Mikroplastik in kosmetischen Peeling-Produkten

Aus dem Laboralltag

Die Kosmetik-Sachverständigen des CVUA Karlsruhe

 

Mikroplastik und seine möglichen Folgen für die Umwelt sind in aller Munde. Grund ist die schlechte Abbaubarkeit der Kunststoffe mit langfristigen Effekten auf Umweltorganismen.


Die europäische Kosmetikindustrie hat 2015 einen freiwilligen Verzicht auf feste, nicht abbaubare Kunststoffpartikel in bestimmten kosmetischen Mitteln bis zum Jahr 2020 angekündigt [1]. Betroffen sind Reinigungs- und Peeling-Produkte, die nach der Anwendung abgewaschen werden  (rinse off Produkte). Dort werden Mikroplastikkügelchen wegen ihrer schälenden und reinigenden (mechanischen) Wirkung eingesetzt. Produkte, die auf der Haut verbleiben (leave on Produkte), sind von dieser freiwilligen Vereinbarung nicht erfasst.


Neben der chemischen Prüfung auf Inhaltsstoffe wie Konservierungsstoffe oder Farbstoffe haben wir Peeling-Produkte auf ihre Einhaltung der freiwilligen Vereinbarung der Kosmetikindustrie geprüft. Die Überprüfung erfolgte nach Kennzeichnung.
 

In 2 von 26  Proben  wurde partikuläres Mikroplastik gefunden. 23 Produkte enthielten alternative Peeling-Körper, wie beispielhaft in Abbildung 1 gezeigt. Die Funktion einer einzelnen Probe basierte nicht auf einem mechanischen Abrieb, sondern auf einer Säurebehandlung und enthielt daher keine Peeling-Körper. Die Ergebnisse zeigen, dass die freiwillige Vereinbarung der Kosmetikindustrie zum größten Teil bereits befolgt wird.

 

 

Geöffnete Hand mit Waschpeeling aus Zucker und Öl.

Abbildung 1: geöffnete Hand mit Waschpeeling aus Zucker und Öl

  

Definition Mikroplastik

Der Begriff Mikroplastik ist im Moment noch nicht einheitlich definiert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority – EFSA) definiert Mikroplastik in Lebensmitteln als heterogene Mischung aus unterschiedlich geformten Materialien, wie Fragmente, Fasern, Sphäroide, Granulate, Pellets, Flocken oder Kügelchen, in einem Größenbereich von 0,1 µm bis 5000 µm (5 mm) [2]. Das Umweltbundesamt definiert Mikroplastik allgemein als Plastik-Partikel, die fünf Millimeter und kleiner sind [3].


Es ist zu beachten, dass fluide Kunststoffe in Kosmetik im Allgemeinen nicht zu Mikroplastik gezählt werden [4]. Bei diesen handelt es sich zwar auch um synthetische Kunststoffpolymere, sie liegen im Produkt allerdings in gelöster Form vor, haben also keine partikuläre Form. Fluide Kunststoffe tragen in kosmetischen Mitteln, wie Duschgel zur Stabilität und Regulierung der Viskosität bei.


Partikuläres Mikroplastik wird in Peeling-Produkten und Zahnpflegeprodukten aufgrund seiner abrasiven Wirkung eingesetzt. Zum Teil dient partikuläres Mikroplastik auch als Quell- oder Füllmaterial [5].

 

Entstehung von Mikroplastik und Eintrag in die Umwelt

Zum Teil wird Mikroplastik in Form von Granulaten bzw. Pellets gezielt in der oben genannten Größe hergestellt. Es dient als Ausgangsstoff zur Herstellung von Kunststoff-Produkten oder wird als solches in industriellen Sandstrahlern, in Reinigungspasten und in einigen kosmetischen Mitteln verwendet [6]. Der Großteil des in die Umwelt eingetragenen Mikroplastiks entsteht allerdings durch chemische und physikalische Alterungs- und Zerfallsprozesse von größeren Plastikteilen, z.B. Plastiktüten [6].


Der Hauptanteil des in die Umwelt eingetragenen Mikroplastiks stammt aus  synthetischen Textilien, Autoreifen-Abrieb und sonstigem Feinstaub. Kosmetische Mittel tragen mit ungefähr 2% bei (Abbildung 2) [7].

 

Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Einträge in die Umwelt von Mikroplastik. Die Verteilung ist wie folgt: 35% synthetische Textilien, 28% Reifenabrieb, 24% Feinstaub, 7% Straßenmarkierungen, 2% Kosmetika und 4% Sonstiges [7].

Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Einträge von Mikroplastik in die Umwelt. Die Verteilung ist wie folgt: 35% synthetische Textilien, 28% Reifenabrieb, 24% Feinstaub, 7% Straßenmarkierungen, 2% Kosmetika und 4% Sonstiges [7]

 

Mikroplastik in Kosmetik

In Bezug auf Mikroplastik in kosmetischen Mitteln sind zwei Aspekte zu betrachten. Zum einen ein eventuelles gesundheitliches Risiko durch dermale oder unbeabsichtigte orale Aufnahme, zum andern der umweltrelevante Aspekt, d.h.  der Eintrag in die Gewässer, in Tiere und schließlich auch in Lebensmittel.


