Bubble Tea: Viel Geblubber um nichts?!?

Kerstin Zietemann (CVUA Stuttgart), Anja Rechel (CVUA Freiburg), Friedegund Fezer-Franz (CVUA Sigmaringen), Helmut Reusch (CVUA Karlsruhe).

 

Teils, teils, so lautete das Ergebnis der Untersuchungen des Trendgetränks durch die Untersuchungsämter in Baden-Württemberg im Jahr 2012.

Schmuckelement.

Er ist süß, bunt und exotisch. Die Rede ist von Bubble Tea, einem Getränk, das im letzten Jahr auch in Baden-Württemberg Einzug gehalten hat und spätestens seit dem Angebot in einer großen Fast-Food-Kette auch in den entlegenen Winkeln des Landes bekannt wurde. Während Bubble Tea bei vielen Erwachsenen nur zu verständnislosem Kopfschütteln führte, waren es vor allem Jugendliche, die sich in die Schlangen vor den Bubble Tea Geschäften einreihten. Diesen Trend nahmen die baden-württembergischen Untersuchungsämter 2012 zum Anlass für die Untersuchung und Beurteilung von insgesamt 125 Bubble Tea-Proben (62 trinkfertige Bubble Tea-Getränke, 63 Bubble Tea-Zutaten). Das Getränk ist gespickt mit einer Menge Zucker sowie einem bunten Mix aus Zusatzstoffen, die teilweise nicht mehr zeitgemäß sind. Eine Gesundheitsgefahr ausgehend von Kontaminanten konnte nicht festgestellt werden. Jedoch wurden weniger als die Hälfte der untersuchten Getränken mit dem empfohlenen Warnhinweis bezüglich einer Aspirationsgefahr in den Verkehr gebracht. Zudem waren die Produkte teilweise hygienisch nicht einwandfrei.

 

Infokasten

Was ist Bubble Tea?

Außerhalb Deutschlands ist Bubble Tea schon seit vielen Jahren bekannt. Seinen Ursprung hat das Getränk im Taiwan der 1980er Jahre. Es bestand damals lediglich aus Tee, Milch und Eis, später kamen Kügelchen aus Tapiokastärke hinzu. Von Taiwan aus verbreitete sich der Bubble Tea über das asiatische Festland und wurde in den 1990er Jahre auch in den USA bekannt. Die zunehmende Verbreitung und Beliebtheit des Bubble Teas ging einher mit dem Wandel von einem ursprünglich „teenahen“ Getränk zu einem poppigen Softdrink.

Heutzutage wird Bubble Tea üblicherweise zubereitet, indem Tee durch Zugabe von Sirup unterschiedlicher Geschmacksrichtungen aromatisiert, gesüßt und gefärbt wird. Daneben gibt es Varianten, die unter Verwendung von Milch oder Joghurt hergestellt werden. Doch erst die Garnierungen, genannt Toppings, machen den besonderen Reiz des Modegetränks aus. Sie werden über einen extra breiten Trinkhalm aufgesaugt. Neben den erwähnten, bissfesten Tapioka-Perlen gibt es die mit Sirup gefüllten „Boba-Perlen“, deren gelierte Hüllen beim Draufbeißen zerplatzen und so den enthaltenen Sirup freigeben. Ebenfalls zu den Toppings gehören die sogenannten Jellies, aromatisierte, bissfeste Stäbchen (an Gummibärchen erinnernd). Bei der Mehrzahl der verwendeten Vorprodukte (Sirup und Topping) handelt es sich um Importe aus Taiwan.

 

Abbildung 1: “Bubble Tea” in verschiedenen Varianten: auf Tee- und auf Milchbasis.

Abb. 1: “Bubble Tea” in verschiedenen Varianten: auf Tee- und auf Milchbasis.

 

Was steckt drin im Bubble Tea?

Als potentieller Bubble Tea-Konsument steht man zunächst vor der Qual der Wahl, da von jeder der Komponenten (Tee, Sirup, Topping) in der Regel mehrere Varianten angeboten werden, so dass sich eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten ergibt. Ist die Auswahl der Komponenten schließlich getroffen, wird das Getränk individuell zubereitet. Demzufolge ist Bubble Tea nicht gleich Bubble Tea, da die Zusammensetzung zum einen von der Auswahl der Komponenten und zum anderen von der Art der Zubereitung abhängt.

