Schwermetall Thallium in einem Trinkwasserbrunnen festgestellt - geologisch bedingter Einzelfall wird weiter untersucht

Dr. Katja-Fischer-Hüsken (CVUA Freiburg), Martin Apetz (CVUA Karlsruhe), Hermann Brezger (CVUA Sigmaringen), Dr. Peter Lenz (CVUA Stuttgart)

 

Über den Fall wurde ausführlich in den regionalen Medien berichtet: Erhöhte Werte des giftigen Schwermetalls Thalliums hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg im Trinkwasser einer südbadischen Gemeinde nahe der Stadt Kandern festgestellt. Grenzwerte existieren derzeit nicht.

Bisher keine weiteren auffälligen Befunde

WasserhahnDer jetzt in einer Trinkwasserprobe festgestellte Gehalt von 7 Mikrogramm (µg) pro Liter war bislang ein Einzelfall: In den Jahren 2010 und 2011 wurden an den CVUAs in Baden-Württemberg bisher ca. 400 Proben von Wasserversorgungen auf Thallium untersucht. Es handelte sich um Proben aus Hochbehältern und Wasserwerken sowie um Ortsnetzproben. Die Konzentrationen lagen jeweils unter der Nachweisgrenze von 0,3 µg/l.


Auch wurde stichprobenartig natürliches Mineralwasser auf Thallium untersucht, weil gerade Mineralwasser im Kontakt mit tiefen Gesteinsschichten steht und sich evtl. auch Thallium herauslösen kann. Bisher wurden bei diesen Untersuchungen keine Auffälligkeiten festgestellt.

 

Ausweg für die Wasserversorgung

Weiterführende Untersuchungen in der betroffenen Wasserversorgung ergaben, dass der im Mischwasser genutzte Tiefbrunnen für den hohen Thalliumwert verantwortlich ist. Im Tiefbrunnenwasser liegt der Gehalt bei 14 µg/l. Dieses Wasser wird ab sofort nicht mehr zugemischt. Dem Wasserversorger stehen noch drei weitere Quellen zur Verfügung, die unbelastet sind. Ergänzt wird dieses Wasser durch Trinkwasser aus Tankwagen. Der Bau einer neuen Trinkwasserleitung ist zur Deckung des Wasserbedarfs der Gemeinde notwendig.

 

Kein Grenzwert in der Trinkwasser-Verordnung festgesetzt

Thallium zählt zu den Schwermetallen und ist sehr giftig; es kommt natürlicherweise, aber selten in der Natur vor. Der natürliche Thalliumgehalt in Böden liegt je nach Gesteinsformation zwischen 0,4 und 6,5 Milligramm pro Kilogramm. Es ist ein in Pflanzen regelmäßig vorkommendes Spurenelement. Thallium wird industriell zur Produktion von optischen Gläsern, Lampen und Halbleitern eingesetzt. Hauptquelle für industrielle Thalliumemissionen sind Kohlekraftwerke und Zementwerke.


Für Thallium nennt die Trinkwasser-Verordnung TrinkwV 2001 keinen Grenzwert. Die Untersuchung auf Thallium ist daher bei Trinkwasser-Analysen nach der TrinkwV üblicherweise nicht enthalten.

 

Verbraucherschutz verlangt mehr als nur Routineuntersuchungen

Bei der Vielzahl von Stoffen, die im Trinkwasser vorkommen können, ist es für den Gesetzgeber unmöglich, für alle erdenkbaren Risikostoffe einen Grenzwert festzusetzen. Hier ist der Spürsinn von Sachverständigen gefordert. Im Bestreben um ein möglichst hohes Verbraucherschutzniveau werden neben den Routinekontrollen von Grenzwerten auch bislang unerforschte Risiken in Betracht gezogen. Deshalb geht der Untersuchungsumfang an den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern Baden-Württembergs über das mit Grenzwerten belegte Stoffspektrum hinaus. Durch den Einsatz moderner Analytik, der ICP-MS, werden in einem Analysengang ca. 20 verschiedene Metalle bestimmt. Die Untersuchungen, z.B. auch bei Thallium, werden fortgesetzt.

 

Infokasten

Die Bewertung von Thalliumgehalten in Wasser

Das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR beschäftigte sich in der Stellungnahme 003/2006 mit der Bewertung von Thallium in natürlichen Mineralwässern, da auch die Mineral- und Tafelwasserverordnung MinTafWV keinen Grenzwert für Thallium enthält. Das BfR kam in seiner Stellungnahme zu folgender Empfehlung:
Die Gesamtaufnahme an Thallium aus allen Quellen sollte pro Tag 10 µg nicht überschreiten. Bei einem geschätzten Konsum von natürlichem Mineralwasser von einem Liter pro Tag sollten, um den Wert der Gesamtaufnahme einzuhalten, natürliche Mineralwässer nicht mehr als 5 µg/l Thallium enthalten.

Bei Trinkwasser wird bei der Festlegung von Grenzwerten von einem täglichen Konsum von zwei Litern ausgegangen. Bei einer Obergrenze der Gesamtaufnahme an Thallium von 10 µg pro Tag (BfR-Empfehlung) ergibt sich damit für Trinkwasser eine Konzentration, die bei 2-3 µg/l (Hälfte des Mineralwasserwertes) liegt.
Eine Höchstmenge für Thallium in Trinkwasser findet sich in den „Drinking Water Standards" der US-EPA. Sie beträgt ebenfalls 2 µg/l bei einem Wasserkonsum von zwei Litern pro Tag.

 

Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung des MLR

http://www.mlr.baden-wuerttemberg.de/Erhoehte_Thalliumwerte_in_Suedbaden_geologisch_bedingter_Einzelfall/104291.html

 

Pressebeitrag Badische Zeitung vom 09.12.2011
http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/thallium-im-trinkwasser--53301806.html

 

 

Artikel erstmals erschienen am 16.12.2011