Pyrrolizidinalkaloide in aller Munde – auch in Honigwein?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Kerstin Zietemann, Thomas Kapp

 

Dass hohe Gehalte an Pyrrolizidinalkaloide (PA) in Tee, Kräutern und Honig ein gesundheitliches Problem sein können, ist schon länger bekannt. Doch wie sieht es aus, wenn PA-belastete Ware weiterverarbeitet wird? Da zum Beispiel der Anteil an Honig in Honigwein recht hoch ist, wurden im vergangenen Jahr am CVUA Stuttgart Untersuchungen zum Pyrrolizidinalkaloidgehalt in Honigwein durchgeführt. Keine der 15 untersuchten Proben schöpfte die vom BfR empfohlene maximale Tageszufuhr aus, jedoch sind die ermittelten Gehalte bei der täglichen Exposition nicht zu vernachlässigen. Daher sollten nur Honige mit niedrigen PA-Gehalten zur Herstellung von Honigwein eingesetzt werden.

 

Abbildung 1: Eine Flasche und zwei Trinkgläser mit Honigwein.

Abbildung 1: Honigwein (CVUA Stuttgart)

 

Wie kommen die Pyrrolizidinalkaloide in den Honigwein?

Wenn Bienen Pollen von PA-bildenden Wildpflanzen wie zum Beispiel Greiskräutern und Borretsch sammeln, kann dies zu einer Kontamination des Honigs führen. Bei der Herstellung von gemischter Fertigware rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu einer selektiven Auswahl von Rohhonigen, um den Gehalt an PA in verzehrsfertigen Honigen zu minimieren [1].

Dies wirft die Frage auf, was passiert mit den Honigen, die höheren PA-Gehalte aufweisen? Werden diese für die Herstellung von weiterverarbeiteten Produkten wie zum Beispiel Honigwein verwendet?

Um diesen Fragen nachzugehen, wurde am CVUA im Jahr 2016 eine erste Versuchsreihe zum PA-Gehalt in Honigwein gestartet.

 

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Pyrrolizidinalkaloide (PA)

„Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die von einer Vielzahl weltweit vorkommender Pflanzenarten zum Schutz vor Fraßfeinden gebildet werden. Das Vorkommen von PA in Pflanzen variiert stark nach Pflanzenart und Pflanzenteil und wird auch von weiteren Faktoren, wie zum Beispiel Klima oder Bodenbeschaffenheit beeinflusst. Aufgrund ihres gesundheitsschädigenden Potenzials sind insbesondere 1,2-ungesättigte PA in Lebens- und Futtermitteln gesundheitlich bedenklich. In hoher Dosierung können sie zu akuten Leberschädigungen führen. Im Tierversuch haben sich bestimmte PA als genotoxische Kanzerogene erwiesen.“ [2]

 

Welche Gehalte an Pyrrolizidinalkaloide wurden ermittelt?

Von den untersuchten 15 Proben wiesen 6 Proben Gehalte unterhalb der Bestimmungsgrenzen auf. Der Mittelwert der 9 Proben mit Gehalten über den Bestimmungsgrenzen lag bei 0,4 µg/L.

Der höchste Gehalt an PA wurde zu 0,81 µg/L bestimmt. 80 % der Proben wiesen einen Gehalt von weniger als ein Viertel der empfohlenen maximalen Tageszufuhr auf (s. Abb. 2).

Bisher sind mehr als 660 verschiedene Verbindungen und deren N-Oxide bekannt, die unter die Gruppe der PA fallen. Es sind jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Standards kommerziell erhältlich, sodass mittels LC-MS/MS auf folgende 16 Substanzen untersucht wurde:

Echimidin, Erucifolin, Europin, Heliotrin, Integerimin, Intermedin, Jacobin, Lasiocarpin, Lycopsamin, Monocrotalin, Retrorsin, Senecionin, Seneciphyllin, Senecivernin, Senkirkin und Trichodesmin.

