Nostalgie mit Folgen – Glühweine aus Metallkesseln können zu viel Blei, Kupfer und Zinn enthalten – abschließende Ergebnisse der Wintersaison 2018/2019

Bauer N., Heinlein A., Meier M., Rupp M., Wagner B.

 

Aktuelle Untersuchungen im Jahr 2018

Auch in der Wintersaison 2018/2019 haben die CVUAs Freiburg und Stuttgart die amtliche Untersuchung von Glühweinen und anderen alkoholhaltigen Heißgetränken wie Feuerzangenbowlen oder Punsch, die offen an Marktständen abgegeben wurden, fortgesetzt. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus dem Jahr 2017 (nachfolgend ebenfalls nochmals dargestellt; [1]) wurde der Fokus dabei erneut auf die Metallbelastung, insbesondere von Blei, Kupfer und Zinn gelegt. Die bis zum Stichtag 31.12.2018 ergänzten Untersuchungsergebnisse finden sie hier.

Archivbild. Foto: Bernd/Pixabay, CC0 Public Domain.

 

Infokasten

Definition Glühwein

Glühwein ist ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk, das ausschließlich aus Rotwein oder Weißwein gewonnen wird und hauptsächlich mit Zimt und/oder Gewürznelken gewürzt wird. Im Fall der Zubereitung von Glühwein aus Weißwein muss die Verkehrsbezeichnung „Glühwein“ entsprechend ergänzt werden (z. B. durch das Wort „weiß“). Der Zusatz von Wasser und Alkohol, auch in Form von Spirituosen, ist unter der Bezeichnung „Glühwein“ nicht zulässig.

Zubereitungstipps

Nach den rechtlichen Vorgaben muss Glühwein einen vorhandenen Alkoholgehalt von mindestens 7 % vol. aufweisen. Daher sollte Glühwein nur bis ca. 70 °C erwärmt und nicht zu lange warmgehalten werden. Am besten geeignet hierfür sind Durchlauferhitzer, da bei diesen Geräten die Erhitzungstemperatur einfach einzustellen ist und kein Alkohol verdunstet. Infrage kommen auch Elektrokocher mit Thermostat. Diese sind gut geeignet, müssen aber mit einem Deckel verschlossen werden, um den Alkoholverlust beim Erhitzungsprozess zu minimieren. Den Glühwein niemals kochen, da es sonst zu drastischen geschmacklichen Änderungen und einem Alkoholverlust kommen kann. Der Alkohol kann jedoch auch in Abhängigkeit von der Erhitzungsdauer bereits ab einer Temperatur von 70 °C vollständig entweichen.

Eine zu lange Erhitzungsdauer lässt nicht nur den Alkohol verdampfen sondern kann auch zu einem unerwünschten „Marmelade“- oder „Koch-Ton“ führen. Dieser sensorische Eindruck kann analytisch durch einen erhöhten HMF-Gehalt bestätigt werden. HMF (Hydroxymethylfurfural) entsteht bei längerer Erhitzung zuckerhaltiger Lösungen. Es ist somit eine Art „Koch-Indikator“, d.h. je länger ein Glühwein vor sich hin „geköchelt“ hat, umso höher ist der HMF-Wert. Schon ein Gehalt größer 20 mg/L kann geschmacklich als „Marmelade“- oder „Koch-Ton“ wahrgenommen werden.

Gerätschaften

Das Erhitzen und Vorrätig Halten von Glühwein und ähnlichen Heißgetränken muss grundsätzlich in geeigneten Gerätschaften erfolgen.

Als generell geeignet zu bewerten sind Einrichtungen aus Edelstahl, sowie alle Systeme, die im Verfahren der Durchlauferhitzung eine indirekte Erhitzung und sehr kurze Warmhaltezeit des Produktes gewährleisten.

Nachfolgende beispielhaft aufgezählte Apparaturen sind generell ungeeignet:

  • Kessel aus Kupfer
  • Kessel innen verzinnt (führt zu überhöhten Zinngehalten)
  • Aluminiumbehälter (führt zu überhöhten Aluminiumwerten)
  • Edelstahlbehälter mit innenliegender kupferner Heizschlange
  • Zapfhähne mit Anteilen von Messing (= Kupfer-Zink-Legierung), z. B. innenliegende Befestigungsschrauben
  • Schöpfkellen aus Kupfer
  • abgenutzte oder beschädigte Emaille Behälter
  • vernickelte Gerätschaften, z. B. vernickelte Tauchsieder (führt zu hohen Nickel-Gehalten)

 

Untersuchung von offenen Glühweinen im Jahr 2017

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung haben die CVUAs Freiburg und Stuttgart in der Vorweihnachtszeit 2017 Glühweine und andere alkoholhaltige Heißgetränke, die landesweit auf Weihnachtsmärkten oder vergleichbaren Veranstaltungen ausgeschenkt wurden, u.a. auf Rückstände an Blei, Kupfer und Zinn untersucht. Wieder im Trend scheint zu sein, diese Heißgetränke in nostalgischen Kesseln zu erhitzen. Unsere Untersuchungsergebnisse zeigen, dass dies vereinzelt negative Auswirkungen auf die Zusammensetzung der angebotenen Getränke haben kann.

