Botulismus bei Schwänen mit einem für den Menschen ungefährlichen Toxintyp

Dres. Fischer (CVUA Freiburg), Hernando (CVUA Karlsruhe)

 

Im Sommer 2014 traten im Landkreis Offenburg (Juli) und auf dem Gebiet der Stadt Freiburg (August) jeweils an einem Badesee Fälle von Botulismus auf, wodurch mehrere Jungschwäne verendeten.

 

Infokasten

Botulismus ist eine durch Exotoxine von Clostridium (C.) botulinum verursachte Intoxikation, welche sich bei Tieren klinisch durch Lähmungserscheinungen äußert. Menschen können unter Sehstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfen, Durchfall, Versagen der Atmung oder Lähmungen an den Extremitäten leiden. Diese Symptome werden durch eine Hemmung der Freisetzung des Neurotransmitters Acetylcholin an den motorischen Endplatten der peripheren Nerven hervorgerufen.

 

Abb.: Acetylcholin-Freisetzung an der motorischen Endplatte

 

Die Exotoxine werden in die Toxin-Typen A bis G unterschieden. Intoxikationen beim Geflügel werden vor allem durch den Toxin-Typ C hervorgerufen. Seltener kommen Intoxikationen durch die Toxin-Typen A und E vor.

 

Die Diagnose

Verendeter JungschwanVon den Badeseen gelangten jeweils zwei verendete Jungschwäne zur Obduktion in die Veterinärpathologie des CVUA Freiburg. Vorberichtlich wurde mitgeteilt, dass diejenigen Schwäne, die lebend aufgefunden wurden, für Botulismus typische Lähmungserscheinungen des Halses zeigten.

In der Obduktion mit anschließender bakteriologischer und parasitologischer Untersuchung wiesen die Tiere aus dem Landkreis Offenburg eine Kachexie aufgrund eines Befalls mit Kokzidien auf. Des Weiteren wurde eine sekundäre Clostridiumenterotoxämie festgestellt. Ein Tier wies zusätzlich eine multifokale eitrige und granulomatöse Pneumonie auf. Bei den Schwänen aus der Stadt Freiburg wurde bei einem Tier eine Aeromonadensepsis nachgewiesen. Das andere Tier wies lediglich unspezifische Veränderungen auf.

 

Nachweis von Botulinumtoxin-Typ C

Aufgrund des klinischen Vorberichts wurde zusätzlich eine Untersuchung auf Botulinumtoxin am CVUA Karlsruhe eingeleitet, welche mit positivem Ergebnis verlief. Um das Gefährdungsrisiko für den Menschen abzuklären, wurde eine Bestimmung des Toxin-Typs angeschlossen. In beiden Fällen wurde das Typ C Toxin nachgewiesen. Ausbrüche aufgrund einer Intoxikation mit diesem Typ beim Geflügel wurden bislang nicht mit Intoxikationen beim Menschen in Verbindung gebracht. Diese werden meistens durch die Toxin-Typen A, B und E ausgelöst. Das Gefährdungsrisiko für den Menschen wurde daher als sehr gering eingestuft.

 

C. botulinum ist ein sporenbildendes Bakterium, das unter anaeroben Bedingungen wächst. Es ist weltweit verbreitet, wo große Vogelpopulationen zu finden sind. Es wächst im Gastrointestinaltrakt wilder und domestizierter Vögel und wird als obligater Darmbewohner angesehen. Des Weiteren ist C. botulinum ubiquitär im Erdboden nachweisbar.

Die Erkrankung tritt jedoch nicht durch die Aufnahme des Erregers selbst, sondern seiner Exotoxine auf. Die Toxinbildung findet bei Vermehrung des Bakteriums in Faulstoffen tierischer und pflanzlicher Herkunft statt. Diese finden sich in den Kadavern verendeter Tiere sowie in abwasserbelasteten seichten Uferregionen stehender Gewässer. Die Larven von Wirbellosen ernähren sich von diesen kontaminierten Kadavern und werden anschließend vom Geflügel aufgenommen.

 

Die Exotoxine von C. botulinum gehören zu den tödlichsten bekannten Toxinen. Sie wurden in der Kategorie A der biologische Agenten durch den CDC (Center for Disease Control) eingestuft. Bereits Aufnahme geringer Mengen führen zu Lähmungserscheinungen. Die Aufnahme von sehr kleinen Mengen an Toxin (0,2 -1 µg pro Kg) ist ausreichend, um den Tod beim Menschen zu verursachen.

 

JungschwanMorbidität und Mortalität sind abhängig von der Dosis: Bei hohen Toxindosen tritt die Erkrankung nach ein bis zwei Stunden auf, bei niedrigen erst nach ein bis zwei Tagen.
Botulismus tritt weltweit beim Wassergeflügel auf, in warmen Sommermonaten häufiger und mit größerer Intensität, da das bakterielle Wachstum durch die hohen Temperaturen gefördert wird.

 

 

 

 

Verendete Wasservögel: Veterinäramt informieren!

Beim Auffinden verendeter Wasservögel wird geraten, diese nicht selbst aus dem Wasser zu verbringen, sondern so schnell wie möglich das zuständige Veterinäramt zu informieren. Dieses leitet darauf eine Obduktion der Tiere sowie epidemiologische Untersuchungen ein.

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

Literatur:

  • Diseases in Poultry, Y. M. Saif, 12th Edition, 2008, Blackwell Publishing
  • Kompendium der Geflügelkrankheiten, O. Siegmann u. U. Neumann, 7., überarbeitete Auflage, 2012, Schlütersche Verlagsgesellschaft
  • Manual of Clinical Microbiology, P. R. Murray et al.9th Edition, 2007, ASM Press
  • Veterinary Microbiology, J. Glenn Songer et al. 2005, Elsevier Saunders

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 08.04.2015