Diese Substanzen geben einen guten Überblick über die Belastung von Honigwein. So wurde überwiegend Intermedin gefunden – in zwei Proben konnten zudem noch Echimidin bzw. Senecivernin bestimmt werden. Weitere PA wurden, wenn überhaupt, nur in geringen Spuren gefunden.

 

Abbildung 2: Gehalt an PA in Honigwein.

Abbildung 2: Gehalt an PA in Honigwein

 

Wie sind diese Gehalte zu bewerten?

Das BfR empfiehlt eine maximale Tageszufuhr von 0,007 µg PA/kg Körpergewicht [3]. Für Honigwein gibt es keine Daten zur täglichen Verzehrsmenge, daher muss diese abgeschätzt werden. Honigwein wird im Gegensatz zu Wein aus Trauben nur von einem kleinen Teil der deutschen Bevölkerung getrunken. Daher könnte mit einer deutlich niedrigeren durchschnittlichen Verzehrsmenge als bei Wein¹ gerechnet werden. Um jedoch auch sicherzustellen, dass die empfohlene maximale Tageszufuhr von der Bevölkerungsgruppe, die Honigwein konsumiert, nicht überschritten wird, wird bei der Bewertung von einer täglichen Verzehrsmenge von einem Glas (0,25 L) ausgegangen.

¹ durchschnittliche tägliche Verzehrmenge von Wein liegt bei ca. 0,25 L [4].

 

Für einen Erwachsenen (60 kg) ergibt sich daher bei einer Verzehrsmenge von 1 Glas (0,25 L) pro Tag ein noch tolerierbarer Gehalt von 1,68 µg/L.

 

Die Probe mit dem höchsten ermittelten Gehalt schöpfte diesen Wert zur Hälfte aus. Auch bei einem Verzehr von 0,5 L dieses Getränks wird die maximal tolerierbare Tageszufuhr (knapp) nicht überschritten – bei einem Verzehr von 0,5 L läge die maximal zu tolerierende Konzentration bei 0,84 µg/L.

Da bei den ermittelten Gehalten bei einem Verzehr von 0,25 L die tolerierbare Menge von einer Probe knapp zur Hälfte und durchschnittlich zu einem Viertel ausgeschöpft wird, wurde keine der Proben aufgrund eines erhöhten PA-Gehaltes beanstandet.

Jedoch kann sich die Gesamtexposition durch andere Lebensmittel wie Kräuter- oder Rooibostee erhöhen. Aus Sicht des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sollten daher prinzipiell keine Honige mit erhöhten PA-Gehalten zur Herstellung von Honigweinen eingesetzt werden.

 

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Honigwein

Honigwein, auch Met genannt, gehört zu den weinähnlichen Getränken, die in den Leitsätzen für weinähnliche und schaumweinähnliche Getränke beschrieben sind. Danach wird Honigwein „aus mindestens einem Gewichtsteil Honig mit höchstens zwei Gewichtsteilen Wasser ohne Zusatz von Zuckerarten oder anderen süßenden Zutaten hergestellt“ [5] und weist einen vorhandenen Alkoholgehalt von mindestens 5,5 % vol auf. Bei der Herstellung von Honigwein können zudem Gewürze und Hopfen verwendet werden [5]. Hinsichtlich der Verzehrs- und Produktionsmenge spielt Honigwein mit einem Produktionsvolumen von etwa 0,6 Mio. Liter pro Jahr in Deutschland eine geringe Rolle [6], sodass auch nicht allzu viele unterschiedliche Produkte auf dem Markt erhältlich sind. Aufgrund seines süß-herben Geschmacks ist das Produkt Honigwein in den letzten Jahren wieder stärker im Kommen.

 

Spielt die Herkunft des Honigs eine Rolle?

