Allergene in Lebensmitteln - Bilanz 2017

Hans-Ulrich Waiblinger (CVUA Freiburg), Anke Rullmann (CVUA Karlsruhe), Dr. Gabriele Engler-Blum (CVUA Sigmaringen), Ursula Blum-Rieck, Dr. Jörg Rau (CVUA Stuttgart)

 

Collage: verschiedene AllergeneViele Menschen wissen um Ihre Allergien und möchten die auslösenden Lebensmittel vermeiden. Für diese Verbraucher ist eine korrekte Kennzeichnung gesundheitsrelevant. Der Lebensmittelunternehmer kann daher durch die Einhaltung der speziellen rechtlichen Regelungen viel zum Schutz des Verbrauchers beitragen. Aufgrund der Gesundheitsrelevanz nahm die Untersuchung auf Allergene wieder großen Raum bei den Untersuchungen der CVUAs Baden-Württembergs ein. Insgesamt wurden landesweit 4.982 Analysen durchgeführt. Zumeist wurden Lebensmittel untersucht, die laut Kennzeichnung das geprüfte Allergen nicht enthalten. Im Fokus standen auch Lebensmittel, die gezielt Allergiker oder auch Zöliakiekranke ansprechen sollten. Hierzu zählten vor allem Produkte mit Auslobungen wie „ohne Milch“ oder „glutenfrei“.

 

Acht Proben (Hackfleischdrehspieße nach Döner Kebap Art, Falafel-Erzeugnisse, Mais-Knabberware, Currywurst) mussten wegen nachweisbarer Allergene sogar als potentiell gesundheitsschädlich beurteilt werden. Die Kennzeichnung dieser Lebensmittelproben hatte trotz Vorhandensein des jeweiligen Allergens in relevanten Mengen dessen Abwesenheit suggeriert und damit auch Allergiker angesprochen (Näheres siehe Abschnitt „Achtung Gesundheitsgefahr“).

 

In insgesamt 829 Fällen (17 % der Untersuchungen) wurden nicht deklarierte Allergene nachgewiesen. Wie in den Vorjahren wurden lediglich positive Befunde bei nicht deklarierten Allergenen mit Anteilen über dem jeweiligen Beurteilungswert (Näheres hierzu s. Infokasten) weiter verfolgt. Bei insgesamt 352 Untersuchungen war dies der Fall (= 7 %).

 

Unterschiede zwischen verpackten und offen, d.h. unverpackt abgegebenen Lebensmitteln waren auch im dritten Jahr nach Einführung der Kennzeichnungspflicht bei offen abgegebenen Lebensmitteln weiterhin feststellbar. Allerdings hat bei solchen Lebensmitteln der Anteil an Proben abgenommen, bei denen die (im niedrigen Spurenbereich liegende) „Bagatellgrenze“ überschritten war (von 12 % im Vorjahr auf 9,2 %).

 

Bundesweite Beurteilungswerte der Untersuchungslabors - eine wichtige Grundlage für die Praxis

Bei annähernd jeder zehnten Untersuchung (477 von insgesamt 4.982) waren geringe Spuren allergener Bestandteile unter dem sogenannten Beurteilungswert nachweisbar. Sind diese internen Bagatellgrenzen der Labors der Lebensmittelüberwachung unterschritten, erfolgen in der Regel keine weiteren Maßnahmen. Allerdings sind Allergene in Lebensmitteln nach den derzeitigen Regelungen – auch bei Überschreitung der Beurteilungswerte – erst dann kennzeichnungspflichtig, wenn das nachgewiesene Allergen über eine rezepturmäßig verwendete Zutat in das Lebensmittel gelangt ist. Herstellungsbedingte Kontaminationen in Lebensmitteln oder deren Zutaten führen nicht zu einer Kennzeichnungspflicht, werden aber häufig freiwillig gekennzeichnet. Zu dem System der Beurteilungswerte erschien Ende des Jahres im AOAC Journal eine englischsprachige Publikation.

 

Weitere Informationen zu den Beurteilungswerten

 

Vergleich positiver Allergenbefunde bei verpackter und unverpackter Ware, angeben als prozentuale Anteile aller Proben. Es wurden nur Proben untersucht, die keine Hinweise auf die jeweiligen Allergene in der Kennzeichnung enthielten. „Positiv“ = festgestellte Allergen-Konzentration in der Probe liegt über einem intern festgelegten Beurteilungswert; „Spur“ = Allergen nachweisbar, aber festgestellte Allergenkonzentration liegt unter diesem Beurteilungswert (s. Infokasten).

