Bestimmung von Punicinsäure als Marker für Granatapfelkernöl in Lebensmitteln und kosmetischen Mitteln

Irene Straub und Dr. Thomas Kuballa

 

Granatapfelkernöl wird in Nahrungsergänzungsmitteln aber auch diätetischen Lebensmitteln verwendet und wird u.a. oft wegen des hohen Gehalts Punicinsäure, „die sie zur konjugierten Fettsäure mit spezieller Wirkung auf den menschlichen Organismus macht“ ausgelobt. Auch bei kosmetischen Mitteln hat das Öl als Wirkstoff seinen Einzug gehalten. So werden von einigen Firmen ganze Serien von Pflegeprodukten wie Duschbäder, Cremes und Öle angeboten. Das Kernöl soll nach Angaben von Anbietern zur Förderung der Hautregeneration, Verbesserung der Hautelastizität und zur Prophylaxe gegen Hautalterung beitragen.

Punicinsäure kommt in den Samen des Granatapfels (Punicum granatum) vor.

 

Nach Hopkins (2) wird die konjugierte Triensäure jedoch auch in dem Samen von anderen Vertretern der Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae), zu denen auch der Granatapfel gehört, gebildet. So konnte auch in Trichosanthes cucumeriana (Schlangenhaargurke), Trichosanthes cordata und Cayaponia grandiflora Punicinsäure nachgewiesen werden.

 


Abbildung 2:GranatapfelAbbildung 1:cis, trans, cis- 9,11,13-Octadecatriensäure

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 1:cis, trans, cis- 9,11,13-Octadecatriensäure Abbildung 2:Granatapfel

 

Mit Methoden zur Identifizierung und Bestimmung von Punicinsäure haben wir die Möglichkeit geschaffen, festzustellen, ob Produkte, die laut Werbung und Kennzeichnung Granatapfelkernöl enthalten sollen, dieses relativ teure Öl auch tatsächlich enthalten.

 

Nach unseren Internetrecherchen ist Punicinsäure als Referenzsubstanz im Handel nicht erhältlich. Daher wurde ein Kernextrakt aus dem Samen von frischen Früchten selbst hergestellt. Eine Identifizierung von Punicinsäure erfolgte nach vorheriger Umesterung des Kernöls mittels GC-FID.

 

1. Herstellung eines Granatapfelkernextraktes

Hierzu wurden die Kerne aus drei Früchten isoliert und bei Raumtemperatur getrocknet. Die tiefgekühlten Kerne wurden anschließend im Achatmörser zerkleinert, mit Natriumsulfat versetzt und einer Extraktion bei Raumtemperatur mit Petrolether im Schütteltrichter unterzogen.


Der Petroletherextrakt wurde unter Vakuum bei einer Wasserbadtemperatur von ca. 30°C eingeengt und der Rest des Lösemittels anschließend mit Stickstoff entfernt.

 

2. Gaschromatographische Bestimmung und NMR-Untersuchungen

Der isolierte ölige Extrakt wurde entsprechend der Methode der Deutschen Gesellschaft für Fettforschung, DGF C-VI 11d, kalt mit alkalischer KOH umgeestert (4) und gaschromatographisch getrennt. Der Gehalt an Fettsäuren wurde als Prozentanteil der einzelnen Fettsäuren bezogen auf Gesamtfettsäuren (Normierung entsprechend DGF C-VI 10 a auf 100%) ermittelt.


Neben dem selbsthergestellten Extrakt wurden zum Vergleich auch zwei Granatapfelkernöle, zum einen, ein in der Apotheke erhältliches Produkt, aber auch ein Ausgangsprodukt der kosmetischen Industrie, welches dankenswerterweise dem CVUA Karlsruhe zur Verfügung gestellt wurde, untersucht.

 

 

Abbildung 3: Chromatogramm des hergestellten Granatapfelkernextraktes

 

Abbildung 3: Chromatogramm des hergestellten Granatapfelkernextraktes

 

 

 

Abbildung 4: Chromatogramm des Granatapfelkernöls aus der Apotheke

 

Abbildung 4: Chromatogramm des Granatapfelkernöls aus der Apotheke

 

 

Es ergab sich eine sehr gute Übereinstimmung der Fettsäuremuster der drei Kernextrakte.
Bei allen drei Proben trat ein Hauptpeak bei einer Retentionszeit von 95 Minuten auf, gefolgt von zwei weiteren Substanzen.


GC-MS-Messungen zeigten, dass es sich bei der Hauptkomponente um einen C18:3 Methylester handelt. Die beiden Nebenkomponenten wurde als weitere C18:3-Methylesterisomere identifiziert.


Die sich anschließenden 1H- und 13C-NMR-Untersuchungen mit ein- und zweidimensionalen Techniken ergaben, dass Punicinsäure und insbesondere das konjugierte cis-trans-cis-Triensystem in allen drei Kernölen charakterisiert werden konnte. Im 1H-Spektrum von Granatapfelkernöl erscheinen die charakteristischen Signale zwischen 6,5 und 5 ppm (s. Abbildung). Über die Kopplungskonstante können die cis-Doppelbindungen von der trans-Doppelbindung unterschieden werden. Im 13C-Spektrum und in den zweidimensionalen NMR-Spektren COSY, JRES und HMBC lässt sich Punicinsäure damit eindeutig charakterisieren (s. Abbildungen).