Es ist bekannt, dass Rohhonige aus bestimmten Ländern Mittel- und Südamerikas höhere Gehalte an PA im Vergleich zu denen aus einigen europäischen Ländern aufweisen. [1]

Von den untersuchten Proben wurden zwei damit beworben, dass der verwendete Honig aus Deutschland stammte. In einer davon waren lediglich Spuren von PA nachweisbar. Dieser Befund stimmt gut mit den Untersuchungsergebnissen des CVUA Freiburg überein. Hier wurden in deutschen Honigen ebenfalls nur geringe Gehalte an PA nachgewiesen [7]. In der zweiten Probe wurden lediglich geringe, für in Deutschland heimische Greiskräuter typische, PA-Gehalte nachgewiesen.

In einigen Proben wurden auffällig hohe Gehalte an Intermedin nachgewiesen, was auf den Einsatz von Honig aus Übersee hindeutet [8].

 

Unklar ist jedoch noch, wie sich die PA aus Honig bei der Vergärung verhalten. Daher kann derzeit keine Aussage darüber getroffen werden, ob Honige mit höheren PA-Gehalten zur Herstellung verwendet wurden. Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass diese Untersuchungen darauf hinweisen, dass durch den Verzehr von Honigwein allein die vom BfR empfohlene maximale Tageszufuhr nicht überschritten wird. Der Verbraucher kann Honigwein in Maßen somit weiterhin genießen. Hersteller sollten jedoch darauf achten, dass sie Honig mit geringen PA-Gehalten zur Herstellung von Honigwein einsetzen.

Allgemein empfiehlt das BfR den Herstellern und Verbrauchern, die Gehalte an PA in Lebensmitteln so gering wie möglich zu halten [9].

 

Quellen

[1] Fragen und Antworten zu Pyrrolizidinalkaloiden in Lebensmitteln, Aktualisiertes FAQ des BfR vom 28.9.2016

[2] Pyrrolizidinalkaloide (PA) in Kräutertee; Ruge, Kapp; Ökomonitoring 2015, Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, MLR 10-2016-36

[3] Analytik und Toxizität von Pyrrolizidinalkaloiden sowie eine Einschätzung des gesundheitlichen Risikos durch deren Vorkommen in Honig, Stellungnahme Nr. 038/2011 des BfR vom 11. August 2011, ergänzt am 21. Januar 2013

[4] Nationale Verzehrsstudie II, Max Rubner-Institut Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, 2008

[5] Leitsätze für weinähnliche und schaumweinähnliche Getränke vom 27. November 2002 (BAnz. Nr. 46b vom 7. März 2003, GMBl 2003 S. 150), zuletzt geändert am 07. Januar 2015 (BAnz. AT 27.01.2015 B1, GMBl 2015 S. 113)

[6] Produktion von Apfel- und Fruchtweinen und anderen fruchtweinhaltigen Erzeugnissen in Deutschland in 2015, VdFw Bonn

[7] Pyrrolizidinalkaloide in Honig – nicht nur in Tee ein Problem? Internetbeitrag des CVUA Freiburg vom 28.08.2013

[8] Easy and rapid method for the quantitative determination of pyrrolizidine alkaloids in honey by ultra performance liquid chromatography-mass spectrometry: An evaluation in commercial honey, M. Martinello et al., Food Control, Volume 37 , March 2014, Pages 146–152

[9] Pyrrolizidinalkaloide: Gehalte in Lebensmitteln sollen nach wie vor so weit wie möglich gesenkt werden, Stellungnahme Nr. 030/2016 des BfR vom 28. September 2016

 

Weitere Informationen zu Pyrrolizidinalkaloiden

Informationen des BfR zu Pyrrolizidinalkaloiden

Pyrrolizidinalkaloide in Honig, CVUA Freiburg

Pyrrolizidinalkaloide in Rucola, CVUA Stuttgart

Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertee, CVUA Karlsruhe

Pyrrolizidinalkaloide in Küchenkräutern – Vorsicht bei borretschhaltigen Mischungen, CVUA Stuttgart

 

Artikel erstmals erschienen am 13.04.2017