Nitrit-Höchstmengenüberschreitung in wärmebehandelten Fleischerzeugnissen

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Joachim Kuntzer

 

Zur Herstellung von Brüh- und Kochwürsten darf nach der VO (EG) Nr. 1333/2008 eine Menge von höchstens 100 oder 150 mg Natriumnitrit/kg, in Abhängigkeit des Erhitzungsschrittes, zugesetzt werden. Die Höchstmenge bezieht sich auf den Zeitpunkt der Herstellung. Analytisch festgestellte, erhöhte Gehalte an Nitrit können im Enderzeugnis daher nicht unmittelbar beanstandet werden. Die Ursache von erhöhten Nitrit-Gehalten muss bei einer Prüfung vor Ort erforscht werden. Dies war der Fall bei einer Blutwurst. Die Höchstmengenüberschreitung für Nitrit wurde durch eine umfangreiche Stufenkontrolle im Rahmen einer Betriebskontrolle bestätigt.

Fotos: Abb. rechts: Blutwurst. Abb. links: Nitritpökelsalz-Mischung mit 0,8 % bis 0,9% Natriumnitrit.

Abb. rechts: Blutwurst; Abb. links: Nitritpökelsalz-Mischung mit 0,8 % bis 0,9% Natriumnitrit.

 

Die Verwendung von Zusatzstoffen bei der Herstellung von Lebensmitteln wird in der VO (EG) Nr. 1333/2008 geregelt. Dies gilt auch für den Zusatz von Nitrit. Dieser Konservierungsstoff wird in Form des Nitritpökelsalzes bei der Herstellung von Fleischerzeugnissen verwendet. In den meisten Fällen sind die Höchstmengen der zugelassenen Zusatzstoffe für die Endprodukte festgelegt. Eine Ausnahme bildet die Höchstmengenreglung für Nitrit: Für die Beurteilung von Brühwürsten (z.B. Lyoner, Fleischkäse) und Kochwürsten (z.B. Leberwurst, Blutwurst) ist die Menge an Nitrit, die zum Zeitpunkt der Herstellung eingesetzt wird, maßgeblich. Eine Kontrolle der Höchstmenge ist hier daher erschwert. Ungeachtet dessen überprüfen wir in unserem Labor regelmäßig den Nitrit-und Nitratgehalt bei diesen Wurstsorten. Dabei fiel eine Blutwurst mit einem hohen Nitrat-Gehalt (berechnet als Natriumnitrat) von 194 mg/kg auf.

Erklärbar kann dieser Analysenbefund sein

 

  • mit der unerlaubten Zugabe von Nitrat und/oder
  • mit einer Überschreitung der zulässigen höchsten Dosierung von Nitrit (Anmerkung: eine Umwandlung von Nitrit in Nitrat ist möglich) und/oder
  • mit einem Eintrag von Nitrat durch Gewürze mit hohen natürlichen Gehalten an Nitrat.

 

Zur Klärung dieser offenen Fragen, erfolgte eine Stufenkontrolle in dem Herstellerbetrieb. Bei dieser Kontrolle wurde auch Einsicht in die Rezeptur genommen und sämtliche Zutaten, die bei der Herstellung der Blutwurst eingesetzt wurden, als Proben entnommen.

 