Verpackte Lebensmittel - unveränderte Situation

Von 2.773 Proben verpackter Lebensmittel lag der Anteil an Proben mit nachweisbaren, nicht deklarierten Allergenen bei 14,2 %. Ein Wert, der im Durchschnitt auch in den vergangenen Jahren ermittelt wurde.

Während der Anteil von Untersuchungen mit Befunden über dem jeweiligen Beurteilungswert gegenüber 2016 etwas abgenommen hat (von 7 % auf nunmehr 5,3 %), nahm der Anteil von Proben mit Befunden im Spurenbereich wieder etwas zu; siehe Grafik.

 

Tabelle: Allergenuntersuchungen 2013 bis 2017 - verpackte Ware ohne Hinweise auf Allergene

Grafik: Allergene 2017, verpackte Ware

 

Auch bei den prozentual am häufigsten nachgewiesenen Allergenen hat sich nur wenig geändert: Glutenhaltige Getreidearten, Milch und Ei waren jeweils in mehr als 10 Prozent der Proben mit Anteilen über dem jeweiligen Beurteilungswert nachweisbar (siehe auch Grafik unten). Insgesamt gab es nur wenige Veränderungen zum Vorjahr; relativ stark abgenommen hat der Anteil entsprechender Befunde bei Haselnuss und Sellerie.

 

Grafik: Allergene 2017, Proben über Beurteilungswert

Vergleich positiver Allergenbefunde bei verpackter und unverpackter Ware, angeben als prozentuale Anteile an den auf das jeweilige Allergen geprüften Proben. Es wurden nur Proben untersucht, die keine Hinweise auf die jeweiligen Allergene in der Kennzeichnung enthielten. Nur Befunde mit Allergen-Anteilen über einem intern festgelegten Beurteilungswert wurden als „positiv“ bewertet (s. Infokasten).

 

Milch in Bitterschokolade – ein Dauerthema

Grafik: Allergene 2017, Milchcasein in SchokoladeWie auch schon in den vergangenen Jahren wurde Schokolade gezielt auf Milchprotein (Casein) untersucht. Laut Zutatenverzeichnis waren die Schokoladen jeweils ohne Milch hergestellt; untersucht wurden aber auch Produkte, die laut freiwilligen Spurendeklaration Milch enthalten können. Die Schokoladen enthielten fast alle Spurenhinweise auf Milch.

 

Immerhin 11 von 49 Proben (= 22 %) wiesen Gehalte über 1000 mg/kg auf. Spitzenreiter war eine dunkle Schokolade mit einem Gehalt von 1911 mg/kg Casein.

 

Solche Befunde sind bei Schokoladen nicht ungewöhnlich. Ursache ist erfahrungsgemäß nicht eine fehlende Deklaration einer Zutat aus Milch, sondern eine Kontamination durch milchhaltige Schokoladen im Herstellungsbetrieb. In einem pragmatischen Ansatz werden derzeit Casein-Gehalte über 500 mg/kg weiter verfolgt: Ziel ist in diesen Fällen, das Allergenmanagement-Konzept im Herstellerbetrieb auf den Prüfstand zu stellen.

 

Die zum Teil nicht unerheblichen Verschleppungen von Milchschokoladen gerade in Bitterschokoladen können noch zu einem weiteren unerwünschten Effekt führen. Da Milchschokoladen deutlich niedrigere Kakaogehalte (meist um 30 %) als Bitterschokoladen aufweisen, können Verschleppungen solcher Schokoladen zu einem niedrigeren Kakaogehalt in der Bitterschokolade führen, der im Einzelfall auch analytisch nachweisbar ist. Die Abweichung von dem auf der Packung deklarierten, höheren Kakaogehalt kann teilweise so erheblich sein, dass dies allein deshalb zu Beanstandungen führt.

Kantinen, Bäckereien, Metzgereien und Eisdielen - leichte Verbesserung beim offenen Angebot

Weiterhin annähernd 20 % betrug der Anteil an Proben von unverpackt abgegebenen Lebensmitteln, bei denen das nachgewiesene Allergen nicht angegeben war (s. auch Grafik unten). Damit hat sich dieser Anteil gegenüber dem Vorjahr nicht geändert. Allerdings gab es 2017 hier mehr Proben, bei denen lediglich geringe Allergenspuren unterhalb des Beurteilungswertes festgestellt wurden, während Anteile über dieser Bagatellgrenze abgenommen haben.