 

Untersuchungsergebnisse 2017

Im Jahr 2017 wurden 54 Heißgetränke auf Rückstände der Schwermetalle Blei, Zinn, Kupfer und Zink sowie auf Aluminium untersucht. In 10 Proben konnten Gehalte an Blei, Zinn und Kupfer nachgewiesen werden, die jeweils über der gesetzlich festgelegten zulässigen Höchstmenge lagen ( siehe Tabelle 1 ). Bei 5 dieser 10 Proben lagen die Gehalte von je 2 Elementen über der zulässigen Höchstmenge (Zinn und Kupfer bzw. Zinn und Blei), bei den anderen 5 Proben lagen die nachgewiesenen Gehalte je eines Elements über der zulässigen Höchstmenge (Kupfer, Blei, Zinn). Diese Heißgetränke wurden daher als nicht verkehrsfähig beurteilt. Eine Probe Glühwein wurde aufgrund des sehr hohen Bleigehaltes (4,6 mg/L) als gesundheitsschädlich beurteilt. Informationen zur gesundheitlichen Bewertung von Blei und anderen Schwermetallen sind auf der Homepage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) abrufbar [2].

 

Tabelle 1: Schwermetallrückstände in Heißgetränken 2017 in BW
 
Aluminium [mg/L]
Blei [mg/L]
Kupfer [mg/L]
Zink [mg/L]
Zinn [mg/L]
Anzahl Befunde > Höchstmenge
0
5
3
0
7
Höchstmenge
8,001)
0,20 / 0,152)
2,001)
5,001)
1,001)
Maximaler Gehalt
2,6
4,6
3,9
2,4
30,8

1) § 13 i. V .m. Anlage 7 WeinV
2) 0,20 mg/kg bei Erzeugnissen der Weinlese 2001–2015 bzw. 0,15 mg/kg der Weinlese ab 2016 (VO (EG) 1881/2006)

 

Durch die stofflichen Eigenschaften der Getränke (alkoholhaltig, säurehaltig) und ihrer Abgabebedingungen (Wärme, Standzeit) wird ein Übergang von Metallionen in das Lebensmittel begünstigt. Daher liegen Gefäße, die nicht für das Erhitzen und Vorrätig Halten von Glühwein und ähnlichen Heißgetränken geeignet sind, als Ursache für die hohen Gehalte an Schwermetallen nahe. Zur Vermeidung solcher Übergänge sollten grundsätzlich Gerätschaften aus Edelstahl verwendet werden, die möglichst im Verfahren der Durchlauferhitzung eine indirekte Erhitzung und sehr kurze Warmhaltezeit des Produktes gewährleisten.

 

Aufgrund der auffälligen Ergebnisse in 2017 erfolgen auch in der Saison 2018/2019 entsprechende Untersuchungen. Im Sinne des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes wurden bis zum Berichtszeitpunkt von der Lebensmittelüberwachung frühzeitig offene Heißgetränke von Weihnachtsmärkten entnommen und auf Rückstände an Schwermetallen untersucht. Die Ergebnisse dieser aktuellen Untersuchungen sind nachfolgend zusammengefasst.

 

Aktuelle Untersuchungen im Jahr 2018

In der Wintersaison 2018/2019 wurden insgesamt 110 Proben, davon 48 erhitzte Proben, Glühwein und andere weinhaltige Heißgetränke insbesondere auf Rückstände der Schwermetalle Blei, Kupfer, Zinn und Zink sowie auf Aluminium untersucht. Die Probenahme erfolgte risikoorientiert, das heißt vorzugsweise an Ständen, an denen die Getränke in „auffälligen“ Metallgefäßen erhitzt oder warm gehalten wurden. Bei 37 Proben wurden neben den erhitzten Produkten vor Ort auch die dazugehörigen nicht erhitzten Ausgangserzeugnisse entnommen und zur Untersuchung vorgelegt.

