2015 – Kein gutes Jahr für Olivenöl-Freunde

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Rüdiger Weißhaar

 

Im Jahr 2015 wurden am CVUA Stuttgart insgesamt 266 Proben Olivenöl untersucht. Davon musste fast jede dritte Probe beanstandet werden. Wie in den Jahren zuvor waren häufig Mängel in der Aufmachung und Kennzeichnung zu beobachten. 20 Prozent der Proben wiesen aber auch erhebliche Qualitätsmängel auf oder waren verfälscht oder unzulässig behandelt worden.

 

Olivenöl ist ein wichtiger Bestandteil einer „mediterranen Ernährung“ und erfreut sich seit Jahren ständig steigender Beliebtheit. „Natives Olivenöl extra“, das Olivenöl der höchsten Qualitätsstufe ist in Deutschland besonders begehrt und hat mit sehr großem Abstand den höchsten Marktanteil von allen Olivenölkategorien.

Leider ist die Olivenernte der Saison 2014/2015 in vielen Ländern rund um das Mittelmeer so schlecht ausgefallen, wie schon lange nicht mehr. Schlechtes Wetter und ein verstärktes Auftreten der Olivenfliege verminderten die Erntemengen vor allem in Italien und Spanien. In manchen Gebieten kam es sogar fast zu einem totalen Ernteausfall. Bei gleicher oder sogar steigender Nachfrage hatte dies natürlich zur Folge, dass der Bedarf an qualitativ hochwertigem Olivenöl kaum zu decken war. Da steigt natürlich die Versuchung, auch alte und fehlerhafte Öle zu verwerten.

 

Aus diesem Grund wurden im Jahr 2015 schwerpunktmäßig Olivenöle untersucht.

Insgesamt wurden 266 Olivenöle, meist Öle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“, aber auch aromatisierte Olivenöle untersucht. Davon waren 86 zu beanstanden. Dies entspricht einer Beanstandungsquote von 32,3 %, d.h. fast jede dritte Probe Olivenöl entsprach nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Im Vorjahr lag die Beanstandungsquote noch bei 25 %.

 

Bei 33 Proben (12,4 %) waren lediglich Mängel in der Aufmachung und Kennzeichnung festzustellen, dies liegt sicher mit daran, dass es in der EU sehr detaillierte Kennzeichnungsvorschriften gibt, die nur für Olivenöl, aber nicht für andere Speiseöle gelten.

 

53 Proben (20 %) wiesen neben Kennzeichnungsmängeln auch Mängel in der Qualität auf, waren verfälscht oder unzulässig behandelt. Einige Olivenöle, die als „Natives Olivenöl extra“ oder „Olio extra vergine di Oliva“ angeboten wurden, waren sogar von so schlechter Qualität, dass sie als „Lampantöl“ und damit als ungenießbar eingestuft wurden.

 

Generell war es für die Verbraucher schwierig, angenehm fruchtige und frische Olivenöle im Handel zu finden. Bei vielen Olivenölen der Kategorie „Natives Olivenöl extra“, die nicht beanstandet wurden, zeigten die Ergebnisse der sensorischen Beurteilung und der chemischen Analyse, dass Öle aus älteren Restbeständen zugemischt waren. Dies ist ganz legal, wenn auf dem Etikett kein Erntedatum angegeben ist und die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden. Dazu ist zu bemerken, dass die Bezeichnungen „Natives Olivenöl extra“, bzw. “extra vergine“ keinen Hinweis auf Premiumqualität darstellen. Die so bezeichneten Öle müssen lediglich Mindeststandards erfüllen, die in der Regel auch eingehalten werden können.

 

Infokasten

Olivenölkategorien

Olivenöl darf nur unter genau vorgeschriebenen Bezeichnungen verkauft werden. Für die einzelnen Kategorien gibt es gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandards:

 

Natives Olivenöl extra:
Wird ohne Wärmebehandlung durch Pressen oder Zentrifugieren hergestellt. Es muss erkennbar fruchtig und frei von sensorisch wahrnehmbaren Fehlern sein. Der Gehalt an freien Fettsäuren darf maximal 0,8 % betragen. In Deutschland werden über 90 % aller Olivenöle als „Natives Olivenöl extra“ vermarktet.

 

Natives Olivenöl:
Wird ebenfalls ohne Wärmebehandlung durch Pressen oder Zentrifugieren hergestellt. Es muss erkennbar fruchtig sein, geringfügige sensorische Fehlern werden aber toleriert. Der Gehalt an freien Fettsäuren darf bis zu 2,0 % betragen.

 

Olivenöl:
Eine Mischung aus raffiniertem Olivenöl und nativem Olivenöl, das zur Geschmacksgebung zugegeben wird. Näheres zur Raffination von Speiseölen finden sie hier.

 

Oliventresteröl:
Es wird aus Oliventrester durch Extraktion mit Lösungsmitteln wie Hexan gewonnen und anschließend raffiniert. Zur Geschmacksgebung wird es mit nativem Olivenöl vermischt.

 

Lampantöl:
Olivenöl von so schlechter Qualität, dass es nicht mehr an Endverbraucher abgegeben werden darf. Es kann durch chemische und physikalische Raffination wieder genießbar gemacht werden.

 

Einige Highlights aus 2015

Ein Tischöl aus einem Ölspender in einer Pizzeria sollte eigentlich Olivenöl sein. Die Analyse ergab aber, dass es sich dabei um ein angefärbtes Sojaöl handelte. Der betroffene Gastwirt war sich keiner Schuld bewusst, hatte er doch die Ölspender direkt aus einem Originalkanister mit Nativem Olivenöl extra befüllt. Die weiteren Nachforschungen, auch durch die Staatsanwaltschaft, ergaben, dass in großem Stil angefärbtes Sojaöl und Sonnenblumenöl in 5 Liter-Kanistern vor allem an die Gastronomie als italienisches natives Olivenöl extra verkauft worden ist.

 

Es wurden auch 12 Olivenöle von Online-Shops untersucht. Davon wurde die Hälfte wegen Mängeln in der Aufmachung und Kennzeichnung beanstandet. Oft war gar keine deutschsprachige Kennzeichnung vorhanden. Bei 4 der Öle ließ zudem auch die Qualität zu wünschen übrig, so dass Bezeichnungen wie „nativ extra“ oder „extra vergine“ nicht gerechtfertigt waren. Bei einem Olivenöl ergab sich auch der dringende Verdacht, dass das Öl zur Qualitätsverbesserung einer unzulässigen Wärmebehandlung und einer chemischen Entsäuerung unterzogen worden war.

 

Ein trauriges Kapitel waren aromatisierte Olivenöle, die in Amphoren oder Glasballons etc. präsentiert werden. Diese dürfen, im Gegensatz zu reinen Olivenölen, auch zur Selbstbedienung angeboten werden. Der überwiegende Teil dieser Öle war deutlich ranzig. Dies liegt daran, dass bei dieser Art der Vermarktung das Öl ständig in Kontakt mit Luft und oft auch mit Licht bleibt, was der Qualität eines Öles nicht zuträglich ist. Es gibt allerdings auch Angebotsformen, wie z.B. „Bag-in-Box“, die weitgehend den negativen Einfluss von Luft und Licht vermeiden.

Glücklicherweise ist die aktuelle Olivenernte wesentlich besser ausgefallen als die letzte, so dass die Verbraucher in diesem Jahr wieder mit einem besseres Angebot an qualitativ hochwertigen Olivenölen rechnen können.

 

Artikel erstmals erschienen am 07.03.2016