 

Bubble Tea – ein koffeinhaltiger Softdrink im neuen Gewand

Aussagen zum Zucker- bzw. Kaloriengehalt von Bubble Tea lassen sich nur schwer pauschalisieren. Dies verdeutlicht auch die Spannbreite der Untersuchungsergebnisse zum Zuckergehalt von Bubble Tea, die von 17 g/L bis 120 g/L reicht. Mit einem durchschnittlichen Zuckergehalt von 80 g/L reiht sich der Bubble Tea zwischen den üblichen Limonaden und Softdrinks ein.
Ähnlich verhält es sich bei den von uns ermittelten Ergebnissen zum Koffeingehalt. Je nach verwendeter Teesorte und Zubereitungsart reicht der Gehalt an Koffein von nicht nachweisbar bis knapp über 200 mg/L. Dass das Getränk damit nicht immer für Kinder geeignet ist, liegt auf der Hand. Zum Vergleich: eine koffeinhaltige Colalimonade enthält im Durchschnitt ca. 90 mg Koffein pro Liter. Ab einem Gehalt von 150 mg Koffein/L ist bei koffeinhaltigen Erfrischungsgetränken auf den erhöhten Koffeingehalt hinzuweisen. Da der Hinweis auf einen möglichen Koffeingehalt durch den Begriff „Tea“ bzw. „Tee“ aber bereits im Namen steckt, muss in Aushängen und Getränkekarten nicht explizit kenntlich gemacht werden, in welchen Zutaten Koffein enthalten ist bzw. ob gar ein erhöhter Koffeingehalt vorliegt. Wer Koffein meiden möchte, sollte eine koffeinfreie Teebasis, z. B. Früchtetee, wählen.

 

Kritisch: Farbstoffe der „alten Schule“

Trotz der erwähnten Unterschiede, die zwischen den einzelnen Bubble Teas bestehen, ist ihnen doch eines gemeinsam: sie enthalten in der Regel eine Reihe von Zusatzstoffen.
Bestimmte künstliche Farbstoffe stehen unter dem Verdacht, Aufmerksamkeitsstörungen bei Kindern zu verursachen. Ihre Verwendung muss für den Verbraucher gut sichtbar und deutlich lesbar durch Nennung des Farbstoffs, gefolgt von dem Hinweis „kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“, deklariert werden. Diese Vorgabe hat viele Lebensmittelhersteller dazu bewegt, auf den Einsatz von Azofarbstoffen zu verzichten. Nicht so hier – in fast jedem der untersuchten Bubble Teas wurden künstliche Azofarbstoffe nachgewiesen. Bei etwa jeder zweiten Probe fehlte der genannte Hinweis. In einem der beprobten Geschäfte wurde die Pflichtangabe „Beeinträchtigung der Aktivität und Aufmerksamkeit“ besonders „kreativ“ interpretiert. Der angebotene Bubble Tea wurde hier mit dem Hinweis „kann Kinder beruhigen“ versehen.
Neben Farbstoffen enthielten zahlreiche Proben den Konservierungsstoff Sorbinsäure sowie einige das Süßungsmittel Acesulfam-K. Das Vorkommen dieser Zusatzstoffgruppen ist bei offen angebotenen Getränken ebenfalls kenntlich zu machen, was nur bei etwa der Hälfte der lose abgegebenen Proben korrekt umgesetzt wurde.

 

Abbildung 2: Bestandteile von „Bubble Tea: Sirup und Toppings (Boba-Perlen und Jellys).

Abb. 2: Bestandteile von „Bubble Tea: Sirup und Toppings (Boba-Perlen und Jellys).

 

Hygienisch nicht immer einwandfrei

Insgesamt 32 trinkfertig zubereitete Bubble Teas wurden auch auf ihre mikrobiologische Beschaffenheit hin untersucht. Von diesen Proben wiesen 9 (28 %) einen erhöhten Keimgehalt auf, darunter Verderbniserreger (Hefen und Pseudomonaden) sowie Hygieneindikatoren (Enterobakteriazeen). Ursächlich können die Funde auf mangelnde Hygiene, z.B. bei der Lagerung der Ausgangsstoffe oder bei der Zubereitung zurückzuführen sein. Pathogene Mikroorganismen wurden keine gefunden.