 

Abbildung 5: 1H-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

Abbildung 5: 1H-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

 

Abbildung 6: 13C-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

Abbildung 6: 13C-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

 

Abbildung 7: 1H, 1H-COSY-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

Abbildung 7: 1H, 1H-COSY-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

 

 

Abbildung 8: 1H-JRES-Spektrum von Granatapfelkernöl

Abbildung 8: 1H-JRES-Spektrum von Granatapfelkernöl

 

Abbildung 9: 1H, 13C-HMBC-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

Abbildung 9: 1H, 13C-HMBC-NMR-Spektrum von Granatapfelkernöl

 

 

Bei den zwei weiteren Substanzen handelt es sich möglicherweise um Isomere der Punicinsäure, die cis, trans, trans-9,11,13-Octadecatriensäure (α-Eleostearinsäure) und die trans, trans, cis-9,11,13-Octadecatriensäure (Catalpinsäure), die bereits schon von Yong-Goe (3) beschrieben wurden. Die beiden konjugierten Triensäuren entstehen nach Yong nicht per se durch Isomerisierung, sondern können auch natürlichen Ursprungs sein. So finden sich die Säuren als Hauptinhaltsstoffe von Samenölen von Momordica charantia (Bittermelone), Catalpa ovata (Gelber Trompetenbaum) und des Tungbaums (Aleuritis fordii).

 

Die ermittelte prozentualen Anteile an Ölsäure und Linolsäure bestätigen weitestgehend die Werte von Hernandez et al (2), für Punicinsäure wurden etwas höhere Werte gefunden. Der Gehalt der charakteristischen Triensäure ist in dem selbst hergestellten Extrakt am höchsten.

 
 Ölsäure(Gehalt in %)*Linolsäure(Gehalt in %)*Punicinsäure(Gehalt in %)*
Literatur (1)3 verschiedene Sorten von Granatäpfeln4,8 +/- 2,0
4,4 +/- 1,1
4,1 +/- 0,1
7,7 +/- 3,6
7,3 +/- 2,1
5,0 +/- 0,1
66,8 +/- 15,4**
78,5 +/- 2,0**
79.3 +/- 0,1**
Granatapfelkernöl(Apotheke)6,16,181,0
Granatapfelkernöl(Kosmetikindustrie)5,15,383,4
Granatapfelkernöl(selbst hergestellt)4,03,487,3

*Aus der zitierten Literatur ist nicht ersichtlich, ob es sich, wie im CVUA Karlsruhe bestimmt, um eine prozentuale Verteilung der Fettsäuren, bezogen auf die Gesamtfettsäuren handelt.
** ohne Differenzierung von Isomeren von C18:39,11,13

 

 

3. Untersuchung von einem diätetischen Lebensmittel und kosmetischen Mitteln aus dem Handel

Das diätetische Lebensmittel, ein Produkt in Kapselform, sollte laut Deklaration Traubenkernöl und Granatapfelkernöl enthalten. Vor der kalten Umesterung wurde der Inhalt von 5 Kapseln mit Petrolether versetzt und nach Zugabe von 5 ml dest. Wasser ausgeschüttelt. Nach Trocknung der organischen Phase über Natriumsulfat wurde der Petrolether vorsichtig bei Raumtemperatur mit Stickstoff abgeblasen. Der Rückstand wurde zur Analyse eingesetzt.

Abbildung 10: Chromatogramm diätetisches Lebensmittel mit Granatapfelkernöl

 

Abbildung 10: Chromatogramm diätetisches Lebensmittel mit Granatapfelkernöl

 

Die gaschromatographische Bestimmung zeigte, dass die vorliegenden Probe die Triensäure
enthält. Der geschätzte Gehalt an Granatapfelkernöl, berechnet über den prozentualen Anteil an Punicinsäure im Granatapfelkernöl aus der Apotheke betrug rund 8 g/100g.Laut Nährwertkennzeichnung soll das Diätprodukt einen Gehalt an Granatapfelsamenöl von 8,3 g/100g bzw. 91 mg in 2 Kapseln als Tagesportion enthalten.

 

Im Anschluss wurden drei kosmetische Mittel untersucht, die nach den Angaben auf der Fertigpackung Granatapfelkernöl enthalten sollten. Ein Cremeduschbad als auch eine Handcreme wurden vor der Umesterung gefriergetrocknet währende das Hautöl direkt eingesetzt werden konnte. Sowohl in der Creme als auch dem Öl konnten geringe Mengen an Punicinsäure nachgewiesen werden, während das Cremeduschbad nach unseren Untersuchungen die Triensäure nicht enthielt.

 

Für das Jahr 2012 ist die Untersuchung einer größeren Anzahl an Produkten geplant.

 

 

Literatur:

(1) Hernández, F., Melgarejo, P., Olias, J.M., Artés, F., Fatty acid composition and total lipid content of seed oil from three commercial pomegranate cultivars, CIHEAM, Options Méditerranéennes, Serie A, Séminaires Méditerranéens, 2000, 42, 205-209,
(2) Hopkins, Chisholm, Ogrodnik, Identity and Configuration of Conjugated Fatty Acids in certain Seen Oils, Lipids, 1969, 4, 89-92
(3) Yong-Goe, J., Seung-Jin, K., William, W.C., The structure of the triacylglycerols, containing punicic acid, in the seed oil of Trichosanthes kirilowii, JAOCS, 1995, 72, 1037-1042
(4) Deutsche Einheitsmethoden zur Untersuchung von Fetten, Fettprodukten, Tensiden und verwandten Stoffen, Loseblatt-Ausgabe, 2. Auflage, 16. Akt.-LFg., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart

 

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 29.03.2012