Taylorella equigenitalis – der Erreger der vielfach unterschätzten Genitalinfektion CEM beim Pferd

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Reinhard Sting

 

Die Genitalinfektion Kontagiöse Equine Metritis (CEM) beim Pferd wird durch das Bakterium Taylorella (T.) equigenitalis hervorgerufen. Hierbei handelt es sich um eine weltweit vorkommende Infektion, die durch Fruchtbarkeitstörungen bei Stuten und die leichte Übertragbarkeit zu erheblichen Verlusten in der Pferdezucht führt. Deshalb unterliegen Pferdezuchten bezüglich der Überwachung und der Diagnostik strengen gesetzlichen Vorschriften. In einer aktuellen Studie konnten wir erstmals T. equigenitalis-Isolaten, die in Deutschland innerhalb der vergangenen zehn Jahre gewonnen worden waren, molekularbiologisch charakterisieren. Hierbei fallen die unerwartet große Vielfalt von Genotypen und das internationale Vorkommen bestimmter Genotypen auf.

 

Taylorella equigenitalis – der Erreger der sogenannten CEM

Taylorella (T.) equigenitalis ist der beim Pferd bedeutendste Genitalinfektionserreger und konnte in den letzten zehn Jahren und aktuell in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden sowie in anderen EU-Staaten wie Belgien, Finnland, Österreich, Schweden, Slowenien und Spanien regelmäßig nachgewiesen werden. Außerhalb Europas sind vor allem die USA und Südafrika betroffen (OIE WAHIS Interface). In Deutschland stellt sich die Situation gemeldeter CEM-Fälle in den letzten 20 Jahren wie folgt dar (TSN, TierSeuchenNachrichten System):

 

Jahr
1995
1996
1997
1998
1999
2001
2002
2003
2004
2005
CEM-Fälle
5
11
6
3
5
6
13
10
7
9
Jahr
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
CEM-Fälle
4
9
16
7
5
12
7
15
24
15

 

Seit der ersten Beschreibung dieses Bakteriums im Jahr 1977 von Crowhurst in Irland kam es innerhalb weniger Jahre zu einer nahezu weltweiten Verbreitung dieses Genitalinfektionserregers vor allem in Pferdezuchten. Der klassische Übertragungsweg ist der Deckakt. Aufgrund der hohen Kontagiosität (Übertragungsfähigkeit) ist auch eine indirekte Erregerübertragung über Instrumente, Putzzeug, etc. möglich. Eine Infektion verursacht bei Stuten eine eitrige Metritis (Gebärmutterentzündung) mit der Folge von Fruchtbarkeitsstörungen. Die Infektion hat deshalb auch die Bezeichnung Kontagiöse Equine Metritis erhalten (Contagious Equine Metritis, CEM) erhalten. Infizierte Stuten können nach Abklingen der klinischen Symptome unbehandelt über sehr lange Zeit bis zeitlebens unerkannt Träger des Erregers bleiben. Somit kann auch nach Verschwinden der klinischen Symptome im Laufe weiterer Geburten der Infektionserreger auf das Fohlen übertragen werden.

 

Für die Weiterverbreitung von T. equigenitalis sind jedoch vor allem infizierte Deckhengste verantwortlich, die keinerlei Krankheitssymptome entwickeln. Dem Nachweis von T. equigenitalis mittels kultureller Anzucht oder der PCR kommt deshalb besondere Bedeutung zu (Durchführungsverordnung EU Nr. 846/2014 ; OIE, 2012). Der klassische Nachweis von T. equigenitalis erfolgt mit Hilfe von Genitaltupferproben, die auf speziellen Festnährmedien (Pferdekochblutagar mit speziellen Zusätzen von Antibiotika und Antimykotika) ausgestrichen und bis zu 14 Tage unter einer Sauerstoff-reduzierter Atmosphäre (mikroaerophil mit 5–10 % CO 2) bebrütet werden. T. equigenitalis-Kulturen zeigen nach dieser Bebrütungszeit kleine, glänzende Kolonien (Abbildung 1). In der Gram-Färbung stellen sich Taylorellen als kokkoide, Gram-negative Bakterien dar (Abbildung 2).

 

Hinweise zur CEM finden Sie auch im CEM-Merkblatt des Pferdegesundheitsdienstes der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg.

 

Kolonien einer Taylorella equigenitalis-Kultur auf Pferdekochblutagar.

Abbildung 1: Kolonien einer Taylorella equigenitalis-Kultur auf Pferdekochblutagar.

 

Taylorella equigenitalis, Gram-Färbung (1.000x Vergr.).

Abbildung 2: Taylorella equigenitalis, Gram-Färbung (1.000x Vergr.).

 

Neben T. equigenitalis gehört zur Gattung Taylorella die Spezies T. asinigenitalis, die vor allem bei Eseln, seltener bei Pferden isoliert werden kann. T. asinigenitalis verursacht im Gegensatz zu T. equigenitalis keine klinischen Symptome und gilt als nicht oder nur gering pathogen für Pferde. Mögliche auftretende Entzündungserscheinungen sind nur schwach und vorübergehend ausgeprägt.

