„Schlank im Schlaf“? - Eiweißbrote, der neue Trend beim Bäcker

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dorothee Doludda.

 

Schmuckelement.

 

Hintergrund der Untersuchung

Immer mehr Bäcker bieten neuerdings sogenannte „Eiweißbrote“ an. Diese Brote sollen beim Abnehmen helfen, wenn nicht sogar die Pfunde im Schlaf purzeln lassen.

 

Kohlenhydratreduzierte Diäten wie die „Low carb-Diät“, „Trennkost-Diät“, „Atkins-Diät“ oder auch die „Schlank im Schlaf-Diät“ haben den neuen Trend zum Eiweißbrot ausgelöst. Brot besteht üblicherweise aus Mehl, welches wiederum hauptsächlich aus Kohlenhydraten (z.B. Stärke) besteht. Somit hat Brot normalerweise einen hohen Kohlenhydrat- und einen eher geringen Eiweißanteil. Weizenmischbrot enthält ca. 42 % Kohlenhydrate und ca. 7 % Eiweiß. Durch „Eiweißbrot“ soll nun trotz Verzehr von Brot eine geringe Kohlenhydrataufnahme möglich sein.

 

Untersuchung und Ergebnisse

Am CVUA Stuttgart wurden 14 „Eiweißbrote“ untersucht. Sofern eine  Bewerbung vorhanden war, wurde diese außerdem auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft.
Um einen hohen Eiweißanteil zu erhalten, wird den Broten Weizen-, Soja- und / oder Lupineneiweiß, häufig in Form von fertigen „Eiweißkonzentratmischungen“ zugesetzt. Vielfach verwendet der Bäcker gleich eine fertige Backmischung. Die Brote enthalten zur nochmaligen Erhöhung des Eiweiß- bzw. Proteinanteils meist noch weitere Soja- oder Lupinenerzeugnisse. Soja und Lupine sind als Hülsenfrüchte generell proteinhaltig. Als Mehlanteil wird häufig Vollkornmehl in Form von Weizen-, Roggen- oder Dinkelvollkornmehl verwendet. Insgesamt wird jedoch viel weniger Mehl verwendet als bei normalem Brot.

Alle 14 untersuchten Brote waren außerdem mit sehr vielen Sonnenblumenkernen und Leinsamen gebacken, einige zudem mit Sesam und Mohn. Die vielen Ölsaaten sind unter anderem aus Geschmacksgründen zugesetzt. So schmecken die Brote nämlich hauptsächlich nach Ölsaaten und erinnern geschmacklich an Sonnenblumen oder Leinsamenbrot. Der Geschmack der Krume allein erinnert dagegen wenig an Brot: Er weist nur wenig typischen Getreidegeschmack auf, schmeckt speckig, pappig, klebrig. Auch die Konsistenz ist viel feuchter und klebriger als bei üblichem Brot. Drückt man auf die Krume bleibt eine Delle.

 

Analytisch untersucht wurde bei den Eiweißbroten der Fett-, Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Ballaststoffgehalt. Im Mittel enthielten die Brote 12,5 % Fett (7-20,5 %). Als Vergleich hierzu enthalten Körnerbrötchen, Leinsamenbrot oder Vollkornbrot mit Sonnenblumenkerne Fettgehalte um die 5 %, Roggenvollkornbrot hat nur ca. 1 g Fett pro 100 g Brot. Anhand der Fettsäureverteilung ließ sich außerdem feststellen, dass der Großteil des hohen Fettanteils der untersuchten Brote auf den sehr hohen Ölsaatenanteil der Brote zurückzuführen ist.
Die Eiweißgehalte lagen im Mittel bei 21 %. Alle Brote erfüllten die rechtlichen Vorgaben zur Auslobung als Eiweißbrot, dabei müssen mindestens 12 % des Brennwertes (Energiegehalts) auf den Proteinanteil entfallen. Herkömmliche Brote mit Ölsaaten weisen ca. 7 % Eiweiß auf.
Die Kohlenhydratgehalte lagen im Mittel bei ca. 12 %. Alle 14 Brote erfüllen auch hier die rechtlichen Vorgaben für eine Auslobung als „kohlenhydratreduziert“. Hierfür muss der Kohlenhydratgehalt gegenüber einem vergleichbaren Produkt um mindestens 30 % reduziert sein. Der Kohlenhydratgehalt  herkömmlicher, ölsaatenhaltiger Brote liegt bei ca. 40 %.

Im Mittel enthielten die untersuchten Brote 12 % Ballaststoffe. Der Ballaststoffgehalt erklärt sich ebenfalls aus dem sehr hohen Ölsaatenanteil und den Vollkornanteilen. Roggenvollkornbrot enthält im Vergleich dazu ca. 8 % Ballaststoffe, Roggenvollkornbrot mit Sonnenblumenkerne um die 10 % Ballaststoffe. Nach den rechtlichen Vorgaben muss ein Lebensmittel für eine Auslobung als „ballaststoffreich“ mindestens 6 g Ballaststoffe pro 100 g Lebensmittel enthalten.