 

Infokasten

Aspirationsgefahr bei Kleinkindern

Unter Fremdkörperaspiration wird das „ungewollte Eintragen fester Gegenstände in die Atemwege“ [2] verstanden. Eine dadurch verursachte Behinderung der Atemwege kann zu erheblichen Gesundheitsschäden bis hin zum Tod führen. Diese Gefahr besteht v. a. bei Fremdkörpern, die die Größe von Erdnüssen und/oder eine elastisch-weiche Konsistenz aufweisen sowie bei Produkten mit fest-flüssigen Komponenten [1].

 

Gesundheitsgefahr durch Aspiration der „Bubbles“

Charakteristisch für das Modegetränk sind die enthaltenen „Bubbles“, die i. d. R. einen Durchmesser von etwa 0,8 cm bis 1,4 cm aufweisen und somit theoretisch aspiriert werden können. Die Gefahr, dass die Kügelchen als Fremdkörper aspiriert werden, wird durch das Aufsaugen mit einem Strohhalm noch erhöht.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte wies bereits im Frühjahr 2012 auf mögliche Risiken durch diese Getränke hin. Im Juni 2012 nahm das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) Stellung zum Gesundheitsrisiko für Kleinkinder durch Bubble Tea-Getränke. Da bei Kindern bis zum Alter von 4 Jahren ein besonders hohes Risiko für Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Aspiration besteht, kann aus Sicht des BfR nicht ausgeschlossen werden, dass die Kügelchen in die Luftröhre und die Lunge gelangen. Darum empfiehlt das BfR in seiner Stellungnahme durch entsprechende Warnhinweise beim Verkauf über das mögliche gesundheitliche Risiko aufzuklären [1].

 

Warnhinweise sollen Kleinkinder schützen

34 (56 %) der 61 untersuchten trinkfertigen Erzeugnisse wurden ohne entsprechende Warnhinweise zur Aspirationsgefahr in den Verkehr gebracht. Waren Warnhinweise vorhanden, so waren diese allerdings teilweise schlecht lesbar in Aushängen angebracht. Es wurde von Gewerbetreibenden auch behauptet, dass sie mündlich auf die Aspirationsgefahr hinweisen und keine Erzeugnisse an Kinder unter 5 Jahren abgeben würden. Es gab jedoch auch Vorbilder; so wiesen bereits einige Hersteller von „Boba-Perlen“ auf den Verpackungen auf die Aspirationsgefahr hin.

 

Abbildung 3: „Bubble“-Kügelchen von unterschiedlicher Größe.

Abb. 3: „Bubble“-Kügelchen von unterschiedlicher Größe.

 

Gesundheitsgefährdung durch Kontaminanten?

Im August sorgte diese Frage für Schlagzeilen in der Presse, nachdem am 22. August 2012 die „Rheinische Post“ berichtete, dass in Bubble Tea-Getränken gesundheitlich bedenkliche Stoffe gefunden wurden. [3] Bei Testmessungen mit einem GCxGC-TOF/MS-System durch Dott et al. wurden u. a. Acetophenon, Styrol, Benzaldehyd und bromierte Biphenyle in Bubble Tea-Proben nachgewiesen. [4] Die genannten Substanzen finden z. T. Einsatz in der Herstellung von Kunststoffen, kommen teilweise aber auch in der Natur z. B. in Aromen vor und können ab bestimmten Konzentrationen die Gesundheit beeinträchtigen. In den nachfolgend erschienen Presseartikeln war u. a. die Rede von „giftigen Substanzen“, die das „Krebsrisiko erhöhen“ sowie „Allergien auslösen“. Jedoch waren zu diesem Zeitpunkt keine Angaben zu den bestimmten Gehalten bekannt. Die Konzentration ist jedoch zur Ermittlung einer möglichen Gesundheitsgefährdung erforderlich.

 

Entwarnung im Hinblick auf Kontaminanten zu Recht

Die Entwarnung kam etwa einen Monat nach der Bekanntgabe der Untersuchungsbefunde vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. So konnte in einer Schwerpunktuntersuchung (insgesamt 84 Proben) durch die amtlichen Untersuchungseinrichtungen in NRW weder bromierte Substanzen, Styrol, Acetophenon oder Phthalate, noch nennenswerte Gehalte an Schwermetallen oder anderen möglicherweise gesundheitsgefährdenden Stoffen nachgewiesen werden 1[5].

