Kokoswasser aus dem Supermarktregal – Werden hier Urlaubsgefühle wach?

Dr. Thorben Nietner, Birgitt Salzmann (CVUA Sigmaringen)

 

Kokoswasser gibt es in zunehmendem Umfang auch hierzulande zu kaufen – nicht nur als Teil der ganzen Kokosnuss, sondern auch abgepackt im Supermarktregal. Untersuchungen des CVUA Sigmaringen im Jahr 2016 zeigen: Es gibt eine Vielzahl an Produkten aus und mit Kokoswasser auf dem deutschen Markt. Das reicht vom reinen Kokoswasser über Mehrfruchtsäfte mit Kokoswasser und Kokosnussnektar bis hin zu aromatisierten Erzeugnissen. Die Zusammensetzung der untersuchten Produkte war bis auf wenige Ausnahmen nicht zu beanstanden.

Abbildung 1: Kokospalme

Fruchtsaft der besonderen Art

Bei Kokoswasser (auch: Kokosnusswasser) handelt es sich um die in der Kokosnuss natürlich vorhandene Flüssigkeit, der flüssige Teil des sogenannten Endosperms der Kokosnuss. Größtenteils wird Kokoswasser aus der jungen, grünen Kokosnuss gewonnen (Abbildung 2), teilweise aber auch aus der weitergereiften, braunen Kokosnuss. Die braune Kokosnuss liefert nach dem Entfernen der äußeren Faserschicht dann auch die Kokosnuss mit der harten Schale wie sie üblicherweise im Einzelhandel angeboten wird. Botanisch ist sie keine Nuss, sondern eine sogenannte Steinfrucht.


Die lebensmittelrechtliche Einstufung von Kokoswasser ist auf deutscher und europäischer Ebene nicht eindeutig geregelt. Weder die europäische Fruchtsaftrichtlinie noch die deutsche Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung (FrSaftErfrischGetrV) stellen Kokoswasser eindeutig unter ihren Regelungsbereich. Aufgrund eines internationalen Standards (Codex Alimentarius 247-2005) kann Kokoswasser bzw. „coconut water“ nach Auffassung des CVUA Sigmaringen als Fruchtsaft angesehen werden. Diese Haltung wird auch gestützt durch die Veröffentlichung des AIJN (Europäischer Fruchtsaftindustrieverband), der in einem Positionspapier klarstellt, dass Kokoswasser als Fruchtsaft anzusehen ist. Nach unserer Auffassung sind somit auch die Regelungen der deutschen FrSaft¬ErfrischGetrV für Kokoswasser anwendbar. Die rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung für Kokoswasser müsste dann streng nach Vorgabe der FrSaftErfrischGetrV „Kokossaft“ bzw. „Kokosnusssaft" lauten. Allerdings war nur eine der untersuchten Proben mit dieser Bezeichnung deklariert. Da sich durch die Klarstellung im Codex 247-2005 und im internationalen Handel neben der Bezeichnung „coconut juice“ die Bezeichnung „coconut water“ etabliert hat, wäre die Aufnahme der Bezeichnung „Kokoswasser“ bzw. „Kokosnusswasser“ in die deutsche FrSaftErfrischGetrV und in die entsprechende europäische Richtlinie aus unserer Sicht wünschenswert.


Stuft man Kokoswasser rechtlich als Fruchtsaft ein, unterliegt es damit speziellen Anforderungen an die Zusammensetzung. Unter anderem dürfen Kokoswasser daher nur einige wenige Zusatzstoffe, wie z.B. Ascorbinsäure oder Citronensäure, zugesetzt werden und es sind nur fruchteigene Restaurationsaromen bei der Rückverdünnung aus Kokoswasser-Konzentrat erlaubt, d.h. das Aroma muss aus der Frucht stammen. Eine Regelung durch die Gesetzgebungsinstanzen steht jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch aus.
 

Abbildung 2: Grüne Kokosnüsse und aufgeschlagene grüne Kokosnuss mit Kokoswasser.

Ergebnisse der Untersuchungen

Das CVUA Sigmaringen hat im Jahr 2016 insgesamt 20 Proben Kokoswasser und ähnliche Produkte untersucht. Darunter waren 15 Proben reines Kokoswasser (darunter 2 Proben einer doppelt untersuchten Charge), 2 Kokosnussnektare, die neben Kokoswasser auch Wasser und Zucker bzw. Kokosnussfleisch enthielten, 1 Kokosnussgetränk und 2 Proben, die neben Kokoswasser in geringen Anteilen Fruchtsaft/-püree aus anderen Fruchtarten enthielten. Die Ergebnisse der Untersuchungen der reinen Kokoswässer sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Ergebnisse der Untersuchungen von reinem Kokoswasser
 

Geruch und Geschmack – nicht immer so wie erwartet

Die sensorischen Eigenschaften der reinen Kokoswässer waren sehr unterschiedlich, möglicherweise bedingt durch die unterschiedlichen Anbaugebiete, Sorten oder Erntezeitpunkte der Kokosnüsse. Bei einzelnen Proben wurden geringe Gehalte an Milchsäure von 27 bis 127 mg/L bestimmt (Tabelle 1).