 

Ähnlich wie bei verpackten Lebensmittel waren Ei, Milch und glutenhaltige Getreide die „Spitzenreiter“ der am häufigsten nachgewiesenen Allergene. Auch die Allergene Haselnuss und Senf wurden häufig nachgewiesen, ohne dass dies deklariert war.

 

Grafik: Allergene 2017, offene Ware

Allergenbefunde bei offen (unverpackt) angebotenen Lebensmitteln 2015 bis 2017, jeweils angeben als prozentuale Anteile aller Proben. Es wurden nur Proben untersucht, die keine Hinweise auf die jeweiligen Allergene in der Kennzeichnung enthielten. „Positiv“ = festgestellte Allergen-Konzentration in der Probe liegt über einem intern festgelegten Beurteilungswert; „Spur“ = Allergen nachweisbar, aber festgestellte Allergenkonzentration liegt unter diesem Beurteilungswert (s. Infokasten).

 

Produktgruppen näher betrachtet

In den Grafiken sind beispielhaft die Ergebnisse für Proben von Fertiggerichten aus der Gastronomie, Fleischerzeugnissen, Backwaren und Speiseeis dargestellt:

 

 Grafik: Alergene 2017, Fertiggerichte (offene Ware)

Bereits im Jahr 2016 haben wir ausführlich über Untersuchungen im Gastronomiebereich berichtet. Auch im Berichtsjahr enthielten offen angebotene Fertiggerichte weiterhin häufig Allergene, ohne dass dies gekennzeichnet war, insbesondere waren Ei, Milch und glutenhaltige Getreidearten betroffen. Allerdings war im Vergleich zum Vorjahr ein deutlicher Rückgang der Proben mit Anteilen über dem jeweiligen Beurteilungswert zu verzeichnen (z.B. Ei von 54 % im Vorjahr auf nunmehr 30 %, Senf von 13 % auf 3 %). Offensichtlich haben auch die intensiven Kontrollen der letzten Jahre hier zur Verbesserung der Situation beigetragen. Lediglich bei Sellerie hat der Anteil auffälliger Proben wieder etwas zugenommen (von 6 % auf 8 %).

 

Grafik: Allergene 2017, Fleisch- und WurstwarenAuch bei Fleischerzeugnissen gab es gegenüber 2016 eine leichte Abnahme der auffälligen Proben. Allerdings ist bei Senf der Anteil an Proben mit Befunden über dem Beurteilungswert mit 26 % (Vorjahr 39 %) weiterhin bemerkenswert hoch.


 

Grafik: Allergene 2017, offene BackwarenDie Situation bei lose angebotenen Backwaren (einschließlich feinen Backwaren) hatte sich bereits 2016 gegenüber dem Jahr nach der Einführung der Kennzeichnungspflicht deutlich gebessert. Sieht man von den weiter häufig feststellbaren Spurenbefunden ab, blieben auch 2017 die positiven Befunde nicht gekennzeichneter Allergene auf einem erfreulich niedrigen Niveau.


 

Eine gegenläufige Entwicklung war bei offen abgegebenem Speiseeis festzustellen: Hier wurden gegenüber 2016 wieder häufiger Proben angetroffen, bei denen v.a. Soja, Haselnuss und Erdnuss ohne Deklaration nachweisbar waren. Auch bei Mandel blieb dieser Anteil weiterhin deutlich erhöht. Möglicherweise hält hier die korrekte Kennzeichnung nicht immer mit dem Kreativitätsgeist bei neuen Eissorten schritt.

 

Grafik: Allergene 2017, Speiseeis (offene Ware)

Nachweis von Allergenen in offener Ware: Fertiggerichte, Fleischerzeugnisse, Backwaren sowie Speiseeis. Jeweils Anzahl von Proben mit positivem, negativem oder Spurenbefund (< Beurteilungswert).