Die Ergebnisse aus NRW wurden durch die Untersuchungen an den CVUAs in Baden-Württemberg bestätigt. So waren in den untersuchten Proben weder Styrol (33 Proben), Acetophenon (46 Proben), Weichmacher (Phthalate DINP, DEHP; 9 Proben) noch bromierte Verbindungen (11 Proben) nachweisbar 2. Weiterhin wurden keine beanstandungsrelevanten Gehalte an Schwermetallen (20 untersuchte Proben) und anderen Kontaminanten (26 untersuchte Proben) ermittelt.

 

1 Nachweisgrenzen NRW: Styrol 0,02 – 0,1 mg/kg, Acetophenon je nach Matrix 0,007 bzw. 0,5 mg/kg, bromierte Substanzen 0,00001 mg/kg [5]

2 Nachweisgrenzen BW: Styrol je nach Methode 0,013 – 0,11 mg/kg bzw. L, Acetophenon je nach Methode 0,04 – 0,07 mg/kg bzw. L, bromierte Substanzen < 0,000005 mg/kg, Phthalate (DINP: 0,1 mg/kg bzw. L; DEHP: 0,05 mg/kg bzw. L)

 

Infokasten

Beanstandungen von Bubble Tea-Getränken und Zutaten 2012

Tab. 1: Beanstandungsquote von Bubble Tea und seinen Zutaten im Jahr 2012.
Probenart Probenanzahl Beanstandungsquote
Bubble Tea – offen angeboten 61 75 %
Bubble Tea - Fertigpackung 1 0 %
Zutaten – lose Ware 35 23 %
Zutaten – Fertigpackung * 29 61 %

* Zutaten (lose Ware), bei denen die Verpackung bzw. ein Lichtbild der Verpackung mit vorgelegt und somit auch die Kennzeichnung der Verpackung geprüft wurde, wurden auch zur Kategorie „Zutaten - Fertigpackung“ gerechnet.

 

Abbildung 4: Beanstandungsgründe und prozentualer Anteil der beanstandeten Proben im Jahr 2012.

Abb. 4: Beanstandungsgründe und prozentualer Anteil der beanstandeten Proben im Jahr 2012.

*Zutaten (lose Ware), bei denen die Verpackung bzw. ein Lichtbild der Verpackung mit vorgelegt und somit auch die Kennzeichnung der Verpackung ge prüft wurde, wurden auch zur Kategorie „Zutaten - Fertigpackung“ gerechnet.

**z. B. Sirup als Fruchtsaft in der Getränkekarte bezeichnet.

Fazit

Hinsichtlich der untersuchten Kontaminanten besteht also keine Gefahr für den Verbraucher. Als wesentlich höher ist das Risiko einer unerwünschten Gewichtszunahme einzuschätzen, die bei übermäßigem Konsum des zuckerhaltigen Getränks drohen kann. Als kritisch sind auch die verwendeten Zusatzstoffe sowie die teilweise fehlenden Warnhinweise zur Aspirationsgefahr anzusehen.

 

So schnell wie die vielen „Bubble Tea“-Läden aus dem Boden gesprossen sind, verschwinden sie derzeit jedoch wieder aus den Städten. Bleibt abzuwarten, ob der süße, bunte Traum „geplatzt“ ist oder ob sich doch eine Fangemeinde für das Trendgetränk gefunden hat. Die Lebensmittelüberwachung wird die Entwicklung weiterhin im Auge behalten.

 

Quellen:

  • [1] BfR: Trendgetränk Bubble Tea kann für Kleinkinder ein Gesundheitsrisiko bergen, Stellungnahme Nr. 031/2012,19. Juni 2012.
  • [2] BfR: Risiko Erstickungstod bei Kleinkindern durch Nüsse - BfR empfiehlt Verbraucherhinweis auf Verpackungen, Stellungnahme Nr. 050/2009, 10. August 2009.
  • [3] Rheinische Post: Gladbach: Giftspuren in Bubble Tea, 22.08.2012, www.rp-online.de.
  • [4]; Dott W, Möller M, Gerhards P: GCxGC-TOFMS: Eine neue Dimension in der Analytik von Bubble Tea, labor & more 7.12, 62-66 (2012).
  • [5] Pressemitteilung Verbraucherschutzministerium NRW: Verbraucherschutzministerium legt Landtag Ergebnisse der Schwerpunktuntersuchung zu Bubble Tea vor, 24.9.2012, www.nrw.de.

 

 

Bildernachweis:

CVUA Freiburg und CVUA Stuttgart.

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 27.03.2013