 

Kolonien einer Taylorella asinigenitalis-Kultur auf Pferdekochblutagar.

Abbildung 3: Kolonien einer Taylorella asinigenitalis-Kultur auf Pferdekochblutagar.

 

Das CEM-Projekt

Während weltweit Untersuchungen zur molekularbiologischen Charakterisierungen (Genotypisierung) von T. equigenitalis-Isolaten durchgeführt worden sind, standen bisher aus Deutschland keine Daten zu Verfügung. Wir haben erstmals in einem Projektverbund des CVUA Stuttgart, des Pferdegesundheitsdienste Stuttgart und Aulendorf, der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg, der Veterinärmedizinischen Universität Wien, des IDEXX Vet·Med·Labors in Ludwigsburg, des Staatlichen Tierärztliches Untersuchungsamt Aulendorf – Diagnostikzentrum und des Instituts für bakterielle Infektionen und Zoonosen – Nationales Referenzlabor für Kontagiöse Equine Metritis – des Friedrich-Loeffler-Instituts in Jena T. equigenitalis-Isolate aus Deutschland genotypisiert (Sting et al., 2016).

 

Als Untersuchungsmethoden wurde die sog. REP- (Repetitive Extragenic Palindromic) PCR und die Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE, Pulsed Field Gel Electrophoresis) angewendet. Zur Verfügung standen insgesamt 79 Isolate.

 

Folgende Ergebnisse konnten erzielt werden:

  • Die Isolate konnten insgesamt einer unerwartet hohen Anzahl von 5 REP- und 15 PFGE-Genotypen zugeordnet werden.
  • Sowohl mittels REP-PCR und PFGE war ein Zusammenhang zwischen Genotyp, Pferderasse und dem Jahr der Isolierung erkennbar.
  • Genotypisierungsmethoden wie die REP-PCR und insbesondere die PFGE stellen wichtige Instrumente dar, T. equigenitalis-Isolate zu genotypisieren und somit Infektionswege aufzudecken zu können. So wies der Genotyp eines Pferdes aus Südafrika, das aus Deutschland stammte, einen REP- und PFGE-Genotypen auf, der auch bei Pferden in Deutschland nachgewiesen werden konnte. Des Weiteren konnten mittels PFGE Genotypen identifiziert werden, die bereits in den USA beschrieben worden sind (Aalsburg und Erdman, 2011).

 

Infokasten

Taylorella

Die Gattung Taylorella (T.) umfasst die beiden Arten T. equigenitalis und T. asinigenitalis. Als Genitalinfektionserreger beim Pferd ist nur T. equigenitalis von Bedeutung. T. asinigenitalis kann überwiegend bei Eseln, selten bei Pferden isoliert werden und gilt nicht als Genitalinfektionserreger. T. equigenitalis ruft bei Stuten eine eitrige Metritis mit Fruchtbarkeitsstörungen als Folge hervor. Infizierte Hengste zeigen hingegen keine klinischen Symptome, stellen aber das bedeutendste Glied in der Übertragungskette dar. Aufgrund der hohen Kontagiosität ( Übertragungsfähigkeit ) des Erregers erhielt die Infektionskrankheit die Bezeichnung Kontagiöse Equine Metritis (CEM, Contagious Equine Metritis). T. equigenitalis kommt nahezu weltweit vor. Aufgrund der großen Bedeutung dieses Genitalinfektionserregers für die Pferdezucht unterliegen die Überwachung und Diagnostik gesetzlichen Regelungen.

Taylorellen infizieren nicht den Menschen.

 

Quellen

  • Aalsburg A.M., Erdman M.M. (2011): Pulsed-field gel electrophoresis genotyping of Taylorella equigenitalis isolates collected in the United States from 1978 to 2010. J. Clin. Microbiol. 49, 829–833.
  • Contagious Equine Metritis, Chapter 2.5.2., OIE 2012
  • Crowhurst R.C. (1977): Genital infections in mares. Veterinary Record 100, 476.
  • Durchführungsverordnung (EU) Nr. 846/2014 der Kommission vom 4. August 2014 zur Änderung von Anhang D der Richtlinie 92/65/EWG des Rates hinsichtlich der Anforderungen an Spenderequiden. Amtsblatt der Europäischen Union. L232/5-9).
  • Merkblatt des Pferdegesundheitsdienstes zur Vorbeuge und Bekämpfung der CEM-Infektion beim Pferd in Baden-Württemberg. Tiergesundheitsdienste der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg.
  • Sting R., Seeh C., Mauder N., Maurer M., Stessl B., Kopp P., Banzhaf K., Martin B., Melzer F., Raßbach A., Spergser . (2015): Genotyping of German and Austrian Taylorella equigenitalis isolates using repetitive extragenic palindromic (REP) PCR and pulsed-field gel electrophoresis (PFGE). Research in Veterinary Science 109, 101-106.
  • TSN, TierSeuchenNachrichten System

 

Danksagung

Wir danken der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg für die Unterstützung des CEM-Projektes.

 

Artikel erstmals erschienen am 24.10.2016