Dies ist vermutlich auf einen Eintrag von Milchsäurebakterien bei der Herstellung zurückzuführen – vergoren war jedoch kein Produkt. Bei zwei Kokoswässern mit geringen Anteilen an Fruchtsaft/-püree aus anderen Fruchtarten wurde ein auffälliges Fruchtaroma festgestellt: Ein sehr intensiver Geruch nach Litschi bzw. Guave. Das Ergebnis der daraufhin durchgeführten Aromastoff-Analytik war eindeutig: Die Produkte wurden offensichtlich mit den chemisch-synthetisch hergestellten Aromastoffen gamma-Decalacton bzw. gamma-Undecalacton aromatisiert. In der Kennzeichnung der Proben war dies jedoch nicht angegeben. Für den Verbraucher war somit nicht ersichtlich, dass es sich um aromatisierte Erzeugnisse handelte. Außerdem entsprachen die Produkte aufgrund der Aromatisierung keinem Erzeugnis der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung, wonach eine Aromatisierung weder mit chemisch-synthetisch hergestellten Aromastoffen, noch mit Aromastoffen/-extrakten erlaubt ist. Lediglich die Verwendung von Frucht-Restaurationsaroma, also ein aus der jeweiligen Frucht gewonnenes Aroma, ist im Fall der Rückverdünnung aus Konzentraten für reines Kokoswasser und Kokoswasser mit Anteilen an Fruchtsaft/-püree aus anderen Fruchtarten möglich.

Authentisch oder verdünnt?

Die Gehalte an löslicher Trockenmasse (°Brix) der reinen Kokoswässer reichten von 3,9 bis 6,1 g/100 g, der Mittelwert lag bei 5,3 g/100 g. Hierunter versteht man im Wesentlichen die im Kokoswasser gelösten Stoffe wie Zucker (z.B. Glucose und Fructose), Fruchtsäuren (z.B. Äpfelsäure) und Mineralstoffe (z.B. Kalium). Die Gehalte an löslicher Trockenmasse der untersuchten Proben (Diagramm 1) lagen im Mittel leicht oberhalb des Mindestgehaltes an löslicher Trockenmasse von 5,0 g/100 g, welcher für Kokoswasser, das aus Kokoswasserkonzentrat wiederhergestellt wird, in einem internationalen Standard festgelegt wurde (Codex Alimentarius 247-2005). Einzelne Proben zeigten zwar Gehalte unterhalb von 5,0 g/100 g, allerdings waren unter den untersuchten Proben nur direkt gewonnene Kokoswässer – also keine aus Kokoswasserkonzentrat wiederhergestellten Kokoswässer.

Die festgestellten Gehalte an löslicher Trockenmasse sind bei den Proben auf die natürliche Schwankungsbreite in der Zusammensetzung von Kokoswasser zurückzuführen. Bei den im Jahr 2016 untersuchten Proben ergab sich kein konkreter Verdacht, dass bei einem der vorliegenden Produkte Kokoswasser mit Wasser gestreckt wurde.

 
Diagramm 1: Lösliche Trockenmasse der untersuchten Kokoswässer; rote Linie: Mindestgehalt an löslicher Trockenmasse von 5,0 g/100 g für Kokoswasser, das aus Kokoswasserkonzentrat wiederhergestellt wird (Codex Alimentarius Standard 247-2005)

Weitere Ergebnisse

Hintergrund für weitere Untersuchungen waren einzelne Meldungen im europäischen Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF), wonach in Kokoswässern der Konservierungsstoff Benzoesäure und die Allergie/Unverträglichkeit auslösenden Bestandteile Sulfit und Kuhmilchproteine gefunden wurden. Erfreulicherweise wurden in keiner der untersuchten Proben Konservierungsstoffe (Sorbinsäure und Benzoesäure) nachgewiesen. Auch hinsichtlich Sulfit (SO32-) und Kuhmilchprotein waren die Befunde unauffällig: In 18 untersuchten Produkten (davon 12 reine Kokoswässer) war kein Sulfit nachweisbar, lediglich in einer Probe Kokosnussnektar wurden 7 mg/L (berechnet als SO2) bestimmt.

Dieser Gehalt liegt jedoch unterhalb des Schwellenwertes von 10 mg/L SO2, ab dem von einem Allergie-auslösenden Potential auszugehen ist und ab dem eine Allergenkennzeichnung entsprechend der Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV, Verordnung (EU) Nr. 1169/2011) erfolgen muss. Hinsichtlich der Kuhmilchproteine war der Befund in allen darauf untersuchten Produkten (insgesamt 11 Proben, davon 6 reine Kokoswässer) negativ.

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 03.07.2017