 

Beurteilung der Werbeaussagen

Als schwieriger gestaltete sich die Bewertung der oft in Form von Flyern, Banderolen oder Plakaten angebrachten Bewerbung der Eiweißbrote, v.a. bezüglich ihrer scheinbar gewichtsverringernden Eigenschaften.
Unumstritten ist die Tatsache, dass der Verzehr eines „Eiweißbrotes“ anstelle eines „normalen Brotes“ nicht zum Gewichtsverlust führt. Dieser ist allein schon aufgrund des hohen Fett- und damit Energiegehaltes der Brote ausgeschlossen. Nicht immer geht das jedoch deutlich genug aus der Bewerbung hervor. Namen oder Slogans wie „Rank und Schlank“ oder „Schlank im Schlaf“, die direkt mit dem Produkt in Verbindung gebracht werden, können beim Verbraucher den Eindruck erwecken, das Brot selbst mache „schlank“. Derartige Bewerbung der Eiweißbrote wurde somit auch in drei Fällen als irreführend beurteilt. In einem Fall wurde sogar damit geworben, das Brot habe „weniger Kalorien“, auch diese Aussage ist eindeutig als irreführend zu beurteilen. Rechtlich unzulässig ist zudem die Angabe „Low carb“. Bei drei Broten wurde unzulässigerweise mit dieser Angabe geworben. Auch Hinweise auf Ärzte sind lebensmittelrechtlich verboten. Bei vier Broten wurde auf das „Schlank im Schlaf Prinzip“ nach Dr. Pape, einmal zusätzlich auf Dr. Worm verwiesen. Diese Bewerbung wurde beanstandet. Bei Aussagen, die Eiweißbrote können im Rahmen von kohlenhydratreduzierten Diäten („Low carb“, „Trennkost“, „Schlank im Schlaf“ usw.) zur Gewichtsreduktion beitragen, handelt es sich gemäß der EU-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, um gesundheitsbezogene Angaben (VO(EG) Nr. 1924/2006). Bislang galt, dass diese Aussagen wissenschaftlich hinreichend gesichert sein müssen und ansonsten als irreführend zu beanstanden sind. Seit Dezember 2012 dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur noch verwendet werden, wenn sie, nach wissenschaftlicher Prüfung durch die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA), von der EU zugelassen wurden und in einer Gemeinschaftsliste veröffentlicht sind (VO (EG) 432/2012). In dieser Liste finden sich keine zugelassenen Angaben, die eiweißreiche Lebensmittel oder kohlenhydratreduzierte Lebensmittel mit gewichtsreduzierenden Eigenschaften in Verbindung bringen. Einige zur Prüfung eingereichte gesundheitsbezogene Angaben, auch „Claims“ genannt, sind aufgrund nicht hinreichender wissenschaftlicher Absicherung von der EU abgelehnt worden. Darunter auch die Angabe „Proteinreiche Nahrung/Mahlzeiten/Diäten führen zu länger anhaltender Sättigung und helfen dabei eine Gewichtsreduktion zu erreichen“. Derartige Bewerbungen für Eiweißbrote sind somit nicht mehr zulässig.

 

Fazit

Wer Eiweißbrot kauft und verzehrt sollte wissen, dass der Verzehr von Eiweißbrot allein auf gar keinen Fall eine schlankmachende Wirkung hat. Eiweißbrot hat im Vergleich zu herkömmlichen Brot mehr Fett und mehr Kalorien und führt somit eher zu einer höheren Energieaufnahme!


Eiweißbrote sind somit höchstens für Verbraucher geeignet, die im Rahmen von kohlenhydratreduzierten Diäten ihre Kohlenhydrataufnahme einschränken wollen und dabei trotzdem „Brot“ essen wollen. Doch auch hierbei ist Vorsicht geboten: Die Theorie, die hinter den kohlenhydratreduzierten Diäten steckt, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Ein zu hoher Fett- und Eiweißkonsum kann außerdem negative gesundheitliche Auswirkungen haben. Zudem schmecken die Eiweißbrote gewöhnungsbedürftig und sind vergleichsweise teuer.


Unbestritten bleibt die Tatsache, dass man nur abnimmt, wenn man mehr Energie verbraucht als man zu sich nimmt. In diesem Sinne ist es der Gewichtsreduktion vermutlich dienlicher, zu Fuß zum Bäcker zu gehen und herkömmliches Brot zu essen, als mit dem Auto zum Bäcker zu fahren und Eiweißbrot zu essen.

 

Bildernachweis:

CVUA Stuttgart.

Frau mit einem Maßband, Benjamin Thorn, Pixelio.de, Image-ID= 610127.

Alle Jahre wieder…., Marianne J., Pixelio.de, Image-ID= 623207.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 16.01.2013