 

Wie bei Wein und Erzeugnissen auf Weinbasis herstellungsbedingt zu erwarten, waren gesundheitlich unbedenkliche Spuren dieser Metalle regelmäßig nachweisbar. Bis auf eine der 37 untersuchten nicht erhitzten Ausgangserzeugnisse waren in Bezug auf die Metallgehalte als unauffällig zu beurteilen. Die nachfolgende Auswertung bezieht sich daher ausschließlich auf die Ergebnisse der 48 bereits erhitzten Proben, so wie sie auch an die Verbraucher abgegeben wurden. Die Messergebnisse sind Tabelle 2 zu entnehmen.

 

Eine erhitzte Probe Feuerzangenbowle, die zu Beginn der Weihnachtsmarktsaison an einem Marktstand erhoben wurde, wies einen stark erhöhten und auffälligen Zinngehalt auf. Aus diesem Grund wurden dort weitere Nachproben erhoben. Untersucht wurden drei Proben aus Metallkesseln sowie die zur Herstellung der Feuerzangenbowle verwendeten Zutaten Zucker und Rum. Die Gehalte an Zinn in den untersuchten Ausgangsprodukten, welche als Zutat für die in den Kesseln vermischten Getränke verwendet wurden und noch nicht in Berührung mit den jeweiligen Kesseln kamen, waren als unauffällig einzustufen. Die Zinngehalte einer erhitzten und einer nicht erhitzten Probe Feuerzangenbowle waren im Vergleich zu den eingesetzten Zutaten deutlich erhöht. Die nicht erhitzte Probe, welche einen deutlich erhöhten Zinngehalt aufwies, wurde seit dem Vorabend in dem Metallkessel aufbewahrt, in dem am darauffolgenden Tag die Probe erhitzt und ausgeschenkt werden sollte. Die eingesetzten Zutaten konnten aufgrund des obigen Befundes als Quelle des Zinneintrags ausgeschlossen werden. Als wahrscheinlichste Eintragsquelle kamen die am Marktstand innen verzinnten Kupferkessel in Betracht. Da die zweite nicht erhitzte Probe auch seit dem Vorabend in dem Metallkessel aufbewahrt wurde und keine auffälligen Zinngehalte aufwies, wurde die auffällige Probe vermutlich bereits am Vorabend erhitzt und abkühlen gelassen. Derartige Gefäße sind, wie in obigen Infokasten beschrieben, generell zum Erhitzen und Vorrätig Halten von Glühwein und vergleichbaren Heißgetränken nicht zu empfehlen.

 

Tabelle 2: Schwermetallrückstände in Heißgetränken 2018 in BW
 
Aluminium [mg/L]
Blei [mg/L]
Kupfer [mg/L]
Zink [mg/L]
Zinn [mg/L]
Anzahl Befunde > Höchstmenge
03)
1
3
1
5
Höchstmenge
8,001)
0,20 / 0,152)
2,001)
5,001)
1,001)
Maximaler Gehalt
8,423)
0,214)
7,79
8,65
62,9

1) § 13 i. V .m. Anlage 7 WeinV
2) 0,20 mg/kg bei Erzeugnissen der Weinlese 2001–2015 bzw. 0,15 mg/kg der Weinlese ab 2016 (VO (EG) 1881/2006)
3) Höchstmenge unter Berücksichtigung der Messunsicherheit nicht gesichert überschritten
4) Weinlese ab 2016

 

In 8 Proben wurden die gesetzlich festgelegten zulässigen Höchstmengen für Blei, Zink, Zinn und Kupfer überschritten. Bei einer dieser 5 Proben lagen die Gehalte von 3 Elementen (Kupfer, Zink und Blei) über der zulässigen Höchstmenge, bei einer Probe die Gehalte von 2 Elementen (Kupfer, Zinn). Bei den anderen 6 Proben lagen die nachgewiesenen Gehalte je eines Elements über der zulässigen Höchstmenge (Kupfer, Zinn). Diese Getränke wurden daher als nicht verkehrsfähig beurteilt und werden in dieser Form nicht mehr in den Verkehr gebracht. Von einer Gesundheitsgefährdung war aufgrund der nachgewiesenen Gehalte jedoch nicht auszugehen.