Das Ergebnis ist eindeutig.
Die einzelnen Zutaten wie Speck, Schweineblut, Schwarte, Kesselbrühe liefern erwartungsgemäß einen vernachlässigbaren Beitrag zum Gesamt-Nitrit-Gehalt der Probe. Dies gilt auch für die verwendeten Gewürze, wie Pfeffer oder Majoran. Getrockneter Majoran weist zwar einen hohen Nitratgehalt von 3743 mg Natriumnitrat/kg auf. Dies hat jedoch keinen nennswerten Einfluss auf das Endprodukt, da Majoran nur in geringer Menge zur Herstellung dieser Blutwurst verwendet wird. Es ergaben sich auch keine Hinweise auf eine unerlaubte Verwendung von Nitrat.
Bei der Betriebskontrolle wurde jedoch festgestellt, dass eine Nitritpökelsalz-Mischung mit einem Natriumnitrit-Gehalt von 0,8 % bis 0,9% verwendet wurde. Wichtig zu wissen, auf dem Markt wird noch eine weitere Nitritpökelsalz-Mischung mit einem Natriumnitrit-Gehalt von 0,4% bis 0,5% angeboten. Zur Berechnung der Menge an Nitrit, die bei der Herstellung der Blutwurst verwendet wurde, ist der Gehalt an Natriumnitrit in dem verwendeten Nitritpökelsalz daher von entscheidender Bedeutung. Dies war in dem Betrieb nicht geregelt. Die betriebsinterne Rezeptur wies nur die Zusatzmenge an Nitritpökelsalz auf. Der Nitrit-Gehalt der Nitritpökelsalz-Mischung war nicht aufgeführt. Mit der im Betrieb vorhandenen Nitritpökelsalz-Mischung wurde rezepturgemäß 207 mg Natriumnitrit/kg (berechnet mit einem Natriumnitrit-Gehalt von 0,9%) bei der Herstellung zugesetzt. Damit wurde die zulässige höchste Zusatzmenge von 100 mg Natriumnitrit /kg bei dieser Wurst deutlich überschritten (Anmerkung: Die Höchstmenge hängt vom Erhitzungsschritt ab. Grundsätzlich gilt für Dosenware eine Höchstmenge von 100 mg Natriumnitrit /kg, für Darmware 150 mg Natriumnitrit /kg).

 

Tabelle 1 : Aus der Rezeptur berechneter Gehalt an NaNO2/kg Blutwurstmasse roh .
Bezeichnung Eintrag an Nitrit + Nitrat berechnet als [mg NaNO2 / kg Blutwurstmasse roh]
Schweine Blut 5,5
Speck roh 0
Kesselbrühe 1,2
Zwiebel 0,2
Rückenschwarte 0
Nitritpökelsalz (NaNO2 0,9 %) 207
Chili 0,2
Pfeffer 0,1
Majoran 2,4

 

Fazit:

  • An einem Einzelfall konnte gezeigt werden, dass durch Produktwechsel eines Zusatzstoffes (hier: Nitrit), eine Höchstmengenüberschreitung verursacht werden kann.
  • Für den Verbraucher besteht keine akute Gefahr, da der Salzgehalt in der Nitritpökelsalz-Mischung mit ca. 99 %, gegenüber dem Nitrit-Gehalt mit ca. 1 %, dominiert. Bei einer gesundheitlich relevanten Nitrit-Überdosierung wäre die Wurst derart übersalzen, dass man einen weiteren Verzehr ablehnen würde. Der hohe Salzgehalt in der Nitritpökelsalz-Mischung hätte damit seinen Zweck erfüllt.
  • Die Hersteller müssen ihre Rezepturen neu berechnen, wenn sie auf eine Nitritpökelsalz-Mischung mit höherer Nitrit-Konzentration umstellen.

 

Infokasten

Überprüfung der Höchstmenge an Nitrit in Brüh- und Kochwürsten:

Rechtsgrundlage ist die VO (EG) Nr. 1333/2008.


Die Höchstmenge an Nitrit bezieht sich bei wärmebehandelten Fleischerzeugnissen auf den Zeitpunkt der Herstellung.


Die Gehalte an Nitrit bzw. Nitrat werden in allen Fleischerzeugnissen regelmäßig geprüft.


Ein hoher Gehalt an Nitrit bzw. Nitrat in Fleischerzeugnissen, wie Brüh- oder Kochwürste, ist ein erstes Verdachtsmoment bezüglich einer möglichen Höchstmengenüberschreitung an Nitrit.


Die Bestätigung einer Höchstmengenüberschreitung an Nitrit muss bei Brüh-/Kochwürsten im Rahmen einer Betriebskontrolle (Rezeptureinsicht, Stufenkontrolle) erfolgen.

 

Quellen

[1]        VO (EG) Nr. 1333/2008: Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 354/16), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1274/2013 vom 6.Dezember 2013 (ABl. L 328/79).

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Artikel erstmals erschienen am 10.04.2014