In Bezug auf gesundheitliche Risiken durch Mikropartikel in Kosmetika gibt das BfR Entwarnung:


„Nach jetzigem Kenntnisstand ist ein gesundheitliches Risiko auch durch dermale oder unbeabsichtigte orale Aufnahme über Peelings oder Duschgele aus Sicht des BfR unwahrscheinlich, da die dort vorkommenden Mikrokunststoffpartikel größer als 1 µm sind. Bei dieser Partikelgröße ist bei vorhersehbarem Gebrauch der Produkte eine Aufnahme über die gesunde und intakte Haut nicht zu erwarten. Auch beim zufälligen Verschlucken von Kosmetikprodukten ist davon auszugehen, dass eine Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt nur in geringem Maße und nur bei Partikeln von wenigen Mikrometern Größe möglich wäre und dass der überwiegende Teil der Partikel über den Stuhl ausgeschieden wird. Dass während der Passage durch den Magen-Darm-Trakt gesundheitlich relevante Mengen an Ethylen aus Polyethylen von Mikrokunststoffpartikeln freigesetzt werden, ist aus Sicht des BfR unwahrscheinlich.“ [8]

   

Die EU Kommission reagiert: gesetzliche Beschränkungen für die Verwendung von Mikroplastik sind in Arbeit

In ihrem Auftrag hat die Europäische Chemikalienbehörde Anfang 2019 einen Vorschlag zur Beschränkung der Verwendung von absichtlich zugesetztem Mikroplastik veröffentlicht. In den Regelungsbereich dieser geplanten Beschränkung fallen Kunststoffpartikel, die einen Durchmesser von ≤ 5 mm besitzen bzw. Kunststofffasern, die eine Länge von ≤ 15 mm besitzen. Diese sind von der Beschränkung betroffen, wenn sie Produkten für den gewerblichen oder den Verbraucherbereich zugesetzt werden. Die Beschränkung würde ab Inkrafttreten über einen Zeitraum von 6 Jahren spezifische Produktgruppen, die Mikroplastik enthalten, schrittweise verbieten [9].

  

Alternativen zu Mikroplastikpartikeln

Unsere Ergebnisse zeigen, dass für Peeling-Produkte durchaus Alternativen zu partikulärem Mikroplastik vorhanden sind. Als Peeling-Körper können beispielsweise Wachsperlen (z. B. Sheabutter, Jojobawachs), gemahlene Naturprodukte (Cellulose, Kaffee, Bambus, Aprikosenkerne, Magnolienrinde, Weidenrinde, Reis, Zucker) oder Mineralerden (Vulkansand, Siliziummineralien, Bims) verwendet werden. Zucker etwa ist in der Liste der Bestandteile als „Sucrose“ gekennzeichnet.

 

Zusätzlich zu der Angabe in der INCI-Liste sind die verwendeten Peelingbestandteile häufig zusätzlich auf der Verpackung der Produkte ausgelobt, so dass schnell erkannt werden kann, ob es sich um ein Produkt mit oder ohne Mikroplastik handelt. 
 

Einen guten Überblick über das Thema Mikroplastik liefert die Homepage des LGL Bayern:
https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/kontaminanten/mikroplastik/

 

 

 

[1] Cosmetics Europe (2015): Recommendation on Solid Plastic Particles (Plastic Micro Particles).
https://www.cosmeticseurope.eu/files/3714/7636/5652/Recommendation_on_Solid_Plastic_Particles.pdf (zuletzt geöffnet: 08.05.19)
[2] EFSA - EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM) (2016): Presence of microplastics and nanoplastics in food, with particular focus on seafood. In EFSA Journal 14 (6)
https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2016.4501
[3] Umweltbundesamt (2016): Mikroplastik in Kosmetika – Was ist das? Internetbeitrag
https://www.umweltbundesamt.de/themen/mikroplastik-in-kosmetika-was-ist-das (zuletzt geöffnet: 08.05.19)
[4] Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht (2018): Endbericht Mikroplastik und synthetische Polymere in Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln. https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/konsumressourcenmuell/20181004_mikroplastikstudie.pdf (zuletzt geöffnet: 08.05.19)
[5] Bundesverband Der Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel e.V. – BDHI (2018): Mikroplastik in und von kosmetischen Mitteln – ein Überblick über technische und regulatorische Aspekte –
In: EuroCosmetics 6-2018.
[6] Bundesinstitut für Risikobewertung – BfR (2014): Fragen und Antworten zu Mikroplastik. Internetbeitrag: https://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-mikroplastik.pdf (zuletzt geöffnet: 08.05.19)
[7] Boucher, J. and Friot D. (2017): Primary Microplastics in the Oceans: A Global Evaluation of Sources. Published by International Union for Conservation of Nature – IUCN, Gland, Switzerland.
https://portals.iucn.org/library/sites/library/files/documents/2017-002.pdf#page=19&zoom=auto,-82 (zuletzt geöffnet: 08.05.19)
[8] Bundesinstitut für Risikobewertung – BfR (2018): Gibt es ein Gesundheitsrisiko für den Menschen durch Mikroplastik? Mehr Forschung und wissenschaftliche Daten notwendig. Mitteilung: https://www.bfr.bund.de/cm/343/gibt-es-ein-gesundheitsrisiko-fuer-den-menschen-durch-mikroplastik-mehr-forschung-und-wissenschaftliche-daten-notwendig.pdf (zuletzt geöffnet: 08.05.19)
[9] Umweltbundesamt – UBA (2019): EU plant Beschränkung der Verwendung von Mikroplastik ab 2022. Internetbeitrag: https://www.umweltbundesamt.de/eu-plant-beschraenkung-der-verwendung-von#textpart-3 (zuletzt geöffnet: 08.05.19)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 15.07.2019