 

Fazit

Die erneuten Messungen von Proben der Glühweinsaison 2018 bestätigen die Beobachtungen aus 2017, wonach für die Erhitzung von alkoholhaltigen Heißgetränken in den weit überwiegenden Fällen geeignete Gerätschaften wie z. B. Durchlauferhitzer mit Edelstahlgehäuse verwendet werden. In geringem Umfang konmen aber auch immer wieder ungeeignete Gefäße wie Wannen oder Kessel zum Einsatz, die zu erhöhten oder überhöhten Metallgehalten führen. Neben rustikalen „Antiquitäten“ wie Zinnwannen oder Kupferkessel, die von vornherein nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind, spielen auch mangelhafte Oberflächenbeschichtungen wie zum Beispiel Verzinnungen eine gewisse Rolle. Hier gilt es, auf die Unternehmen, die diese Beschichtungen als Dienstleistung anbieten, entsprechend einzuwirken, um sicher zu stellen, dass zukünftig nur „lebensmittelechte“ Gefäße bzw. Geräte, die explizit auf die Eignung für den vorgesehenen Verwendungszweck geprüft wurden, zur Erhitzung von alkoholhaltigen Heißgetränken eingesetzt werden.

 

Ergänzende Informationen

Neben den erhöhten Schwermetallrückständen wurden bei den im Jahr 2018 zur Untersuchung vorgelegten Proben an Glühweinen und anderer alkoholhaltiger Heißgetränke weitere Mängel festgestellt. 13 Proben wiesen Kennzeichnungsfehler auf und zwei Proben wurde aufgrund des starken Kochgeschmacks verbunden mit einem sehr hohen HMF-Gehalt beanstandet. Eine Probe wurde aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Mindestalkoholgehaltes als zur Irreführung geeignet bewertet. Die Kennzeichnungsmängel bezogen sich überwiegend auf eine unzureichende oder sogar fehlende Allergenkennzeichnung sowie auf eine nicht zutreffende Verwendung der Bezeichnung „Glühwein“. Die Bezeichnung Glühwein darf nur bei aromatisierten weihhaltigen Getränken verwendet werden, die aus Rotwein oder Weißwein gewonnen werden und hauptsächlich mit Zimt und/oder Gewürznelken gewürzt werden. Der formalrechtliche Kennzeichnungsfehler rührte daher, dass Heißgetränke, die aus Roséwein hergestellt wurden oder Heißgetränke, denen außerdem noch Saft oder Alkohol zugesetzt wurde, mit der Bezeichnung Glühwein angeboten wurden.

 

Infokasten

Veröffentlichung im gemeinsamen Jahresbericht 2017 [3], [4]

Glühwein mit Pfiff – Schwermetallrückstände in Glühwein vom Weihnachtsmarkt – Gesundheitsschutz durch schnelle und gute Zusammenarbeit

Im Dezember 2017 wurden am CVUA Freiburg und Stuttgart Glühweine auf Rückstände an Schwermetallen untersucht, die von den unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden als offene Ware auf Weihnachtsmärkten entnommen wurden. Hierbei wurden in einem Glühwein, der aus einem beschichteten Kupferkessel entnommen wurde, mit 4,6 mg/L ein so hoher Gehalt an Blei nachgewiesen, dass diese Probe als gesundheitsschädlich eingestuft und die Ware zum Schutz der Verbraucher aus dem Verkehr gezogen wurde. Weiterhin wurde die gesetzliche Höchstmenge für Zinn um das 17-fache überschritten. Die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde hat daraufhin weitere Proben aus anderen Kesseln des Standes entnommen. Bei den chemischen Untersuchungen wurden ebenfalls erhöhte Werte an Blei und Zinn festgestellt. Der ursprünglich eingesetzte Glühwein war vor der Erhitzung in diesen Kesseln diesbezüglich jedoch unauffällig. Zur Aufklärung der Ursache der Kontamination wurde ein vom Betrieb verwendeter Kupferkessel am CVUA Stuttgart auf die Elementlässigkeit untersucht. Hierbei stellte sich heraus, dass die Blei- und Kupferlässigkeit des Kessels zu hoch war und dieser damit die gesetzliche Anforderung an einen Bedarfsgegenstand nicht erfüllte. Bei den Nachermittlungen der unteren Lebensmittelüberwachungsbehörde stellte sich heraus, dass die überhöhten Schwermetallgehalte auf eine ungeeignete Beschichtung der Kupferkessel zurückzuführen war. Bei dem zur Beschichtung eingesetzten Material handelte es sich den Ermittlungen zufolge um eingeschmolzene Orgelpfeifen. Diese gaben dem Glühwein diese spezielle „Note“.

 

Quellen

[1] Untersuchung von offenen Glühweinen im Jahr 2017

[2] Bundesinsitut für Risikobewertung: Bewertung gesundheitlicher Risiken
von Blei, Kupfer und Zink

[3] Jahresbericht der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg für das Jahr 2017 – Gesamtbericht

[4] Verbraucherportal-BW: Betriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittelüberwachung 2017

 

 

Artikel erstmals erschienen am 17.04.2019