aus der Substanzgruppe der Phthalsäureester, nämlich DEHP, DBP und BBP, für den Einsatz als Weichmacher für den Kunststoff Polyvinylchlorid (PVC) bei Spielzeug und Babyartikeln gesetzlich generell verboten. Für diese Bereiche sind auch - dies bestätigen unsere Untersuchungen aus dem letzten beiden Jahren - die rechtlichen Regelungen nahezu eingehalten. Wie sieht es aber bei anderen verbrauchernahen Produkten - vor allem für Kinder - aus?

 

Die Untersuchungen haben ergeben:

Im Jahr 2008 wurden 44 Proben Kinderuhren aus dem Einzelhandel beprobt. Es wurde die Materialzusammensetzung der Uhrarmbänder und die Art und der Anteil der ggf. eingesetzten Weichmacher untersucht.

 

Genau die Hälfte der Proben (=22) war aus weichgemachtem PVC hergestellt (siehe Abb. 1). Davon wurden in 17 dieser Proben (=77 %) jeweils ein oder mehrere Vertreter der gesundheitlich bedenklichen Phthalate in unterschiedlichen Konzentrationen von ca. 1 bis über 50 % festgestellt (siehe Abb. 2). Gesundheitlich unbedenkliche Weichmacher (z:B ATBC oder DINCH), wie sie inzwischen bei Spielzeug weitverbreitet im Einsatz sind, konnten nur in 5 der 22 Proben nachgewiesen werden.

 

 

Abb. 1: Anteil an Proben aus PVC bzw. mit Phthalaten.

Abb. 1: Anteil an Proben aus PVC bzw. mit Phthalaten

 

Abb. 2: Häufigkeit der im Einzelnen nachgewiesenen Phthalatweichmacher.

Abb. 2: Häufigkeit der im Einzelnen nachgewiesenen Phthalatweichmacher

 

Das CVUA Stuttgart zieht Bilanz:

Die dargestellten Untersuchungsergebnisse lassen vermuten, dass viele Hersteller ohne rechtlich bindende Vorschriften nicht bereit sind, auf den Einsatz der billigeren, aber gesundheitlich bedenklichen Phthalat-Weichmacher, zu verzichten. Eine ausreichende Sensibilisierung der Hersteller hinsichtlich der toxikologischen Relevanz dieser Stoffe besteht anscheinend noch nicht.

 

Für die Verbraucher stehen als Alternativen Kinderuhren ohne Anteile von PVC zur Verfügung. Immerhin waren 50 % der untersuchten Uhrarmbänder nicht aus Weich-PVC gefertigt, sondern bestanden aus Kunststoffen wie Polyethylen, die ohne Weichmacher auskommen oder aus Silikonkautschuk. Allerdings sind die Materialien der jeweiligen Produkte für den Verbraucher nicht ohne weiteres zu unterscheiden, da die Armbänder in allen Fällen aus weichen und biegsamen Kunststoffen bestehen.

 

Unsere Untersuchungen zeigen auch, dass bei den untersuchten Uhren keine signifikanten Unterschiede zwischen deutschen Markenherstellern und Billig- oder Schnäppchenware festzustellen war.

 

 

Weitere Informationen

Beim Kunststoffmaterial Polyvinylchlorid (PVC) handelt es sich um ein an sich sehr hartes und sprödes Material. Zur Verwendung für die Herstellung von Uhrarmbändern werden ihm Weichmacher in einer Menge von üblicherweise 30 bis über 40 % zugesetzt. Dadurch werden diese Produkte weich und dehnbar, so dass sie sich gut dem Arm anpassen aber gleichzeitig flexibel sind.

 

Weichmacher können aus einer ganzen Reihe chemischer Substanzklassen bestehen, beispielsweise Phthalate, Adipate oder Citrate. Vor allem die häufig als Weichmacher verwendeten Phthalate sind aufgrund gesundheitlicher Aspekte in die Diskussion gekommen. Von einzelnen wie Di-2-ethylhexylphthalat (DEHP) oder Dibutylphthalat (DBP) ist bekannt, dass sie reproduktionstoxisch sind, da sie wie Hormone wirken und so die Fortpflanzung und die Entwicklung beeinflussen können. Für das derzeit rechtlich noch nicht geregelte Diisobutylphthalat (DIBP) zeigen erste Studien, dass von einer zu DBP vergleichbaren toxikologischen Relevanz auszugehen ist. Andere Phthalate, wie Diisononylphthalat (DINP), scheinen gesundheitlich weniger bedenklich zu sein. DINP ist , da letzte Unsicherheiten diesbezüglich bestehen, für Spielzeug und Babyartikel, die in den Mund genommen werden können, verboten.

 

Weichmacher sind im Kunststoff nicht fest gebunden und können deshalb bei intensivem Hautkontakt über den Schweiß durch die Haut aufgenommen werden. Dies hat für den Weichmacher DEHP bereits im Jahr 2001 hat das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV, jetzt: Bundinstitut für Risikobewertung, BfR; www.bfr.bund.de) in seiner Stellungnahme zu Vinyl-Einweghandschuhen dargestellt. Beim langandauernden Tragen solcher Handschuhe resultiere eine gesundheitlich bedenkliche Hautbelastung der Personen durch DEHP. In Anbetracht der Möglichkeit, DEHP auch aus anderen Quellen aufzunehmen werde von einer Nutzung mit intensivem Hautkontakt abgeraten. Diese Bewertung wird in einer späteren Stellungnahme des BfR aus dem Jahr 2004 bestätigt.

 

Artikel erstmals erschienen am 31.03.2009