Achtung Gesundheitsgefahr

Bei insgesamt 8 Proben musste aufgrund des analytischen Befundes im Zusammenhang mit der Kennzeichnung eine Beurteilung als gesundheitsschädlich ausgesprochen werden. Es waren jeweils deutlich erhöhte Anteile an Allergenen nachweisbar, ohne dass auf das jeweilige Allergen hingewiesen worden ist.
FalafelNicht nur Lebensmittel, die mit Angaben wie „milchfrei“ gezielt Allergiker ansprechen, können hier im Fokus sein. In einem Fall kam es nach dem Verzehr von glutenhaltigem Falafel zum Erkrankungsfall einer Gluten- bzw. Weizen-empfindlichen Verbraucherin. Diese hatte telefonisch aus einem Flyer Falafel bestellt und es wurde ihr auf Nachfrage versichert, dass in den bestellten Speisen Gluten nicht enthalten sei.
Auch Lebensmittel, bei denen eine Deklaration allergener Zutaten nicht vorhanden ist, können u.U. gesundheitsschädlich für die jeweilige Gruppe an Allergiker sein. Eine solche Beurteilung wurde in solchen Fällen vorgenommen, sofern bei Beachtung der Verzehrsmenge die Referenzdosis nach Taylor et al. (S. Taylor et al, 2014, Food and Chemical Toxicology 63, 9-17) genannte Referenzdosis deutlich überschritten war.

Glutenfreie Lebensmittel

Infokasten

Logo GlutenfreiNicht zu verwechseln mit der Weizenallergie ist die Zöliakie, eine lebenslange Unverträglichkeit gegenüber Gluten, einem Getreideprotein. Glutenhaltige Getreidearten wie Weizen, aber auch Dinkel, Roggen und Gerste müssen von Zöliakiepatienten lebenslang gemieden werden. Ähnlich wie bei Allergenen kann bereits eine geringe Zufuhr an Gluten im Milligramm-Bereich Symptome auslösen. Daher dürfen Lebensmittel, die als „glutenfrei“ angeboten werden, nur maximal 20 Milligramm Gluten pro Kilogramm Lebensmittel enthalten. Für Betroffene ist erfreulich, dass der Markt „glutenfreier“ Lebensmittel weiter wächst. Nimmt man Weizenallergiker sowie die Personen hinzu, die an einer sogenannten „Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität“ leiden, sind es hierzulande etwa 5 Prozent der Bevölkerung, für die ein entsprechendes Produktangebot wichtig ist.

Das zunehmende Angebot soll allerdings auch (gesunde) Verbraucher ansprechen, die meinen, Ihrer Gesundheit mit „glutenfreien“ Produkten etwas Gutes tun zu können. Dies ist jedoch wissenschaftlich umstritten. Lesen Sie hierzu auch den Beitrag der Verbraucherzentrale.

Bei lediglich einer von insgesamt 185 untersuchten Proben (= 2 %) von Lebensmitteln mit dem Hinweis „glutenfrei“ war der Grenzwert von 20 mg/kg überschritten.
Bei der Probe handelte es sich um ein „glutenfreies“ Bier. Aber auch hier war bei einem gemessenen Glutengehalt von 22 Milligramm pro Kilogramm der Grenzwert unter Berücksichtigung der Toleranz nicht mit Sicherheit überschritten. Es handelte sich um ein Bier auf Basis von Gerstenmalz, Reis und Hafer. Die Gluten-Gehalte aller übrigen „glutenfreien“ Biere lagen unter der Nachweisgrenze von ca. 5-10 Milligramm pro Kilogramm.

 

Lesen Sie hierzu den ausführlichen Bericht zur Untersuchung glutenfreier Biere.

 

Weitere 11 Proben (= 6 %) von „glutenfreien“ Erzeugnissen enthielten Gluten, allerdings jeweils unter dem Grenzwert. Der Anteil auffälliger Proben hat damit im Vergleich mit den vorherigen 3 Jahren leicht abgenommen (siehe Abbildung).

 

Grafik: Allergene 2017, glutenfreie Lebensmittel

Abbildung: Gluten in „glutenfreien“ Lebensmitteln. Anteile von Gluten-positiven Proben bzw. Proben, bei denen der Grenzwert von 20 mg/kg überschritten war. Untersuchungen der Jahre 2013 bis 2017.

 

 

Weitere Informationen

Allergene in Lebensmitteln

Immer glutenfrei - Untersuchungsreihe „glutenfreie“ Biere

Merkblatt : Allergenkennzeichnung bei nicht vorverpackten Lebensmitteln

Action Levels for Food Allergens: An Approach for Official Food Control in Germany, Veröffentlichung 01 2018 J AOAC

 

 

Bildnachweis

CVUA Freiburg

 

 

Artikel erstmals erschienen am 19.04.2018